N: Zur Bezeichnung der Familie treten bei Symeon sl. das Possessivadjektiv mbulg.: Zaucova und die Präpositionalphrase mbulg.: ot Zauca (“von Zautz[es]”) auf.
T: Augusta, Kaiserin.
V: Z. war die Tochter des Stylianos Zautzes (# 27406), des einflußreichsten Würdenträgers unter Kaiser Leon VI. (886–913) in den 90er Jahren des 9. Jh.s. Skylitzes hebt ihre außerordentliche Schönheit hervor: ἡ γὰρ Ζωὴ μέγιστον ἐπὶ κάλλει καὶ εὐπρεπείᾳ ... τότε διαλάμπουσα. Bereits vor dem Herrschaftsantritt Leons soll sie dessen Geliebte gewesen sein, obwohl seine erste Frau Theophano (# 28122) noch am Leben war, wie Skylitzes berichtet. Diese Liebschaft soll der Grund dafür gewesen sein, daß Leon VI. den Stylianos Zautzes zunächst zum Magistros und Logothetes des Dromos ernannte und ihm später den von ihm selbst geschaffenen Titel eines Basileiopator (Basileopator) verlieh. Darüber hinaus wird behauptet, daß Zoe ihren Ehemann Theodoros (# 27650) mit Gift ermordet hatte (1).
Die Vita Euthymii (BHG 651) will wissen, daß Theophano ihren Schwiegervater Basileios I. über die angebliche Liaison Leons mit Z. unterrichtet hatte, woraufhin Basileios in einem Wutausbruch Leon zu Boden geworfen und an den Haaren gerissen habe. Außerdem habe er Z., obwohl diese – so behauptete es (der Vita Euthymii zufolge) jedenfalls Leon – unschuldig gewesen sei (ἐκείνην δὲ τὴν μηδὲν ἀδικήσασαν), gegen ihren Willen mit einem anderen Mann (i. e. Theodoros) verheiratet (2).
Völlig abweichend von allen anderen Quellen behauptet der Sermo in Theophano (BHG 1795), daß das Verhältnis zwischen Leon und Z. ausschließlich deshalb zustandegekommen war, weil Theophano nach ihrer Tochter Eudokia (# 21755), die aber auch bald gestorben sei, keine weiteren Kinder habe bekommen können. Aus dynastischen Gründen, aber keinsfalls aufgrund fehlender Liebe zu Theophano, habe Leon dann die – nicht mit Namen genannte – Z. ausgewählt, die aus gutem Hause gewesen sei: ἐμίγνυτο εὐπρεπεῖ τινι κόρῃ τῶν εὖ γεγονότων (3).
Die Chroniken berichten, daß sich Leon – der genaue Zeitpunkt wird nicht genannt, nach der Reihenfolge der Ereignisse müßte die Episode sich jedoch etwa 896/97 abgespielt haben – mit Z. nach ta Damianu, einem Palast in der Umgebung Konstantinopels, begeben hatte, wo Verwandte des Stylianos Zautzes, darunter ihr Bruder Leon Zautzes (# 24344), einen Anschlag auf den Kaiser zu unternehmen versuchten. Jedoch bemerkte Z. die Verschwörer und warnte Leon VI. rechtzeitig, so daß er entkommen konnte (4).
Nach Theophanos Tod (wahrscheinlich am 10. November 897) krönte Leon Z. und heiratete sie nach der Krönung. Der Patriarch Antonios II. Kauleas [# 20476]) lehnte es ab, diese Ehe einzusegnen, da er sie wegen der vorausgegangenen Liebschaft zwischen Leon und Z., während Theophano noch lebte, als illegitim ansah. Die Ehe wurde schließlich durch einen Palastkleriker mit dem Beinamen Sinapes (# 27088) eingesegnet, der anschließend durch einen Synodalbeschluß sein Amt verlor (5).
Wahrscheinlich auf die Heirat Leons VI. und der Z. dichtete Leon Choirosphaktes (# 24343) zwei anakreontische Epithalamien (6).
Im Kletorologion des Philotheos wird erwähnt, daß an den Brumalia Z.s (gefeiert am 29. November) von der Kaiserin Geschenke (ἀποκόμβια) im Wert von acht Goldpfund verteilt wurden (7).
Z. starb nach einem Jahr und acht Monaten, gegen Ende des Jahres 899 bis spätestens März 900. Die Quellen behaupten fast übereinstimmend, daß sie in einem Sarg beigesetzt worden sei, der die Aufschrift getragen habe: Tochter Babylons, die unselige — θυγάτηρ Βαβυλῶνος ἡ ταλαίπωρος (Zitat aus AT, Psalm 136,8) (8).
Sie hatte dem Kaiser zwei Töchter geboren: Anna (# 20430) und Anastasia (# 20281) (9). Laut der Vita Euthymii besaß Z. ein Weingut bei Pyliatikon, das Leon VI. nach ihrem Tod dem Psamathiakloster schenkte (10).
Anmerkungen: — (1) Theoph. cont. VI. 7, p. 357,6-8; Skylitzes, Leon 3, p. 172,90-93; 10, p. 175,66-71; Symeon log. (Leon gr. 266,14f.; Theod. mel. 186,7f.; Symeon sl. 116,11-13); Symeon log. (Wahlgren) 133,80f.; Georg. mon. cont. (Bonn) 852,18-20; Georg. mon. cont. (Muralt) 1093B-C; Georg. mon. cont. (Istrin) 27,1-4; Ps.-Symeon 701,20-22; Zonaras XVI 11, p. 441,7-10. — (2) Vita Euthymii (BHG 651) VII, p. 39,32 – 41,8 (Karlin-Hayter). — (3) Sermo in Theophano (BHG 1795) cap. 23, p. 42,13-16. — (4) Theoph. cont. VI. 11, p. 360,18 – 361,5; Skylitzes, Leon 15, p. 178,57 – 179,62; Symeon log. (Leon gr. 269,17 – 270,7; Theod. mel. 188,15-24; Symeon sl. 117,21-31); Symeon log. (Wahlgren) 133,141-152; Georg. mon. cont. (Bonn) 855,20 – 856,8; Georg. mon. cont. (Muralt) 1100A-B; Georg. mon. cont. (Istrin) 28,31 – 29,5; Ps.-Symeon 702,9-17; Zonaras XVI 12, p. 444,10-14. — (5) Theoph. cont. VI. 13, p. 361,18-20; Skylitzes 16, p. 179,66-72; Symeon log. (Leon gr. 270,18-20; Symeon sl. 117,37f.); Symeon log. (Wahlgren) 133,160-162; Georg. mon. cont. (Muralt) 1100C–1101A; Georg. mon. cont. (Istrin) 29,15f.; Ps.-Symeon 702,22 – 703,2; am ausführlichsten: Georg. mon. cont. (Bonn) 856,18 – 857,7; Zonaras XVI 12, p. 444,14-16. Die Vita Euthymii (BHG 651) VIII, p. 47,3-35 (Karlin-Hayter), weiß nichts von dem Widerstand des Patriarchen Antonios, sondern behauptet, der Kaiser habe Euthymios (# 21913) um seinen Segen gebeten, dieser habe das jedoch wegen des schlechten Rufes der Z. abgelehnt, woraufhin er verbannt worden sei. — (6) Während früher angenommen wurde, daß die Gedichte sich auf die vierte Ehe des Kaisers mit Zoe Karbonopsina (# 28506) bezogen (so Kolias, Léon Ch. 51 Anm. 1; Magdalino, in: DOP 42 [1988] 99), wird von Tougher, Leon 142, und Ciccolella, Anacreontee 73, darauf hingewiesen, daß es sich um die zweite Ehe Kaiser Leons handeln müsse, da sich Leon Choirosphaktes zum Zeitpunkt der Hochzeit des Kaisers mit Zoe Karbonopsina (9. Januar 906) nicht in Konstantinopel befand, sondern auf seiner arabischen Gesandtschaftsreise. Die eingehende Betonung der Gesetzlichkeit der Ehe im zweiten dieser Gedichte (v. 19: νομίμως, v. 33f. ψόγος οὐδαμῶς γάρ ἐστι | νομίμως γάμους λιγαίνειν, p. 86 u. 88 ed. Ciccolella) dürfte auf die zweite Ehe vielleicht auch noch besser passen als auf die ohnehin ungesetzliche vierte Ehe. Für Z. spricht auch, daß die Braut im ersten der Epithalamien als “sehr weißhäutig” (v. 35 λευκοκρινόχρους, p. 80 ed. Ciccolella) und “blond” (v. 47 ξανθόκομος, cf. Kommentar von Ciccolla ad locum, p. 81) gepriesen wird, während Zoe Karbonopsina ihrem Beinamen nach brünett gewesen sein dürfte. — (7) Philotheos, Kletorologion 223,26 – 225,2 (Oikonomidès); Konst. Porph., De cerim. II 52, p. 782,17-21 (Reiske); an den Brumalia Leons VI. (4. Dezember) wurden 20 Goldpfund verteilt, an denen des Mitkaisers Alexandros (24. November) zehn; cf. Oikonomidès, Listes 222 Anm. 269f. — (8) Theoph. cont. VI 17, p. 364,14-16; Skylitzes, Leon 19, p. 180,9-11; Symeon log. (Leon gr. 270,20 – 271,2; Theod. mel. 189,9-12; Symeon sl. 117,38 – 118,2); Symeon log. (Wahlgren) 133,162-166; Georg. mon. cont. (Bonn) 860,5-7; Georg. mon. cont. (Muralt) 1101A; Georg. mon. cont. (Istrin) 29,17-19; Ps.-Symeon 703,2-7; Zonaras XVI 12, p. 444,16-18. Ps.-Symeon gibt an, daß Leon VI. im folgenden Mai eine Kirche der hl. Zoe erbaut habe und ebenso eine für seine erste Gemahlin Theophano; laut der Vita Euthymii (BHG 651) VIII, p. 49,22-25, starb Z. knappe sechs Monate vor ihrem Vater Stylianos Zautzes an einer schrecklichen Krankheit und Geistesverwirrung (φρικτῇ νόσῳ καὶ σκοτοδινίᾳ); laut dem Zeremonienbuch wurde sie in der Apostelkirche in einem Sarkophag aus bithynischem Marmor beigesetzt, s. Konst. Porph., De cerim. II 42, p. 643,12f.; Anonymus, Lists 37,10; 40,11 (Downey). — (9) Zu den Töchtern s. dort. Zumindest Anna muß bereits vor der Eheschließung Leons mit Z. geboren worden sein. — (10) Vita Euthymii (BHG 651) IX, p. 55,14-19 (Karlin-Hayter).
Q: — (Hist.): Theoph. cont.; Skylitzes; Symeon log. (Leon gr.; Theod. mel.; Symeon sl.); Symeon log. (Wahlgren); Georg. mon. cont. (Bonn); Georg. mon. cont. (Muralt); Georg. mon. cont. (Istrin); Kleinchroniken I 14,58, p. 140. — (Hag.): Vita Euthymii (BHG 651); Sermo in Theophano (BHG 1795) cap. 23, p. 42,14-16. — (Fs.) Konst. Porph., De cerim. II 52, p. 782,17-21 (Reiske); Philotheos, Kletorologion 223,26 – 225,2 (Oikonomidès); Patria IV 34, p. 289,14f. (Ms H). — (Vers.): Nicht ganz sicher: Leon Magistros, zwei Anakronteen auf die Hochzeit des Kaisers Leon VI. — Λέοντος μαγίστρου ἀνακρεόντειον εἰς τὸν γάμον τοῦ αὐτοκράτορος Λέοντος, ed. Ciccolella, Anacreontee 76–82 (= ed. Matranga, Anecdota Graeca II 561–564; ed. Bergk, PLG III 356f.), Ἕτερον ἀνακρεόντιον τοῦ αὐτοῦ μαγίστρου Λέοντος εἰς τὸν αὐτὸν γάμον τοῦ αὐτοκράτορος Λέοντος, ed. Ciccolella, Anacreontee 86–88 (= ed. Matranga, Anecdota Graeca 564f.; ed. Bergk, PLG III 358): stets ohne Namensnennung, nur als “Braut” (νύμφη) u. ä. — (syr.): Michael syr. III 117; Bar Hebraeus 149 (beide ohne Namensnennung).
L: ODB II 1262f. s. v. “Macedonian Dynasty”. — Ostrogorsky, Geschichte 215; Tobias, Basil 437f.; Karlin-Hayter, in: BZ 62 (1969) 13f.; eadem, in: Vita Euthymii (BHG 651) 172; Tougher, Leon 262 (Index). — Zu den Daten cf. Grumel, in: EO 35 (1936) 5ff.; zuletzt, Kresten, Heirat, bes. 172ff. mit Anm. 7.
P: Theoph. cont. VI 10, p. 359,17-22, und Skylitzes, Leon 13, p. 177,36 – 178,40, behaupten, daß der Vater der Z. versucht haben soll, Z. – oder eine andere Tochter, von deren Existenz wir allerdings sonst nichts wissen – mit dem Domestikos der Scholen, Nikephoros Phokas (# 25545), zu vermählen; zu dieser zweifelhaften Mitteilung s. unter Stylianos Zautzes.
QuelleSource
- Prosopographie der mittelbyzantinischen Zeit Online
- De Gruyter | 2013