Abstract
Der Beitrag geht von einem weiten Nichtwissensbegriff aus, der erst einmal grundsätzlich Phänomene wie individuelle Unsicherheit, Ignoranz, Zweifel ebenso einschließt wie gesellschaftliche Unsicherheiten aufgrund von Kontroversen und konfligierender Evidenz. Durch Kontrastierungen mit dem Wissensbegriff und seinen pragmatischen Dimensionen wird eine begriffliche Klärung und Unterscheidung im Hinblick auf die Manifestation von Nichtwissen und Unsicherheit in Texten, Gesprächen und Diskursen versucht. Vor dem Hintergrund einer reichhaltigen erkenntnistheoretischen und sozialwissenschaftlichen Forschung zu Unsicherheit und Nichtwissen wird ein linguistisches Forschungsprogramm skizziert, das den Blick immer vom Nichtwissen aus auf entsprechende Benennungs-, Bewertungs- und Zuschreibungspraktiken richtet. Der Beitrag nimmt daher als Querschnittsthema eine andere Perspektive ein als die übrigen Artikel des Handbuchs, weil er vom Phänomen zu möglichen kommunikativen Praktiken in verschiedenen Domänen blickt und nicht von den Domänen aus zum Phänomen. Zudem liegt mit der linguistischen Annäherung an Nichtwissen der Schwerpunkt auf dem, was in der domänenspezifischen Untersuchung von Wissenskonstitution und Wissensvermittlung oft eher ausgespart bleibt.