Zusammenfassung:
Die Lippische Landesbibliothek Detmold (gegründet 1614) wird seit 1949 vom Landesverband Lippe getragen. Auf die gegenwärtige Finanznot ihres Geldgebers reagiert die Bibliothek, indem sie sich breiter aufstellt. Ein erster Schritt ist die Integration der Theologischen Bibliothek und Mediothek der Lippischen Landeskirche in die Landesbibliothek 2013, womit zugleich die Landeskirche zum Partner wird. Der zweite Schritt ist die Kooperation und bauliche Verbindung mit den Bibliotheken der Hochschule für Musik Detmold, deren Umsetzung für 2015 zu erwarten ist. Aufgrund der baulichen Veränderungen des Bibliotheksgeländes wird auch die Nachbarschaft mit dem Landesarchiv Nordrhein-Westfalen Abteilung Ostwestfalen-Lippe sich zu einer produktiven Nähe weiterentwickeln.
Abstract:
The Lippische Landesbibliothek (Lippe State Library, founded in 1614) is funded by the Landesverband Lippe (local government association for the district of Lippe). Because of the financial turmoil the Landesverband finds itself presently in, the Landesbibliothek is on the lookout for strategic partnerships. As a first step the theological library of the Lippische Landeskirche (Lippe State Church) was incorporated into the Landesbibliothek in 2013. This measure answered the call for assistance of the Landeskirche who otherwise would have had to close down its library. The second step is the cooperation with the libraries of the Hochschule für Musik Detmold (Music School Detmold), planned for 2015. Not only will catalogue and user data be shared, but the so far separate library buildings will then also be connected. As a bonus of this redevelopment the thereby newly won vicinity of the State Archive of North Rhine-Westphalia will result in further prospects for cooperation.
1 Ausgangslage
Die Lippische Landesbibliothek in Detmold ist – wie viele Regionalbibliotheken, die auf Hof- und Adelsbibliotheken zurückgehen – ein traditionsreiches Haus: 2014 wird sie ihr 400-jähriges Bestehen feiern.[1] Die meiste Zeit davon hat die ursprünglich „Gräflich öffentliche Bibliothek“ sich vorrangig als Schulbibliothek gemächlich entwickelt. Nach ihrer Einrichtung 1614 ist das nächste einschneidende Datum erst die Neueröffnung als „Fürstlich öffentliche Bibliothek“ über 200 Jahre später, nämlich mit Erlass vom 6. April 1824. Im Laufe des 19. Jahrhunderts wachsen die Bestände von etwa 20.000 auf etwa 90.000 Bände an und machen 1886 die Umsiedlung in ein angemessenes Gebäude nötig. 1919 wird als Folge der Revolution aus dem Fürstentum Lippe ein Freistaat und die Bibliothek zur Landesbibliothek, auch dies eine Veränderung, die die Detmolder Bibliothek mit vielen Regionalbibliotheken teilt. Als 1947 der Freistaat Lippe zum dritten Landesteil des neu geschaffenen Bundeslandes Nordrhein-Westfalen wird, einigen sich die Länder Lippe und Nordrhein-Westfalen darauf, das lippische Landesvermögen zum Nutzen der lippischen Bevölkerung durch eine neu zu schaffende Körperschaft des öffentlichen Rechts, den „Landesverband Lippe“, verwalten zu lassen.[2] Seit 1949 ist daher die Detmolder Bibliothek als Teil dieses früheren Landesvermögens eine Landesbibliothek ohne Land, getragen vom Landesverband Lippe mit Unterstützung des Landes Nordrhein-Westfalen auf gesetzlicher Grundlage. Bis zur Gründung der Hochschulen Bielefeld (1969) und Paderborn (1972) war die Detmolder Bibliothek die einzige öffentliche wissenschaftliche Bibliothek in der Region Ostwestfalen-Lippe, und sie hat, im Unterschied beispielsweise zur ULB Münster, keine Bestandsverluste im Zweiten Weltkrieg hinnehmen müssen. Heute ist die Lippische Landesbibliothek ihrem Auftrag und Selbstverständnis nach eine wissenschaftliche Universalbibliothek mit geisteswissenschaftlichen und -geschichtlichen Schwerpunkten und bedeutenden Sondersammlungen, die die Region Ostwestfalen-Lippe mit aktueller wissenschaftlicher Literatur und Information versorgt und – im Verein mit anderen Institutionen des kulturellen Gedächtnisses wie dem Landesarchiv Nordrhein-Westfalen Abteilung Ostwestfalen-Lippe und dem Lippischen Landesmuseum – das kulturelle Erbe Lippes sammelt, erschließt und dauerhaft zugänglich macht.
Dies könnte für die Bibliothek eine komfortable Situation sein. Insbesondere die Tatsache, dass der Geldgeber, der Landesverband Lippe, sich nicht aus Steuergeldern finanziert, sondern stattdessen aus Grund- und Forstbesitz sowie aus Kapitalanlagen eigene Einnahmen erzielt, hat der Detmolder Bibliothek die Teilnahme an Sparrunden im Land NRW „erspart“. Aber obwohl der Landesverband Lippe als Vermögensverwaltung jüngst vom Fachmagazin Elite Report zur „Elite der kommunalen Vermögensverwalter 2013“ gezählt wurde,[3] klafft auch bei ihm seit einigen Jahren eine Lücke zwischen den erzielten Einnahmen und den tatsächlich von ihm zur Finanzierung der übernommenen Aufgaben benötigten Gelder. Die Detmolder Bibliothek sieht sich daher verstärkt unter Druck. 2002/2003 nahm die berüchtigte Unternehmensberatung McKinsey den Landesverband unter die Lupe. Die daraufhin beschlossenen Sparmaßnahmen – in der Bibliothek mit Stellenstreichungen verbunden – brachten nur kurzfristige Entlastung, da der Landesverband Ende der 2000er Jahre zusätzliche kulturelle Aufgaben übernahm, ohne sich neue Einnahmequellen zu erschließen. Die Folgen waren dramatisch: 2012 wurde u. a. der Erwerbungsetat um mehr als ein Drittel gekürzt und hat sich seitdem nicht erholt; schon seit 2009 werden vakante Stellen nicht wieder besetzt. Zwar ist einerseits die Landesbibliothek für den Landesverband Lippe keine „freiwillige Leistung“ (wie etwa öffentliche Bibliotheken für ihre kommunalen Unterhaltsträger), andererseits aber hat die Lippische Landesbibliothek als Bibliothek ohne primäre Nutzergruppe den Sparinteressen des Geldgebers aus eigener Kraft keine wirksamen Argumente entgegenzusetzen.
2 Mögliche Strategien
Die Situation ist also seit mehr als einem Jahrzehnt keineswegs komfortabel zu nennen und die Frage stellt sich eindringlich, wie am besten auf den zunehmenden Spar- und Rechtfertigungsdruck zu reagieren wäre. In der Bibliothekswelt sind in den letzten Jahren – von den betroffenen Institutionen nicht immer freiwillig – unterschiedliche Wege beschritten worden. Kostenreduktion kann z. B. durch die Aufgabe von Funktionen und/oder durch die Abgabe von Sammlungsbeständen erreicht werden; die Stadtbibliothek Mainz ist sicher das bekannteste Beispiel. Andere Bibliotheken haben neue Funktionen übernommen oder Stärken entwickelt und ausgebaut.[4] Hierfür spielt oft die Zusammenarbeit mit neuen Partnern eine Rolle. Vielleicht ist die Entwicklung der Landesbibliothek Eutin zur Forschungsbibliothek dafür ein passendes Beispiel.
Die von der Landesbibliothek in Detmold gewählte Strategie ist – wie oft in solchen Fällen – ebenso sehr ein Produkt bewusster, zielstrebiger Arbeit wie ein Ergebnis förderlicher Gegebenheiten vor Ort. Die Leitung der Bibliothek ist bereits seit den 1990er Jahren, offensiv spätestens seit der McKinsey-Analyse auf der Suche nach strategischen bibliothekarischen Partnerschaften: Erstens wird die Zusammenarbeit mit anderen Bibliotheken die eigene Nutzerbasis vergrößern. Zweitens gewinnt die Bibliothek in den jeweiligen Partnern bzw. deren Trägern vom eigenen Finanzier unabhängige Fürsprecher, bei geeigneter rechtlicher Ausgestaltung der Zusammenarbeit sogar mit bestimmten Rechten. Drittens besteht für die Bibliothek die Möglichkeit der Kostenreduktion oder Einnahmenverbesserung durch Synergieeffekte.
Schlägt man das Jahrbuch der Deutschen Bibliotheken 64 (2011/2012) auf, so enthält der Abschnitt Detmold drei Einträge: neben der Landesbibliothek (Nr. 147) die „Bibliothek der Hochschule für Musik Detmold“ (Nr. 148) und die „Theologische Bibliothek und Religionspädagogische Mediothek“ der Lippischen Landeskirche (Nr. 149). Dies sind, neben der Detmolder Stadtbücherei und der Bibliothek der Fachhochschule OWL, die einen Standort in Detmold hat, die möglichen Partner einer bibliothekarischen Zusammenarbeit. Die Bibliothek der Fachhochschule taucht in meiner Übersicht nur der Vollständigkeit halber auf; die mögliche Zusammenarbeit wurde bereits bei der Gründung der Fachhochschule in den 1970er Jahren verworfen. Für eine Zusammenarbeit mit der Stadtbücherei gab es vor gut einem Jahrzehnt bereits mit der Stadt intensive Gespräche und bibliotheksseitig konkrete Vorstellungen, die sich jedoch aus vielerlei Gründen nicht umsetzen ließen.
An den Gesprächen mit der Stadt Detmold war seinerzeit schon die Lippische Landeskirche beteiligt. Mit dem Rückzug der Stadt verlor diese zunächst ihr Interesse, doch das gedankliche Modell eines „Bibliothekszentrums“ dreier unterschiedlicher Bibliotheken (Landesbibliothek, Stadtbücherei, Kirchliche Bibliothek) unter dem Dach und der Führung der Landesbibliothek war damit schon geboren.[5] Gedankenspiele wurden seit 2005 durch eine besondere räumliche Situation begünstigt: denn mit dem ehemaligen Kreiswehrersatzamt stand das der Landesbibliothek benachbarte Gebäude an der Hornschen Straße leer, genug Platz also für Expansionspläne.
3 Fusion mit der Theologischen Bibliothek
Die Lippische Landeskirche ist mit rund 175.000 Mitgliedern die drittkleinste Landeskirche der EKD. Wie andere kleine Landeskirchen steht sie seit Längerem vor der Frage, wie sie bei sinkenden Einnahmen ihre Aufgaben finanzieren bzw. von welchen Aufgaben sie sich trennen soll. Die eigene „Theologische Bibliothek und Mediothek“ stand damit in ihrer Existenz zur Debatte. Gegründet worden war die „Theologische Bibliothek der Lippischen Landeskirche“ 1938 als Studienbibliothek vom ehemaligen Landessuperintendenten Lippes, Wilhelm Neuser.[6] Im Jahre 2000 wurde sie mit der Anfang der 1970er Jahre gegründeten Religionspädagogischen Mediothek des Schulreferates der Lippischen Landeskirche in einem Gebäude vereinigt.
Anstatt die Bibliothek aufzulösen oder ihre Bestände an eine benachbarte Landeskirche abzugeben, suchte die Lippische Landeskirche nach einer Lösung, die die Medien und den Zugang zu ihnen in der Region erhalten würde. Damit kam nur die Fusion der Kirchlichen Bibliothek mit der Lippischen Landesbibliothek in Frage. Die Landeskirche hatte dabei die Betriebskosten nach eigenem Vermögen schon kräftig zusammengestrichen. Die Öffnungszeiten der Bibliothek waren bereits auf 17 Wochenstunden gekürzt; das Personal auf eine Diplom-Bibliothekarin mit 25 Wochenstunden und eine Verwaltungskraft reduziert (einige Personen arbeiteten ehrenamtlich mit). Die Bibliothek und Mediothek haben einen geschätzten Medienbestand zwischen 100.000 und 130.000 Medien, davon waren etwa 60.000 elektronisch erfasst und in einem Bibliotheca-Lokalsystem nachgewiesen. Der Erwerbungsetat lag 2012 bei 26.000 Euro.
Vor diesem Hintergrund wurden die Gespräche zwischen Landeskirche und Landesbibliothek 2008 wieder aufgenommen. Für einige Stimmen – insbesondere der Förderverein der Theologischen Bibliothek trat mehrfach als erklärter Gegner der Bibliotheksfusion auf – wirkte der Beginn der Gespräche als Versuch der „feindlichen Übernahme“ der „Theologischen Bibliothek mit ihren millionenschweren (!) Schätzen“[7] durch die Landesbibliothek; davon kann bei Lichte besehen keine Rede sein. Die Synode der Lippischen Landeskirche teilte stattdessen die Sicht der Landesbibliothek, die sich als verantwortungsbewusste Wahrerin des kulturell-literarischen Erbes in Lippe versteht, und beschloss im November 2009 die Bibliotheksfusion.[8] Sie wurde im Februar 2013 zwischen Landesverband und Landeskirche vertraglich besiegelt. Es folgten der Umzug der kirchlichen Bestände in die Landesbibliothek im Juni 2013 und die Migration der Katalogdaten, die zum 31.12.2013 beendet werden konnte. Doch damit hat die Arbeit der Integration der Theologischen Bibliothek und Mediothek in die Landesbibliothek eigentlich erst begonnen. Neben der Fortführung der Retrokatalogisierung wird die Abteilung Medienbearbeitung auf Jahre hinaus mit der Aussonderung und Verwertung der Dubletten beschäftigt sein, da die automatische Erkennung bei der Datenmigration nur etwa ein Zehntel der erwarteten Zahl ermittelt hat. (Dies mag z. T. daran liegen, dass die Theologische Bibliothek sich ohne Verbundmitgliedschaft eigene Konventionen leisten konnte, während die Lippische Landesbibliothek seit 1992 Teil des HBZ-Verbundes ist.)
Jedem bibliothekarischen Fachmann ist klar, dass die pure Übernahme von Beständen keine wirtschaftlich positiven Folgen für die übernehmende Bibliothek haben kann, seien die übernommenen Bestände nun materiell und ideell wertvoll oder nicht. Daher überschrieb die Landeskirche dem Landesverband zwei Immobilien, aus deren Rendite zukünftig Erwerbungen für die Theologische Bibliothek bestritten werden sollen, und beteiligt sich befristet an den Personalkosten der vom Landesverband übernommenen Diplom-Bibliothekarin. So zog einerseits die Erfahrung im Umgang mit dem theologischen und insbesondere dem Mediotheksbestand in die Landesbibliothek mit um, andererseits fällt die Anpassung von überkommenen Verfahrensweisen an die Geschäftsgänge (und Maßstäbe) der Landesbibliothek nicht immer leicht.
Der Öffentlichkeit signalisiert die Landesbibliothek die Übernahme der neuen Aufgabe seit dem 1.9.2013 durch ein überarbeitetes Logo, das die „Theologische Bibliothek“ im Namen trägt. Die Landeskirche berief einen „Bibliotheksbeauftragten“, der den direkten Kontakt zwischen Landeskirchenamt und Landesbibliothek hält, und einen Beirat, besetzt aus Vertretern verschiedener Nutzergruppen der Theologischen Bibliothek, der die „Grundzüge der Erwerbung“ theologischer und religionspädagogischer Medien einvernehmlich mit der Bibliotheksleitung beschließen soll.
Während die Landesbibliothek von Publikumsseite durchaus positive Reaktionen auf die Integration der Theologischen Bibliothek erfährt, gibt es auch kritische Stimmen, die insbesondere die gewohnte, fast vollständige Freihandaufstellung des Bestandes am neuen Standort vermissen. Der Fusionsvertrag sieht immerhin einen räumlichen Anteil der theologischen Bestände am gesamten Freihandbestand der Landesbibliothek von etwa 15 % vor, das entspricht einer Zielgröße von etwa 12.000 Bänden. Doch auch dafür wird die Landesbibliothek erst 2015/2016 Raum haben – als Folge der geplanten Kooperation mit der Hochschule für Musik Detmold.
4 Die Musik-Kooperation
Die ganz aktuelle Idee einer Kooperation zwischen der Hochschule für Musik Detmold (HfM) und der Landesbibliothek nimmt ihren Anfang in einem Gespräch, dass der neue Kanzler der Hochschule bei seinem Antrittsbesuch 2007 mit dem Bibliotheksdirektor führte. Es knüpfte an frühere Überlegungen an, die in die 1980er Jahre zurückreichen. Seit der Gründung der damals noch „Nordwestdeutschen Musikakademie“ genannten Hochschule 1946 fungiert die Landesbibliothek mit ihren ausleihbaren Beständen und ihrer umfangreichen Musiksammlung als ergänzende Ausleihbibliothek für die Angehörigen der Hochschule sowie für die Angehörigen des Musikwissenschaftlichen Seminars der Universität Paderborn, das sich ebenfalls in Detmold befindet. HfM und Seminar arbeiten zusammen; das erlaubt den Musikern die Teilhabe an der Theorie, den Musikwissenschaftlern die Teilhabe an der Praxis. Die HfM kümmert sich für die Uni Paderborn um die räumliche Unterbringung des Musikwissenschaftlichen Seminars. Sowohl die Hochschule als auch das Musikwissenschaftliche Seminar unterhalten je eine eigene Bibliothek, deren Bestände bereits über einen gemeinsamen Katalog recherchierbar sind. Das Musikwissenschaftliche Seminar, untergebracht in einer schönen Gründerzeitvilla, platzt – nicht zuletzt aufgrund seines Erfolgs in der Drittmitteleinwerbung – aus allen Nähten und so ist die HfM auf der Suche nach einer Lösung, die zugleich ihren eigenen gestiegenen räumlichen Bedürfnissen gerecht wird. Das freie Nachbargelände und der umfangreiche Musikbestand der Landesbibliothek laden dazu ein, die Möglichkeiten einer tiefer gehenden Zusammenarbeit auszuloten. 2009 werden die Planungen konkreter. Der Bau- und Liegenschaftsbetrieb des Landes Nordhrein-Westfalen (BLB), der für die HfM deren Liegenschaften betreut, erwirbt das Nachbargrundstück Hornsche Straße 39. Landesbibliothek und HfM sind sich einig, dass eine Zusammenarbeit über eine räumliche Nachbarschaft von Bibliotheken hinausgehen muss: ein Zwischentrakt soll beide Gebäudeensembles verbinden. Das räumliche Zusammenwachsen ist die Voraussetzung für alles Weitere.

Bau- und Liegenschaftsbetrieb des Landes Nordrhein-Westfalen: Visualisierung des Bauprojekts mit dem Neubau der Hochschule für Musik neben dem historischen Hauptgebäude der Landesbibliothek, verbunden durch einen transparenten Zwischentrakt.
Die ursprünglichen Planungen des BLB sahen eine Ertüchtigung des ehemaligen Kreiswehrersatzamtes vor. Wäre es dabei geblieben, hätte der Zwischentrakt unterirdisch errichtet werden müssen, um eine mit der Denkmalpflege vereinbare Verbindung zum historischen Hauptgebäude der Landesbibliothek zu schaffen. Glücklicherweise scheiterte dieser ehrgeizige Entwurf nicht nur an den Kosten, sondern auch an der mangelnden Flexibilität des Bestandsgebäudes gegenüber den wachsenden Anforderungen der HfM. Inzwischen soll das Gebäude nicht nur die beiden Institutsbibliotheken (mit derzeit rund 140.000 Medieneinheiten), sondern auch die Wissenschaftler des Musikwissenschaftlichen Seminars und Übungsräume aufnehmen sowie Raum für Veranstaltungen bieten. Entsprechend wird ab 2011 vom BLB neu geplant; Eckpfeiler des Konzepts sind nun der Abriss des Bestandsgebäudes Hornsche Straße 39, ein Neubau an gleicher Stelle und die Schaffung eines oberirdischen, transparenten Zwischentraktes, der den Westeingang des Hauptgebäudes der Landesbibliothek mit dem Neubau verbindet. Bis Mitte 2013 arbeiten die Beteiligten an einem Pflichtenheft für den vom BLB zu beauftragenden Generalunternehmer. Die Landesbibliothek profitiert hier davon, dass ihr Geldgeber eine eigene Abteilung „Technisches Immobilienmanagement“ besitzt, die von einem Architekten, seit 2014 von einer Architektin geleitet wird. Baubeginn ist am 11. April 2014; der BLB möchte das fertige Gebäudeensemble im Sommer 2015 zur Nutzung übergeben.
Ziel der Kooperation ist es, Nutzerinnen und Nutzern der beteiligten Bibliotheken eine einheitliche Benutzungserfahrung zu ermöglichen, ohne die eigene Identität der Partner aufzugeben. Die Katalogdaten der HfM und MuWi werden in das Lokalsystem der Landesbibliothek migrieren als Voraussetzung für einen gemeinsamen Katalog und eine gemeinsame Benutzer- und Ausleihverwaltung. Die Medienetats bleiben getrennt über einzurichtende Mandanten im gemeinsam genutzten Erwerbungssystem. Die Dienstzeiten an der Ortsleihe, im zukünftigen Zwischentrakt erste Anlaufstelle für das Publikum, werden geteilt, so dass sich hier ein Einspareffekt ergibt, der die gewünschten längeren Öffnungszeiten allerdings nicht vollständig gegenfinanziert.
Für die Partner in spe ist von Bedeutung, dass sich die Nutzungsbedingungen für ihre jeweiligen Nutzerinnen und Nutzer nicht verschlechtern. Bisher war die MuWi-Bibliothek für die Lehrenden des Seminars 24 Stunden am Tag zugänglich; technisch ist dieses Privileg im Neubau wohl nur mit RFID-etikettierten Medien und einer Selbstverbuchungsanlage für privilegierte Benutzer umzusetzen.
Für die Landesbibliothek steht außerdem die Vermischung der Bestände im Vordergrund. Die disziplinäre Beschränkung von HfM und MuWi legt es nahe, alle musikbezogenen ausleihbaren Bestände im Neubau der HfM zu konzentrieren, auch die der Landesbibliothek. Umgekehrt kann die Landesbibliothek künftig die nicht-musikbezogenen Bestände insbesondere der musikwissenschaftlichen Institutsbibliothek aufnehmen. Die Landesbibliothek bringt überdies Lesesaal, Magazin und Fernleihe, Buchbinderei, IT-Infrastruktur, Digitalisierungsstelle als Dienstleistungen in die Partnerschaft ein.
Die Einzelheiten der Zusammenarbeit müssen nun 2014/2015 zwischen den Partnern ausbuchstabiert und in unterschiedlicher Form, z. B. in einer gemeinsamen Benutzungs- und Gebührenordnung sowie vertraglich festgelegt werden.
5 Ausblick
Zu diesem Zeitpunkt lässt sich noch kein wertendes Fazit ziehen. Die Integration der Theologischen Bibliothek ist kein einmaliger, rasch abgeschlossener Akt, sondern eine Daueraufgabe. Die Kooperation mit den Musikbibliotheken muss noch vertraglich vereinbart werden. Die Landesbibliothek hat sich damit in Partnerschaften begeben, die ihr weitere Pflichten zuwachsen lassen; ihnen wird sie nur gerecht werden können, wenn der Geldgeber die Überzeugung teilt, dass sich hier zu investieren lohnt. Aus Nutzersicht dürfte die Zusammenarbeit in jedem Fall ein Gewinn werden. Hier spielt mit der glücklichen räumlichen Situation ein weiterer Faktor eine Rolle. In unmittelbarer Nachbarschaft befindet sich mit dem Landesarchiv NRW Abteilung Ostwestfalen-Lippe eine weitere wissenschaftlich arbeitende Institution, die wie die Landesbibliothek regional-historisch interessiertes Publikum hat.[9] Unterstützt durch die Umgestaltung des Außengeländes liegt es nahe, die bloße Nachbarschaft in eine produktive Nähe umzuwandeln, gemeinsame Ideen zu entwickeln und Projekte anzugehen. In der Diktion von HfM, Landesbibliothek und Landesarchiv heißt dieser Gedanke „Wissenschaftscampus“. Ein erster Schritt ist dazu schon gemacht mit dem musikwissenschaftlichen Projekt der Tiefenerschließung von historischen Dokumenten zur Fürstlichen Hofkapelle in Detmold aus dem Bestand des Landesarchivs und der Landesbibliothek.
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Dr. Joachim Eberhardt
Dr. Joachim Eberhardt: eberhardt@llb-detmold.de
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