Zusammenfassung:
Jede/r dritte Berliner/in über 14 Jahre ist aktive/r Nutzer/in den Öffentlichen Bibliotheken Berlins. In einer repräsentativen Stichprobe der Berliner Bevölkerung sind über 2.000 Berliner und Berlinerinnen zu Nutzungsmotiven und Zufriedenheit mit den Öffentlichen Bibliotheken in Berlin befragt worden. Weiterhin sind in 68 Bibliothekseinrichtungen über 14.000 aktive Bibliotheksnutzer/innen vor Ort und online nach ihren Nutzungsmotiven, Aktivitäten in der Bibliothek und ihrer Zufriedenheit mit Medienbereitstellung, Veranstaltungen, Räumlichkeiten und der IT-Infrastruktur befragt worden.
Abstract:
One third of the Berlin inhabitants above the age of 14 actively use Berlin’s public libraries. For a representative spot check of the Berlin population, more than 2,000 men and women were questioned about their motives to use the public libraries in Berlin and their satisfaction with what they found. In addition, more than 14,000 active library users were questioned online and in 68 library institutions concerning their motives of use and activities in the libraries and their satisfaction with media availability, events, rooms and the IT infrastructure.
1 Einleitung
Öffentliche Bibliotheken in der Informationsgesellschaft stehen besonderen Herausforderungen gegenüber, denn die Nachfrage nach ihren Medien- und Informationsdienstleistungen befindet sich im Wandel.
Neben dem medialen Umfeld hat sich zudem die Berliner Bevölkerung in den 25 Jahren nach dem Mauerfall stark verändert. So stellte sich zunächst die Frage, inwieweit die Öffentlichen Bibliotheken ihrer Aufgabe gerecht werden, einen niedrigschwelligen Zugang für breite Schichten der Bevölkerung zu gewährleisten. Oder haben sie – wie Emil Jaeschke prognostizierte – eine neue Funktion bekommen: „Die alte Volksbibliothek war eine Wohltätigkeits- die moderne ist eine Bildungsanstalt und erhebt den Anspruch gleichwie ähnliche Institute, Schulen und dergleichen behandelt und gewertet zu werden. Aus anderem Geist geboren, strebt sie auch anderen Zielen zu. Sie stellt sich zunächst in den Dienst der allgemeinen Bildung, ebenso wie unsere wissenschaftlichen Bibliotheken in der Gelehrsamkeit, der gelehrten Forschung. Ihr Wirkungskreis ist also sehr groß, weiter wohl als irgend einer anderen Bildungsanstalt.“[1]
Diese Vision hat sich in vielen Ländern bewahrheitet. Auch wenn in Deutschland nach wie vor neidisch auf das Bibliotheksgesetz in den skandinavischen Ländern geblickt wird, erleben wir in den Öffentlichen Bibliotheken eine starke Nachfrage nach Bildungsangeboten. Dennoch wird heute zunehmend die Frage gestellt, ob in Anbetracht des Angebots im Internet durch z. B. Google und Wikipedia, der Bürger noch Öffentliche Bibliotheken braucht. Die Frage lässt aufhorchen, sie macht deutlich, dass der Stellenwert der Öffentlichen Bibliothek grundlegend hinterfragt wird. Auch die vielen Möglichkeiten, sich mittels mobiler Anwendungen zu informieren, haben die Ansprüche der Bibliotheksnutzer[2] an Verfügbarkeit, Beratung und Medienangebote verändert. Und wenn vor einem Jahrzehnt der Bibliotheksnutzer mehrere Tage darauf warten musste, bis ein bestelltes Buch per Fernleihe zur Verfügung stand, gelten heute die Lieferzeiten im Online-Versand als Standard – und das sind 24 Stunden.
Vor diesem Hintergrund haben die Öffentlichen Bibliotheken Berlins beschlossen, diesen Anforderungen mit neuen Strategien, Maßnahmen und Angeboten zu begegnen. Als Vorbild haben sich Bibliotheken die Berliner Kultureinrichtungen genommen. Vor zehn Jahren begannen die Berliner Museen und Bühnen ein landesweites Kulturmonitoring (Projekt KULMON) einzurichten. Hierbei wurden umfangreiche Informationen über die Besucher und die Nutzung der Angebote der Kultureinrichtungen gesammelt. Die Auswertung und Analyse dienten als Grundlage für erhebliche Anpassungen, die sich auch in der Zusammenarbeit der Kultureinrichtungen untereinander manifestierte. Das erfolgreiche Projekt stand somit als Leitmodell für die Berliner Öffentlichen Bibliotheken.
Die Bibliotheksleiter der Bezirke und der Zentral- und Landesbibliothek Berlin (ZLB) haben sich daraufhin verständigt, dass die ZLB als Projektträgerin in Kooperation mit den Bezirksbibliotheken ein Monitoringprojekt zur kontinuierlichen, quantitativen und qualitativen Analyse des Besucheraufkommens in den Berliner Öffentlichen Bibliothekseinrichtungen durchführt.[3] Im Jahre 2012 startete das mit EFRE-Mitteln finanzierte Projekt[4] „Nutzungsmonitoring für Bibliotheken“ (Projekt NUMOB).
1.1 Nutzungsmonitoring für die Berliner Öffentlichen Bibliotheken
Ziel des Projektes ist, ein IT-basiertes Monitoringsystem für die Berliner Öffentlichen Bibliotheken zu entwickeln, zu erproben, in Betrieb zu nehmen und nach erfolgter Inbetriebnahme zu evaluieren.
Hierbei stellen Nutzerbedürfnisse und -gewohnheiten die Grundlage für zukünftige Bibliotheksstrategien und konkrete Maßnahmen. Dieser „bottom up“-Ansatz impliziert, dass mit Hilfe verlässlicher Informationen und Erkenntnisse über die Nachfrage vorhandener und potentieller Bibliotheksnutzer die Angebote und Dienstleistungen der Öffentlichen Bibliotheken ausgerichtet werden können.
1.2 Die Befragungen
Den Ausgangspunkt für das Nutzungsmonitoring bildet eine Bestandsaufnahme der vorhandenen und potentiellen Bibliotheksnutzer, die mit Hilfe einer landesweiten Bevölkerungsumfrage durchgeführt worden ist. So sind Berliner Bürger nach ihren Nutzungsgewohnheiten und Einstellungen zu den Öffentlichen Bibliotheken befragt worden. In Ergänzung hierzu sind Bibliotheksnutzer in 68 Bibliothekseinrichtungen zu folgenden Themenbereichen befragt worden (vgl. Abb. 1):

Themen und Inhalte der Nutzerbefragungen (Quelle: NuMoB-Studie).
Die Informationen und Erkenntnisse über Benutzerstruktur, Benutzerbedürfnisse und Zufriedenheit mit dem Bibliotheksangebot bilden den Grundstein für die Entwicklung des Nutzungsmonitorings, welches sowohl die lokalen Bedürfnisse der Bibliotheksnutzer als auch die landesweiten Strategien und Maßnahmen berücksichtigt.
Konkret dienen die Auswertung und Analyse der Befragungsergebnisse dazu
Medien- und Service-Angebote an den Bibliotheksstandort und die Bibliothekseinrichtung anzupassen,
zielgruppenspezifische Angebots- und Marketingmaßnahmen zu ergreifen,
Prozessabläufe im operativen Bereich der Bibliothekseinrichtungen zu verbessern,
Legitimationsgrundlage gegenüber Politik, Geldgebern und Sponsoren zu erhalten sowie
die langfristige strategische Ausrichtung der Bibliothekseinrichtungen zu überprüfen.
2 Methodik
Schon im Vorfeld des Projektes wurde deutlich, dass es sich bei dem Vorhaben nicht nur um eine klassische Kundenbefragung handelt, sondern zwingend folgende drei methodische Anforderungen erfüllt sein müssen:
die Perspektive der Nicht-Nutzer soll abgedeckt werden, um im Abgleich die Besonderheiten der Bibliotheksbesucher herauszustellen,
die Stichprobe soll so groß sein, dass die Ergebnisse für einzelne Bezirke und mindestens auch für die großen Bibliotheken repräsentativ sind,
die Befragungen sollen mittels eines IT-Systems operationalisiert werden, das auch in den Folgejahren die kontinuierliche Analyse einzelner Zielgruppen und Bibliotheken erlaubt.
Das Projektvorgehen sah vor, dass die Erhebung der Nicht-Nutzer-Perspektive der Entwicklung des Fragebogens vorgeschaltet ist. Dadurch konnten die Erkenntnisse über die Nicht-Nutzer von Bibliotheken unter der Berliner Bevölkerung für die Entwicklung des Fragebogens genutzt werden. Mit dem Vorliegen der Ergebnisse der Bevölkerungsbefragung wurde in mehreren Workshops an der Entwicklung des Fragebogens gearbeitet. Nach der Erstellung des finalen Instrumentes wurde innerhalb eines anderthalb-monatigen Erhebungszeitraumes eine Stichprobe der Kunden der Öffentlichen Bibliotheken Berlins befragt. Schließlich wurden die Vertreter der Bezirksbibliotheken in einer Schulung mit den Analysemöglichkeiten des Systems vertraut gemacht (vgl. Abb. 2).

Die Befragungsschritte (Quelle: NuMoB-Studie).
2.1 Die Bevölkerungsbefragung
Die Nicht-Nutzerbefragung wurde gemeinsam mit dem Zentrum für empirische Sozialforschung (ZeS) am Institut für Sozialwissenschaften der Humboldt-Universität zu Berlin durchgeführt. Im Erhebungszeitraum September bis November 2013 wurden insgesamt 2.022 Personen nach dem sog. „Gabler-Häder“[5] -Verfahren nach dem „Last-Birthday“-Ansatz telefonisch befragt. Das Gabler-Häder-Verfahren gewährleistet damit zunächst eine repräsentative Auswahl der Berliner Haushalte mit Festnetzanschluss. Repräsentativität auf der Personenebene muss durch einen weiteren zufälligen Auswahlschritt mit Hilfe der sog. „Last-Birthday-Methode“ sichergestellt werden, welche als Standard-Verfahren in der empirischen Sozialforschung gilt. Hierfür wurde die Person des Haushalts als Befragungsperson ausgewählt, die zuletzt Geburtstag hatte und mindestens 14 Jahre alt ist. Die Interviews wurden mehrheitlich von Studierenden der Sozialwissenschaften der Humboldt-Universität durchgeführt, die bereits eine Ausbildung in den Methoden der empirischen Sozialwissenschaften abgeschlossen haben. Angesichts der Tatsache, dass die Durchführung telefonischer Umfragen in den letzten Jahren aus verschiedensten Gründen schwieriger geworden ist, wurde bei der Befragung zur Nutzung der Öffentlichen Bibliotheken eine relativ gute Ausschöpfungsquote erreicht (32 %). Vermutlich haben der klare regionale Bezug des Themas und die Reputation der Humboldt-Universität unter der Berliner Bevölkerung einen positiven Einfluss gehabt. Um eine tatsächliche Repräsentativität der Befragungsergebnisse zu gewährleisten, wurde der Rohdatensatz mittels verschiedener Design- und Redressment-Gewichte aufbereitet, bevor er schließlich durch Ramboll Management Consulting ausgewertet wurde.
2.2 Die Kundenbefragungen
Zwischen November 2013 und Januar 2014 wurden insgesamt über 14.500 Nutzerinnen und Nutzer der Öffentlichen Bibliotheken Berlins befragt. Der Großteil davon – über 13.000 Personen – wurde als sogenannte CAPI-Befragung (Computer Assisted Personal Interview) mit Tablet-PCs direkt vor Ort in den Bibliotheken durchgeführt. Flankiert wurde die Erhebung durch eine parallel geschaltete Online-Erhebung auf der Webseite des Verbundkatalogs der Öffentlichen Bibliotheken Berlins, um auch Nutzerinnen und Nutzer zu erreichen, die (ausschließlich) von den Online-Diensten der Bibliotheken Gebrauch machen. Auf diesem Wege konnten weitere knapp 1.500 Nutzerinnen und Nutzer einbezogen werden.
Die Befragung der Bibliotheksnutzerinnen und -nutzer erfolgte nach einem festgelegten Stichprobenplan. Hierbei wurde die Besucherfrequenz nach Wochentag und Tageszeit als Vorgabe für die Interviewer genutzt.
3 Die Marktanalyse und die Ergebnisse der Bevölkerungsbefragung
Die Befragung der Berliner Bevölkerung zu ihren Interessen bzw. Bedürfnissen bei Angeboten und Dienstleistungen der Berliner Öffentlichen Bibliotheken kommt einer Marktanalyse gleich. Die Ergebnisse liefern wichtige Hinweise sowohl zu den Zielgruppen als auch den potentiellen Zielgruppen im Hinblick auf ihre Akzeptanz von und ihre Zufriedenheit mit den Öffentlichen Bibliotheken Berlins. Zudem weisen sie auf Faktoren hin, die die Besucherhäufigkeit und Nutzerzufriedenheit beeinflussen. Die Analyse der Ergebnisse bietet daher die Grundlage für strategische Entscheidungen und operative Maßnahmen zu einer möglichst bedarfsgerechten Anpassung der Angebote und Dienstleistungen für die Berliner Bevölkerung.
Grundsätzlich erfreuen sich die Bibliotheken in Berlin großer Beliebtheit: 44 % der Berlinerinnen und Berliner haben in den letzten zwölf Monaten eine Bibliothek besucht. Die Öffentlichen Bibliotheken Berlins spielen dabei die zentrale Rolle, sie werden von 33 % der Berlinerinnen und Berliner genutzt. Damit unterscheidet sich die Berliner Bevölkerung kaum von der bundesdeutschen Bevölkerung: Die Studie des Deutschen Bibliotheksverbandes (dbv) aus dem Jahr 2012 zeigt, dass 29 % der Bevölkerung eine öffentliche Bibliothek in den letzten zwölf Monaten besucht haben.[6]
Für eine überwältigende Mehrheit der Berliner Bevölkerung gehören die Öffentlichen Bibliotheken zur „Grundversorgung“: Auf die Frage „Was denken Sie, braucht man heute noch eine Öffentliche Bibliothek?“ antworten 96 % der Bibliotheksnutzer sowie auch 90 % der Nicht-Nutzer mit „Ja“.
Öffentliche Bibliotheken erreichen Nutzer aus allen Alters- und Bildungsschichten. Die Nutzer Öffentlicher Bibliotheken sind jedoch jünger und verfügen über einen höheren Bildungsabschluss als der Berliner Durchschnitt. Jeder dritte Nutzer der Öffentlichen Bibliotheken ist Schülerin bzw. Schüler oder Studentin bzw. Student. Gleichwohl sind die Nutzer im Vergleich zum Durchschnitt der Berliner Bevölkerung häufiger erwerbstätig.
Weiterhin zeigen die Ergebnisse der Bevölkerungsbefragung deutlich, dass die Öffentlichen Bibliotheken die Bibliotheksnutzer in ihrer gesamten Biographie begleiten (vgl. Abb. 3).

Nutzung Öffentlicher Bibliotheken nach Tätigkeit (Quelle: Bevölkerungsbefragung NUMOB 2013, Repräsentative Stichprobe der Berliner Bevölkerung ab 14 Jahren, N=2022).
Die Besucher Öffentlicher Bibliotheken zeichnen sich im Vergleich zu Bibliotheks-Nicht-Nutzern insbesondere durch eine aktive Freizeitgestaltung aus. Bibliotheken werden zusätzlich zu anderen Kultur- und Freizeitangeboten genutzt und stehen nicht in Konkurrenz zu diesen. Neben Sportaktivitäten und Hobbys stehen Unternehmungen mit Kindern im Vordergrund der Freizeitgestaltung. Daneben spielt auch der Bereich Aus- und Weiterbildung für die Nutzer Öffentlicher Bibliotheken eine wichtige Rolle.
Auch im Hinblick auf die Mediennutzung unterscheiden sich die Bibliotheksnutzer deutlich von den Nicht-Nutzern. Das trifft insbesondere für den Gebrauch von gedruckten oder elektronischen Büchern und die Nutzung des Internets zu. Es wird auch deutlich, dass die Nutzer Öffentlicher Bibliotheken in hohem Maße Multi-Media-User sind. Sie verfügen entsprechend überdurchschnittlich häufig über einen Internetanschluss und die benötigten Endgeräte wie Notebook, Smartphone oder Tablet-PC.
Die Ergebnisse der Bevölkerungsbefragung unterstreichen auch die Bedeutung des frühen Heranführens an die Bibliothek und die Bibliotheksangebote: Eltern, die mit ihren Kindern die Bibliothek aufsuchen, sind zugleich, ähnlich wie Kindertagesstätten und Schulen, wichtige Impulsgeber für eine spätere dauerhafte Nutzung der Öffentlichen Bibliotheken. So gibt fast jeder zweite aktive Bibliotheksnutzer an, in Begleitung von Eltern bzw. Kindergarten oder Schule die Bibliothek besucht zu haben. Hingegen hat die überwiegende Mehrheit der Berlinerinnen und Berliner, welche die Öffentlichen Bibliotheken nicht mehr besucht, diese allein kennengelernt.
Wichtige Anhaltspunkte für eine gezielte Anpassung der Dienstleistungen und Angebote an die Interessen und Bedürfnisse aktiver und nicht mehr aktiver Bibliotheksnutzer liefert schließlich die Nennung von Maßnahmen, mit denen die Bibliotheken ihre Nutzer an sich binden bzw. zurückgewinnen können. Eine deutliche Mehrheit der aktiven und nicht mehr aktiven Bibliotheksnutzer kritisiert die Aktualität der Medientitel und die Räumlichkeiten und wünscht sich mehr Veranstaltungen sowie Ausstellungen für Personen in ihrem Alter. Die befragten Bibliotheksnutzer weisen zudem auf Maßnahmen hin, welche für die Öffentlichen Bibliotheken zu einer Erhöhung der Besucherzahlen führen können. Es handelt sich hauptsächlich um Standort- und Zugänglichkeitsfaktoren wie Erreichbarkeit, zügige Medienausleihe und veränderte Öffnungszeiten.
4 Die Ergebnisse der Nutzungsbefragung
Was charakterisiert die Nutzergruppen von Öffentlichen Bibliotheken? Zunächst kann festgehalten werden, dass die Nutzerschaft der Öffentlichen Bibliotheken hinsichtlich Alter, Bildungshintergrund, Geschlecht und Herkunft bunt gemischt ist.
Die Öffentlichen Bibliotheken erreichen Nutzer aus allen Altersgruppen. Der Großteil der Nutzer ist zwischen 30 und 49 Jahren alt. Bei Jüngeren und Älteren sind die Bibliotheken gleichermaßen beliebt: 28 % der Nutzer sind unter 30 Jahre alt, 32 % sind 50 Jahre oder älter.
Im Vergleich zur Berliner Bevölkerung insgesamt sind die Nutzer überdurchschnittlich gut gebildet. 43 % haben ein abgeschlossenes Studium, weitere 21 % haben die Hochschulreife erreicht. Es wurden im Rahmen des Nutzermonitorings jedoch auch Nutzer mit Haupt- und Realschulabschluss erreicht. In der Gruppe der Nutzer ohne Abschluss (7 %) befinden sich größtenteils Schülerinnen und Schüler ohne einen ersten allgemeinbildenenden Schulabschluss.
Gut jeder fünfte Nutzer der Öffentlichen Bibliotheken hat einen Migrationshintergrund.
Deutlich mehr Frauen als Männer nutzen die Öffentlichen Bibliotheken, knapp zwei Drittel der Besucherschaft sind weiblich.
Aus welchen Gründen besuchen nun die Berlinerinnen und Berliner die Öffentliche Bibliothek? Es zeigt sich, dass die Motive der Nutzer für einen Bibliotheksbesuch vielseitig sind (Abb. 4).

Gründe der Bibliotheksnutzung (Quelle: Bevölkerungsbefragung NUMOB 2013, Repräsentative Stichprobe der Berliner Bevölkerung ab 14 Jahren, N=2022).
Eine wichtige Funktion nehmen die Öffentlichen Bibliotheken im Bereich der Freizeitgestaltung ein. Diesen Besuchsgrund geben 64 % der Nutzer an. So bieten die Medienangebote der Bibliotheken beispielsweise die Möglichkeit, sich in Bezug auf betriebene Hobbys Wissen anzueignen oder zu vertiefen. Dezidiert auf der Suche nach Entspannung und Unterhaltung führt es 42 % der Nutzer in die Bibliothek. Die Bibliotheken werden auch für ihre Angebote für Kinder geschätzt. So geben 22 % der Besucher an, mit bzw. aufgrund ihrer Kinder die Bibliothek aufzusuchen.
Jenseits der Motive im privaten Bereich nehmen die Angebote der Öffentlichen Bibliotheken auch eine wichtige Funktion im Zusammenhang mit Schule, Beruf und Ausbildung ein. So nennen zusammengenommen 46 % der Nutzer Beruf, Aus- und Weiterbildung, Schule oder Studium als Gründe des Bibliotheksbesuchs.
Die Bibliotheken halten die passenden Angebote in jedem Lebensalter bzw. für jede Lebenslage bereit. Dies spiegelt sich in den Schwerpunkten der Motive für den Bibliotheksbesuch unterschiedlicher Teilgruppen wider.
Insbesondere im Bereich der schulischen und berufsbezogenen Bildung lässt sich die wichtige Rolle der Bibliotheken in unterschiedlichen biografischen Phasen nachzeichnen: Bei den unter 18-Jährigen bzw. Schülerinnen und Schülern ist die Nutzung der Angebote im Zusammenhang mit der Schule mit Abstand der wichtigste Besuchsgrund (74 %). Bei den 19- bis 29-Jährigen spielt die studienbezogene Nutzung mit 42 % eine große Rolle. In der Gruppe der 30- bis 49-jährigen sowie der 50- bis 64-Jährigen gibt es hingegen die meisten Nennungen des Bereichs Beruf, Aus- und Weiterbildung.
Eine besondere Rolle spielen die Bereiche Schule, Studium und Nutzung des Internets für Nutzer mit Migrationshintergrund (vgl. den Beitrag von Schank/Nestlinger im vorliegenden Heft).
Zuletzt hat das Ergebnis auf die Frage nach der Bedeutung der Angebote der Bibliothek überrascht. Gefragt wurde, wie wichtig verschiedene Dienstleistungen der Bibliothek in den Augen der Nutzer sind.[7] Das Ergebnis macht deutlich, dass die persönliche Beratung und die bibliothekarischen Fachkenntnisse in der Informationsversorgung nicht durch Google und Wikipedia ersetzbar sind (vgl. Abb. 5). Für die Bibliotheksnutzer wird die persönliche Beratung am häufigsten genannt, gefolgt von „längeren Öffnungszeiten“ und „die Bibliothek als Lern- und Arbeitsort“.

Wichtigkeit von Bibliotheksangeboten (Quelle: Nutzungsbefragung NUMOB 2014, Repräsentative Stichprobe der Nutzer/innen der Berliner Öffentlichen Bibliotheken, N=14.352).
Sechs von zehn Nutzern der Öffentlichen Bibliotheken ist die persönliche Beratung durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bibliothek besonders wichtig. Dies bedeutet nicht, dass die Nutzer technischen Neuerungen gegenüber abgeneigt sind, im Gegenteil: Die in den letzten Jahren in Berlin flächendeckend eingeführten Selbstbedienungsmöglichkeiten mit Hilfe der RFID-Technik und den Selbstverbuchungsautomaten genießen eine hohe Akzeptanz.
Aber auch die ausgeprägt positiven Bewertungen hinsichtlich der Kompetenz in der persönlichen Beratung, der Hilfsbereitschaft, der Freundlichkeit und der Aufmerksamkeit des Personals verpflichten. Diese beiden Befragungsergebnisse unterstreichen die Bedeutung der bibliothekarischen Kernkompetenz für die Informationsversorgung breiter Bevölkerungsschichten. Diese Kompetenz und Qualität der Beratung durch Bibliothekare und fachkompetente Bibliotheksmitarbeiter gilt es zu erhalten und auszubauen.
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Dr. Charlotta Hardtke-Flodell

Thomas Puchta
Dr. Charlotta Hardtke-Flodell: charlotta.hardtke-flodell@zlb.de
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