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Publicly Available Published by De Gruyter April 14, 2016

‚Patientenautonomie‘ und ‚Lebensschutz‘

Eine empirische Studie zu agonalen Zentren im Rechtsdiskurs über Sterbehilfe

  • Ekkehard Felder EMAIL logo , Janine Luth EMAIL logo and Friedemann Vogel EMAIL logo

Abstract

On the basis of a law text corpus which consists of judicial decisions and jurisprudential papers on so-called assisted suicide from 1977 to 2011, agonal centres are determined within the paradigm of corpus-based pragma-semiotic text analysis. Agonal centres are defined as action-guiding concepts that are in conflict with each other concerning the general acceptance of event interpretations, options for actions, claims of validity, contextual knowledge and values. These action-guiding concepts are derived with the help of quantitative and qualitative methods. Discourse linguistic interpretations are thus rendered more objective with the help of semi-automatic methods; furthermore, specific discourse features of the discourse and approaches to interpretation can be derived from (un)expected linguistic significances of occurrence, distribution, frequency etc. at the linguistic surface. Finally, these agonal centres specific to the language of law are compared to agonal centres which are determined on the basis of a media corpus on the same issue. This provides a comparative insight into the constitution of a seemingly identical fact in everyday and special language, which demonstrates the sociopolitical relevance of analysing the constitution of reality as instructed by language.

1 Einleitung und Erkenntnisinteresse

Sterbehilfe war und ist bis heute in der Öffentlichkeit teilweise heftig umstritten. Dabei ist die zentrale Frage – wann ist es legitim, einem Menschen beim Sterben zu helfen? – nicht neu und schon in der Vergangenheit Gegenstand der gesellschaftlichen Auseinandersetzung gewesen (vgl. zur Rolle des Arztes bei der Sterbebegleitung Drechsel 1993: 21ff.). Neu jedoch sind medizintechnische Entwicklungen – wie beispielsweise die PEG-Sonde –, die Fragen nach Beginn, Ende und Verlängerung des Lebens in ein neues Licht gerückt haben. Im Kontext des Rechtsstaates stellt sich seitdem nicht nur das Problem nach der Legitimität, sondern auch der Legalität bzw. Strafbarkeit von Handlungen im Kontext von Sterbehilfe. Die betroffenen Akteure agieren dabei seit geraumer Zeit in einem rechtsunsicheren Bereich. Ihr Handeln kann zu Präzedenzfällen führen, die teilweise sogar erwünscht sind, um kritische Fragen im Bereich der Sterbehilfe per Gerichtsentscheid klären zu lassen. Vielfach wissen die Betroffenen aber schlichtweg nicht, wann sie sich außerhalb rechtskonformen Handelns befinden, oder sie nehmen sogar bewusst eine Strafe in Kauf, um einen geliebten Menschen von seinem Leid zu erlösen.

Die Feststellung des berühmten Juristen Friedrich Carl von Savigny aus dem Jahre 1840 ist damit obsolet: „Der Tod, als die Gränze der natürlichen Rechtsfähigkeit, ist ein so einfaches Naturereignis, dass derselbe nicht, so wie die Geburt, eine genauere Feststellung seiner Elemente nöthig macht.“ (zit. nach Laufs/Kern 2010: §6 Rn. 10f.). Noch Ende der 90er Jahren schreibt Coeppicus (NJW 1998: 3382), Sterbehilfe-Fälle seien bis vor kurzem kein Problem gewesen: Es gab sie nicht. Gemeint sind damit vor allem Fälle, in denen Ärzte und Angehörige über das Weiterleben von entscheidungsunfähigen Patienten beraten mussten.[1] Die neue Technik aber fordert das Recht nunmehr heraus. Dabei zeigt sich alsbald, dass die Feststellung von Elementen gerade im Kontext der Sterbehilfe schwerer nicht sein könnte. Wer ist denn Garant für die Richtigkeit der Elemente? Welcher Partei – Ärzte, Angehörige, Medizintechniker (bzw. Maschinen selbst), Pflegepersonal, Betroffene, rechtlicher Vormund, Richter usw. – kann das verfassungsgemäße Recht zugesprochen werden, so elementare Sachverhalte wie den erwarteten Eintritt des Lebensendes, den akuten Hirntod oder den Wunsch eines bewusstlosen Betroffenen nach vorgezogener Lebensbeendigung folgenschwer fest- oder vorzuschreiben?

Antworten auf diese und andere Fragen lassen sich nur sprachlich verhandeln, das heißt im Diskurs konstituieren und durchsetzen. Das Recht spielt hierbei eine zentrale Rolle als institutionalisierte Arena zur verfahrensgeleiteten und sanktionsbewehrten, sprachlich-argumentativen Herausbildung von Entscheidungsnormen in gesellschaftlichen Streitfragen. Mit anderen Worten: Gerichte, Gesetzgeber und Anwälte bestimmen das Lebensende mit. Ihre Aufgabe ist, das fast Unvorstellbare bzw. ein unübersehbares Tableau an verschiedenen medizinischen Zuständen und möglichen diagnostizierten Variablenkonstellationen sprachlich zu antizipieren, um den zukünftigen Entscheidern in der Praxis Handlungsempfehlungen zu geben. Der Versuch, eine solche Orientierungshilfe für das Handeln der Gesellschaftsmitglieder bereitzustellen, schlägt sich in komprimierten, typologisierenden Beschreibungsversuchen nieder.

Die hier dokumentierte Studie geht diesen sprachlichen Konstitutions- und Typologisierungsversuchen nach und versucht aus einer rechtslinguistischen, empirischen Perspektive einen sortierenden Beitrag zur Rechtsdebatte um Sterbehilfe zu leisten. Auf Basis eines triangulierenden Ansatzes wird ein Korpus aus ausgewählten juristischen Texten mit Hilfe computergestützter Verfahren der Sprachgebrauchsmusteranalyse ausgewertet und durch qualitative Lektüre sowie Heranziehung von Sekundärliteratur kontextualisiert. Ziel ist die Ermittlung von thematischen, rekurrenten Wort- und Mehrwortfeldern als sedimentierte Konstituenten von divergierenden handlungsleitenden Konzepten bzw. agonalen Zentren des Rechtsdiskurses.

2 Korpus- und diskurslinguistische Zugänge zu Sedimenten der Rechtsdogmatik

Die vorliegende Arbeit knüpft in Theorie und Methodik an Forschungsinteressen an, wie sie seit mittlerweile 30 Jahren in der Heidelberger Gruppe der Rechtslinguistik interdisziplinär diskutiert werden. Das gemeinsame Interesse von Juristen und Linguisten gründet sich im „Rechtsstaat als Textstruktur“ (Müller/Christensen/Sokolowski 1997: 116) und an der Frage, mit welchen qualitativ-hermeneutischen sowie – seit kurzem auch – computergestützten Verfahren Bedeutungen in Rechtsdiskursen zugänglich gemacht werden können.

2.1 Diskurslinguistische Zugänge zur juristischen Textarbeit

Das diesem Aufsatz zugrundeliegende rechtslinguistische Verständnis versteht Rechtsarbeit als Spracharbeit oder juristische Textarbeit. Die Bezeichnung „Rechtsarbeit“ ist eine auf den Rechtswissenschaftler Friedrich Müller zurückgehende Bezeichnung für das Tun juristischer Funktionsträger, das dort im Wesentlichen als ein in Texten sich objektivierendes Legitimieren von Entscheidungen modelliert wird. Die Ansätze zur Beschreibung der textuellen Rechtsarbeit basieren auf der Strukturierenden Rechtslehre (Müller 21994) und auf der Juristischen Methodik (Müller/Christensen 102009) sowie in der Sprachwissenschaft auf den Arbeiten Recht als Text (Busse 1992) und Juristische Textarbeit (Felder 2003).[2]

In methodischer Hinsicht sind diskurslinguistische Zugänge zur juristischen Textarbeit bislang rar. Am weitesten entwickelt und auch hier zugrunde gelegt ist der Ansatz der „Semantischen Kämpfe“ im Recht (Felder 2006, Christensen/Sokolowski 2006, Felder 2010) zur qualitativen Ermittlung und Beschreibung von divergierenden handlungsleitenden Konzepten in Diskursen. Dabei werden drei analytische Untersuchungsebenen fokussiert (vgl. die Erläuterung der Beispiele in Felder 2010):

  • Bezeichnungskonkurrenzen (ausdrucksseitig), z. B. zum Wortfeld loyale ZusammenarbeitGemeinschaftstreueUnionstreue in Bezug auf die Interaktionsformen zwischen EuGH und nationalen Gerichten;

  • Bedeutungsfixierungsversuche (inhaltsseitig), wenn semasiologisch ein bestimmter Ausdruck inhaltlich im eigenen Sinne bestimmt werden soll (im Recht beispielsweise die Abgrenzung von RahmenbeschlussRichtlinie im europäischen bzw. nationalstaatlichen Kontext der gesetzlichen Umsetzungsproblematik);

  • Sachverhaltsfixierungsversuche (inhaltsseitig) für den Fall, dass eine onomasiologische Sichtweise zugrunde gelegt wird (etwa die Wortschöpfung „ausbrechender Rechtsakt“ im sog. Maastricht-Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 123, 267, Ls. 4.) als Paradebeispiel).

Während semantische Kämpfe vor allem Auseinandersetzungen auf der diskursiven Mikroebene (insb. Argumentationsgang bei einzelnen Autoren) beschreiben, versuchen wir in der vorliegenden Studie auch stärker die diskursiven Unterbrechungen der Rechtssemiose auf der transtextuellen Makroebene zu berücksichtigen. Hierzu werden pragma-semiotische Verfahren zur Ermittlung agonaler Zentren (Felder 2012, Felder 2012a, Felder 2015) operationalisiert.

Unter agonalen Zentren verstehen wir einen sich in Sprachspielen manifestierenden Wettkampf um strittige Akzeptanz von Ereignisdeutungen, Handlungsoptionen, Geltungsansprüchen, Orientierungswissen und Werten in Gesellschaften (Felder 2012: 136). Im Fokus der Aufmerksamkeit stehen kompetitive Sprachspiele zwischen verschiedenen gesellschaftlichen Diskursakteuren. Somit werden gleichsam Diskurse als Orientierungsrahmen geformt und zentrale Variablen in der Aushandlungspraxis je neu justiert und modifiziert. Agonale Zentren haben nichts statisches, sondern sind im Gegenteil stets dem diskursiven Aushandlungsprozess ausgesetzt. Aus diskurslinguistischer Perspektive lassen sich agonale Zentren im Hinblick auf divergierende Konzeptualisierungen, akteursspezifische Handlungsstrategien und soziale Kontextualisierungen[3] analysieren.

Im Kern der inhaltlichen Themenspezifikation (nach der Bestimmung des Diskursthemas und der Generierung von Subthemen) geht es um divergierende Geltungsansprüche von Akteuren, die in handlungsleitenden Konzepten als agonale Zentren (zur Agonalität der Kommunikation Lyotard 1987, Assmann 1999, Warnke 2009) sichtbar gemacht werden. Agonale Zentren sind analytisch herausdestillierte und benannte handlungsleitende Konzepte, die als Orientierungspunkte einer diskursiven Auseinandersetzung ex post, induktiv, mittels quantitativer und qualitativer Verfahren und mit hermeneutischem Erkenntnisinteresse als kontextabstrahierte Interpretationsangebote eigens formuliert werden (Felder 2012).

Agonale Zentren sind die im Folgenden herauszuarbeitenden Konzepte mittleren Abstraktionsgrades, die sich induktiv aus der Textlektüre ergeben.[4] Die Kriterien für das Ansetzen eines agonalen Zentrums sind thematisch legitimiert und bestehen in diskursprägenden Akteursansprüchen um Geltung und Deutungshoheiten. Diese divergierenden Geltungsansprüche werden systematisch durch lexikalische und grammatische Suchoperationen auf der Textoberfläche (auf der Grundlage induktiver Verfahren aus der Sprachperformanz) identifiziert und in Konzepten verdichtet reformuliert. Damit wird die Komplexität der Diskursinhalte durch die Anker dichotomischer Konzeptkategorien fassbarer. In der Regel werden dichotomische (mitunter auch multipolare) Konzeptualisierungen versprachlicht (zustimmend und/oder ablehnend). Diskursakteure müssen in dem untersuchten Diskurs mehrfach bestimmte handlungsleitende Konzepte evozieren und prägen wollen, damit diese Konzepte als agonale Zentren des Diskurses bezeichnet werden können. Die Konzeptetikette oder Kategoriennamen sollen prägnant die Richtungen der inhaltlichen Hintergrunds- und Orientierungsfolien anzeigen.

2.2 Computergestützte Analyse von Sprachgebrauchsmustern im Rechtsdiskurs

Neben qualitativen, diskurslinguistischen Verfahren, die mittlerweile weit entwickelt sind und mitunter bereits nach Standardisierung streben (vgl. Warnke/Spitzmüller 2008: 3ff.), bedient sich die vorliegende Untersuchung auch neueren, quantifizierenden computer- oder korpuslinguistischen Zugängen zu diskursiver Semantik. Hintergrund ist vor allem die Überlegung, dass allein qualitativ-orientierte Forschungsdesigns zwei wesentlichen Beschränkungen unterliegen: zum einen ressourcenbedingt der Beschränkung auf kleinere Textkorpora (Datenmengen); zum anderen der zuweilen fragwürdigen Verlässlichkeit allein auf die Introspektion des Interpretierenden besonders bei Fragen quantitativer Verteilungen oder (un)erwarteter sprachlicher Phänomene. Die damit verbundene Diskussion ist in der Vergangenheit vielfach geführt worden. Fillmore hat sie bereits 1992 pointiert zusammengefasst; wir schließen uns seinem Resümee an:

I have two main observations to make. The first is that I don't think there can be any corpora, however large, that contain information about all of the areas of English lexicon and grammar that I want to explore; all that I have seen are inadequate. The second observation is that every corpus that I've had a chance to examine, however small, has taught me facts that I couldn’t imagine finding out about in any other way. My conclusion is that the two kinds of linguists need each other. Or better, that the two kinds of linguists [Armchair vs. Corpus linguists, FV], wherever possible, should exist in the same body. (Fillmore 1992: 35)

Wir möchten an dieser Stelle nicht die historische Entwicklung der Korpuslinguistik rekapitulieren,[5] sondern uns auf die für unseren Ansatz relevanten Vorarbeiten beschränken. Es gibt mittlerweile eine wachsende Anzahl an diskurs­analytischen Arbeiten, die maschinelle Verfahren zur Analyse diskursiver Semantik heranziehen. Der Großteil entwickelt hierbei keine eigenen Prozeduren, sondern wendet in einem stark corpus based orientierten Ansatz ein überschaubares Set bestehender Software und Algorithmen an (v. a. Keyword- und Kookkurrenzanalysen). Oft werden die Tools zum Beispiel mittels Konkordanzview lediglich als quasi lokale Suchmaschine genutzt. In der vorliegenden Studie nutzen wir korpuslinguistische Verfahren vor allem zur induktiven Vorstrukturierung unserer Korpusdaten, ähnlich wie folgende Arbeiten: Senkbeil (2012) etwa nutzt im Rahmen der Corpus Assisted Studies systematische Keyword-Analysen zur Analyse von ideologischen Mustern im amerikanischen Sportdiskurs. Bubenhofer (2009) entwickelt einen Ansatz zur korpuslinguistischen Kulturanalyse auf Basis statistischer N-Gramm-Analysen.[6] Felder untersucht mittels statistischer Auswertung von Leerstellen rund um Konzessiva und Adversativa Spuren „agonaler Zentren“ (Felder 2012 anhand von Medientexten zur Berliner Mauer und Felder 2015 sowie Felder/Luth 2015 am Beispiel des sog. Sterbehilfe-Diskurses). Vogel (2010, 2012b) untersucht medienvermittelte Stereotype und Images zu unterschiedlichen Nationen auf Basis rekurrenter Kotextmuster in großen Medientextkorpora. Nicht zuletzt arbeiten zahlreiche Untersuchungen im Rahmen der Critical Discourse Studies mittlerweile regelmäßig mit quantitativen Verfahren, um nicht nur bisherige Hypothesen top-down zu belegen, sondern auch darüber hinaus induktiv bzw. bottom-up neue Hypothesen am Korpusmaterial zu entwickeln (vgl. für einen Überblick bei Baker 2006, Mautner 2012, Scharloth/Eugster/Bubenhofer 2013).

Die auch theoretisch sehr unterschiedlich fundierten Ansätze haben mehr oder weniger alle gemein, dass sie von Einzeltexten abstrahieren und wiederkehrende „Sprachgebrauchsmuster“ (Bubenhofer 2008: 408f.) in großen Textkorpora als Spuren begrifflich insinuierter Denkschemata interpretieren. Dabei wird in der Regel das Erkenntnisinteresse vom besonderen (sprachlichen) Einzelfall verschoben auf die Beobachtung größerer Vorkommen von Sprachmustern. Manche Kollegen beschwören bereits einen „Data-driven Turn“ in der Diskurslinguistik (Scharloth et al. 2013), der jedoch – sofern überhaupt gegeben – bislang keine methodologische Kohärenz aufweist. Wenngleich es mittlerweile Monographien und Sammelbände gibt, die das Anwendungsspektrum korpuslinguistischer Methoden für diskursanalytische bzw. pragmatische Fragestellungen illustrieren (vgl. etwa Baker 2006 sowie Felder/Müller/Vogel 2012), so stehen insbesondere systematische Vergleiche von qualitativen und quantitativen Zugängen zu Diskursen und damit verbundene Stärken und Schwächen weiterhin aus.

Ohne hierauf näher eingehen zu können, stellt sich jedoch für unseren Fall die Frage, ob und wie computergestützte Verfahren für die Analyse von Rechtssemantik fruchtbar gemacht werden können. Denn gerade für die Untersuchung juristischer Diskurse und juristischer Textarbeit im Besonderen (vgl. o. 2.1) muten quantitative Verfahren auf den ersten Blick unpassend an.

Der Fokus auf detaillierte textbasierte Abwägungs- und Konkretisierungsakte im juristischen Alltag scheint sich auf den ersten Blick nicht zu vertragen mit einer Analyseperspektive, die ihre Untersuchungsgegenstände im Ansatz gerade text- und falltranszendierend (nämlich korpusfokussiert) angeht. (Vogel 2012c: 322)

Wohl aus diesem Grunde sind ernstzunehmende Ansätze, Rechtssemantik maschinell zugänglich zu machen, bis heute selten. Aus diesem Grunde möchten wir hier im Anschluss an Vorarbeiten (Vogel 2012c, Vogel (Hg.) 2015, Vogel/Pötters/Christensen 2015, Vogel/Pötters 2015) einen semiautomatischen Zugang zu Rechtsdiskursen stark machen, der auf die Komplementarität von korpuslinguistischen und diskurshermeneutischen Methoden setzt.[7] Die computergestützten (nicht: computergesteuerten) Anteile der Analyse dienen einer induktiven Vorstrukturierung des Datenmaterials für seine anschließende qualitative Durchdringung. Die Introspektion des untersuchenden Subjekts wird damit nicht neutralisiert (wie es in anderen, stärker frequenz- und corpus-driven-orientierten Ansätzen tendenziell versucht wird), sondern im Idealfall durch die musterorientierte Strukturierung ex ante erweitert und kontrolliert. Der Widerspruch zwischen juristischer Detailarbeit mit Sprache und transtextuellen, maschinellen Zugängen ließe sich damit wie folgt auflösen: Das besondere Potential einer korpuslinguistisch inspirierten Rechtslinguistik liegt

  • in der korpusgeleiteten Ko(n)text-Disambiguierung juristischer Rechtsausdrücke, in der der wittgensteinsche Grundsatz, ‚die Bedeutung eines Wortes‘ – und damit auch jeglicher Normtextteile – sei ‚sein [regelhafter] Gebrauch in der Sprache‘ (Wittgenstein 2003: 40) ernst genommen und die Performanz juristischer Textarbeit in den Fokus gerückt wird;

  • im transparenten Nachvollzug von juristischen Sachverhalts- bzw. Normkonstitutionen durch eine semiautomatische Strukturierung der Daten; sowie schließlich in

  • einer Vermittlung von quantitativer (makrosystematischer) und qualitativer (mikrosystematischer) Analyse und damit Relativierung von Einzeltextbelegen mit systematisch wiederkehrenden Sprachmustern über eine größere Textmenge hinweg. (Vogel 2012c: 322ff.; vgl. für den angelsächsischen Bereich: Mouritsen 2010, 2011)

Zur Umsetzung dieses Zugangs greifen wir vor allem auf Keyword- und Kookkurrenzanalysen zurück und setzen deren Ergebnisse in Beziehung mit Konkordanzen und hermeneutischer Textlektüre. Die ermittelten Sprachmuster sortieren das Datenmaterial und werden – wie im Folgenden ausgeführt – als Indices für Sedimente juristischer Dogmatik interpretiert.

2.3 Textkorpus und analytisches Vorgehen im Einzelnen

Datengrundlage der Untersuchung bildet ein thematisches Korpus aus Entscheidungstexten und Aufsätzen aus einem Zeitraum von 1977 bis 2011. Die insg. 211 Texte (828.224 Token) wurden über die Rechtsdatenbank beck-online[8] mithilfe des Startsuchausdrucks Sterbehilfe ermittelt und aus 754 manuell durchgesehenen Treffertexten ausgewählt. Der Suchausdruck Sterbehilfe – als zumindest ein zentraler und umkämpfter Ausdruck in der Rechtsdebatte – diente als Einstieg und wurde während der manuellen Prüfung von Ergebnistexten sukzessive durch gebrauchsverwandte Ausdrücke (z. B. infolge von Abgrenzungsversuchen) iterativ ergänzt. Zusätzlich wurden die Verweisungen bereits erhobener Texte gesichtet und auf weitere Kandidaten geprüft („Schneeballsystem“).

Als relevant für die Untersuchung wurde ein Text eingestuft, wenn in ihm in mehr als einem Textabsatz „Sterbehilfe“ oder verwandte Ausdrücke vorkommen, um dadurch die anhand solcher Verwendungen geleisteten Konzeptualisierungen der Ausdrucksweisen herauszuarbeiten. Zu den insg. 211 Texten zählen auch 4 einschlägige BVerfG-, 16 BGH- sowie 13 OLG-Entscheidungen. Als „einschlägig“ werden diese Entscheidungstexte deshalb bezeichnet, weil sie für fast alle erhobenen Texte als wiederkehrende diskursive Knoten oder Kristallisationskerne fungieren, das heißt kurz: sie werden von anderen AutorInnen oft zitiert und Positionen in deren Geltungsschatten gestellt.

Die Verteilung der 125 Aufsätze einschlägiger Zeitschriften stellt sich wie folgt dar:[9]

BW­NotZDNotZFPRLSKMittBayNotNJWNStZRDGZEVZRPƩ
1983 1 1
1985 1 1
1986 2 1 3
1987 1 1
1993 1 1
1994 1 1
1995 1 1
1996 3 3
1997 1 1
1998 2 2
1999 1 2 1 4
2000 1 1 1 3
2001 3 1 4
2002 2 2 4
2003 2 1 1 1 4 9
2004 1 1 6 1 1 3 13
2005 5 1 2 8
2006 11 3 3 3 20
2007 1 10 2 1 14
2008 1 2 2 5
2009 3 1 2 1 1 8
2010 1 5 2 8
2011 7 1 1 1 10
Ʃ311639425113419

Für die quantitative Analyse wurden die Korpora mit Hilfe des Stuttgarter TreeTaggers[10] Part-of-Speech-annotiert sowie lemmatisiert. Diese Annotation erleichterte die Filterung des Korpus etwa im Hinblick auf Wortartarten (z. B. automatische Einschränkung der Keyword-Analysen auf Autosemantika) und ermöglichte außerdem aufgrund verbesserter Validität statistischer Signifikanztests eine flexionsübergreifende Clusterung von Ausdrücken.

Die konkrete Auswertung des Textkorpus erfolgte in Anlehnung an eine linguistische Imageanalyse (Vogel 2010, 2012b, 2012c) in drei Schritten: In einem ersten Schritt wurden mit Hilfe der korpuslinguistischen Freeware LDA-Toolkit (Vogel 2012b) Keywords berechnet. Keywords sind in diesem Fall Wörter, die zu einem Signifikanzniveau[11] von P ≥ 95 % im Vergleich zu einem Referenzkorpus[12] signifikant häufiger im Primärkorpus zur Sterbehilfe auftreten und damit datengeleitet Hinweise auf korpus- und hier diskursspezifische Ausdrücke geben. Von den hochsignifikanten Ausdrücken wurden im zweiten Schritt absteigend die ersten 200 Autosemantika (Nomen, Adjektive, Verben) näher betrachtet, das heißt mittels weiterer Kotextanalysen – insbesondere Kookurrenzanalysen, Berechnung von Mehrworteinheiten sowie Zeilen- und Volltextdurchsicht – systematisch kontextualisiert und gemeinsam mit wiederkehrenden Ausdrücken des Kontextes[13] induktiv zu rekurrenten, funktionalen Wortfeldern gruppiert. Wortfelder bestehen – in Anlehnung an Trier (1973, 1973a; vgl. auch van der Lee/Reichmann 1973 und Gloning 2002) – aus Ausdrücken, die sich in den durch sie evozierten Wissensrahmen im Hinblick auf einen gemeinsamen Referenzsachverhalt ähneln, aber jeweils unterschiedliche attributive Akzente setzen und damit letztlich zur interessengeleiteten Perspektivierung eines referierten Sachverhalts beitragen (Köller 2004). In diesem Sinne verstehen wir Wortfelder (wir schließen hierbei auch Mehrworteinheiten ein) zum Beispiel zu Orten des Sterbens, Formen der Sterbehilfe, Akteure und ihre Intentionen usw. auch als sprachliche Mosaike, die über systematische Gebrauchskontextanalysen als Spuren sowie Konstituenten (Füllwerte) diskursspezifischer Frames (Konerding 1993) bzw. handlungsleitender Konzepte (Felder 1995) interpretiert werden können. Von handlungsleitenden Konzepten kann dann ausgegangen werden, wenn über die Ko(n)textanalyse ein für bestimmte Akteursgruppen spezifischer, im Hinblick auf ein strategisches Ziel[14] ausgerichteter, argumentativer und damit interessengeleiteter Gebrauch eines Ausdrucks nachgewiesen werden kann. Dies ist insbesondere der Fall bei diskursiven „Schlüsselwörtern“ oder Schlüsselsyntagmen im Hermannschen Sinne (vgl. Hermanns 1982, 1994), also bei Ausdrücken, die maßgeblich als initialisierende Kristallisationskerne im Diskurs fungieren und an den semantischen Kämpfen um Sterbehilfe beteiligt sind (etwa aktive Sterbehilfe, Euthanasie, Wille usw.).

Im dritten Schritt wurden die ermittelten Wortfelder und deren Gebrauchskontexte mit juristischer Kommentarliteratur verglichen bzw. erstere durch letztere weiter in den rechtsdiskursiven Rahmen eingeordnet. Die folgende Tabelle erläutert die in der Analyse verwendeten Notationskonventionen:

Beschreibungssprachliche Notation der metasprachlichen Zeichen
Sachverhalte werden mit Kapitälchen Sachverhalt geschrieben
Konzepte/Begriffe werden mit einfachen Chevrons ›X‹ markiert
Teilbedeutungen werden mit einfachen Anführungszeichen oben ‘y’ ­gekennzeichnet
Objektsprachliche Ausdrücke werden kursiv gesetzt
Zitate werden in „“ gesetzt
Lesehinweis:
Verdichtete Zitatextrakte als Synopsen (also der Verweis auf Ausdrücke/Mehrwortverbindungen, die mehrfach im Textkorpus vorkommen) werden in der Herleitung der handlungsleitenden Konzepte (durch ›X‹ ausgewiesen) kursiv gesetzt, da nicht das Einzelzitat, sondern das Mehrfachvorkommen der entsprechenden Ausdrücke für die Argumentation entscheidend ist.

3 Zentrale Sachverhalte, Konzepte und agonale Zentren im Rechtsdiskurs zur Sterbehilfe

Im Folgenden stellen wir zunächst die sich aus der oben skizzierten Analyse ergebenen Wortfelder bzw. „Sinnbezirke“ (Trier 1973) vor, die unseres Erachtens den Rechtsdiskurs zur Sterbehilfe semantisch maßgeblich strukturieren. An geeigneten Beispielen werden wir zeigen, wie Teile dieser Wortfelder Gegenstand von semantischen Kämpfen und im Weiteren von agonalen Zentren sind.

3.1 Sachverhalte und zentrale Konzepte im Wortfeld des juristischen Sterbehilfe-Diskurses

Die via hochsignifikanter Keywords (vgl. einen Auszug hiervon in nachfolgender Tabelle) und Kookkurrenzanalysen ermittelten Wortfelder und mit ihnen sprachlich konstituierten bzw. verhandelten Sachverhalte gliedern wir in Akteure der Sterbehilfe, Rechtsordnung und Werte, im Diskurs aufgerufene Lebenswelt und differenzierte Formen der Sterbehilfe, die besondere Rolle von Medizinern, Zuständen sowie (zugeschriebene) Intentionen von Betroffenen.

Tab.:

die ersten 40 von 200 untersuchten hochsignifikanten Keywords (mit P ≥ 95 %)

Nr.Keywordf (SH)f (OD)f (SH)/10 Tf (OD)/10 T
1 Patient 2479,19 2904 0 35,06 0,00
2 BGB 2328,36 3302 186 39,87 2,63
3 Arzt 1969,48 2448 43 29,56 0,60
4 Patientenverfügung 1896,96 2223 0 26,84 0,00
5 Sterbehilfe 1498,85 1757 0 21,21 0,00
6 Betreuer 1310,13 1536 0 18,54 0,00
7 ärztlich 1300,74 1525 0 18,41 0,00
8 Wille 1158,79 1503 45 18,15 0,63
9 Behandlung 970,80 1226 27 14,80 0,38
10 medizinisch 953,54 1148 9 13,86 0,12
11 StGB 950,55 1834 261 22,14 3,69
12 Tod 831,32 975 0 11,77 0,00
13 leben 806,28 1344 137 16,23 1,94
14 Einwilligung 641,87 928 57 11,20 0,80
15 mutmaßlich 623,76 790 18 9,54 0,25
16 sterben 532,78 625 0 7,54 0,00
17 künstlich 512,34 611 3 7,37 0,04
18 Angeklagte 509,49 736 45 8,88 0,63
19 Ernährung 462,85 543 0 6,55 0,00
20 Frau 459,47 549 3 6,63 0,04
21 Tötung 447,99 555 9 6,70 0,12
22 Behandlungsabbruch 441,53 518 0 6,25 0,00
23 aktiv 426,41 582 26 7,02 0,36
24 Vormundschaftsgericht 424,48 498 0 6,01 0,00
25 lebenserhaltend 412,54 484 0 5,84 0,00
26 Genehmigung 395,14 574 36 6,93 0,51
27 Abbruch 382,09 468 6 5,65 0,08
28 Artikel 369,09 817 146 9,86 2,06
29 tödlich 324,73 381 0 4,60 0,00
30 Folgen 322,30 833 182 10,05 2,57
31 Selbstbestimmungsrecht 321,83 458 26 5,53 0,36
32 passiv 319,61 375 0 4,52 0,00
33 unterlassen 304,68 449 30 5,42 0,42
34 Bevollmächtigte 280,40 329 0 3,97 0,00
35 Zustand 276,21 334 3 4,03 0,04
36 vormundschaftsgerichtlich 268,46 315 0 3,80 0,00
37 Suizid 265,90 312 0 3,76 0,00
38 behandelnd 264,20 310 0 3,74 0,00
39 Betreuungsrecht 259,09 304 0 3,67 0,00
40 Wunsch 241,18 283 0 3,41 0,00

3.1.1 Akteure im Rechtsdiskurs zur Sterbehilfe

Im Folgenden werten wir die 200 ermittelten Keywords aus. Die ersten 40 Keywords zeigt die Tabelle im vorherigen Kapitel. Ein wichtiges Wortfeld rekurriert auf verschiedene Akteure im juristischen Fachdiskurs zur Sterbehilfe. Zu diesen gehören zunächst Betroffene, also ›Personen, die häufig schwer erkrankt sind und die sich selbst oder andere (stellvertretend) für unterschiedliche Formen des begleiteten Suizids einsetzen‹: Patient, Frau,[15]Kranke, Kind, Suizidenten.

Neben Betroffenen treten verschiedene Dritte in Erscheinung, die sich nach Rechtsstatus, funktionaler Rolle sowie diskursiver Rolle unterscheiden: Vormundschaftsgericht, [gesetzlicher] Betreuer/Vertreter, Bevollmächtigte und Angehörige stehen in der Regel in dem problematischen Kontext, dass die Intention des zum Beispiel bewusstlosen Betroffenen (›etwa für oder wider lebensverlängernde Maßnahmen‹) oft unklar oder umstritten ist und mit – wiederum in ihrem juristischen Status zu klärenden – Äußerungen Dritter kollidiert oder zumindest von diesen abhängt. Dies zeigt auch eine statistische Auswertung signifikanter Wörter (Kookkurrenzen, KK) im Kotext von Betreuer, die das ›umstrittene Rechtsverhältnis‹ von Dritten (Betreuer bzw. Vormundschaftsgericht) und Betroffenen (Patient) akzentuiert:

KK zu Patient (P(t) ≥ 95 %): Einwilligung, Arzt, Entscheidung, Bevollmächtigte, BGB, bestellen, Patient, Bestellung, Vormundschaftsgericht, Maßnahme, Betroffene, Genehmigung, Wille, Behandlung, Behandlungsabbruch, Vertreter, Patientenverfügung, Zustimmung, Ernährung, Aufgabenkreis usw.

  1. „[…] legte das Gericht deshalb dem BGH die Frage vor, ob die Einwilligung des Betreuers eines selbst nicht mehr entscheidungsfähigen, irreversibel hirngeschädigten Patienten in den Abbruch der Ernährung […] der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung bedarf“ (Albrecht/Albrecht in MittBayNot 2003; Hervorhebung durch Verf.)

Für die fachliche Einschätzung des allgemeinen gesundheitlichen (Krankheitsverlauf) sowie des geistig-kognitiven Bewusstseinszustands (etwa im Hinblick auf die Authentizität eines geäußerten Sterbewunsches) spielen im Rechtsdiskurs vor allem professionelle Dritte, also einzelne Mediziner (Ärzte, Taupitz [Gutachter] und Pflegepersonal) oder auch Vereinigungen (Ethikkommission der Bundesärztekammer) als Autoritäten eine wichtige Rolle.

  1. „Meiner Meinung nach ist der Entwurf der BMJ-Arbeitsgruppe zusammen mit den Verfahrensvorschriften des Referentenentwurfs am überzeugendsten. Wenn kein individueller mutmaßlicher Wille zu ermitteln ist (Stichwort ‚Antizipationsproblem‘ und ‚Perspektivenwechsel‘), schafft der Grundsatz, im Zweifel das Leben zu erhalten und nur Palliativmedizin einzusetzen, klare Regeln. Es muss sichergestellt sein, dass nicht die Angehörigen oder der Arzt nach ihren Wertvorstellungen entscheiden.“ (Blandini in BWNotz 2007; Hervorhebung durch Verf.)

  2. „Außerdem kennt der Arzt den Errichter oft aus mehreren Gesprächen über längere Zeiträume und kennt folglich seine Lebenseinstellung, Wünsche und Absichten besser […]“ (Coeppicus in ZRP 2003)

Weitere Interessengruppen sind insbesondere die beiden großen Konfessionen (Kirche) sowie (fallspezifisch) Vereinigungen, die sich für unterschiedliche Formen der Sterbehilfe einsetzen (Hospiz, Stiftung) u. ä.

Neben diesen thematisch-funktionalen Akteursgruppen finden sich Akteure, die häufig mit Rechtsangelegenheiten befasst sind: Darunter Prozessbeteiligte, ‘dogmatisch einschlägige’ (vielzitierte) Gerichte wie die OLGs Frankfurt und München oder das BVerfG sowie Akteure der Exekutive und Legislative (wie Wolfgang Bosbach (CDU), der 2008 zum Verfahrensrecht der Patientenverfügung einen Gesetzesentwurf vorgelegt hat,[16] und die Enquete-Kommission des Bundestags).

Schließlich fällt als (vermeintlicher) Akteur das Keyword Mensch ins Auge. Im Rechtsdiskurs zur Sterbehilfe handelt es sich um ein rechtsdiskursspezifisches und für den Gesamtdiskurs hier entscheidendes Sediment zur Konkretisierung des Art. 1 Abs. 1 GG (Die Würde des Menschen ist unantastbar), das in zwei divergierenden Richtungen perspektiviert wird: Es geht um die

  1. „[…]verfassungsrechtlich gebotene Abwägung zwischenLebensschutz und Selbstbestimmungsrecht des Patienten […]“ (Albrecht/Albrecht in MittBayNot 2009)

Was bedeutet Würde des Menschen aus der Perspektive von Betroffenen, Ärzten, Dritten? Schützt Art. 1 Abs. 1 GG die ›individuelle Selbstbestimmung (Freiheitsrechte, hier auch: Patientenautonomie) auch über das Ende des Lebens‹ oder ›fordert‹ dieser erste Grundsatz der Verfassung ›den Rechtsstaat (und in Folge Ärzte, Angehörige usw.) dazu auf, Menschenleben zu wahren und zu erhalten‹ (Lebensschutz)?

  1. „vermeintliche ‚allgemeine‘ Vorstellungen über ein würdevolles Leben und Sterben [= pro ‚Selbstbestimmung‘, FV] können auf diese Weise gegen denLebensschutzausgespielt werden“ (Höfling in NJW 2009)

  2. „Mag man von einer bestimmten Werteposition aus auch dem menschlichen Leid eine Würde zumessen, das auf sich zu nehmende Kreuz als Kern der christlichen Botschaft betrachten oder den Menschen insgesamt zum Lebensschutz ‚um jeden Preis‘ verpflichten: Für das Verfassungsrecht gilt der Schutz des Menschen vor Fremdbestimmung auch und gerade in den Grenzsituationen des Lebens und am Lebensende. Der apriorische Eigenwert des Einzelnen und die Selbstbestimmung sind aufeinander angewiesen; sie schließen sich nicht aus. Im Klartext: Menschenwürde schützt den Menschen auch davor, zum Objekt der Menschenwürdedefinition eines anderen zu werden“ (Hufen in NJW 2001; Hervorhebung durch Verf.)

3.1.2 Rechtsordnung und Werte im Rechtsdiskurs zur Sterbehilfe

Zahlreiche Keywords verweisen auf Normtexte und Normtextstellen (BGB, StGB, Abs usw.), auf die sich juristische Akteure beziehen und/oder um deren Be­deutungsfestsetzung sie streiten. Zu unterscheiden sind a) ‘privatrechtliche’, b) ‘strafrechtliche’ und c) ‘grundrechtliche’ Rechtsgebiete. Die privatrechtlichen und strafrechtlichen Anforderungen stehen zuweilen im Konflikt:

Unter Umständen können durch die Einrichtung einer Patientenverfügung Handlungen rechtlich möglich und sogar notwendig werden, die strafrechtlich verfolgt werden müssten. Aus verfassungsrechtlicher Sicht tritt das Selbstbestimmungsrecht eines Patienten hinzu, denn gegen seinen Willen muss sich niemand einer ärztlichen Maßnahme unterziehen, auch wenn dies aus objektiver Sicht nachteilige Konsequenzen hätte (Felder/Luth 2015: 170):

  1. Wie bereits im Falle der Akteure (Dritte) sichtbar wurde, spielt das Rechtsgebiet des Betreuungsrechts im Privatrecht (BGB – Bürgerliches Gesetzbuch) eine zentrale Rolle. Gegenstand der Debatte sind vor allem die §§ 1901a und 1901ff. BGB und damit die Auseinandersetzung, ›wie ein ‘legitimer’ Sterbenswille juristisch bindend zu artikulieren‹ sei.

    • § 1901a BGB: Patientenverfügung: Umstritten ist vor allem die Verbindlichkeit, also der juristische Status des damit akzentuierten Textdokuments gegenüber vollziehender Gewalt. Die Patientenverfügung bzw. das dritte Gesetz zur Änderung des Betreuungsrechts ist seit 2009 eine gesetzlich geregelte Form zur juristisch bindenden Dokumentation der Betroffenen-Intention, die zuvor vorwiegend richterrechtlich ausgestaltet war. So zumindest die Theorie. In der Praxis[17] ist der Stellenwert dieses Dokuments jedoch nach wie vor umstritten, vor allem auch unter Ärzten (zum Beispiel können Formulierungen nicht als eindeutig betrachtet werden).

    • § 1901 BGB: Betreuung von Betroffenen bzw. ›Stellung und Aufgaben‹ der Betreuer (in der Pflege von Betroffenen).

    • § 1904 BGB: Stellung des Betreuers im Verhältnis zum Betreuungsgericht.

  2. Im Fokus der Keywords StGB, straflos, Strafrecht, lebenslang, Freiheitsstrafe, strafbar, Tatherrschaft und Tötungsdelikt steht ein ‘strafrechtliches’ agonales Zentrum mit der Frage nach der Abgrenzung (und Abgrenzbarkeit) von ›strafbaren versus nicht strafbaren Handlungen, die den Tod eines Betroffenen nach sich ziehen‹. Bei der Typisierung stehen vor allem unterlassene Hilfeleistung sowie Mord bzw. Totschlag im Fokus der Diskussion:

    • § 323c StGB: Unterlassene Hilfeleistung. Ist etwa die ärztliche oder auch private Abschaltung der künstlichen Ernährung oder das Nicht-Eingreifen im Falle eines akuten kritischen Zustands eines Betroffenen als ›strafbare Passivität im Notfall‹ oder als ›Befolgung von Handlungsanweisungen des Betroffenen‹ zu werten?

      1. „[…] wesentliche Beeinträchtigung erleidet der Grundsatz der Straffreiheit der Suizid-Teilnahme schließlich durch den Rückgriff auf die täterschaftliche Verletzung der allgemeinen Hilfspflichtaus § 323c StGB. […] Beispiel […] sog. Hammerteich-Fall (BGHSt 13, 162): Die Schwiegermutter des Angekl., ‚eine ‚geltungsbedürftige Psychopathin‘ [Hervorhebung im Original, die Verfasser], die schon häufig Selbstmordversuche vorgespiegelt hatte‘, wollte sich ertränken. Deshalb forderte sie den Angekl. auf, sie ins Wasser zu stoßen. Der Angekl. kam dieser Aufforderung zwar nicht durch aktives Tun nach, fühlte sich dadurch jedoch aufgefordert, ihren Selbstmord mindestens nicht zu verhindern. Die Schwiegermutter geriet schließlich […] in das Wasser und ertrank. Während das Gericht hier eine Täterschaft des Angeklagten mangels Tatherrschaft und eine Beihilfe mangels Strafbarkeit des Selbstmordes ablehnte, verwies es den Fall mit der Maßgabe zurück, § 330c StGB a. F. zu prüfen, wobei die Hilfeleistungspflicht des Angeklagten schon eingesetzt hätte, als die Frau in erkannter Selbsttötungsabsicht sich in unmittelbare Nähe des Wassers begab […]“ (Gropp in NStZ 1985; Hervorhebung durch Verf. )

    • §§ 211ff. StGB: Mord, Totschlag. Während bei ›unterlassener Hilfeleistung‹ ein ‘passives Handeln’ im Hinblick auf seine Strafbarkeit bewertet wird, steht im Falle der §§ 211ff. StGB ein ‘aktives, auf Schädigung abzielendes Handeln’ (aktives Tun/Täterschaft) im Fokus.

      Die grundsätzliche Problematik und das o. g. agonale Zentrum kommen sehr deutlich in folgendem Beleg zum Ausdruck:

      1. „Sämtliche Fälle des Mitherbeiführens des vom Leidenden selbst gewollten Todes rechtlich gleichzubehandeln, kann niemand ernstlich fordern […]. Es ist ein Unterschied, ob jemand einem krebskranken Bekannten tödliches Gift verschafft, das der Lebensmüde selbst einnimmt, oder ob er ihm in Erfüllung eines ernsthaft-ausdrücklichen Verlangens eine Kugel in den Kopf schießt. Und es ist eine dem rechtlichen und sittlichen Empfinden gemäße Gesetzesanwendung, das Verhelfen zum Freitod im ersten Fall straffrei zu stellen und im zweiten als Tötung auf Verlangen zu bestrafen. Wer dem zustimmt, muß dann aber auch einräumen, daß die Grenze zwischen ‚straffrei‘ und ‚strafbar‘ nicht nur Extreme, sondern zwangsläufig auch ganz nah beieinanderliegende Formen der Mitwirkung unterscheidet. Jede Grenzziehung muß gleitende Übergänge schmerzhaft durchschneiden und kleinsten Abständen eine unangemessen wirkende Bedeutung zumessen. Man darf vom Juristen nicht erwarten, daß er bei notwendigen Unterscheidungen den Betroffenen den ‚Schmerz der Grenze‘ ersparen kann“ (Herzberg in NJW 1986; Hervorhebung durch Verf.)

  1. ›Sterbehilfe‹ berührt die Grundsätze der deutschen Verfassung:

    • Art. 1 Abs. 1 GG: Menschenwürde;

    • Art. 2 Abs. 1 GG: Leben und Selbstbestimmung (Persönlichkeitsrecht);

    • Art. 4 Abs. 1 GG: Glaubens- und Gewissensfreiheit; auch Art. 9 EMRK: Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit;

    • Art. 20 GG: Rechtsstaatsprinzip bzw. (Grund-)Rechtsbindung der Gewalten (umstritten v. a. der ›Deutungs- und Entscheidungsspielraum‹ von Richtern).

Andere Keywords rekurrieren auf konfligierende Ethische Werte. Um die Deutungshoheit konkurrieren ›individuelle‹ (Betroffene und Angehörige), ›medizinische‹ (Hippokratischer Eid), ›religiöse‹ und ›juristisch-menschenrechtliche‹ Wertekataloge, wie im folgenden Beleg schon am gewählten Vergleich deutlich wird (die individuelle Ethik ist im vorliegenden Fall bei der Inanspruchnahme von Sterbehilfe durch die Betroffenen impliziert):

  1. „Sog. indirekte Sterbehilfe […] ‚[…] Bei manchen zum Tode führenden Erkrankungen steht die notwendige Leidensminderung so stark im Vordergrund, daß die Möglichkeit einer Lebensverkürzung als Nebenwirkung in Kauf genommen werden kann.‘ Diese Art der Sterbehilfe ist nach meiner Kenntnis in der ärztlichen Praxis heute allgemein verbreitet. Nur wenige Stimmen findet man in der juristischen Literatur, die sich gegen ihre Zulässigkeit wenden. Im medizinischen Schrifttum wird ihre Erlaubtheit nicht bezweifelt. […]. Seit Papst Pius XII […] im Jahre 1957 ausführte, die Schmerzmittelgabe mit unvermeidbarer Nebenwirkung einer Lebensverkürzung sei bei Todkranken dann erlaubt, wenn ein anderes Mittel nicht zur Verfügung stehe und die Lebensverkürzung nicht angestrebt werde, wird die indirekte Sterbehilfe in der kirchlichen Ethik allgemein für zulässig gehalten.“ (Schreiber in NStZ 1986; Hervorhebung durch Verf.)

  2. „wer glaubt, die Problematik der Sterbehilfe unmittelbar, d. h. ohne Rekurs auf rechtsethisch philosophische Überlegungen zum Lebensschutz überhaupt, lösen zu können, denkt kurzschlüssig“ (Hörster in NJW 1986; Hervorhebung durch Verf.)

Die Funktion dieser Werte scheint zweierlei zu sein: Zum einen dienen sie als Orientierungsmaßstab sowie Legitimation für das eigene Handeln in einem konkreten Fall. Zum anderen dienen sie als Lückenfüller zur Konkretisierung abstrakter Rechtssätze, wobei dieser Einfluss ethischer Werte auf die Rechtsdogmatik selbst umstritten bleibt. Der Verweis auf die Menschenwürde ist ein gutes Beispiel: Sie ist im juristischen Diskurs ein allgemeiner Autoritätstopos, der äußerst präsuppositionsreich nachfolgende (nicht selten dann ethische) Prädikations- und Argumentationsketten einleitet (vgl. ausführlich hierzu Vogel 2012c). Im folgenden Beleg wird dies etwa als ‘Umstand’ für die Anwendung auf Sterbehilfe-Sachverhalte hin problematisiert:

  1. „schier grenzenlos erscheint der Begriff des Sterbens in Würde. Zwar lässt sich das Selbstbestimmungsrecht des Patienten, so wie alle anderen Grundrechte, auf den Respekt vor dem Menschen als würdevolles Wesen zurückführen. Schwierig ist es, eine eigene Schutzaussage des Würdegrundrechts neben dem Selbstbestimmungsrecht in medizinischen Angelegenheiten herauszukristallisieren.“ (Landau in ZRP 2005; Hervorhebung durch Verf.)

Deutlicher tritt der fahnenwortartige (also von Sterbehilfe-Befürwortern genutzte) Topos-Charakter und zugleich die Konkretisierung von Würde mittels unmittelbarem Kotext in folgenden Mehrworteinheiten hervor: in Würde sterben (14), in Würde und Schmerzfreiheit (11), ein Tod in Würde (10), Selbstbestimmung und Menschenwürde (9).

3.1.3 Lebenswelt und Formen der Sterbehilfe

Ein wichtiger Teil der ermittelten Keywords bzw. Wortfelder lässt sich als Bestandteil von divergierenden Sachverhaltskonstitutionen, also umstrittenen Perspektivierungen von Elementen der Lebenswelt kontextualisieren. Diese sprachliche Zubereitung ‘des Geschehens’ ist insofern von großer Bedeutung, als sie unmittelbar auf die juristische Bewertung (insb. mit Blick auf Strafbarkeit) zielt. Allen voran stehen unterschiedliche Formen der Sterbehilfe bzw. des Sterbens und der Sterbeumstände.

  1. sterben: Das Verb ist im Korpus 230 mal belegt und bezeichnet alleinstehend nur sehr abstrakt den ›Prozess vom Leben in den Tod‹. Seine Konkretisierung erhält es erst als Teil von Mehrworteinheiten, insb.:

    • [[sicher/absehbar/ohnehin/alsbald] sterben werden]: das Syntagma bezieht sich temporal und modal auf einen Zustand, ›der eintritt, wenn (nicht) X = Handlung unternommen‹ wird. Für die juristische Auseinandersetzung, etwa im Hinblick auf die Strafbarkeit eines ärztlichen Handelns (= X) fungiert diese Konstruktion als handlungsleitendes Konzept der Sterbehilfe-Befürworter, nach dem ›das Handeln für das Ob des Sterbeprozesses keine Rolle spielt‹ und demnach der Handelnde sich nicht strafbar mache. Ähnlich verhält es sich mit dem Syntagma sterben zu lassen: Aus der Perspektive von Betroffenen und Dritten (Angehörigen) handelt es sich um ein positiv konnotiertes Fahnensyntagma, das ein ‘empathisches’ Attribut hervorhebt und ein damit verbundenes Handeln als ‘einfühlsam dem Willen des Betroffenen folgend’ markiert. Aus der Perspektive von Funktionsträgern (Juristen, Ärzten) dagegen scheint das Syntagma negativ konnotiert einen Handlungssachverhalt zu konstituieren, der den Vorwurf der ‘unterlassenen Hilfeleistung’ (oder wie hier: gar Mord und Totschlag) vorbereitet.

      1. „sie gingen zu diesem Zeitpunkt davon aus, daß die Patientin ohnehin sterben würde. Zur Überzeugung der StrK beschlossen sie sodann gemeinsam, wobei der Angekl. Dr. D einen bestimmenden Einfluß ausübte, Frau V nicht mehr in ein Krankenhaus zu bringen und sie mit einer schnell verabreichten Überdosis Dolantin zu töten“ (BGH 3 StR 79/96)

      2. daß Frau V ohnehin sterben werde und es nur noch darum gehe, sie möglichst raschsterben zu lassen“ (BGH 3 StR 79/96)

      3. „Der irreversible Sterbeprozess umfasst die terminale Krankheitsphase, also das Krankheitsstadium, in dem der Eintritt des Todes in Tagen oder wenigen Wochen unabwendbar absehbar ist und kurative Bemühungen nicht mehr möglich sind. Wenn medizinische lebenserhaltende Maßnahmen nur dazu dienen würden, das unrettbar verlorene Leben ohne erkennbaren Sinn noch kurze Zeit zu verlängern, so dürfen sie straflos eingestellt oder unterlassen werden“ (Kutzer in FPR 2007; Hervorhebung durch Verf.)

    • Hilfe beim Sterben und/versus Hilfe zum Sterben bilden in Abhängigkeit von der Präposition in der Rechtsdogmatik zwei Fallgruppen. Die Hilfe beim Sterben (auch: Sterbehilfe im engeren Sinn) bezeichnet den Fall des ›bereits unaufhaltsam eingetretenen Sterbeprozesses, der durch ein bestimmtes (Nicht-) Handeln nicht verlängert wird‹ und damit ‘straffrei’ bleibt. Hilfe zum Sterbenoder Behandlungsabbruch (oder auch: Sterbehilfe im weiteren Sinne) markiert hingegen einen ›noch nicht begonnen Sterbeprozess, der erst durch ein (Nicht-)Handeln initialisiert wird‹ und daher ‘strafbar’ sei. Die beiden unterschiedlichen Präpositionen akzentuieren erstens einen Sachverhalt im Sterbeereignis perspektivisch-temporal und verankern zweitens an diese musterhafte Perspektivenvarianz den juristischen Bewertungsmaßstab.

      1. „Die Unterscheidung zwischen der ‚Hilfe beim Sterbenin der Sterbephase und der ‚Hilfe zum Sterbenin allen anderen Fällen verweist demnach auf die unterschiedlichen Gründe für die Einstellung der lebenserhaltenden Maßnahmen: Im Sterbeprozess ist sie zulässig, weil es an einer ärztlichen Indikation fehlt. Hat der Sterbevorgang noch nicht eingesetzt, muss eine ärztlich indizierte lebenserhaltende Maßnahme unterlassen oder abgebrochen werden, wenn es an der erforderlichen Einwilligung des Patienten fehlt […] Allerdings hält er [der BGH, die Verfasser] die strafrechtlichen Grenzen einer Sterbehilfe im weiteren Sinn (‚Hilfe zum Sterben‘) für ‚nicht hinreichend geklärt‘“. (Lipp/Klein in FPR 2007; Hervorhebung durch Verf.)

    • in Würde sterben: Fahnensyntagma prominenter Sterbehilfe-Befürworter (Justizsenator a. D. Roger Kusch, Sterbehilfe Deutschland e. V.).

  2. Sterbehilfe: Der prominenteste Ausdruck wird im juristischen Fachdiskurs ähnlich wie das Verb sterben sehr heterogen, aber musterhaft gebraucht:

    • Die aktive Sterbehilfe markiert – anders als in der Stereotypisierung im Laiendiskurs – nicht ‘bewusstes Tun’ (entgegen einem Lassen), sondern einen ›Sterbeprozess, der durch Dritte intendiert und (in welcher Form auch immer) herbeigeführt wird‹:

      1. „Wesensmerkmal der verbotenen aktiven Sterbehilfe ist nicht die (aktive) Handlung als solche, sondern die Intention, nämlich die gezielte Maßnahme, die auch das Leben eines Gesunden beenden würde“. (Albrecht/Albrecht in MittBayNot 2003; Hervorhebung durch Verf.)

      Passive Sterbehilfe ist dem BGH (Urteil vom 17.3.2003, XII ZB 2/03) nach straffrei, sofern damit ein Sachverhalt verbunden ist, der weitestgehend dem mit Hilfe beim Sterben bezeichneten gleichkomme.

    • Die indirekte Sterbehilfe schließlich zielt auf einen als straffrei bewerteten Sachverhalt, in dem ›der Sterbeprozess durch eine (z. B. ärztliche) Handlung nicht beabsichtigt, sondern als ‘Nebenwirkung’ einer (z. B. schmerzlindernden) Behandlung in Kauf genommen wird‹.

      1. „nicht strafbewehrt ist hingegen die indirekte Sterbehilfe, die vorliegt, wenn […] die ärztlich gebotene schmerzlindernde Medikation bei einem sterbenden oder todkranken Menschen als unbeabsichtigte, aber unvermeidliche Nebenfolge den Todeseintritt beschleunigt.“ (BGH XII ZR 177/03; Hervorhebung durch Verf.)

  3. Suizid: Der Ausdruck Suizid ist Teil von verschiedenen Mehrworteinheiten:

    • Die Kollokation freier Suizid rekurriert allgemein auf den Sachverhalt, dass sich ›eine Person das Leben nehmen möchte‹.

    • Die Variante freiverantwortlicher Suizid betont durch das Adjektivattribut die ›geistig-kognitive Beherrschung des Betroffenen‹.

    • Die (organisierte) Beihilfe zum Suizid bzw. Suizidbeihilfe akzentuiert dagegen die ›‘staatliche’, ‘privatwirtschaftliche’ oder ‘kommerzielle’ Unterstützung beim Versuch eines Betroffenen, sich selbst das Leben zu nehmen‹ (etwa durch Beschaffung oder Bereitstellung von tödlichen Mitteln oder Organisation sonstiger Begleitumstände).

    • Die Kollokation assistierter Suizid ist ein Fahnensyntagma für die speziell in der Schweiz bekannt gewordene und durch die Organisation „Dignitas“ propagierte (straffreie) Praxis, nach der auf

      1. „ärztliche Verschreibung [hin] dem Sterbewilligen eine tödliche Dosis (15 g) von Natrium-Pentobarbital, aufgelöst in Wasser zur Verfügung gestellt [wird]. Der Sterbewillige ergreift selbst das Glas, trinkt es aus, fällt kurze Zeit später ins Koma und ist 20 bis 30 Minuten später tot. Zur Beweissicherung wird die Phase der Zuführung des Mittels durch den Suizidenten per Video aufgezeichnet.“ (Kusch in NStZ 2007)

    • Mit dem Syntagma Mitwirkung am Suizid wird – ähnlich wie im Falle der Suizidbeihilfe oder dem assistierten Suizid – das ›Verhältnis von täterschaftlicher und nur teilnehmender Mitwirkung am Suizid‹ diskutiert. Im Zentrum steht die Frage nach der lebensweltlichen wie juristischen Abgrenzbarkeit von ›fremdem Einfluss (Tötung)‹ und ›selbstbestimmter Lebensnahme‹.

  4. töten/Tötung: Der Ausdruck Tötung aktiviert im Rechtsdiskurs (StGB) generell negativ konnotierte Konzepte, in denen ›ein Akteur einem anderen mittelbar das Leben nimmt‹. Im Fokus stehen dabei unterschiedliche Grade der ‘Aktivität’ des Handelnden, was sich bereits an gebrauchsähnlichen Attributen wie gezielte, vorsätzliche oder aktiveTötung zeigt.

    • Der Ausdruck Selbsttötung verweist in der Regel auf einen ähnlichen Sachverhalt in der Lebenswelt wie Selbstmord oder Suizid (vgl. o.) und scheint heute überwiegend wertneutral gebraucht. Durch die Besetzung des Determinatums mit dem strafrechtlich besetzten Ausdruck der -tötung wird u. E. jedoch zumindest historisch an die frühere Ächtung der ›selbstgewählten Lebensbeendigung‹ angeknüpft. Hierzu passt auch die syntaktische Analogie des Syntagmas Beihilfe zur Selbsttötung zu Beihilfe zum Mord.

    • Das Syntagma Tötung auf Verlangen verweist auf den gleichlautenden § 216 StGB, nach dem die ›Lebensbeendigung einer Person durch einen von ihm bestimmten Dritten‹ unter Strafe steht. Dieser Rechtssatz ist einer der zentralen Bezugspunkte im juristischen Diskurs zur Sterbehilfe, wenn es um die Einordnung ‘fremden Zutuns’ als straffrei bzw. strafbar geht (Abgrenzung der Tötungstäterschaft von Selbsttötungsteilnahme).

    • Der Ausdruck Fremdtötung schließlich wird (gelegentlich) synonym gebraucht zu Mord bzw. Tötung.

  5. Euthanasie: Dieser Ausdruck hat bekanntlich eine besondere deutsche Vergangenheit und wird auch gerade deshalb vor allem als Stigmawort (und als Teil von Stigma-Syntagmen) von Sterbehilfe-Gegnern bzw. -skeptikern verwendet. Entsprechend wird der Gebrauch des Ausdrucks von Befürwortern bzw. auch Dritten als Diskreditierung abgelehnt.

    1. „Lediglich den Ausdruck Euthanasie würde ich aus historischen Gründen gänzlich streichen und schlicht bei ‚Tötung‘ bleiben“ (Blandini in BWNotz 2007; Hervorhebung durch Verf.)

    2. „Beibehaltung des Verbots der aktiven Sterbehilfe (Euthanasie) […] Bei gesetzlicher Zulassung der Euthanasie könnte sich jeder Kranke, der ohne Aussicht auf Besserung eine aufopfernde und hohe Kosten verursachende Pflege benötigt, dem indirekten Druck oder der ausgesprochenen oder unausgesprochenen Erwartung ausgesetzt sehen, seine Angehörigen oder die Allgemeinheit oder beide durch die Bitte um die todbringende Medikation zu entlasten“ (Kutzer in FPR 2007; Hervorhebung durch Verf.)

    3. „In Ausnahmefällen, in denen auch die moderne Palliativmedizin keine oder keine ausreichende Linderung unerträglich erscheinenden Leidens zu verschaffen vermag, kann eine palliative Sedierung, das heißt die gezielte Dämpfung oder Ausschaltung des Bewusstseins, helfen. Es ist hartherzig und nicht sachgerecht, sie als verdeckte Euthanasie zu diskreditieren.“ (Kutzer in FPR; Hervorhebung durch Verf.)

3.1.4 Juristische Konkretisierungsversuche der Intention (von Betroffenen)

Neben dem gesundheitlichen Zustand und der Form der Sterbehilfe ist die Intention des Betroffenen Dreh- und Angelpunkt für die rechtliche Beurteilung. Mit Intention meinen wir die sprachliche Zubereitung der Frage, ›ob der Betroffene in einer Situation X tatsächlich sterben will‹. Das hierzu gehörige semantische Wortfeld (durch Kontextualisierung nach Gebrauchsähnlichkeit gruppierte Keywords) lässt sich wie folgt strukturieren:

  • Intention allgemein: Wille, Einwilligung, Patientenwille, Wunsch, Verlangen, Einstellung;

  • Personalität: ich (Ausdruck individueller Willensbekundung);

  • Rolle von Dritten: mutmaßlicher/erklärter/geäußerter Wille;

  • Form der Intention: Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht, Vollmacht, Erklärung, Beurkundung, früh[ere Äußerung], Genehmigung (Rolle des Vormundschaftsgericht);

  • Sich ändernde Intention: Widerruf;

  • Verfassungsrechtliche Grundkategorien im Kontext der Intention: Selbstbestimmungsrecht/Patientenautonomie versus Lebensschutz.

Um semantische Kämpfe um die Intention des Betroffenen nachzuvollziehen, wurde der Kotext des besonders hochfrequenten Ausdrucks Wille (einschl. Komposita) erhoben und jene Belege ausgewertet, die ausgewählte adversative oder konzessive Konnektoren enthielten. Hintergrund ist die Überlegung, dass gerade diese Konnektoren Indikatoren für im Sterbehilfe-Diskurs relevante und argumentativ ausgetragene Streitpunkte sind.

Der Ausdruck (Patienten-)Wille[18] kann als ein über die Normtexte positionierter Fachterminus betrachtet werden, der enger oder weiter mit den gebrauchsähnlichen Lexemen Wunsch, Meinung und Interesse verbunden ist. So wird der Ausdruck Wunsch quasi-synonym zum Patientenwillen verwendet, wenn der Patient in der Lage ist, sich selbstständig zu äußern (vgl. hierzu §§ 1901 und 1901a BGB). Auch in § 1901a BGB, in dem die Möglichkeit und Reichweite der Patientenverfügung rechtlich geregelt wird, findet sich der Ausdruck Behandlungswunsch neben dem Ausdruck mutmaßlicher Wille. Diese Lexeme scheinen also eher zu koexistieren; ein semantischer Kampf lässt sich in diesem Sinne auch in der juristischen Binnenkommunikation nicht aufspüren.

In den Fachaufsätzen und Entscheidungen tritt das Lexem Wille als eine Art Leitvokabel hervor, sowohl in der Häufigkeit als auch in der inhaltlichen Ausdifferenzierung. Der Ausdruck Wille wird mittels Attributen wie tatsächlich, mutmaßlich oder früher erklärt/früher geäußert graduell abgestuft. Sobald nicht mehr die Intention von Patienten bei Bewusstsein, sondern die Intention von Patienten ohne Bewusstsein verhandelt wird, erscheint dies besonders brisant. Diese Patientengruppe soll näher betrachtet werden, denn damit kommt die relevante Frage nach der Wirksamkeit der Patientenautonomie ins Spiel: Während ein tatsächlicher Patientenwille eine unbedingte Berücksichtigung erfahren muss, ist der Status eines mutmaßlichen Willens und damit über Dritte vermittelten Willens nicht gänzlich geklärt (dies gilt bis 2009 auch für den in der Patientenverfügung niedergelegten Willen, da dieser erst mit dem Normtext aus § 1901a BGB verbindlich wird und zuvor ebenso als mutmaßlich galt):

  1. „Unklar ist bisher allerdings der genaue verfassungsrechtliche Stellenwert des mutmaßlichen Willens. Dieser ist gegenüber dem wirklich erklärten Willen stets nur Hilfskonstrukt, da er gerade nicht auf der geäußerten Selbstbestimmung beruht, sondern letztlich durch einen Dritten – den Arzt, einen Betreuer, einen Familienangehörigen oder Gesundheitsbevollmächtigten – ermittelt und damit in gewissem Umfang auch formuliert wird. Gleichwohl ist der aus der Sicht des nicht mehr äußerungsfähigen Subjekts zu interpretierende mutmaßliche Wille aber durch Art. 2 Absatz I GG verfassungsrechtlich geschützt.“ (Hufen in NJW 2001)

Die o. g. Attribuierungen verweisen auf die im Raum stehende Frage, was für einen Einfluss der äußerungsunfähige Patient auf seine Weiterbehandlung durch (zuvor) geäußerte Wertvorstellungen noch nehmen kann.

Dieses Streitpotenzial lässt sich im agonalen Zentrum ›Recht auf eigenen Tod‹ versus ›staatlich zu gewährleistender Lebensschutz‹ verdichten. Der inhaltliche Streit darüber zeigt sich in der Untersuchung zunächst daran, dass das Syntagma mutmaßlicher Wille gehäuft im Kotext der adversativen und konzessiven Konnektoren auftritt und dadurch auffällig wird. Verfolgt man dort die Argumentation genauer, so wird deutlich, dass mit den geäußerten Zweifeln an der gewissenhaften Bestimmung des Patientenwillens die Fürsorgepflicht des Staates argumentativ betont wird und als Gegengewicht in Stellung gebracht wird, was sich vor allem in älteren Belegen widerspiegelt:

  1. „Der Vorschlag verwirft die aktive Sterbehilfe zu Recht. Er betont das Patientenrecht auf Selbstbestimmung, womit er der gewachsenen Bereitschaft des modernen Menschen zur Selbstverwirklichung entgegenkommt. Der mutmaßliche Wille des Patienten indessen bleibt ein hypothetisches Konstrukt, das den Grundauftrag des Arztes, Leben zu erhalten, jedenfalls nicht abschwächen darf. Der Arzt hat den mutmaßlichen Willen, so der Entwurf zutreffend, aus den Gesamtumständen zu ermitteln. Eine besondere Bedeutung kommt hierbei einer früheren Erklärung des Patienten, dem Patiententestament, zu. Sie ist zu berücksichtigen, sofern ihre Aktualität für die konkrete Situation anzunehmen ist. In dieser Kondition liegt die eine Schwierigkeit, die andere in der medizinischen Prognose. Auch im Zeichen der Patientenautonomie muss die ärztliche Verantwortung ungeschmälert und deutlich bleiben. Der Wille des Todkranken und der berufliche Auftrag des Arztes müssen im spannungsvollen Nebeneinander bestehen und gleichermaßen ihr Recht behalten.“ (Laufs in NJW 1998; Hervorhebung durch Verf.)

Eine erste Durchbrechung des grundsätzlichen Konflikts scheint sich 2003 in der vielbeachteten Entscheidung des BGH (XII ZB 2/03) abzuzeichnen:

  1. „Das Gericht bezeichnet dabei ausdrücklich den in der Patientenverfügung niedergelegten Willen als den ‚wirklichen Willen‘ des Betroffenen, wohingegen in der Literatur insoweit oft nur vom ‚mutmaßlichen Willen‘ die Rede ist. Die Patientenverfügung ist somit nicht mehr als ein Indiz zu betrachten, welches neben anderen zur Ermittlung des wirklichen Willens dienen kann; sie definiert diesen vielmehr selbst.“ (Albrecht/Albrecht in in MittBayNot 2003; Hervorhebung durch Verf.)

In dieser Deutung des BGH-Beschlusses wäre ein in der Patientenverfügung niedergelegter Wille mit dem Willen des äußerungsfähigen Patienten gleichzusetzen, was eine erste einflussreiche Veränderung in der Diskussion darstellt. Der mutmaßliche Wille bezieht sich somit nunmehr auf die Behandlungssituation, in der keine Patientenverfügung vorliegt und die Intention des Patienten durch Dritte ermittelt werden muss, damit wandelt sich der semantische Bezugsrahmen für den Ausdruck. Zu dem BGH-Beschluss wurden aber auch kritische Stimmen laut, die u. a. weiterhin eine zu geringe Berücksichtigung des Patientenwillens beobachten:

  1. „Letztlich zeigt der Beschluss erneut: Der Gesetzgeber sollte klar und eindeutig regeln, wie der Patientenwille zu sichern ist und in welchen Fällen die Einschaltung des Vormundschaftsgerichts nötig ist. Klarzustellen ist auch, dass die Selbstbestimmung des Patienten auch vor dem eigentlichen Sterbevorgang Vorrang vor dem Behandlungsauftrag und der Lebenserhaltung um jeden Preis hat. Wird diese ‚Initialzündung‘ für den Gesetzgeber erkannt, dann hätte der Beschluss wenigstens insofern sein Gutes.“ (Hufen in ZRP 2003; Hervorhebung durch Verf.)

In der juristischen Binnenkommunikation zeichnet sich damit bereits eine Argumentationsverschiebung zu einer stärkeren Bindung des Patientenwillens ab. Die gesetzgeberische Diskussion mündete 2009 in der Verbindlichkeit der sog. Patientenverfügung (Unwägbarkeiten dieser Regelungen bzw. einer zweifelsfreien Ermittlung der Betroffenenintention bestehen natürlich weiterhin). Neuere Entscheidungen wurden und werden nun im Lichte der §§ 1901a ff. getroffen. Patientenverfügungen sind der Versuch, die Intention von Betroffenen stärker zu formalisieren und insb. in Fällen der Nichtentscheidungsfähigkeit (also Bewusstlosigkeit) des Betroffenen unabhängig(er) von Dritten eine explizitere Legitimationsgrundlage für ärztliches Handeln bzw. Unterlassen bereitzustellen.

Die Schwierigkeiten lassen sich damit aber nicht gänzlich ausräumen, sondern werden – soweit wir rechtslinguistisch sehen – teilweise nur verlagert. Denn auch eine schriftlich fixierte Intention wird im Streitfall divergierend kontextualisiert. Dies wurde bereits im Vorfeld der gesetzgeberischen Initiative diskutiert, wie der folgende Beleg zeigt:

  1. „Tatsächlich ist unstrittig, dass formale und inhaltliche Defizite in bestimmten Fällen die Bindungswirkung einer Patientenverfügung fragwürdig erscheinen lassen können. Unstrittig ist zugleich allerdings, dass selbst derart ‚unspezifische‘ Verfügungen keineswegs als ‚unbeachtlich‘ zu bezeichnen sind. Vielmehr sind auch diese als starkes Indiz für den zumindest (!) ‚mutmaßlichen Willen‘ des Patienten allgemein anerkannt und entfalten damit ebenfalls zumindest im Grundsatz auch Bindungswirkung“ (Strätling et al. in ZRP 2003; Hervorhebung durch Verf.)

Die hierzu wiederkehrenden Fragen in der Rechtsdebatte betreffen:

  • zeitlichen Moment der Dokumentation: ›Wann und unter welchen Umständen wurde die Patientenverfügung erstellt?‹

  • kognitive Fähigkeiten: ›In welchem psychisch-kognitiven Geisteszustand (Bewusstheit) kam die Patientenverfügung zustande?‹

  • Dokumentationsform: ›Welche Form (schriftlich, mündlich, Textaufbau) hat eine ‘rechtsverbindliche‘ Patientenverfügung zu wahren?‹

  • Inhalt/Formulierung: ›Welche inhaltlichen Aspekte hat eine Patientenverfügung zu umfassen und wie sind sie zu formulieren (z. B. in Form von Formeln)?‹

  • Rolle von Dritten: ›Welchen Einfluss dürfen bzw. können Angehörige, Ärzte, Pflegekräfte, oder Juristen bei der Bedeutungszuschreibung von (zu erstellenden oder vorliegenden) Patientenverfügungen nehmen?‹

  • Geltungsdauer: ›Nach welchen Kriterien bemisst sich die Geltungsdauer einer Patientenverfügung und unter welchen Umständen tritt sie außer Kraft (Widerrufsmöglichkeit)?‹

3.2 Agonale Zentren des Sterbehilfe-Diskurses

Die vorgenannten Analysen zu zentralen Wort- und Begriffsfeldern haben sprachliche Gebrauchskontexte sichtbar gemacht, in denen wiederkehrende, teilweise gegensätzliche Perspektiven auf den Sachverhalt Sterbehilfe konstituiert werden (vgl. zu diesem und dem Kapitel 3.3 Felder/Luth 2015). Zusammenfassend postulieren wir, dass sich der Rechtsdiskurs zur Sterbehilfe in den folgenden sieben, idealtypisch formulierten agonalen Zentren (vgl. 2.1) bzw. damit verbundenen Wissensrahmen strukturiert:

  • Von zentraler Bedeutung ist die Divergenz verfassungsrechtlicher Grundsätze in ihrer Konkretisierung auf die Lebenswelt (Fälle) der Sterbehilfe, allen voran: ›Recht auf eigenen Tod ‹ versus ›staatlich zu gewährleistender Lebensschutz‹.

  • Verfassungsrechtlich begründet ist die Intention (Sterbeabsicht) eines Betroffenen von zentraler Bedeutung. Bei der Konkretisierung dieser ›Intention‹ konkurrieren der rechtliche Geltungsanspruch von Betroffenenaussagen (ausdrucksseitig Wille, Wunsch) mit dem Geltungsanspruch von Intentionszuschreibungen durch Dritte (Angehörige‚ Betreuer/Vormundschaftsgericht, medizinisches Personal usw. mit Blick auf den mutmaßlichen Willen).

  • Der Rechtsdiskurs ist ferner geprägt durch die Kollision ›unterschiedlicher Wertmaßstäbe‹ (insbesondere Kirche versus (Verfassungs-)Recht versus individuelle Ethik von Betroffenen versus allgemeine Ethik einer Kultur) sowie

  • durch die Kollision ›unterschiedlicher Rollenverständnisse‹ (Arzt versus Jurist versus Betroffene versus Dritte). Holzhauer (in ZRP 2004: 42) kritisiert etwa „das blinde Bestreben, die Verbindlichkeit der Patientenverfügung gegen den ärztlichen Paternalismus zu befestigen“ und mahnt zur Einbeziehung des historisch gewachsenen, ärztlichen Rollenselbstverständnisses.

  • Von fundamentaler Bedeutung sind die divergierenden Beurteilungsmaßstäbe zur (medizinischen) Bewertung eines Sterbehilfe (nicht) legitimierenden ‘Gesundheits’- bzw. ‘Krankheits’- bzw. ‘Sterbe’-Zustands (Kontextvariable); insbesondere die Unterscheidung von ›‘biologischem’ versus ‘kognitivem’ Leben‹.

  • Häufig wird ein Gegensatz zwischen ›(juristischer) Theorie‹ einerseits und ›(medizinischer/Alltags-)Praxis‹ andererseits aus argumentationsstrategischen Gründen modelliert;

  • Schließlich wird – als Hintergrundfolie im Rechtsdiskurs – das Verhältnis gegenwärtiger und vergangener Sichtweisen auf die ›Sterbehilfe‹ (heutiges Konzept) und ›Euthanasie‹ (Konzept zurückliegender Unrechtsstaaten) problematisiert.

Diese agonalen Zentren im juristischen Binnendiskurs zur Sterbehilfe werden begleitet von interpretativer Rechtstext-Arbeit in Bezug auf Geltungsanspruch und Geltungsbereich bestimmter juristischer Textsorten: Hierzu zählt zunächst die Kontextualisierung des Grundgesetzes (bzw. deren Rechtssätze) sowie der Menschenrechtscharta mit einer veränderten (technisierten) Lebenswelt, die in der Rechtspraxis auf Phänomene und Auseinandersetzungen der Sterbehilfe reagieren müssen. Ähnliches trifft auf das Strafrecht zu, insofern neue strafrechtliche Kriterien zur Bewertung von ›strafbarer Tötung‹ versus ›straffreier Beihilfe zum Suizid‹ entwickelt und bisherige Grundsätze – insbesondere zu Mord, Totschlag und unterlassener Hilfeleistung – dogmatisch konkretisiert werden müssen. Dass juristische Vertextungsprozesse bzw. Diskurse zu einer Norm (wie hier zur Regelung von Sterbehilfe) mit der Gesetzgebung nicht abgeschlossen sind, sondern die dogmatischen Debatten erst eröffnen, zeigt schließlich der Fall der Patientenverfügung. Während der dazugehörige Rechtssatz (§ 1901a BGB) nur wenige Zeilen umfasst, entspannt sich im juristischen Binnendiskurs – vor allem getragen durch höchstinstanzliche Gerichtsentscheidungen sowie von rechtswissenschaftlicher Kommentarliteratur – ein kaum mehr überblickbares Textnetz zur Entwicklung von Kriterien für die Geltung(sgrenze) von Patientenverfügungen, nämlich im Hinblick auf das zeitliche Moment der Dokumentation, die kognitiven Fähigkeiten des Betroffenen, die Dokumentationsform, den Inhalt und seine Formulierung, die Rolle von Dritten bei der (nachträglichen) Bedeutungszuschreibung sowie zur Geltungsdauer.

3.3 Rechtsdiskurs und Mediendiskurs zur Sterbehilfe: ein kurzer Vergleich

Vergleicht man die im nichtjuristischen Diskurs herausgearbeiteten agonalen Zentren (Felder 2012a, Felder 2015) mit den hier vorgestellten, so fallen folgende Unterschiede auf: (1) Im Mediendiskurs entfaltet sich ein agonales Zentrum um einerseits das handlungsleitende Konzept der ›Selbstbestimmung des Patienten, die grundsätzlich nicht bezweifelt wird‹, und andererseits um das diametral entgegengesetzte handlungsleitende Konzept, das davon ausgeht, dass in diesen schwierigen Lebenssituationen ›Fremdbestimmung die vorherrschende Realität darstelle‹. (2) Dem entsprechend ist im Mediendiskurs ein agonales Zentrum um das handlungsleitende Konzept virulent, das thematisiert, ob der ›freie Wille des Patienten überhaupt ermittelbar ist‹. Die Selbstbestimmung selbst wird im Rechtsdiskurs nicht grundsätzlich in Frage gestellt, es wird stattdessen nur von konfligierenden Interessen oder Wünschen oder einem mutmaßlichen,erklärten oder geäußerten Willen gesprochen. Das bedeutet: Den gegebenenfalls schon vor langer Zeit verschriftlichten Willen des Betroffenen stellt der Rechtsdiskurs im Unterschied zum Mediendiskurs nicht in Frage (Felder 2012a: 159, Felder 2015), man sichert sich nur durch die erwähnten Attribute ab. (3) Im außerfachlichen Mediendiskurs wird grundlegend darum gestritten, ob in solchen Lebenssituationen rechtliche Regelungen überhaupt weiterhelfen. Diese Frage wird im Rechtsdiskurs selbstredend nicht gestellt. (4) Im Mediendiskurs wurde das agonale Zentrum generiert, das aus den beiden konfligierenden handlungsleitenden Konzepten besteht, die entweder ›die Akzeptanz des eigenen Schicksals als die angemessene Haltung‹ modellieren oder andererseits ›alles, was an menschlicher Einflussnahme möglich ist, als legitimerweise zu nutzende Maßnahmen‹ darstellen. (5) Ein weiteres agonales Zentrum wird durch die beiden handlungsleitenden Konzepte verdeutlicht, die entweder von der ›Antizipierbarkeit‹ oder von der ›Nicht-Antizipierbarkeit der entsprechenden Lebensphasen ausgehen‹.

4 Resümee und methodologischer Ausblick

Die vorliegende rechtslinguistische Studie untersucht den juristischen Fachbinnendiskurs zur sogenannten ›Sterbehilfe‹ mit Fokus auf Verfahren und semantische Sedimente der rechtlichen Sachverhaltskonstitution sowie damit einhergehende Divergenzen. Die wichtigsten Ergebnisse lassen sich wie folgt resümieren:

Das Thema ›Sterbehilfe‹ hat innerhalb der Jurisprudenz eine besondere Brisanz. Denn nirgendwo sonst kollidieren derart extrem staatliche Fürsorgepflicht (Terminus Lebensschutz) und individuelle Lebensautonomie (Terminus Selbstbestimmung), beides höchste Verfassungsprinzipien. Und nirgendwo sonst wird die Relevanz der sprachlichen Sachverhaltszubereitung derart deutlich und folgenreich, wie „an“ (oder „vor“, oder „nach“) dieser Schwelle von Leben und Tod. Die beteiligten Akteure verlangen nach Rechtssicherheit, nach „klarer“ Antwort, die es generell an dieser Stelle nie geben kann. Laien mögen diese Situation als unbefriedigend und willkürlich wahrnehmen; es bleibt allein beim konkreten Einzelfall, dessen sprachliche Aushandlung und seiner Orientierung in der Fallkette. Wie Kette und Fall jedoch gemacht werden, lässt sich rechtslinguistisch effektiv beschreiben und ggf. auch normativ bewerten. Die relevanten Akteure im Rechtsdiskurs sind – so nach unserer Wahrnehmung – nicht unbedingt die Betroffenen selbst, sondern vor allem Dritte. Die Debatte um den in Grenzfällen nicht mehr selbst artikulierbaren Willen des Patienten verlagert sich alsbald auf die Frage über den mutmaßlichen Willen. Rechtsakteure bemühen sich dann um die Entwicklung eines regelhaften Zuschreibungsverfahrens. Hierzu zählt auch die Patientenverfügung, die die Probleme aber nicht gänzlich beseitigen kann (z. B. Frage der Geltungsdauer, Rücknahme usw.). Im Rechtsdiskurs über die Sterbehilfe kulminiert darum die Auseinandersetzung über die Deutungshoheit von Leben und Tod zwischen rechtlichen, theologischen, ethischen, medizinischen, ökonomischen und technologischen Denkwelten.

Die Untersuchung versteht sich auch als ein Beitrag zur Entwicklung semiautomatischer Verfahren zur Untersuchung von Rechtssemantik in juristischen Diskursen. Die Notwendigkeit komplementärer Nutzung von qualitativen und quantitativen Zugängen zeigt sich in diesem (Text-)Arbeitsfeld besonders eindrücklich, da die für Juristen zu berücksichtigenden Textmengen seit Jahren unübersehbar (und oft als „Flut“ beklagt) zunehmen. Die vorliegende Studie zeigt im Anschluss an vorherige Arbeiten (vgl. 2.2), dass korpuslinguistische Zugänge als Komplement zur linguistischen Hermeneutik für die Rechtslinguistik bzw. für die juristische Textarbeit den Deutungshorizont erweitern können. Der Zugewinn liegt insbesondere in der automatisierbaren Kontrastierung und Sortierung von (Massen-)Daten, womit sich der einzelne Beleg der Mikroebene (d. h. eines einzelnen sprachlichen Artefaktes, hier: Textes) effektiv mit der Musterhaftigkeit auf einer transtextuellen Makroebene vermitteln lässt. Diese Vermittlungsarbeit leistet jedoch nicht die Maschine, sondern bleibt immer analytische Aufgabe (Zahlen müssen plausibel gedeutet werden).

Für die weitere rechtslinguistische Forschung und Entwicklung dieser Verfahren bedarf es im nächsten Schritt größerer, frei zugänglicher Rechtstextkorpora, in dem alle zentralen rechtlichen Textsorten und Kontexte (Gerichte) berücksichtigt werden. Die damit verbundenen Probleme sind Gegenstand des durch die Heidelberger Akademie der Wissenschaften geförderten Projektes zum Aufbau eines Referenzkorpus des deutschsprachigen Rechts (JuReko, Vogel/Hamann 2015, vgl. auch http://www.jureko.de) unter Leitung von F. Vogel (Freiburg) und H. Hamann (Bonn).

Verzeichnis der im Korpus enthaltenen Fachzeitschriften

BWNotz = Zeitschrift für das Notariat in Baden-Württemberg
DNotz = Deutsche Notar-Zeitschrift
FPR = Familie, Partnerschaft, Recht
LSK = Leitsatzkartei des deutschen Rechts
MittBayNot = Mitteilungen des Bayerischen Notarvereins, der Notarkasse und der ­Landesnotarkasse Bayern
NJW = Neue Juristische Wochenschrift
NStZ = Neue Zeitschrift für das Strafrecht
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ZEV = Zeitschrift für Erbrecht und Vermögensnachfolge
ZRP = Zeitschrift für Rechtspolitik

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Online erschienen: 2016-4-14
Erschienen im Druck: 2016-4-1

© 2016 Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, Berlin/Boston

Downloaded on 29.3.2024 from https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/zgl-2016-0001/html
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