Zusammenfassung
Der Artikel gibt einen Überblick über die Augustinbiographien der Antike (Possidius, Petilian, Vincent von Cartennae, Secundinus, Pelagius und Julian von Aeclanum) und Neuzeit (Tillemont, van der Meer, Bonner, Parke, Dassmann, Rist, Stock, Bertrand, De Wohl, Gaarder, Brown, O'Donnell). Der Grund für die große Zahl von Biographien dürfte darin begründet sein, daß Augustin selbst über sich in einer Weise gesprochen hat, die eine Biographie besonders gut ermöglicht hat. Brown, der eine der am weitesten verbreiteten und angesehenen modernen Augustinbiographien geschrieben hat, benutzt Sprache und Vorstellung einer „Psychobiographie“. In jüngerer Zeit unterscheidet demgegenüber O'Donnell's Biographie ‚Augustine, Sinner and Saint. A New Biography‘ zwei Formen des Verstehens von Augustins Leben, nämlich a) den Augustin in seiner Zeit als historische Figur, b) die diachrone Augustingestalt als Gegenstand der Erinnerung. Eine solche „mnemohistorische“ Betrachtung von Erinnerungserzählungen würde den letzteren Weg verfolgen, wie er von zeitgenössischen Gegnern Augustins, aber auch wieder in Erzählungen späterer Zeit erscheint. Nur so kommt es zu Augustin als „Ikone“ und zugleich zur Ablehnung dieser Ikone, bzw. zu Augustin als Tabu.
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