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Licensed Unlicensed Requires Authentication Published by De Gruyter 2018

Zur doppelten Ambiguität der Ethnizität

From the book Ambiguität und die Ordnungen des Sozialen im Mittelalter

  • Paul Predatsch

Abstract

Ethnizität ist ein prominentes Konzept, das Forschungen zu Migration im Frühmittelalter noch immer weitgehend strukturiert. Angesichts komplexer Begriffsgeschichten von ‚Ethnie‘, ‚Volk‘, ‚Kultur‘ und anderen ähnlichen Ausdrücken, denen holistische Tendenzen tief eingeschrieben sind, und einer Geschichte der Forschungen zu frühmittelalterlichen Migrationen, die sich seit Längerem zu Vorstellungen von Ethnien als subjektiv erfahrenen sozialen Gruppen bekennt und in langen Forschungsdebatten Ethnizitätskonzepte relativiert, differenziert und dynamisiert hat, jedoch frühere holistisch-identitäre Konzepte von Ethnien als überzeitliche und wesentliche Handlungsträger der frühmittelalterlichen Geschichte noch immer nicht vollständig aus Darstellungen und Argumentationen verbannt hat, ist der Ethniebegriff der Frühmittelalterforschung zutiefst ambigue. Häufig wird zudem mit dem Ethnizitätskonzept das moderne Ordnungsschema einer viele Lebensbereiche umfassenden kollektiven Identität auf historische Interaktionssituationen übertragen und in frühmittelalterlicher Elitenliteratur gefunden, während es in der Masse verfügbarer dokumentarischer Quellen oft weit weniger als handlungsleitend greifbar ist. Anhand einiger Beispiele für Forschungen zu frühmittelalterlichen Migrationen und Gruppenkonstruktionen soll aufgezeigt werden, dass eine konsequente Anwendung der Konzepte von Ethnien als subjektiv erfahrene soziale Gruppen bisherige Interpretationen der Quellen als Hinweise auf ethnische Strukturierung der Ereignisse und Verhältnisse problematisch erscheinen lässt.

© 2018 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Munich/Boston
Downloaded on 29.3.2024 from https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/9783110608250-006/html
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