Fortsetzungsartikel: Ignatios (# 2666).
T: Patriarch von Konstantinopel (3.7.847 – 23.10.858 und 23.11.867 – 23.10.877); Autor.
V: I. wurde auf Befehl Kaiser Basileios’ I., knapp zwei Monate nach dessen Thronbesteigung, am 23. November 867 wieder als Patriarch von Konstantinopel eingesetzt. Laut Theoph. cont. hatte der Kaiser hierzu eine Synode einberufen (1). Zum Jahre 869 berief Kaiser Basileios I. ein Konzil nach Konstantinopel ein, das als achtes (und gleichzeitig letztes) Ökumenisches Konzil (869/70) in die Annalen eingehen sollte. Die synodalen Beschlüsse dieses Konzils bestätigten die Rechtmäßigkeit der ersten Konzilien sowie die erneute Inthronisation des I., verwarfen die Beschlüsse des Konzils von 861, verfügten die Vernichtung von dessen Akten und beschuldigten außerdem Photios (# 26667) der unkanonischen Usurpation des Stuhles von Konstantinopel, ferner verurteilten sie Photios und dessen antipäpstliche Politik. Im Anschluß an das eigentliche Konzil wurde auch über die Unterordnung der bulgarischen Kirche verhandelt, die sowohl vom Papst in Rom als auch vom Patriarchen von Konstantinopel beansprucht wurde. Gegen den Widerstand der römischen Legaten wurde die bulgarische Kirche dem Patriarchat von Konstantinopel unterstellt (2).
Im Jahre 871 soll I. den von seinem ersten Feldzug gegen Tephrike heimkehrenden Basileios I. in der Hagia Sophia mit einem Siegeskranz geschmückt haben (3). Ungefähr um das Jahr 874 soll I. einen Erzbischof (# 30649) geweiht haben, der dann zu den Rhos geschickt wurde, um diese für den christlichen Glauben zu gewinnen (4). Auf Anregung I.s ließ Basileios I. die Inneneinrichtung der Kirche der hl. Sergios und Bakchos ausbessern, deren Ikonen während des Patriarchats des Ioannes Grammatikos (# 3199) zerstört worden waren (5).
Auch während seiner zweiten Amtsperiode setzte I. seine gegen die päpstlichen Ansprüche gerichtete Politik fort. Schon kurz nach der erneuten Inthronisation I.s beschwerte sich Papst Hadrianus II. (# 22537), daß er von I. nicht formell benachrichtigt worden sei. Außerdem hob er die Verbindlichkeit der von seinem Vorgänger, Papst Nicolaus I. (# 5248), gefaßten Beschlüsse hervor, die zwar zugunsten des I. erlassen worden waren, aber dennoch von I. nicht akzeptiert wurden, soweit sie den Status des Patrarichats von Konstantinopel berührten (6). Dennoch blieb der Briefwechsel zwischen Patriarch und Papst zumindest formal freundlich, wie eine Gesandtschaft des Jahres 871 zeigt, durch die I. dem Papst wertvolle Geschenke, darunter ein lateinisch-griechisches Evangelium schickte (7). Papst Hadrianus II. beschwerte sich allerdings in einem Brief an Kaiser Basileios I. und einem weiteren an I. über die Aktivitäten des I. in Bulgarien (8).
Besonders in der Frage, ob Bulgarien nach seiner Missionierung zum römischen oder zum Konstantinopolitaner Stuhl gehören sollte, kam es zu einem scharfen Briefwechsel mit Papst Iohannes VIII. (# 23470), der I. u. a. mit der Exkommunikation drohte, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen die Bischöfe und Priester, die er nach Bulgarien entsandt habe, zurückrufe. Tatsächlich geht aus einem Papstbrief hervor, daß I. auch einen Archiepiskopos von Bulgarien geweiht haben soll, weswegen er vom Papst wiederholt exkommuniziert worden sei. Bei diesem Bischof handelt es sich vermutlich um den in einem weiteren Papstbrief genannten Georgios (# 22094).
I. starb am 23. Oktober 877 (9), sein Leichnam wurde in dem Kloster bei der Kirche des Erzengels Michael tu Satyros beigesetzt, die er selber, angeblich in den Jahren 873/74, hatte errichten lassen (Leon gr.: Ἰγνάτιος ... οἰκοδομήσας ἐκκλησίαν εἰς τὸ ἐμπόριον Σάτωρος ... καὶ μονὴν πεποίηκεν ἀνδρεῖον, ἔνθα καὶ τὸ σῶμα αὐτοῦ ἀπόκειται) (10). Nach seinem Tod wurde I. als Heiliger verehrt. Sein Festtag ist der 23. Oktober.
Anmerkungen: — (1) Theoph. cont. V 33, p. 262,10-13; Skylitzes, Basileios Kephalas 16, p. 133,70 – 134,75. Es handelt es sich um das Konzil von 869/70, auf dem die Absetzung des Photios (# 26667) bestätigt wurde. Der zurückhaltende Bericht der Chronisten dürfte durch die spätere Rückkehr des Photios auf den Patriarchenthron beeinflußt worden sein; s. aber auch Symeon log. (Leon gr. 254,21 – 255,5; Theod. mel. 177,31 – 178,5; Symeon sl. 111,30-34); Symeon log. (Wahlgren) 132,35-40; Georg. mon. cont. (Bonn) 841,5f.; Georg. mon. cont. (Muralt) 1076A; Georg. mon. cont. (Istrin) 18,28-33; Ps.-Symeon 689,2-4; verkürzt: Zonaras XVI 8, p. 418,17f.; am ausführlichsten ist die Vita Ignatii (BHG 817) 540A-B. — (2) Cf. die Akten, in: Mansi XVI 2–196. 308–409; ausführliche Behandlung des Konzils und der Empfänge der päpstlichen Gesandten sowohl bei dem Kaiser als auch bei Ignatios im Liber Pont. II 108, p. 180,25 – 184,23; Erwähnung in den Annales Bertiniani 120,7-23 (Waitz); 187,5-22 (Grat). — (3) Theoph. cont. V 40, p. 271,9f.; Skylitzes, Basileios Kephalas 18, p. 137,60-63. — (4) Theoph. cont. V 97, p. 343,1f. Nach anderen Quellen gingen die Anfänge der Missionierung der Rhos schon von Ignatios’ Vorgänger Photios aus. — (5) Skylitzes, Basileios Kephalas 41, p. 162,20-25 (späterer Zusatz, cf. Thurn, Skylitzes XXIX). — (6) MGH Epp. VI, Epp. Hadriani II. Nr. 38–39, p. 748–754; Erwähnung in Nr. 40, p. 757,20-24 (an Kaiser Basileios I.). — (7) Mansi XVI 204: misimus sanctitati tuae ista: Graecolatinum evangelium diligentissime correctum, orarium edauratum, casulam optimam, theriacum probatissimam; cf. Grumel–Darrouzès, Regestes Nr. 534; Schreiner, Geschenke 272, Nr. 8. — (8) MGH Epp. VII, Epp. Iohannis VIII. Nr. 68, p. 62,20 – 63,36 (vom April 878; offenbar hatte der Papst noch nichts vom Tod des Ignatios am 23.10.877 gehört); zur Weihe eines Erzbischofs von Bulgarien s. MGH Epp. VII, Fragmenta Registri Iohannis VIII. Nr. 9, p. 278,13-17 (datiert zwischen Dezember 872 und Mai 873); MGH Epp. VII, Epp. Iohannis VIII. Nr. 66, p. 60,22-30 (datiert auf den 16. April 878); ferner MGH Epp. VI., Epp. Hadriani II. Nr. 41f., p. 760. 762. — (9) Theoph. cont. V 44, p. 276,11-15; Skylitzes, Basileios Kephalas 20, p. 140,41; Zonaras XVI 8, p. 421,18 – 422,2 (ohne nähere Datumsangabe); Symeon log. (Leon gr. 258,5; Theod. mel. 180,15; Symeon sl. 113,1); Symeon log. (Wahlgren) 132,100f.; Georg. mon. cont. (Bonn) 844,11; Georg. mon. cont. (Muralt) 1081B; Georg. mon. cont. (Istrin) 22,15; Ps.-Symeon 692,11f. (im 12. Jahr des Basileios, also 878/79). — (10) Symeon log. (Leon gr. 255,20-23; Theod. mel. 178,19-22; Symeon sl. 112,5-8); Symeon log. (Wahlgren) 132,52-55; Georg. mon. cont. (Bonn) 841,21 – 842,2; Georg. mon. cont. (Muralt) 1077A; Georg. mon. cont. (Istrin) 21,14-17; Ps.-Symeon 690,14-17 gibt als Datum das sechste Jahr des Basileios an, also 872/73. Es handelt sich um Kirche und Kloster des Erzengels Michael tu Satyros am asiatischen Ufer des Bosporos; cf. ODB III 1847 s. v. “Satyr”; Janin, Centres 42f.
W: Kanones und Stichera auf veschiedene Heilige, cf. Émereau, in: EO 22 (1923) 433f.; Szövérffy II 44; Follieri, Initia V 1, 272; Analecta Hymnica Graeca XIII 377. — Wohl nicht I. zuzuschreiben sind einige Epigramme (ed. Sternbach, Methodii patriarchae et Ignatii patriarchae Carmina inedita, in: Eos 4 [1898] 150–163, cf. Wolska-Conus, in: TM 4 [1970] 333 Anm. 25).
Q: — (Hist.): Theoph. cont. V; Skylitzes, Basileios Kephalas; Symeon log. (Leon gr.; Theod. mel.; Symeon sl.); Symeon log. (Wahlgren); Georg. mon. cont. (Muralt); Georg. mon. cont. (Istrin); Zonaras. — (Ep.): Arethas, Scripta minora Nr. 8, I, 85,29; Nr. 77, II, 132 (Marginalnotiz); MGH Epp. VI., Epp. Hadriani II. Nr. 42, p. 762; MGH Epp. VII, Epp. ad res Orientales Nr. 2, p. 375,7 – 377,27. — (Conc.): Mansi XVI 2–196. 308–409; Synodicon vetus, cap. 162,8, p. 138; cap. 163,1 – 164,1, p. 140. — (Hag.): Encomium Ignatii (BHG 818); Vita Ignatii (BHG 817); Vita Euthymii (BHG 651) cap. XXI, p. 135,33f. (Karlin–Hayter); Vita Iosephi hymnographi (BHG 944) cap. 12, p. 10,22-27; Vita Iosephi hymnographi (BHG 945-946) cap. 29, col. 968C; Vita Irenae Chrysobalanton (BHG 952) cap. 13, p. 82,15-23 (undatierte Legende); Vita Evaristi (BHG 2153) cap. 16, p. 309,1-5 (Wiedereinsetzung des Nikolaos Studites [# 5576] als Abt des Studiosklosters). — (Fs.): Nikephoros, Chron. Synt. 120, 13f.; Catal. patriarch. (Fischer) 292,4; Patriarchenliste im Cod. Guelf. Helmst. 63, ed. Leonclavius, in: PG 119, col. 917C; Nikephoros Kallistos, Catal. patriarch. 460C; Synodikon der Orthodoxie (BHG 1392) p. 53, l. 112. 115. — (Sonst.): Leon VI., Grabrede auf Basileios I. 62,6-26; neue Edition durch Antonopoulou, p. 195–218 (Nr. 14). — (lat.): Liber Pont. II 108, p. 178,3-8; 180,25 – 184,23; Erchempert, Hist. Lang. 52, p. 256,28-30; Chron. Salernitanum 131, p. 143,6f.; Leo Ostiensis I 42, p. 112; Annales Bertiniani 120,7-23 (Waitz); 187,5-22 (Grat); Dandolo, Chron. Venet. 157,4-7; MGH Epp. VI, Epp. Hadriani II. Nr. 38–39, p. 748–754; Nr. 41, p. 760,12-20; MGH Epp. VII, Epp. Iohannis VIII. Nr. 207, p. 168,45f.; 179,19-21; MGH Epp. VII, Fragmenta Registri Iohannis VIII. Nr. 9, p. 278.13-17; Nr. 37, p. 294,27-36; Nr. 40, p. 296,24-34; MGH Epp. VII, Anastasii Bibliothecarii Epp. Nr. 5, p. 403–415. — (georg.): Vita Hilarionis cap. 35, p. 263,23 – 264,5; cap. 36, p. 264,37-39; cap. 37, p. 265,16f. (Peeters); cap. 35,26-14, p. 134f.; cap. 36,20f., p. 135; cap. 37,9f., p. 136 (Martin-Hisard) (Translation der Gebeine des hl. Hilarion [# 22600], Bau eines Klosters zu seinen Ehren u. ä.); Synodikon georg. 310. 313.
L: ODB II 983f.; SSS VIII (1996) 334f.; Beck, Kirche 603 (zu den Werken); Fedalto 6. — Vogt, Basile 32f. 43. 64. 203–218. 223. 228–231. 235–251. 258f. 286. 306. 352f.; Tobias, Basil 445–457 (für die Zeit nach 867); Grumel–Darrouzès, Regestes Nr. 528–**537b; Herbers, Rom und Byzanz 57–68.
QuelleSource
- Prosopographie der mittelbyzantinischen Zeit Online
- De Gruyter | 2013