Zusammenfassung
Ein entscheidender Übergang im Lebensverlauf ist der Einstieg in den Beruf nach Abschluss einer Ausbildung oder eines Studiums. Dieser gelingt allerdings nicht immer. Betrachtet man die berufliche Integration der Berufseinsteiger/-innen, sind etwa ein Drittel der Berufsverläufe in den ersten drei Jahren nach Abschluss (2006 bis 2008) prekär und fast 4 Prozent „entkoppelt“ (Castel), sieht man von denjenigen Verläufen ab, die von weiteren Bildungs-, Ausbildungs-, Elternzeiten oder sonstigen Phasen geprägt sind. Beim Vergleich verschiedener Abschlüsse zeigen sich deutlich erhöhte Anteile von Niedrigeinkommen und Entkopplung in den vollzeitschulischen Ausbildungen. Universitäre Abschlüsse sind besonders von befristeter Beschäftigung betroffen. Die Berufsverläufe nach dualem Abschluss entsprechen weitgehend dem Durchschnitt. Wird aber der Bildungsabschluss berücksichtigt, finden sich in den Berufseinstiegsverläufen kaum höhere Integrationsanteile als nach einer dualen Ausbildung. Die Region ist für akademische Abschlüsse unbedeutend, aber nach einer dualen Ausbildung sind die Verläufe in Ostdeutschland weniger integriert, eher entkoppelt und stärker von Niedrigeinkommen betroffen.
Abstract
A crucial transition in life course is the career start after completion of an apprenticeship or studies. However, this transition is not always successful. Looking at the occupational integration of career entries, about one-third of career paths in the first three years after graduation (2006 to 2008) are precarious and almost 4 percent are “decoupled” (Castel), apart from those paths that are characterized by further education, training, parental leave or other phases. A comparison of different degrees reveals significantly higher shares of low income and decoupling in full-time school-based training. University degrees are particularly affected by temporary employment. The career entriy paths after a dual degree correspond relatively closely to the average. However, if the educational attainment is taken into account, hardly any higher integration shares are found in the career entry trajectories than after vocational education and training. The region is insignificant for academic degrees, but after dual vocational education and training, the trajectories in eastern Germany are less integrated, more decoupled and more affected by low income.
1 Einleitung
Erst seit kurzer Zeit erfahren die Entwicklungen an der sogenannten „zweiten Schwelle“, dem Übergang junger Fachkräfte von der Ausbildung in die Erwerbstätigkeit, wieder größere Aufmerksamkeit (z.B. Menze 2017; Seibert/Wydra-Somaggio 2017; Dorau 2018, 2020). Es fehlen aber umfassende Analysen von Berufseinstiegsverläufen, die einen Vergleich zwischen dualen, vollzeitschulischen und akademischen Abschlüssen ermöglichen und berufliche Integration nicht auf Erwerbstätigkeit reduzieren. Diese Lücke möchte dieser Beitrag schließen.
Gerade an der „zweiten Schwelle“ erweist sich die Bedeutung eines beruflichen Abschlusses für die berufliche Integration. Wie Blossfeld (1985) zeigt, beeinflusst der berufliche Einstieg die weitere Erwerbsbiografie. Insgesamt ist die Erwerbslosenquote für Personen mit abgeschlossener beruflicher Qualifikation deutlich geringer als für nicht formal Qualifizierte (Bundesinstitut für Berufsbildung 2021, 265 f.). Aber berufliche Integration geht über das bloße Vorhandensein einer Erwerbstätigkeit hinaus und umfasst auch Beschäftigungssicherheit und Einkommen. Auch hier zeigt sich der Vorteil eines beruflichen Abschlusses deutlich (Solga 2005).
In diesem Beitrag werden die verschiedenen beruflichen Qualifikationen und deren Einfluss auf die berufliche Integration verglichen. Die berufliche Integration von Berufseinsteiger/-innen nach einer Erstausbildung wird über einen dreijährigen Zeitraum analysiert. Dabei werden einerseits unterschiedliche Arten von beruflichen Qualifikationen (universitäre, fachhochschulische, vollzeitschulische oder duale Berufsausbildung) verglichen, andererseits auch die schulischen Abschlüsse einschließlich der Abschlussnote.
Wie hoch sind die Gefahren beruflicher Desintegration im Anschluss an unterschiedliche berufliche und schulische Qualifikationen? Unterscheiden sich die Einflussfaktoren auf die berufliche Integration, wenn nicht nur betriebliche Ausbildungen betrachtet werden? Zeigt sich auch bei nichtbetrieblichen Ausbildungen ein geringerer Anteil beruflicher Integration?
2 Forschungsstand
Die meisten empirischen Forschungsarbeiten zu Berufseinstiegsverläufen konzentrieren sich auf die betriebliche Ausbildung. Hinsichtlich beruflicher Integration wird prekäre Erwerbstätigkeit eher selten thematisiert, zumeist wird nur auf Erwerbstätigkeit und Arbeitslosigkeit fokussiert.
Schaeper (1999) nimmt eine Sequenzmusteranalyse der Berufseinstiegsverläufe von Absolventinnen und Absolventen einzelner Ausbildungsberufe Anfang der 1990er Jahre vor. Der Mehrheit der Verläufe (über 60 Prozent) lässt sich jenseits des Normalarbeitsverhältnisses kein dominierendes Muster zuordnen. Daher ist keine sinnvolle Interpretation hinsichtlich beruflicher Integration möglich. Konietzka (2002) vergleicht die Berufseinstiegskohorten der Jahre 1976 bis 1995. Erkennbare Probleme beim Berufseinstieg zeigen sich nur in den neuen Bundesländern, allerdings wird in erster Linie Arbeitslosigkeit untersucht. Eine Differenzierung von Beschäftigung hinsichtlich Prekarität wird nicht vorgenommen.
Menze (2017) untersucht die erste Arbeitsmarktposition nach Abschluss einer beruflichen Qualifikation, wobei der Schwerpunkt einerseits auf Arbeitslosigkeit, andererseits auf dem Erreichen horizontal und vertikal adäquater Positionen liegt. Für die Abschlusskohorten von 1974 bis 2004 unterscheiden sich die Arbeitsmarktchancen entlang verschiedener Ausbildungsberufe. Ähnliche Schlussfolgerungen finden sich auch bei Seibert/Wydra-Somaggio (2017).
Eine Untersuchung der beruflichen Integration nach einer betrieblichen Ausbildung wird für die Abschlusskohorten 1980 bis 2005 sowie 2006 bis 2008 von Dorau (2018, 2020) vorgenommen. Prekäre Formen von Erwerbsarbeit sind gerade beim Berufseinstieg häufig. Zugleich ist die berufliche Integration stark von regionalen Arbeitsmärkten, gerade auch von Ost-West-Unterschieden, geprägt.
Wie aber verläuft die berufliche Integration der Einstiegsverläufe nach nichtbetrieblichen Abschlüssen wie fachschulischen Ausbildungen oder (Fach-)Hochschulen? Bisher fehlen Vergleiche von Einstiegsverläufen zwischen fachschulischen und dualen Ausbildungen. Studien von Hall/Schade (2005) und Hall/Krekel (2014) zeigen für das Arbeitslosigkeitsrisiko sowie für den Berufserfolg keine wesentlichen Unterschiede, wenn Schulabschluss, Region und vor allem auch Ausbildungsfeld kontrolliert werden.
Wie bei Hall/Krekel (2014) werden im Folgenden gesondert Ausbildungen im Gesundheits-, Erziehungs- und Sozialwesen betrachtet, die ähnlich wie eine betriebliche Ausbildung zumeist dual, das heißt am Arbeitsplatz und in der Schule, stattfinden. Beispiele für solche Ausbildungsberufe sind Krankenpfleger/-innen, Physiotherapeuten/-innen, Rettungsassistenten/-innen, Ergotherapeuten/-innen, Altenpfleger/-innen, Erzieher/-innen oder Heilerziehungspfleger/-innen.
Andererseits können vollzeitschulische Ausbildungen unterschieden werden, die an Berufsfachschulen nach Landesrecht durchgeführt werden und maximal gewisse betriebliche Phasen, z.B. Praktika, beinhalten. Dies trifft auch auf einige Ausbildungsgänge im Gesundheits-, Erziehungs- und Sozialwesen zu, z.B. auf Sozialassistenten/-innen, die hier ebenfalls den vollzeitschulischen Ausbildungen subsummiert werden.
3 Theoretischer Hintergrund: Berufliche Integration und Arbeitsmarktsegmentation
Nicht alle Formen von Erwerbstätigkeit können als integriert bewertet werden. Castel (2000) unterscheidet drei Zonen beruflicher Integrationspotenziale der Erwerbsarbeit: die Zonen der Integration, der Prekarität und der Entkopplung. Die Übergänge zwischen diesen Zonen sind fließend. Die Zone der Integration setzt sich nach Castel vor allem aus typischen Normalarbeitsverhältnissen zusammen, die Zone der Prekarität aus Beschäftigungsverhältnissen, die im Gegensatz zur Zone der Integration keine dauerhafte Existenzsicherung ermöglichen. In der Zone der Entkopplung befinden sich maximal kurzzeitige Beschäftigungen, sie ist von Arbeitslosigkeit geprägt. Hier besteht das Risiko, dauerhaft von regulärer Beschäftigung ausgeschlossen zu sein.
Seit den 1970er Jahren beginnt die Zone der Integration in den westlichen Industrieländern (Castel 2000; Kraemer/Speidel 2004; Dörre 2007) zu schrumpfen, während die beiden anderen Zonen sich ausweiten. Als Ursache dieser Entwicklung gilt der Übergang vom fordistischen Modell, das auf eine größere Beteiligung der Beschäftigten am Produktivitätsfortschritt setzte, zum finanzmarktkapitalistischen Modell. Dieses ist stärker auf den Kapitalmarkt als auf die Nachfrage ausgerichtet und geht mit interner Flexibilisierung und Konzentration auf das betriebliche Kerngeschäft einher. Es führt zu einem höheren Anteil von befristeten und gering bezahlten Beschäftigungsverhältnissen.
Prekäre Berufseinstiegsverläufe waren mit ca. 30 Prozent schon in den 1980er Jahren auf einem relativ hohen Niveau, entkoppelte Einstiegsverläufe waren mit etwa 2 Prozent noch relativ selten (Dorau 2018). Für die Abschlusskohorten in den 1990er Jahren stiegen sowohl die Anteile prekärer (auf mehr als 35 Prozent) als auch besonders der entkoppelten Einstiegsverläufe (auf mehr als 10 Prozent). Mitte der 2000er Jahre gehen die prekären und entkoppelten Anteile wieder etwas zurück. Für die Abschlusskohorten von 2005 bis 2008 wird fast ein Drittel der Berufseinstiegsprozesse als prekär eingestuft, über 60 Prozent als integriert und etwa fünf Prozent als entkoppelt (Dorau 2020).
Berufliche Integration wird in erster Linie an Einkommen und Beschäftigungssicherheit gemessen. Für Kraemer und Speidel (2004) ist eine Beschäftigung prekär, wenn sie soziale, rechtliche und betriebliche Standards unterschreitet, die den sozialen Vorstellungen eines Normalarbeitsverhältnisses entsprechen. Mayer-Ahuja (2003) verwendet den Begriff des „prekären Potenzials“ und weist darauf hin, dass die Entfaltung dieses Potenzials von den Lebensumständen und Entwicklungsmöglichkeiten der einzelnen Person abhängt. Diese Definition bildet auch den Ausgangspunkt der Analysen des vorliegenden Beitrags, da die berufliche Integration junger Erwerbstätiger im Mittelpunkt steht. Zwar unterscheiden sich die Konzepte beruflicher Integration in gewissem Maße, aber zwei Aspekte stehen bei allen Definitionen von prekärer Erwerbstätigkeit im Mittelpunkt: Niedriglohn und befristete Beschäftigung. Merkmale von Entkopplung sind vor allem Arbeitslosigkeit oder sehr kurzfristige Beschäftigungsverträge. Subjektive Faktoren werden im Folgenden nicht berücksichtigt.
Die berufliche Integration beim Berufseinstieg ist abhängig vom spezifischen Arbeitsmarkt der Absolventen/-innen. Segmentationstheorien unterteilen den Arbeitsmarkt in verschiedene Teilarbeitsmärkte, die nach unterschiedlichen Prinzipien funktionieren (vgl. Sengenberger 1979) und sich nach Einkommen, Stabilität und Aufstiegschancen unterscheiden.
Sengenberger (1979) unterscheidet einen primären und einen sekundären Arbeitsmarkt. Der primäre Arbeitsmarkt, der mit integrierter Beschäftigung verbunden ist, wird in ein internes betriebliches und ein externes berufsfachspezifisches Segment differenziert. Im betriebsinternen Arbeitsmarkt regelt betriebliche Beschäftigungspolitik unternehmensintern die Besetzung von Arbeitsplätzen. Dieser relativ geschlossene Teilarbeitsmarkt bietet die qualitativ besten Beschäftigungsbedingungen, d.h. ausreichendes Einkommen in stabilen, unbefristeten Beschäftigungsverhältnissen. Im berufsfachlichen Segment ist der Zugang zu Arbeitsplätzen an zertifizierte Qualifikationen gebunden (vgl. Sengenberger 1987). Hier ist die Qualifikation, ebenso wie Allokation oder Entlohnung, institutionell standardisiert und muss stets den aktuellen Erfordernissen angepasst werden. Der sekundäre Arbeitsmarkt (auch „Jedermannarbeitsmarkt“) ist komplett marktförmig organisiert und mit unqualifizierten Tätigkeiten verbunden. Hier finden sich viele Beschäftigte mit niedrigem Einkommen und weniger stabilen Beschäftigungsverhältnissen, häufig auch in Leiharbeit.
Nach einer beruflichen Qualifikation werden Absolventinnen und Absolventen zumeist auf dem primären Arbeitsmarkt erwartet und wären damit beruflich integriert (ausreichendes Einkommen bei unbefristeter Beschäftigung). Diese Annahme gilt zumindest für Absolventinnen und Absolventen betrieblicher Ausbildungen aber nur sehr eingeschränkt (Dorau 2018, 2020).
Die segmentationstheoretischen Ansätze wurden im Anschluss an Sengenberger weiter differenziert. Gerade der berufsfachspezifische Arbeitsmarkt kann nach den unterschiedlichen Ausbildungsberufen differenziert werden (Kreckel 1983). Es existiert eine gewisse Segregation des berufsfachlichen Arbeitsmarkts nach dem entsprechenden Ausbildungsberuf bzw. Studienfach und auch nach individuellem Qualifikationsniveau (Hirsch-Kreinsen 2005, 165 ff.). Hinzu kommt die Segregation nach Geschlecht, die die Segmentation des Arbeitsmarkts überlagert (Hirsch-Kreinsen 2005, 167 ff.). Häufig wird im Zeitverlauf eine Verkleinerung des internen betrieblichen Arbeitsmarkts insgesamt konstatiert, ebenso eine stärkere Orientierung an Leistungsprinzipien auch in diesem Teilarbeitsmarkt (Grimshaw u.a. 2001). Sowohl der Charakter als auch die Trennlinien der primären und sekundären Arbeitsmärkte verändern sich im Lauf der Zeit. In den letzten 20 Jahren hat sich das sekundäre Segment vor allem durch atypische Beschäftigungsverhältnisse gerade im Dienstleistungbereich vergrößert (Eichhorst/Kendzia 2016). [1]
4 Ziele und Hypothesen
Ziel ist es, auf Grundlage der Kategorisierung der beruflichen Sequenzen anhand von Indizes zur beruflichen Integration und Entkopplung (siehe Dorau 2018, 2020) den Berufseinstieg von Absolventen/-innen betrieblicher, schulischer und akademischer (universitärer und fachhochschulischer) Ausbildungen sowie aus dem Gesundheits-, Erziehungs- und Sozialwesen (GES) im Zeitverlauf zu vergleichen. Zeigen sich insgesamt die gleichen Einflussfaktoren hinsichtlich des Grads beruflicher Integration wie nach betrieblicher Ausbildung? Die Vermutung liegt nahe, dass auch eine qualifizierte Ausbildung nicht mit einem Zugang zum primären Arbeitsmarkt gleichzusetzen ist. Trotz ähnlicher formaler Qualifikationen wird hier davon ausgegangen, dass durch die Möglichkeit direkter Übernahme die Einstiegschancen bei einer dualen Ausbildung über denen einer vollzeitschulischen Ausbildung liegen (H1). Dieser Vorteil sollte sowohl bei einer betrieblichen Ausbildung als auch im GES gegeben sein (H2). Aufgrund der allgemein formal höherwertigen Qualifikation der akademischen Abschlüsse wird für diese ein besonders hoher Anteil integrierter Einstiegsverläufe erwartet (H3).
Da der Arbeitsmarkt nach individuellem Qualifikationsniveau segregiert ist, wird davon ausgegangen, dass auch ein höherer Schulabschluss sowie bessere Schulnoten zu einer größeren Chance gelungener beruflicher Integration führen (H4). Die Berücksichtigung des Schulabschlusses ist auch notwendig für den Vergleich verschiedener beruflicher Ausbildungen, deren Absolventen/-innen eine sehr verschiedene Zusammensetzung schulischer Abschlüsse aufweisen.
Aufgrund großer regionaler Arbeitsmarktunterschiede dürften nach einem Abschluss in Ostdeutschland die Anteile prekärer und entkoppelter Einstiegsverläufe größer sein als in Westdeutschland (H5). Dieser Zusammenhang könnte bei akademischen Abschlüssen geringer sein, besteht hier doch zumeist generell eine größere Notwendigkeit räumlicher Mobilität.
5 Datenanalyse
5.1 Daten
Grundlage der folgenden Analysen ist eine eigene Erhebung von 4772 Absolventen/-innen einer beruflichen Erstausbildung der Jahre 2006 bis 2008, die zum Verlauf ihres Berufseinstiegs befragt wurden (Dorau 2016). Dabei wurden neben beruflicher Qualifikation und bedeutsamen Einflussfaktoren die Phasen nach der Ausbildung sowie Dauer und Formen von Erwerbstätigkeit differenziert erhoben.
Die Stichprobe wurde als Zusatzmodul zur BIBB/BAuA-Erwerbstätigenbefragung (ETB) 2012 in den Jahren 2011 und 2012 verwirklicht. Die meist telefonischen Interviews wurden ergänzt durch eine Online-Rekrutierung (589 Personen). Wegen der geschichteten Ziehung der Befragten und der unterschiedlichen Erreichbarkeit gerade über die Online-Rekrutierung (Friedrich 2016; Gensicke/Tschersich 2012) war eine Gewichtung notwendig. In die Gewichtung einbezogen wurden vor allem der Typ beruflicher Qualifikation (Studium, betriebliche Ausbildung, vollzeitschulische Ausbildung usw.) und in stark besetzten Qualifikationen zusätzlich auch die Merkmale Geschlecht oder Region (Ost/West).
In der Stichprobe wurden neben Phasen von Erwerbstätigkeit, Arbeitslosigkeit, Familienarbeit, Elternzeit sowie Aus- und Weiterbildung auch die Erwerbstätigkeit von Selbstständigen oder Beamten/-innen erhoben. Befristete Beschäftigung ist erfasst, das Einkommen in groben Kategorien, da es bei genaueren Abfragen zu dieser Thematik häufig zu Interviewabbrüchen kommen kann. Schulabschlüsse sind genau erfasst und ermöglichen eine Differenzierung nach Abitur/Fachabitur, Mittlerer Reife und Hauptschulabschluss, zusätzlich ist die Abschlussnote festgehalten.
Nach Bereinigung des Datensatzes blieben 4435 Befragte. [2] Davon haben 2320 Personen eine duale Berufsausbildung abgeschlossen, 257 eine vollzeitschulische Ausbildung, 325 ein Fachhochschulstudium, 1017 ein Universitätsstudium und 325 eine Ausbildung im GES-System. Zudem konnten 57 Absolventen/-innen einer Beamtenausbildung in den Analysen berücksichtigt werden.
Die einzelnen Angaben zu den beruflichen Phasen wurden bestimmten Zuständen zugeordnet, die den Zonen beruflicher Integration entsprechen. Berufliche Zustände wurden als integriert gewertet, wenn das Nettoeinkommen 1300 Euro überstieg und keine befristete Beschäftigung vorlag. Dieser Betrag bildet für die Ausbildungsabsolventen/-innen von 2005 nach Berechnungen des SIAB (Stichprobe Integrierter Arbeitsmarktbiografien) des IAB in den ersten drei Jahren nach Abschluss der Ausbildung ungefähr zwei Drittel des Einkommensmedians ab. [3] Lag das Nettoeinkommen unter 1300 Euro oder war eine Beschäftigung befristet, wurde der berufliche Zustand als prekär gewertet.
Um die Verläufe des Berufseinstiegs der drei Kohorten von 2006 bis 2008 vergleichen zu können, wurde jeweils der Zeitraum der ersten drei Jahre nach Ausbildungsabschluss analysiert. Angaben zu Zuständen, die nicht direkt der beruflichen Integration zuordenbar sind, wurden nach zwei weiteren Kategorien differenziert: „Ausbildung“ und „Sonstiges“. Unter „Ausbildung“ werden alle Arten beruflicher Ausbildung, Studium, Fort- und Weiterbildung gefasst, unter „Sonstiges“ Elternzeit, Wehr-/Zivildienst, freiwilliges soziales Jahr usw. Gleichzeitige Angaben zweier oder mehrerer beruflicher Zustände wurden von den Befragten selbst hierarchisiert, bei mehreren Erwerbstätigkeiten bezieht sich das Nettoeinkommen auf die Gesamtsumme.
5.2 Klassifizierung der Berufseinstiegsverläufe
Berufsverläufe jenseits eines geradlinigen Übergangs in die Erwerbstätigkeit variieren sehr stark und sind mit Sequenzmusteranalysen, in denen Gruppen ähnlicher Berufsverläufe erzeugt werden (Erzberger/Prein 1997), nur schwer zu kategorisieren. Gerade Cluster jenseits des Normalarbeitsverhältnisses weisen eine hohe Heterogenität auf (Schaeper 1999). Brzinsky-Fay (2007) vergleicht Berufseinstiegssequenzen anhand theoretischer Typisierungen, unterscheidet aber in erster Linie Erwerbstätigkeit, Nichterwerbstätigkeit und diverse Bildungsphasen. Auch eine multidimensionale Skalierung von Berufseinstiegssequenzen hinsichtlich beruflicher Integration (Dorau 2010) zeigt jenseits eines sofortigen und ununterbrochenen Berufseinstiegs wenige mögliche Ansätze einer Kategorisierung. Die auf diesen Clustern aufbauende vorgenommene manuelle Typisierung ist jedoch recht aufwändig und kaum mit anderen Datenquellen replizierbar.
Daher wurde eine andere Vorgehensweise gewählt. Zur Klassifizierung der Berufseinstiegsverläufe hinsichtlich beruflicher Integration wurden die zeitlichen Anteile der beruflichen Zustände (integriert, prekär, entkoppelt, in [Aus-] Bildung, Sonstiges) und zusätzlich die Anzahl von Unterbrechungen von Erwerbstätigkeit über die Anzahl der Monate in einem bestimmten Zustand quantifiziert. Alle diese Parameter wurden zusätzlich durch die zeitliche Position in der Sequenz gewichtet. Je aktueller der Zustand, desto größer ist der Gewichtungsfaktor, mit besonderer Betonung der Tendenz gegen Ende der dreijährigen Untersuchungsphase.
Über den Anteil des integrierten Parameters (unbefristete Erwerbstätigkeit ohne Niedrigeinkommen) wurde ein Integrationsindex und über die Anteile entkoppelter Parameter ein Entkopplungsindex erstellt, deren Werte für jede Sequenz den Grad an Integration bzw. Entkopplung angeben. Der Integrationsindex kann Werte von 0 (keine Integration) bis 1 (vollkommene Integration) annehmen. Arbeitslosigkeitsphasen können ebenso wie Unterbrechungen von Erwerbstätigkeit Merkmale von Entkopplung sein. Ein Parameter für Entkopplung wurde daher aus der Summe der gewichteten Zeiten [4] für Arbeitslosigkeit und der gewichteten Anzahl von Beschäftigungsunterbrechungen gebildet. [5] Diesem Parameter wurden die Zeiten in Erwerbstätigkeit insgesamt gegenübergestellt und analog zum Integrationsindex konnte ein Entkopplungsindex gebildet werden. Auch dessen Werte reichen von 0 (keine Entkopplung) bis 1 (absolute Entkopplung).
Die Indizes ermöglichen detaillierte Analysen der beruflichen Integration, dennoch kann teilweise auch eine Kategorisierung der Verläufe aufschlussreich sein. Ein Verlauf wird als integriert bzw. entkoppelt bezeichnet, wenn der Anteil der integrierten bzw. entkoppelten Parameter bei mindestens zwei Dritteln liegt. [6] Prekäre Einstiegsverkäufe liegen dann vor, wenn weder die Indikatoren für Integration noch für Entkopplung dominant sind, vorausgesetzt, sonstige und Ausbildungsphasen sind nicht das eindeutig bestimmende Element einer Sequenz. Ein Grund für die Zuordnung zu prekären Verläufen kann daher neben Niedrigeinkommen und befristeter Beschäftigung auch ein gewisses Maß an entkoppelten Elementen wie Arbeitslosigkeit und sehr kurzfristigen Erwerbsphasen sein.
Für Niedrigeinkommen und Befristung wurden zusätzliche Indizes gebildet, die sich jeweils auf deren gewichtete Anteile an Erwerbtätigkeitsphasen beziehen. Dies erlaubt einen genaueren Blick auf prekäre Erwerbstätigkeit. Zugleich kann der Entkopplungsindex in einen Index für Arbeitslosigkeit und einen Index für Diskontinuitäten im Erwerbsverlauf differenziert werden.
Die übrigen Berufsverläufe, die nicht den drei Zonen beruflicher Integration zuzuordnen sind, werden nach Größe der Parameter (Aus-)Bildungs- und sonstigen Verläufen zugewiesen. In Abbildung 1 sind in den einzelnen Kategorien jeweils zehn zufällige Sequenzen über 36 Monate beispielhaft dargestellt.

Zehn Beispielsequenzen für die Zonen beruflicher Integration
5.3 Ergebnisse
Insgesamt können 80,2 Prozent der Berufsverläufe den drei Zonen beruflicher Integration zugeordnet werden (Tabelle 1). 16,7 Prozent der Sequenzen sind von weiteren Bildungs- oder Ausbildungsphasen bestimmt und 3,1 Prozent durch sonstige Phasen. Beim Vergleich der Abschlüsse fällt auf, dass es bei den Bildungs- und sonstigen Phasen zwischen betrieblichen und universitären Abschlüssen und solchen im GES-System kaum Unterschiede gibt.
Art der beruflichen Ausbildung und Anteile der Zonen beruflicher Integration (inkl. „Ausbildung“ und „Sonstiges“), Abschlüsse 2006 bis 2008 (gewichtet, in Prozent)
insgesamt | betrieblich | GES | vollzeitschulisch | FH | Universität | Beamte | |
---|---|---|---|---|---|---|---|
(n=4435) | (n=2320) | (n=459) | (n=257) | (n=325) | (n=1017) | (n=57) | |
Zonen berufl. Integration | 80,2 (n=3542) | 81,5** (n=1890) | 80,4 (n=369) | 54,5*** (n=140) | 90,5*** (n=294) | 78,3 (n=797) | 91,2* (n=52) |
davon: | |||||||
integriert | 63,3 | 63,0 | 64,0 | 47,1*** | 77,0*** | 56,9*** | 90,4*** |
prekär | 33,0 | 32,3. | 33,9 | 46,4** | 20,2*** | 41,6*** | 7,7*** |
entkoppelt | 3,7 | 4,7*** | 2,2 | 6,4. | 2,8 | 1,5*** | 1,9 |
(Aus-)Bildung | 16,7 | 15,7* | 17,2 | 41,2*** | 5,9*** | 18,0 | 7,0* |
Sonstiges | 3,1 | 2,8 | 2,4 | 4,3 | 3,6 | 3,7 | 1,8 |
. Signifikanzniveau: p < 0.1 ; * Signifikanzniveau: p < 0.05; ** Signifikanzniveau: p < 0.01; *** Signifikanzniveau: p < 0.001
Bei den betrieblichen Ausbildungen sind die drei Zonen beruflicher Integration zwar signifikant größer und die Ausbildungsphasen signifikant geringer, der Unterschied beträgt aber nur etwa einen Prozentpunkt. Deutlich unterscheiden sich vollzeitschulische Ausbildungen. Nur 54,5 Prozent der Verläufe können entlang ihrer beruflichen Integration bestimmt werden. Dies liegt in erster Linie an der hohen Anzahl von Verläufen, die durch weitere Bildungsphasen dominiert sind (41,2 Prozent). Die Notwendigkeit weiterer Ausbildung erscheint hier besonders groß. Andererseits ist bei Fachhochschulabschlüssen der Anteil derer, deren berufliche Integration bestimmt werden kann, sehr hoch (90,5 Prozent). Auch in diesem Fall ist dies durch die Anteile von durch weitere Bildung dominierten Sequenzen bedingt, die hier besonders gering sind (5,9 Prozent). Ein ähnliches Bild zeigt sich in der Beamtenausbildung mit über 90 Prozent der beruflichen Integration zuzuordnenden Verläufen (und 7 Prozent vor allem in weiteren Bildungsphasen). Auch wenn die Fallzahl hier mit n = 57 relativ gering ist, unterscheiden sich die Anteile signifikant.
Wenn wir uns nun auf die drei Kernzonen beruflicher Integration konzentrieren, so werden insgesamt 63,3 Prozent als integriert, 33,0 Prozent als prekär und 3,7 Prozent als entkoppelt klassifiziert. Die betrieblichen Abschlüsse unterscheiden sich von diesen Durchschnittswerten maximal um einen Prozentpunkt (integriert: 63,0 Prozent, prekär: 32,3 Prozent, entkoppelt: 4,7 Prozent). Die Unterschiede hinsichtlich Entkopplung sind allerdings, auch wegen der hohen Fallzahl, höchst signifikant. Im GES-System sind die Anteile sehr ähnlich (integriert: 64,0 Prozent, prekär: 33,9 Prozent, entkoppelt: 2,2 Prozent). Prekäre Einstiegsverläufe scheinen etwas stärker vertreten als bei der betrieblichen Ausbildung, entkoppelte dagegen seltener. Beim Vergleich der Abschlüsse innerhalb und außerhalb des GES-Systems zeigen sich keine signifikanten Differenzen.
Dagegen stellen sich die Chancen beruflicher Integration nach vollzeitschulischer Ausbildung als relativ gering dar. Trotz relativ geringer Anzahl (n = 140) sind die Einstiegsverläufe mit 47,1 Prozent höchstsignifikant seltener integriert und mit 46,4 Prozent hochsignifikant häufiger prekär als der Durchschnitt der Abschlüsse. Kein anderer Abschluss ist mit einem geringeren Anteil integrierter und einem höheren Anteil prekärer Sequenzen verbunden. Auch der Prozentsatz entkoppelter Verläufe ist hier am höchsten (6,4 Prozent), aber wegen der geringen Fallzahl nur schwach signifikant.
Sehr hohe Integrationschancen und ein relativ geringes Prekaritätsrisiko bietet ein Fachhochschulabschluss (77,0 Prozent integriert und nur 20,2 Prozent prekär, beide Anteile sind auf höchstem Niveau signifikant). Universitäre Abschlüsse dagegen sind beim Berufseinstieg weniger von beruflicher Integration gekennzeichnet. Der Anteil integrierter Verläufe liegt nur bei 56,9 Prozent und damit deutlich unter dem Durchschnitt, der Anteil prekärer Verläufe dagegen befindet sich weit über dem Durchschnitt (41,6 Prozent). Nur bei den vollzeitschulischen Abschlüssen sind die prekären Anteile höher. Allerdings sind nach Abschluss eines universitären Studiums nur 1,5 Prozent entkoppelt und damit weniger als bei allen anderen Abschlüssen.
Anders stellt sich die Situation nach einer Beamtenausbildung dar. Trotz der sehr geringen Besetzung (n = 52) ist der Anteil integrierter Verläufe mit 90,4 Prozent höchstsignifikant größer als bei den übrigen Abschlüssen und der Anteil prekärer Verläufe auf dem gleichen Signifikanzniveau geringer (7,7 Prozent). Dies sind insgesamt die höchsten Integrations- und geringsten Prekaritätsquoten. Der Anteil entkoppelter Verläufe ist mit 1,9 Prozent auch eher gering, aber aufgrund der geringen Besetzung nicht sinnvoll zu interpretieren.
Ein Vergleich der Abschlüsse hinsichtlich der durchschnittlichen Indexwerte (Tabelle 2) bestätigt diese Ergebnisse, erlaubt aber weitere Differenzierungen. Die Differenzen zwischen den verschiedenen Abschlüssen bei den Integrations- und Entkopplungsindizes verhalten sich analog zu den Anteilen integrierter bzw. entkoppelter Verläufe. Zusätzlich zeigt sich, dass Entkopplung in erster Linie das Ergebnis von Arbeitslosigkeit ist, weniger von besonders diskontinuierlichen Sequenzen. Dies gilt für alle Abschlüsse. Außerdem beinhalten die Indizes auch die Verteilung in den einzelnen Verläufen und sind daher mit deutlich weniger Informationsverlust verbunden.
Durchschnittliche Indizes zur beruflichen Integration von Absolventen/-innen einer dualen Berufsausbildung 2006 bis 2008
insg. | betriebl. | GES | vollzeitschul. | FH | Uni | Beamte | |
---|---|---|---|---|---|---|---|
Integrationsindex | 0,653 | 0,651 | 0,653 | 0,486 | 0,784 | 0,596 | 0,920 |
Entkopplungsindex | 0,086 | 0,099 | 0,068 | 0,160 | 0,058 | 0,060 | 0,024 |
(Arbeitslosigkeitsindex) | 0,071 | 0,081 | 0,052 | 0,142 | 0,051 | 0,044 | 0,020 |
(Diskontinuitätsindex) | 0,016 | 0,018 | 0,016 | 0,018 | 0,007 | 0,016 | 0,004 |
(Niedriglohnindex) | 0,123 | 0,134 | 0,152 | 0,241 | 0,061 | 0,087 | 0,000 |
(Befristungsindex) | 0,211 | 0,182 | 0,203 | 0,233 | 0,121 | 0,322 | 0,056 |
Die prekären Anteile können über die Indizes nicht genau abgebildet werden, da auch entkoppelte Anteile teilweise in der Definition eines Verlaufs als „prekär“ enthalten sind. Wie an den Indizes erkennbar, sind aber sowohl die Niedriglohnals auch die Befristungsindizes im Allgemeinen größer als die Entkopplungsindizes, sodass die meisten prekären Verläufe auf ihre Kernkomponenten Niedrigeinkommen und Befristung zurückgeführt werden können. Insgesamt ist die Bedeutung befristeter Beschäftigung (durchschnittlicher Index: 0,211) beim Berufseinstieg größer als die von Niedrigeinkommen (0,123).
Die entsprechenden Indizes unterscheiden sich deutlich nach verschiedenen Abschlüssen, teilweise auch in ihrem quantitativen Verhältnis untereinander. Eine abgeschlossene betriebliche Ausbildung ist mit einem leicht erhöhten Niedriglohnindex (0,134) verbunden, dafür aber mit einem relativ geringen Befristungsindex (0,182). Etwas höher sind beide Indizes nach einer Ausbildung im GES-System. Hier ist der Niedriglohnindex mit 0,152 überdurchschnittlich hoch und der Befristungsindex (0,203) nähert sich dem allgemeinen Durchschnitt an. Besonders groß ist der Wert für den Niedriglohnindex bei vollzeitschulischer Ausbildung (0,241). Hier übersteigt dieser Wert sogar den ebenfalls überdurchschnittlichen Befristungsindex (0,233). Im Gegensatz dazu sind nach Fachhochschulabschluss sowohl Niedriglohnindex (0,061) als auch Befristungsindex (0,121) deutlich unterhalb des Durchschnitts. Noch eindrucksvoller sind die Werte nach einer Beamtenausbildung (Niedriglohnindex = 0, Befristungsindex = 0,056), wenngleich hier die geringe Besetzung dieser Gruppe berücksichtigt werden muss. Zwiespältig erscheinen die Indizes bei den Hochschulabsolventinnen und -absolventen. Dort ist der Niedriglohnindex relativ gering (0,087), der Befristungsindex dagegen hat in dieser Gruppe seinen Rekordwert (0,322).
Insgesamt zeigt sich ein deutliches Gefälle von sehr niedrigen prekären Indizes bei Beamtenausbildungen und Fachhochschulabschlüssen über die betriebliche Ausbildung mit relativ geringem Befristungsindex und Ausbildungen im GES-System, in denen der Niedriglohnindex bereits deutlich den Durchschnitt übersteigt, bis zu vollzeitschulischen Abschlüssen mit sehr hohen entsprechenden Indizes. Quer dazu liegen die universitären Abschlüsse mit einer besonders hohen Befristungsgefahr, aber einem relativ geringen Niedrigeinkommensrisiko.
Ein bivariater Vergleich des nach beruflicher Integration kategorisierten Einstiegsverlaufs nach Schulabschluss und Region findet sich in Tabelle 3. Durchgehend höchst signifikant sind die Differenzen bei der beruflichen Integration im Vergleich zwischen West- und Ostdeutschland. Sind im Westen 65,7 Prozent der Einstiegsverläufe integriert, sind es im Osten nur 53,2 Prozent. Im Osten treten 39,9 Prozent prekäre und 7,0 Prozent entkoppelte Verläufe auf, im Westen 31,3 Prozent bzw. 2,9 Prozent.
Schulabschluss sowie Region und Anteile der Zonen beruflicher Integration, Abschlüsse 2006 bis 2008 (gewichtet, in Prozent)
Individuelle Einflussfaktoren (n – ungewichtet) | Berufliche Integration Berufseinstieg | |||
---|---|---|---|---|
integriert | prekär | entkoppelt | ||
Region: | West (n=2860) | 65,7*** | 31,3*** | 2,9*** |
Ost (n=682) | 53,2*** | 39,9*** | 7,0*** | |
Schulabschluss: | Abitur (n=1887) | 67,3*** | 30,7* | 2,0*** |
Mittlere Reife u.a. (n=1324) | 61,4 | 33,8 | 4,8** | |
Hauptschule (n=302) | 49,1*** | 42,3*** | 8,6*** | |
Abschlussnote: | 1 (n=352) | 64,4 | 33,1 | 2,5 |
2 (n=1930) | 66,4*** | 31,4* | 2,2*** | |
3 (n=1112) | 59,4** | 34,5 | 6,1*** | |
4 (n=68) | 44,1*** | 45,5* | 10,4** | |
Insgesamt | (N=3542) | 63,3 | 33,0 | 3,7 |
Bei den Schulabschlüssen zeigen sich erwartungsgemäß mit Abitur (inkl. Fachabitur) signifikant bessere Integrationschancen (67,3 Prozent) und eine geringeres Risiko von Prekarität (30,7 Prozent) und Entkopplung (2,0 Prozent). Genau umgekehrt verhält es sich nach einem Hauptschulabschluss (49,1 Prozent integriert, 42,3 Prozent prekär, 8,6 Prozent entkoppelt). Bei Mittlerer Reife (und übrigen Abschlüssen) ist nur ein signifikant erhöhter Anteil entkoppelter Sequenzen zu erkennen (4,8 Prozent).
Auch die Schulabschlussnote beeinflusst die berufliche Integration deutlich. Mit einer Eins zeigen sich überraschend keine signifikanten Unterschiede. Zwar ist deren Anzahl mit n = 352 nicht sonderlich groß, aber sie unterscheiden sich in ihren Anteilen kaum von der Gesamtheit. Dagegen ist die Abschlussnote 2 mit besseren Integrationschancen (66,4 Prozent) sowie einer geringeren Gefahr von Prekarität (31,4 Prozent) und Entkopplung (2,2 Prozent) verbunden. Eine Drei dagegen bedeutet eine geringere Wahrscheinlichkeit von Integration (59,4 Prozent) und eine höhere Wahrscheinlichkeit von Entkopplung (6,1 Prozent). Trotz der geringen Fallzahl von 68 hat die Note 4 einen signifikanten Einfluss auf die berufliche Integration, da sich die Unterschiede zu allen Befragten sehr deutlich darstellen. Nur 44,1 Prozent der Einstiegsverläufe mit einer Vier sind integriert, aber 45,5 Prozent prekär und 10,4 Prozent entkoppelt.
Dabei muss unter anderem die Wechselwirkung zwischen Schulabschluss und beruflichem Abschluss berücksichtigt werden. Denn die Verteilung der schulischen Abschlüsse ist je nach Berufsabschluss sehr unterschiedlich (Tabelle 4). Besonders gering ist der Anteil an Abiturientinnen und Abiturienten nach einer betrieblichen Ausbildung (28,4 Prozent). Bei Abschlüssen im GES sind es dagegen die Hälfte und auch bei vollzeitschulischen Ausbildungen deutlich über 40 Prozent. Bei Fachhochschul- und Universitätsabschlüssen liegt dieser Anteil erwartungsgemäß nahe 100 Prozent. Daher ist eine multivariate Analyse notwendig. [7] Auch unterschiedliche Ausbildungsberufe bzw. Studienabschlüsse können so berücksichtigt werden.
Berufliche und schulische Abschlüsse (gewichtet, in Prozent)
Schulabschluss | Berufsabschluss | |||||
---|---|---|---|---|---|---|
betriebl. | GES | vollzeitsch. | Beamte | FH | Uni | |
Abitur | 28,4 | 50,0 | 44,2 | 75,0 | 95,7 | 99,5 |
Mittlere Reife u.a. | 56,2 | 46,7 | 51,4 | 25,0 | 4,3 | 0,5 |
Hauptschule | 15,3 | 3,3 | 4,3 | 0,0 | 0,0 | 0,0 |
5.4 Multivariate Analysen
Es wurden lineare Regressionen durchgeführt, um Einflussfaktoren auf den Integrations- und Entkopplungsindex zu analysieren. Außerdem wurden auch Arbeitslosigkeits- und Diskontinuitätsindex als Teilkomponenten von Entkopplung sowie Niedriglohn- und Befristungsindex als abhängige Variablen untersucht. Um eventuelle abschlussspezifische Unterschiede zu analysieren, wurden die Modelle zusätzlich nach Abschlüssen getrennt berechnet und die Ergebnisse werden, soweit sie sich von den allgemeinen Ergebnissen deutlich unterscheiden, aufgeführt.
Als erklärende Variable wird der Schulabschluss herangezogen, wobei Abitur (inkl. Fachabitur und Fachhochschulreife) und Hauptschulabschluss mit der Referenzkategorie „Mittlere Reife und sonstige Abschlüsse“ verglichen werden. Ergänzend wird die Abschlussnote 3 oder 4 einer Referenzkategorie „Note 1 oder 2“ gegenübergestellt. Besonders interessant sind die beruflichen Abschlüsse (vollzeitschulisch, GES, Beamtenausbildung, Fachhochschul- und Universitätsabschluss), die der Referenzkategorie „betriebliche Ausbildung“ gegenübergestellt werden. Zusätzlich wird die Region (West- und Ostdeutschland) aufgenommen und Geschlecht als Kontrollvariable hinzugefügt.
R2liegt bei den Regressionen über die einzelnen Indizes ungefähr zwischen 0,06 und 0,1, nur beim Diskontinuitätsindex sind es lediglich 0,012 (Tabelle 5). Der Index für Arbeitslosigkeit ist wegen seiner geringen Differenzen zum Entkopplungsindex nicht aufgeführt.
Die Indizes in linearen Regressionen
Integration | Niedrigeinkommen | Befristung | Entkopplung | Diskontinuität | |
---|---|---|---|---|---|
R2 | 0,061*** | 0,064*** | 0,032*** | 0,044*** | 0,008** |
Koeffizienten: | |||||
Intercept | 0,605*** | 0,141*** | 0,199*** | 0,129*** | 0,016*** |
Berufl. Abschluss (Ref.: Betriebl. Ausbildung) | |||||
GES | ‒0,007 | 0,003 | 0,027 | 0,021. | 0,003 |
vollzeitschulisch | ‒0,161*** | 0,093*** | 0,054 | 0,062** | 0,000 |
Beamtenausbildung | 0,204*** | ‒0,105* | ‒0,103. | ‒0,046 | ‒0,013* |
Fachhochschulabschluss | 0,045 | ‒0,028 | ‒0,031 | ‒0,002 | ‒0,009** |
Universitätsabschluss | ‒0,140*** | ‒0,008 | 0,168*** | ‒0,002 | ‒0,001 |
Schulabschl. (Ref.: Mittl. Reife/Sonstige) | |||||
Abitur | 0,086*** | ‒0,040** | ‒0,034* | ‒0,033*** | ‒0,002 |
Hauptschulabschluss | ‒0,141*** | 0,110*** | 0,043. | 0,034* | 0,001 |
Schulnote 3 oder 4 | ‒0,071*** | 0,045*** | 0,006 | 0,050*** | 0,003. |
Geschlecht: weiblich | ‒0,085*** | 0,099*** | 0,016 | 0,015* | 0,005** |
Region: West | 0,131*** | ‒0,085*** | ‒0,028. | ‒0,065*** | 0,000 |
Zunächst werden die beruflichen Abschlüsse analysiert. Im Vergleich mit der betrieblichen Ausbildung, die hier als Referenzwert genutzt wird, zeigen sich im GES-System kaum Unterschiede. Verläufe im GES-System weisen lediglich einen schwach signifikant geringeren Entkopplungsindex auf. Beide Ausbildungstypen sind sich in der dualen Struktur der Ausbildung sehr ähnlich, das zeigt sich auch im Hinblick auf die berufliche Integration. Anders sieht es bei den vollzeitschulischen Ausbildungen aus. Absolventen/-innen aus diesem Bereich sind deutlich geringer integriert und stärker von geringem Einkommen und Arbeitslosigkeit betroffen. Obwohl die drei letztgenannten Ausbildungstypen vom Anforderungsniveau her vergleichbar sind, spricht dies für einen Vorteil bei den beiden dualen Ausbildungen.
Trotz geringen Anteils führt eine Beamtenausbildung zu einem hochsignifikant höheren Integrationsindex, einem geringeren Niedrigeinkommensanteil sowie tendenziell (mit schwacher Signifikanz) zu seltenerer Befristung in den Verläufen und geringerer Diskontinuität. Interessanterweise ist dies der einzige Abschluss, der eindeutig bessere Integrationschancen als die betriebliche Ausbildung aufweist. Bei den Fachhochschulabschlüssen zeigen sich beim Berufseinstieg kaum Unterschiede zur betrieblichen Ausbildung. Hinsichtlich Niedrigeinkommen, Befristung und Entkopplung ist keine Differenz zu erkennen. Lediglich die sehr seltenen Diskontinuitätsprobleme treten nach einem Fachhochschulabschluss in geringerem Ausmaß auf.
Universitäre Abschlüsse führen eher zu Befristung und sind dadurch sogar deutlich weniger integriert, in Bezug auf Einkommen und Entkopplung treten keine Differenzen auf. [8] Das Problem befristeter Anstellungen gerade im Wissenschaftsbetrieb und vor allem beim Berufseinstieg ist bekannt (Lange-Vester/Teiwes-Kügler 2013). Insgesamt erscheinen die Differenzen zwischen den diversen Abschlüssen relativ moderat. Am deutlichsten zeigen sich die negativen Auswirkungen vollzeitschulischer Ausbildung im Hinblick auf die berufliche Integration, die sich in erster Linie mit großen Anteilen geringen Einkommens und Arbeitslosigkeit erklären lassen. Das Thema Befristung scheint in erster Linie ein Problem universitärer Abschlüsse zu sein.
Auch der Effekt des Schulabschlusses auf die berufliche Integration ist zumeist signifikant. Die Einstiegssequenzen von Abiturient/-innen sind deutlich stärker integriert, seltener entkoppelt und eher mit ausreichendem Einkommen und unbefristeter Beschäftigung verbunden. Der gegenteilige Effekt zeigt sich bei Fachkräften mit Hauptschulabschluss, sie sind schwächer integriert und erhalten häufig ein niedriges Einkommen. Auch sind ihre Verläufe eher entkoppelt und es zeigt sich eine Tendenz (schwache Signifikanz) zu befristeter Beschäftigung. Eine schlechtere Abschlussnote (3 oder 4) wirkt sich ebenfalls auf die berufliche Integration aus. In diesem Fall sinkt die Chance einer gelungenen Integration, dagegen steigt die Gefahr von Entkopplung und Niedrigeinkommen.
Für die Region kann ein starker Zusammenhang mit der beruflichen Integration konstatiert werden, Integrations-, Entkopplungs- und Niedrigeinkommensindex unterscheiden sich höchst signifikant. Absolventen/-innen aus Westdeutschland sind besser integriert und weniger von Niedrigeinkommen und Entkopplung betroffen. Auch Befristung tritt tendenziell seltener auf.
Im Vergleich mit der Analyse dualer Verläufe sind bei den Schulabschlüssen wenige Unterschiede erkennbar (vgl. Dorau 2020). Die Bedeutung des Abiturs für einen geringeren Niedrigeinkommens- und Entkopplungsindex tritt deutlicher hervor. Zumindest die deutlicheren Ergebnisse für Abiturienten/-innen scheinen aber in erster Linie der höheren Fallzahl geschuldet. Die Auswirkungen einer schlechten Schulnote hinsichtlich erhöhter Befristungsanteile sind über alle Abschlüsse nicht signifikant, anders als der negative Einfluss auf die berufliche Integration. Ähnliches gilt für den Niedrigeinkommensindex, dieser ist mit schlechter Schulnote deutlich erhöht. Ein komplexeres Mehrebenenmodell bestätigt weitgehend diese Ergebnisse, die Analyse von Ausbildungsfeldern auf der strukturellen Ebene lässt deren Bedeutung hervortreten. Das gilt auch für die Kontexteffekte, besonders den Frauenanteil im Ausbildungsfeld, durch den die Bedeutung des individuellen Geschlechts leicht an Erklärungskraft verliert (s. Online-Anhang).
Da sich Unterschiede zwischen den Ergebnissen der betrieblichen und der übrigen Abschlüsse abzeichnen, ist eine nach Abschlüssen getrennte Analyse aufschlussreich. Es werden Regressionen mit Integrations-, Entkopplungs- und Niedrigeinkommensindex als abhängiger Variable verglichen, nur signifikante Modelle werden dargestellt.
Sowohl für die Beamtenausbildung als auch für die vollzeitschulische Ausbildung und die universitären Abschlüsse ist kein Modell signifikant (Tabelle 6). [9] Gerade bei der Beamtenausbildung ist dies stark durch die Fallzahl beeinflusst. Offensichtlich ist aber der Einfluss von Schulabschluss und -note wie auch von Geschlecht und Region auf Einstiegsverläufe nach vollzeitschulischen und universitären Abschlüssen gering. Bei Fachhochschulabschlüssen ist lediglich eine schlechte Schulnote mit einem erhöhten Entkopplungsindex verbunden.
Indizes in linearen Regressionen, differenziert nach Abschlüssen (nur signifikante Modelle)
Integrationsindex | Entkopplungsindex | Niedrigeinkommen | ||||
---|---|---|---|---|---|---|
betriebl. | GES | betriebl. | FH | betriebl. | GES | |
R2 | 0,076*** | 0,055*** | 0,049*** | 0,043* | 0,085*** | 0,042** |
Koeffizienten: | ||||||
Intercept | 0,606*** | 0,464* | 0,144*** | 0,065 | 0,127*** | 0,336*** |
Schulabschl. (Ref.: Mit. Reife/Sonstige) | ||||||
Abitur | 0,098*** | 0,081 . | ‒0,029* | ‒0,009 | ‒0,051** | ‒0,031 |
Hauptsch.abschl. | ‒0,128*** | ‒0,378** | 0,036* | X | 0,117*** | 0,070 |
Schulnote 3 oder 4 | ‒0,120*** | 0,068 | 0,066*** | 0,061* | ‒0,061*** | ‒0,008 |
Geschlecht: weiblich | ‒0,117*** | ‒0,005 | 0,013 | 0,060** | 0,145*** | ‒0,019 |
Region: West | 0,166*** | 0,167** | ‒0,092*** | ‒0,048. | ‒0,099*** | ‒0,182*** |
Ähnliche Tendenzen wie bei der betrieblichen Ausbildung zeigen sich bei den Abschlüssen im GES-System, auch wenn nur Hauptschulabschlüsse den Integrationsindex signifikant verringern. Zusätzlich zeigt sich, dass der Einfluss der Schulnote vor allem nach der betrieblichen Ausbildung relevant zu sein scheint. Schlechtere Schulnoten führen hier, nicht aber nach einer Ausbildung im GES-System, zu geringerer Integration und größeren Niedrigeinkommens- und Entkopplungsanteilen.
Bei Fachhochschul- und Universitätsabschlüssen hat die Region keinen oder geringen Einfluss. Das könnte daran liegen, dass bei den akademischen Abschlüssen häufig eine höhere Mobilität vorausgesetzt wird, was häufig schon mit der Wahl des Studienorts beginnt. Zumindest nach dem Abschluss ist das aber nur in geringem Umfang der Fall. Nur wenige der Absolventen/-innen migrieren von Ost- nach Westdeutschland. Dies gilt sowohl für die betrieblichen als auch die Universitätsabschlüsse. [10] Daher scheint sich der Arbeitsmarkt für Akademiker/-innen weniger zwischen West- und Ostdeutschland zu unterscheiden als für Absolventen/-innen einer betrieblichen Ausbildung.
6 Zusammenfassung
Sowohl die betriebliche Ausbildung als auch eine Ausbildung im GES-System ermöglichen größere Chancen auf eine gelungene berufliche Integration in der Berufseinstiegsphase als eine vollzeitschulische Ausbildung (H1). Auch die These, dass die Einstiegschancen bei dualen Ausbildungen besser als bei vollzeitschulischen sind, kann als bestätigt angesehen werden (H2). Vermutlich erhöhen die Chancen direkter Übernahme die Aussichten auf eine gelungene berufliche Integration beim Berufseinstieg, eventuell wirken sich auch die dabei gewonnenen berufspraktischen Kenntnisse aus. Die geringeren Chancen gelungener Integration nach vollzeitschulischer Ausbildung manifestieren sich in erster Linie in erhöhten Anteilen an Niedrigeinkommen und Arbeitslosigkeit. Zwischen betrieblicher Ausbildung und GES-System zeigen sich kaum Unterschiede.
Die These, dass akademische Abschlüsse die Möglichkeiten der beruflichen Integration beim Berufseinstieg gegenüber der betrieblichen Ausbildung verbessern (H3), kann nicht aufrechterhalten werden. Allenfalls bei Fachhochschulabschlüssen zeigt sich ein (schwach signifikant) erhöhter Integrationsindex und außerdem ein geringerer Anteil sehr kurzfristiger Beschäftigungen, ansonsten gibt es keine Differenzen zur betrieblichen Ausbildung. Universitäre Abschlüsse sind, auch wenn es hier Erfassungsprobleme gibt, stark von prekären Einstiegsverläufen durch häufige Befristung geprägt, weshalb nur ein relativ geringer Anteil dieser Verläufe als integriert gewertet werden kann. Es ist allerdings davon auszugehen, dass die akademischen Abschlüsse im weiteren Verlauf geringere Befristungsanteile aufweisen und sich die berufliche Integration deutlich verbessert. Höhere Anteile integrierter Verläufe im Vergleich zur betrieblichen Ausbildung finden sich nur bei der Beamtenausbildung. Dies scheint am ehesten den geringen Befristungsanteilen geschuldet.
Für alle Abschlüsse gilt, dass eine berufliche Qualifikation nicht zwingend mit einer Beschäftigung am primären Arbeitsmarkt verbunden ist, die Zugangschancen aber auch vom Typ der beruflichen Qualifikation abhängig sind. Der berufsfachspezifische Arbeitsmarkt kann daher nach der Art der beruflichen Qualifikation unterschieden werden.
Ebenfalls erwartet war, dass auch der schulische Bildungsabschluss die berufliche Integration prägt. Absolventen/-innen mit Abitur sind tatsächlich eher integriert, aber seltener prekär (sowohl was Einkommen als auch Befristung betrifft) und arbeitslos. Bei einem Hauptschulabschluss zeigen sich diese Tendenzen mit umgekehrten Vorzeichen. Abiturienten/-innen sind in erster Linie seltener von Arbeitslosigkeit betroffen. Hauptschulabsolventen/-innen dagegen sind einem höheren Arbeitslosigkeitsrisiko ausgesetzt und weisen besonders oft niedrige Einkommen auf. Zumindest hinsichtlich Integration und Niedrigeinkommen scheint dieser Einfluss des Schulabschlusses in erster Linie für betriebliche Ausbildungen und teilweise für Ausbildungen im GES-System zu gelten, da dort die Schulabschlüsse am wenigsten homogen sind. Bei vollzeitschulischen Abschlüssen zeigt sich kein Zusammenhang zwischen Schulabschlüssen und den untersuchten Indizes. Es sind dort zwar nur sehr wenige Hauptschulabschlüsse vertreten, aber Mittlere Reife ist relativ häufig.
Auch eine gute Abschlussnote führt zu häufigeren integrierten und selteneren prekären oder entkoppelten Einstiegsverläufen, vor allem aufgrund von höherem Einkommen und einer verringerten Gefahr von Arbeitslosigkeit. Hier scheinen die Zusammenhänge relativ eindeutig nur für betriebliche Abschlüsse zu gelten, zumindest hinsichtlich Integration und Niedrigeinkommen. Hypothese H4 ist damit eingeschränkt und abhängig vom beruflichen Abschluss zuzustimmen. Es bestätigt sich, dass der berufsfachliche Arbeitsmarkt auch nach individuellem Qualifikationsniveau segregiert ist.
Wie erwartet, sind die Sequenzen in Ostdeutschland weniger integriert, weisen häufiger Niedrigeinkommen und Arbeitslosigkeit auf. Das scheint tendenziell aber nur für die dualen Abschlüsse zu gelten, nicht für die universitären Abschlüsse. Daher kann Hypothese H5 nur als teilweise bestätigt gelten. Begründung dafür ist aber weniger die höhere Mobilität als ein weniger regional segmentierter akademischer Arbeitsmarkt.
Da die Einkommensschwelle sich am Median der Berufseinstiegsverläufe orientiert, ist bei einer Untersuchung des weiteren Verlaufs eine Orientierung am allgemeinen Median notwendig. Daher ist nicht unbedingt davon auszugehen, dass die Niedrigeinkommensanteile im weiteren Berufsverlauf sinken. Sicherlich hat die Einführung des Mindestlohns die Höhe der Niedrigeinkommen mittlerweile ansteigen lassen. Dennoch liegt der Mindestlohn unter der Niedrigeinkommensschwelle, sodass dadurch keine geringeren Niedrigeinkommensanteile zu erwarten sind.
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