Zusammenfassung:
Wissen und Information werden zunehmend audiovisuell vermittelt. Bibliotheken werden sich als Folge der medientechnologischen Entwicklung zunehmend zu hybriden Mediatheken entwickeln. Der Bestandsaufbau von AV-Medien auf Vervielfältigungsträgern muss für alle Fachbereiche durch den Online-Zugang zu AV-Inhalten ergänzt werden. Um den Zugang zu audiovisuellen Sammlungen, hoch auflösenden Formaten und digitalen audiovisuellen Inhalten per Video-on-Demand zu gewährleisten, sind umfangreiche finanzielle, infrastrukturelle und rechtliche Voraussetzungen zu schaffen. Nur so können Bibliotheken auch in Zukunft ihrer Aufgabe gerecht werden, das Kulturerbe in seiner dynamischen Vielfalt zugänglich zu machen.
Abstract:
Knowledge and information are increasingly imparted audio-visually. Libraries are bound to change into hybrid multimedia libraries as a consequence of the media technological development. All faculties have to be granted an online access to audio-visual contents in addition to the collection of audio-visual media on data carriers. In order to ensure access to audio-visual collections, high-definition formats and digital audio-visual contents via video-on-demand, it is necessary to create extensive financial, infrastructural and legal pre-conditions. This is the only way that libraries will be able to fulfil their function now and in future and to offer access to cultural heritage in its dynamic diversity.
1 Zugang zum audiovisuellen Kulturerbe
Es ist eine Kernaufgabe von Bibliotheken, den Zugang zum Kulturerbe und damit auch zum audiovisuellen Kulturerbe zu gewährleisten. Information und Wissen werden in wachsendem Umfang audiovisuell vermittelt, somit ergibt sich für Bibliotheken die dringende Notwendigkeit, die bewegten Bilder beim Bestandsaufbau entsprechend ihrer Bedeutung angemessen zu berücksichtigen. Im 21. Jahrhundert sind bewegte Bilder allgegenwärtig: Filme sind längst nicht mehr nur im Kino, im Fernsehen oder auf DVD oder Blu-Ray zu sehen, sondern werden online per Video-on-Demand abgerufen und auf Computer, Smart TV oder mobilen Endgeräten gesichtet. Im Zeichen der Medienkonvergenz geht auch im Bereich der elektronischen Publikationen der Trend hin zu multimedialen Editionen und E-Learning unter Einbindung von bewegten Bildern.
Durch den rasanten medientechnologischen Wandel erweitern sich die Zugangsformen und -wege zu bewegten Bildern massiv. Sie sind längst nicht mehr auf physische Trägermedien beschränkt, sondern Filme werden als digitale Kopien per Download bereitgestellt oder per Streaming Video-on-Demand online verfügbar gemacht. Die Bibliotheken sehen sich vor die Herausforderung gestellt, mit dieser extrem dynamischen Entwicklung Schritt zu halten. Die Zugänglichmachung von digitalen audiovisuellen Inhalten – online und offline – berührt ganz zentral den Auftrag der Bibliotheken zur Umsetzung der digitalen Teilhabe, zur Überwindung der digitalen Spaltung und zur Förderung der digitalen Medien- und Informationskompetenzen. Die hybride Bibliothek, die neben gedruckten Publikationen auch elektronische Ressourcen bereitstellt, ist bereits Realität. Im Zuge der Weiterentwicklung der Medien- und Informationstechnologie werden sich Bibliotheken – so die hier vertretene These – zu hybriden Mediatheken wandeln, in der sowohl AV-Medien auf Vervielfältigungsträgern als auch nicht körperliche, audiovisuelle Ressourcen gesammelt, bereitgestellt und vermittelt werden.
Wie sehen die neuen Formen des Zugangs zu bewegten Bildern und damit die neuen Aufgabengebiete in Bibliotheken aus? Im Folgenden werden drei ausgewählte Aspekte des digitalen Zugangs zu Filmen in Bibliotheken vorgestellt:
Bibliotheken digitalisieren ihre audiovisuellen Sammlungen und machen sie nach Klärung der Rechte durch Abspiel vor Ort und durch Ausleihe zugänglich. Sie produzieren auch selbst audiovisuelle Inhalte z. B. in Form von Webcasts und bauen damit systematisch digitale audiovisuelle Sammlungen auf, für deren Langzeitsicherung sie Sorge tragen.
Bibliotheken ermöglichen den Zugang zu Filmen in neuen hoch auflösenden Formaten wie aktuell z. B. Ultra High Definition (UHD) bzw. 4 K. Sie stellen die AV-Medien auf physischen Trägermedien für die Ausleihe nach Hause und für das Abspiel auf Sichtungsplätzen innerhalb der Bibliothek bereit und bieten parallel dazu die Sichtung digitaler Kopien auf mobilen Endgeräten an.
Bibliotheken bauen ihr Angebot des Online-Zugangs zu Filmen stark aus und geben den Nutzern sowohl innerhalb der Räumlichkeiten der Bibliothek als auch von zu Hause (per remote access) Zugang zu einem breiten Angebot von Filmen aller Sparten und Genres über Streaming von Video-on-Demand. Sie verhandeln Lizenzen und schließen im Verbund mit anderen Bibliotheken Konsortialverträge mit Anbietern von Bewegtbild-Inhalten aller Fachbereiche.
Die neuen Zugangswege stellen Bibliotheken vor große Herausforderungen, sowohl was die technische Infrastruktur und die Finanzierung als auch die inhaltliche kuratorische und filmvermittelnde Arbeit bis hin zur Klärung rechtlicher Fragen betrifft. Welche finanziellen, rechtlichen und strukturellen Voraussetzungen die neuen Zugangswege erfordern, soll anhand ausgewählter Beispiele im Folgenden veranschaulicht werden.
2 Audiovisual turn – Aufbau digitaler audiovisueller Sammlungen
Der Aufbau, die Pflege, Zugänglichmachung und Langzeitsicherung von Sammlungen ist ein klassisches Tätigkeitsfeld von Bibliotheken. Wenn auch traditionell in der Vergangenheit Sammlungen von Schriftgut in den Bibliotheken den Schwerpunkt gebildet und die bibliothekarischen Regelwerke und Standards sich am gedruckten Werk orientiert haben, so wurden (und werden) im 20. und 21. Jahrhundert vermehrt bedeutende audiovisuelle Sammlungen in Bibliotheken aufgebaut.
In öffentlichen Bibliotheken zählen die audiovisuellen Medien zu den am stärksten nachgefragten Medien. Im Bereich des E-Learning werden AV-Medien in vielfältiger Weise eingesetzt, die Bandbreite reicht von aufgezeichneten Vorlesungen bis zu Wissenschaftsfilmen und „Video-Trainings“ zum Selbstlernen.[1] Im Sammlungsprofil sowie in der finanziellen, technischen und personellen Ausstattung von Bibliotheken wie auch in den bibliothekarischen Standards hat der „audiovisual turn“ jedoch meist noch nicht angemessen Berücksichtigung gefunden.
Da Information und Wissen in wachsendem Umfang durch bewegte Bilder vermittelt werden, sind sowohl für wissenschaftliche als auch öffentliche Bibliotheken Filme aller Sparten, neben Spielfilmen, Animationsfilmen, Experimentalfilmen und Videokunst insbesondere auch Dokumentar-, Sach- und Lehrfilme für den Bestandsaufbau unverzichtbar.[2] Im Fachbereich Sprache dienen audiovisuelle Medien etwa der Sprach- und Kulturvermittlung. Musikbibliotheken bieten audiovisuelle Opern-, Musiktheater- und Konzertaufführungen, Musikfilme bis hin zu Musikvideos.
In der Medizin sind bildgebende Verfahren von zentraler Bedeutung für die berufliche Praxis. Bewegte Bilder werden z. B. während Operationen, Ultraschall-Untersuchungen oder Endoskopie erzeugt. Lehrfilme spielen auch für die Ausbildung in medizinischen und therapeutischen Berufen eine große Rolle. Eine moderne medizingeschichtliche Bibliothek wie die Wellcome Library in London, Großbritannien, ist nicht ohne audiovisuelle Sammlungen vorstellbar.[3] Diese beinhalten u. a. medizinische Lehrfilme, Filme zur Gesundheitsvorsorge, medizingeschichtliche Fernsehsendungen sowie Filme und Filmsammlungen von Einzelpersonen oder Institutionen wie z. B. der British Medical Association. Seit 2009 werden ausgewählte Materialien der Sammlung digitalisiert und in den meisten Fällen frei online unter einer nicht-kommerziellen Creative-Commons-Lizenz verfügbar gemacht. Die Filme stehen zum Download im .mp4 Format bereit oder können auf dem YouTube-Kanal der Wellcome Library gesichtet werden.[4] In britischen Universitäten und Colleges werden die digitalen Videos auch über JISC MediaHub als Download verfügbar gemacht.[5]
In Deutschland bietet z. B. das AV-Portal der Technischen Universitätsbibliothek Hannover Zugang zu Filmen der Fachbereiche Technik, Architektur, Chemie, Informatik, Mathematik und Physik.[6] Neben originär digitalen audiovisuellen Produktionen machen Bibliotheken über Projekte zur Retrodigitalisierung darüber hinaus bedeutende Sammlungen des audiovisuellen analogen Kulturerbes wieder zugänglich. So gewährt etwa das AV-Portal der Technischen Universitätsbibliothek Hannover Zugang zu digitalisierten AV-Medien aus der Sammlung des Instituts für den Wissenschaftlichen Film (IWF) Göttingen.[7] Die Online-Verfügbarmachung setzt eine umfangreiche Arbeit der Rechteklärung voraus.[8] Darüber hinaus leistet die TIB Hannover mit Hilfe einer automatisierten Videoanalyse der Sprach-, Text- und Bilderkennung einen Beitrag zur Anreicherung der Metadaten zu den Filmen und verbessert damit deren Auffindbarkeit im Netz.[9] Projekte wie das des TIB-AV-Portals weisen auf die Zukunft, in der AV-Inhalte nicht nur online verfügbar gemacht, sondern auch deren Metadaten bereitgestellt und über automatisierte Verfahren generiert werden können.
Eine Form der Eigenproduktion audiovisuellen Erbes durch Gedächtnisinstitutionen ist das Format Webcast z. B. zur Aufzeichnung von Veranstaltungen. Die Bibliotheken treten hierbei selbst als Produzenten der audiovisuellen Inhalte auf, klären die Rechte und bauen eigene audiovisuelle Sammlungen auf. So zeichnet etwa das Forum des Images Paris Veranstaltungen wie Filmgespräche, Meisterklassen, Filmeinführungen und Vorträge auf und macht sie online verfügbar, darunter z. B. die Meisterklasse des Regisseurs Wim Wenders.[10] Indem sie audiovisuelle Aufzeichnungen online stellen, erreichen Bibliotheken potentiell eine weitaus größere Zahl an Besucherinnen und Besuchern im Netz, als dies in einer Veranstaltung vor Ort möglich wäre, und fördern dadurch auch die Internationalisierung der (medien-)bibliothekarischen Vermittlungsarbeit. Gleichzeitig gestattet die Aufzeichnung von Veranstaltungen, die arbeitsintensive Öffentlichkeitsarbeit nachhaltig zu dokumentieren und langfristig zu bewahren.
Viele Bibliotheken nutzen darüber hinaus Plattformen und Kanäle wie den Bibliothekskanal von YouTube (Library Channel), um Eigen-Produktionen einem breiteren Publikum online zugänglich zu machen, so z. B. die Library of Congress[11] oder die Universitätsbibliothek der Technischen Universität München[12] . Die Videos dienen nicht nur der Imagepflege, sondern verbessern auch Sichtbarkeit von Bibliotheken und deren Dienstleistungen und die Wahrnehmung durch eine medienaffine Öffentlichkeit.
3 Neue hoch auflösende Formate und digitale Kopien zum Download
Der medientechnologische Trend geht einerseits zu immer höher auflösenden digitalen Formaten für die Wiedergabe von Filmen (z. B. aktuell 4 K Ultra High Definition – Ultra HD) und anderseits zur Sichtung auf diversen mobilen Endgeräten. Mit den Kaufmedien DVD und Blu-ray-Disc werden mitunter Datenträger wie z. B. Memory-Sticks mitgeliefert, die einen Film im neuen, hoch auflösenden Format Ultra High Definition beinhalten.[13]
Das neue Format des Trägermediums „Ultra HD Blu-ray“ wurde von der Blu-ray Disc Association (BDA) bereits spezifiziert. Die Blu-ray Disc Association kündigte die Veröffentlichung erster 4k Blu-ray Disc-Player und Filme für das Jahresende 2015 an.[14] Für die Bibliotheken stellt sich die Anforderung, die technische Entwicklung zu begleiten, die neuen hoch auflösenden Formate beim Bestandsaufbau und der Erschließung zu berücksichtigen, die Geräte zum Abspiel bereitzustellen und die neuen Technologien den Nutzerinnen und Nutzern zu vermitteln. Die Bibliotheken müssen dabei auch dem Trend zur mobilen Sichtung von Filmen Rechnung tragen und AV-Medien auf mobilen Endgeräten zur Verfügung stellen.
„Jetzt können Sie sich auf allen Ihren Lieblingsgeräten Filme ansehen“ – mit diesem Spruch bewerben die Anbieter des Systems „Ultra Violet“ den Download von digitalen Kopien, die mit dem Erwerb eines Films auf DVD oder Blu-ray kostenfrei in Form von Gutschein-Codes mit der Option eines einmaligen Downloads mitgeliefert werden. Der Kauf des Mediums berechtigt dazu, eine digitale Kopie des Films herunterzuladen, um sie auf mobilen Endgeräten anzusehen.[15] Für Bibliotheken stellt sich jedoch die Frage, wie die rechtliche Situation im Umgang mit digitalen Kopien für Bibliotheken aussieht. Wer darf Zugang zu den digitalen Kopien erhalten? In welcher Form können die digitalen Kopien auf mobilen Geräten zugänglich gemacht werden? Ist dies innerhalb der Räumlichkeiten der Bibliothek möglich? Können die mobilen Endgeräte zusammen mit den digitalen Inhalten außer Haus verliehen werden? Berücksichtigen die geltenden rechtlichen Regelungen die Erfordernisse der Bibliotheken zur Bereitstellung digitaler Kopien von Filmen ausreichend?
Die rasante technische Entwicklung stellt Bibliotheken daher vor enorme Herausforderungen: Sie müssen sowohl die technische Infrastruktur, die Hardware und die Software zum Download und Abspiel der neuen hoch auflösenden Formate und der digitalen Kopien bereitstellen als auch die Server-Kapazität sichern und die rechtlichen Fragen im Zusammenhang mit den neuen Nutzungsformen klären. Außerdem machen es der gegenwärtige Umbruch auf dem Videomarkt und der starke Trend hin zum Online-Zugang dringend erforderlich, Video-on-Demand-Angebote in den Bestandsaufbau Film zu integrieren.
4 Video-on-Demand: kostenfreie und lizenzpflichtige Streaming-Angebote
Die Entwicklung auf dem Videomarkt weist seit einigen Jahren eine enorme Steigerung der Nutzung von Video-on-Demand-Produkten insbesondere (aber nicht nur) bei jüngeren Nutzergruppen aus.[16] Gespräche mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen bestätigen, dass sich das Streaming von Filmen und Fernsehserien großer Beliebtheit erfreut. Um nicht hinter der internationalen Entwicklung zurückzubleiben und wichtige Nutzergruppen nicht zu verlieren, müssen die Bibliotheken in Deutschland Streaming von Filmen in die Palette ihrer Dienstleistungen aufnehmen, vor allem wenn es sich um Filme handelt, die ausschließlich (oder zuerst) online erhältlich sind.
Neben den kommerziellen Angeboten, für die Lizenzen erworben werden müssen, bietet sich für Bibliotheken die Chance und stellt sich zugleich die Notwendigkeit, auch kostenfreie legale Video-on-Demand-Angebote für die Informations- und Wissensvermittlung in kuratierter Form anzubieten und zu vermitteln, darunter z. B. die Mediatheken der öffentlich-rechtlichen Fernsehsender wie ARD, ZDF, 3SAT, ARTE.[17] Diese Anforderung stellt sich insbesondere angesichts der Tatsache, dass in Deutschland im Unterschied zu anderen europäischen Ländern die Archive des über Gebühren finanzierten öffentlich-rechtlichen Fernsehens nicht öffentlich zugänglich sind. In Frankreich hingegen gibt das Institut national de l’audiovisuel (http://www.ina.fr/) freien Zugang zu Tausenden digitalisierter Fernsehsendungen. Diese werden nicht nur für einen eng begrenzten Zeitraum von sieben Tagen zur Verfügung gestellt, wie dies bei den Mediatheken der öffentlich-rechtlichen Fernsehsender in Deutschland der Fall ist, sondern machen die Sendungen nachhaltig und langfristig zugänglich.
Kostenfreien legalen Zugang zu Filmen stellen darüber hinaus diverse Portale zur Verfügung, darunter z. B. das Internet-Archiv https://archive.org/ oder das Studio Mosfilm, das über seine Website http://cinema.mosfilm.ru/ freien Zugang zu russischen und sowjetischen Filmklassikern gewährt. Das Portal „European Film Gateway“ http://www.europeanfilmgateway.eu/de ermöglicht den Zugriff auf mehrere Tausend filmhistorischer Dokumente aus 16 europäischen Filmarchiven und Kinematheken. Unter den Filmen des European Film Gateway finden sich auch Spielfilme. Die Filme aus den Filmarchiven werden von dem Portal European Film Gateway nicht gehostet, sondern es wird auf die Filme verlinkt. Die Kinematheken wiederum nutzen teilweise andere Anbieter, um die Filme über Streaming zugänglich zu machen. So ist der Spielfilm Westfront 1918 von Georg Wilhelm Pabst aus dem Bestand der Deutschen Kinemathek Berlin über die Plattform vimeo.com abrufbar.
Großer Vorteil dieser Angebote ist, dass sie ohne Abgeltung von Lizenzkosten bereitgestellt werden können. Idealerweise werden die Filme der kostenfreien Portale über Discovery-Systeme recherchierbar gemacht, um die leichte Auffindbarkeit der Filme zu gewährleisten.
Neben kostenfrei zugänglichen Plattformen erfreuen sich bei Nutzerinnen und Nutzern die Plattformen kommerzieller Anbieter wachsender Beliebtheit, die Zugang zu einem breiten Angebot an Filmen und Fernsehserien geben, darunter z. B. Maxdome, Amazon Prime Instant Video, Watchever, Apple iTunes, Snap by Sky oder Netflix.[18]
In den meisten Bibliotheken in Deutschland beschränken sich die digitalen Angebote allerdings bislang weitgehend auf E-Books, Audio-Books und Streaming von Musik.[18] Der Bibliotheksausweis als ein „Sesam, öffne dich!“ zum Streaming eines umfangreichen Angebots an Filmen ist daher noch Zukunftsmusik. Das digitale Ausleihportal der divibib GmbH Onleihe http://www.onleihe.net/bietet bislang nur ein geringes Angebot an Filmen. Die Bücherhallen Hamburg machen über den Anbieter Overdrive eine begrenzte Anzahl von Sachfilmen zur Ausleihe über Streaming zugänglich und zählen damit in der deutschen Bibliothekslandschaft zu den Vorreitern.
Hingegen ermöglichen zahlreiche Bibliotheken in den USA längst Zugang zu einem umfangreichen Angebot an Filmen und Fernsehserien über Streaming Video-on-Demand. Die Bibliotheken kooperieren mit Anbietern wie Alexander Street Press, Freegal, Hoopla, Hulu, Indieflix oder Overdrive. Einige dieser Anbieter bieten den Bibliotheken nicht nur die Inhalte selbst, sondern liefern dazu auch Metadaten in standardisierter Form wie Titelaufnahmen als Marc records oder ermöglichen über eine Schnittstelle (API) die Integration der Katalogdaten in den OPAC der Bibliothek, so dass die Ergebnisse bei der Katalogrecherche sichtbar sind.[20]
Um ihren Auftrag zu erfüllen, Zugang zum audiovisuellen Kulturerbe zu geben, sind Bibliotheken verpflichtet, nicht nur Blockbuster-Filme und Mainstream zu bieten, sondern das Kulturerbe Film in der Vielfalt seiner Sparten und Genres zu berücksichtigen, darunter z. B. auch Nischenfilme oder Independent-Produktionen sowie Produkte für Special-Interest-Bereiche.
Ein Beispiel für ein Spartenangebot im Bereich Independent Film ist die von Filmemachern gegründete Plattform Indieflix https://indieflix.com/. Sie bietet Zugang zu mehr als 5.000 Independent Filmen, darunter Kurzfilme, Spielfilme und Dokumentarfilme aus verschiedenen Ländern. Indieflix kooperiert u. a. mit den Filmfestivals Sundance und Cannes. Unter den europäischen Bibliotheken bieten z. B. die Bibliotheken der Metropolenregion Helsinki (Helsinki Metropolitan Area Libraries) ihren Nutzern in der Sektion „eLibrary“ das Streaming von Filmen über Indieflix an.[21]
Das Projekt Doc Alliance http://dafilms.fr/ macht über 1.000 Dokumentarfilme über die Online-Plattform DAFilms.com per Streaming oder Download zugänglich und ist das Ergebnis einer Kooperation von sieben bedeutenden europäischen Dokumentarfilmfestivals: DPH:DOX Copenhagen, Doclisoba, Docs Against Gravity FF, DOK Leipzig, FID Marseille, Jihlava IDFF und Visions du Réel Nyon. Die wachsende Zahl an Filmen, die nach ihrem Festivalstart ausschließlich oder zuerst online verfügbar gemacht werden, offenbart nicht nur den Umbruch in der traditionellen Verwertungskette von Filmen, sondern zeigt auch die Notwendigkeit zur Einrichtung von Streaming-Video-on-Demand-Angeboten, um den Bestandsaufbau nicht auf Filmwerke zu begrenzen, die auf Trägermedien erschienen sind.
Filme zu Kunst und Architektur präsentiert die von Anthony Roland aufgebaute Sammlung Roland Collection http://www.rolandcollection.tv/. Die Sammlung schließt auch das interaktive Filmscape-Programm mit ein, das es ermöglicht, in einzelnen Einstellungen des Films nach Kunstwerken zu suchen. Das Beispiel zeigt, dass die Einbindung von hochkarätigen Streaming-Video-on-Demand-Angeboten gleichzeitig eine Erweiterung des Angebots um interaktive Formen der Kunstvermittlung bedeutet.
Die Bandbreite der Video-on-Demand-Produkte im Special-Interest-Bereich reicht von Anime on Demand[22] über Kinderkino[23] und Dokumentarfilme und Reportagen von Docufilms[24] bis hin zu Musikkonzertfilmen und der digitalen Konzerthalle – „Digital Concert Hall“ – weltberühmter Orchester und Opernhäuser.[25]
In Deutschland ist der Zugang zum analogen Filmerbe in vieler Hinsicht sehr viel schlechter geregelt als in anderen Ländern. Einen Rückstand gibt es auch bei der Digitalisierung von Filmen. Daher kommt dem Aufbau von Angeboten zum Streaming von Filmen des deutschen Filmerbes besondere Bedeutung zu. Ein potentieller Kooperationspartner für Bibliotheken ist der Anbieter www.alleskino.de. Bislang ist das Angebot an Filmen allerdings noch begrenzt.
Eine der größten Hürden für den Online-Zugang zu Filmen ist die unzureichende Zahl digitalisierter Filme des deutschen Filmerbes und die Tatsache, dass Lizenzen in der Regel zeitlich und räumlich befristet vergeben werden und verhandelt bzw. erworben werden müssen. Die Inhalte der diversen Anbieter variieren daher stark. Bei den Streaming-Paketen handelt sich in der Regel nicht um eine nach filmhistorischen oder medienpädagogischen Kriterien kuratierte Auswahl, sondern um ein Gesamtpaket an lizenzierten Filmen, für welche die Rechte geklärt werden konnten. Die Filme werden in der Regel nicht von der Bibliothek gehostet, die Inhalte können nur bedingt kontrolliert werden. Man kann daher nicht von einem Bestandsaufbau im klassischen Sinn sprechen, sondern eher von einer zeitlich befristeten Miete lizenzierter Angebote, bei denen das Titelangebot stark variieren und sich im Lauf der Zeit verändern kann. Gibt es keine Integration der Daten in den Katalog der Bibliothek, werden die Nutzerinnen und Nutzer auf die Website des Anbieters umgeleitet. Nicht allerorten sind außerdem die Breitbandnetze bereits so gut ausgebaut, dass die störungsfreie Sichtung der Medien über Streaming Video-on-Demand gewährleistet ist. Cinephile, die Wert auf hohe Bild- und Tonqualität legen, bevorzugen daher häufig die Ausleihe von Filmen auf Trägermedien wie Blu-Ray oder der Nachfolgeformate wie Ultra High Definition, die ein exzellentes Seh- und Hörvergnügen versprechen.
Für die Bibliotheken stellt sich zudem die Anforderung, die geltenden Jugendschutz-Bestimmungen einzuhalten. Dies bedeutet z. B., dass auch über Streaming Video-on-Demand verfügbare Filme gemäß der Alterskennzeichnung ausschließlich den für sie vorgesehenen Altersgruppen zugänglich gemacht werden dürfen. Hierfür müssen entsprechende Infrastrukturen zur Authentifizierung eingerichtet werden. Damit sind bei Weitem aber noch nicht alle rechtlichen Fragen gelöst.
5 Do the right thing – rechtliche Fragen des Zugangs zu Filmen
Bibliotheken, die Filme über neue Zugangswege digital verfügbar machen wollen, müssen diverse rechtliche Fragen klären, um sicherzustellen, dass sie sich auf legalem Boden bewegen und sich in der Ausübung ihres Auftrags, Kulturerbe zugänglich zu machen, nicht strafbar machen. In Bezug auf kostenfreie Portale können nur legale Video-on-Demand-Produkte angeboten werden, nicht aber illegale Angebote ohne Lizenzierung der Rechteinhaber.[26] In Bezug auf kostenpflichtige Angebote müssen Bibliotheken die Lizenzen verhandeln und erwerben, um Filme per Video-on-Demand zugänglich zu machen.
Zu prüfen ist, inwieweit die bestehenden gesetzlichen Regelungen auch für neue Zugangswege zu Filmen und digitale Kopien gelten oder ob die Gesetzgebung an die neuen medientechnologischen Entwicklungen angepasst werden muss.
So ist z. B. im Urheberrechtsgesetz in § 27 Vergütung für Vermietung und Verleihen (Bibliothekstantieme) die Rede von physischen Trägermedien.[27] Auch das Gesetz über die Ablieferung von Pflichtexemplaren des Landes Berlin (Pflichtexemplargesetz – PflExG) in der Fassung vom 15. Juli 2005 sieht eine Abgabe für Trägermedien vor, hingegen keine Pflichtabgabe für digitale Kopien.[28] Den Regelungsbedarf in Bezug auf Pflichtexemplare im digitalen Zeitalter untersuchten Ellen Euler und Eric W. Steinhauer. Als Ergebnis ihres Vergleichs der Pflichtexemplarregelungen der Länder konstatieren sie: „Die Einbeziehung digitaler Publikationen steht auch mehr als sieben Jahre nach ihrer ersten gesetzlichen Regelung im DNBG immer noch ganz am Anfang, auch wenn in den jüngsten Gesetzesnovellen in Hessen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen die Relevanz urheberrechtlicher Aspekte erkannt wurde. Eine umfassend befriedigende Lösung bedingt neben der Änderung der Pflichtexemplarrechtsregelungen eine Anpassung des Urheberrechts.“[29]
Nach § 52b UrhG ist es zulässig, veröffentlichte Werke, die sich im Bestand einer Bibliothek befinden, ausschließlich in den Räumen der jeweiligen Einrichtung an eigens dafür eingerichteten elektronischen Leseplätzen zur Forschung und für private Studien zugänglich zu machen.[30] Ist nun ein Filmsichtungsplatz unter die Begrifflichkeit des elektronischen Leseplatzes zu fassen? John H. Weitzmann und Paul Klimpel weisen in ihrer Studie zu den rechtlichen Rahmenbedingungen für Digitalisierungsprojekte von Gedächtnisinstitutionen darauf hin, der Begriff „elektronische Leseplätze“ beschränke sich „nicht auf Werke, die gelesen werden können, sondern umfasst alle Werke, also beispielsweise auch Filme.“[31] Schließt dies ein, dass digitale Kopien von Filmen auf mobilen Endgeräten von Bibliotheken bereitgestellt werden können? Ist es gestattet, Filmpakete kommerzieller Video-on-Demand-Anbieter wie z. B. Netflix oder AllesKino.de über den Erwerb von Einzellizenzen an Einzelsichtungsplätzen innerhalb der Räumlichkeiten der Bibliothek verfügbar zu machen? Unter welchen Bedingungen dürfen Bewegtbild-Medien in einer wissenschaftlichen Bibliothek über den digitalen Semesterapparat den Studierenden online im Intranet verfügbar gemacht werden? Welche Maßnahmen zum Kopierschutz von Filmwerken sind zu treffen? Inwiefern ist es Nutzerinnen und Nutzern gestattet, Kopien zum privaten Gebrauch herzustellen?
Die neuen Zugangswege und Technologien werfen eine Vielzahl von Fragen auf, für deren Klärung juristische Fachkompetenz erforderlich ist. Die herrschende Rechtsunsicherheit und die als unübersichtlich beurteilte Situation bei der Verwendung von audiovisuellen Dokumenten in Lehre und Forschung haben die beiden Wissenschaftsverbände Gesellschaft für Medienwissenschaft (GfM) und den Verband der Historikerinnen und Historiker Deutschlands (VHD) veranlasst, ein Rechtsgutachten zu „Urheberrechtlichen Aspekten beim Umgang mit audiovisuellen Materialien in Forschung und Lehre“ in Auftrag zu geben.[32] Die Wissenschaftsverbände fordern die Einrichtung einer Wissenschaftsschranke im Urheberrecht, „um innovative Forschung nicht noch weiter zu behindern, um im internationalen Vergleich nicht noch weiter ins Hintertreffen zu geraten und um einen angemesseneren Ausgleich zwischen öffentlichen Institutionen und kommerziellen Verwertungsinteressen privatwirtschaftlicher Unternehmen zu sichern“.[33]
Für die Bibliotheken stellt sich also nicht allein die Aufgabe, die rechtlichen Voraussetzungen für neue Zugangsformen zu Filmen zu klären, sondern darüber hinaus im Verbund mit anderen Bibliotheken, Gedächtnisinstitutionen und wissenschaftlichen Fachverbänden Lobbyarbeit für die Anpassung der rechtlichen Regelungen zu betreiben, damit die Bibliotheken ihrem Auftrag, Kulturgut zugänglich zu machen, auch in Bezug auf digitale Inhalte gerecht werden können.
6 Für eine Handvoll Dollar mehr … eine Frage des Budgets
Längst nicht alles, was erforderlich oder rechtlich gestattet ist, lässt sich im Rahmen der zur Verfügung stehenden Budgets realisieren. So müssen die Angebote, Kosten und die Wirtschaftlichkeit der Video-on-Demand-Angebote geprüft und verglichen werden.
Aufgrund der Vielzahl der Anbieter, der Vielgestalt der Angebote und Bezahlmodelle, der unterschiedlichen Bezugs- und Bezahlformen und der Art und Dauer der gewährten Nutzungsrechte erfordert der Vergleich gründliche Recherchen.
Die gängigen Geschäftsmodelle des Video-on-Demand unterscheiden im Wesentlichen zwischen frei abrufbaren Inhalten (Free VoD), dem elektronischen Erwerb (EST = Electronic Sell Through) in den Varianten Download-to-Burn, Download-to-Own oder Download-to-Rent, dem werbefinanzierten Video-on-Demand (A-VoD = Ad-supported Video-on-Demand), der Auswahl zu einem monatlichen Paketpreis per Subskription (S-VoD = Subscription Video-on-Demand) sowie der ein- oder mehrmaligen Nutzung innerhalb eines bestimmten Zeitfensters (T-VoD = Transactional Video-on-Demand).
Die Bezahlformen variieren zwischen kostenfreiem Zugang (teilweise auch werbefinanziert) über Einmalzahlung pro Filmerwerb bis hin zu monatlicher Grundgebühr oder Bezahlung pro Sichtung (Pay-per-View).
Für die Bibliotheken stellt sich die Frage, wie hoch sich die Kosten für den Zugang zu Filmen über Video-on-Demand im Vergleich zu der Ausleihe von physischen Trägermedien belaufen. Während ein Kaufmedium für eine im Prinzip unbegrenzte Anzahl von Ausleihen eingesetzt werden kann, solange das Medium nicht zerschlissen wird, so können sich Modelle wie Pay-per-Circulation oder Pay-per-Use, deren Kosten mit Zahl der Ausleihen steigt, als weitaus teurer erweisen. Dafür entfällt bei Video-on-Demand die zeit- und arbeitsintensive Bearbeitung der physischen Medienträger.
Bisher werden über Streaming Video-on-Demand (SVOD) in der Regel hauptsächlich die Filme selbst bereitgestellt. Die auf physischen Trägermedien verbreiteten Filmeditionen bieten im Vergleich dazu jedoch häufig einen erheblichen Mehrwert, insofern sie teilweise überaus umfangreiche „Bonusmaterialien“ zur Entstehungs-, Aufführungs- oder Überlieferungsgeschichte des Films enthalten, darunter Dokumentationen, Kurzfilme, Making-of, entfallene Szenen, Tonfassungen und Untertitelungen in verschiedenen Sprachen, Audiodeskriptionen für blinde und sehbehinderte Menschen, Untertitel für Hörgeschädigte, Bildergalerien mit Szenen- oder Werkfotos, Kostümskizzen oder Produktionszeichnungen, digitale Reproduktionen von Produktionsunterlagen wie Treatment, Storyboard, Drehbuch, ein Beiheft oder weitere gedruckte Beilagen. Diese „Extras“ machen für viele Nutzerinnen und Nutzer einen gefragten und geschätzten Wert einer Filmedition aus.
Auch die Güte bzw. Breite des bereitgestellten Angebots an Filmen ist zu prüfen. In der Cinemathek der Zentral- und Landesbibliothek Berlin sind derzeit mehr als 56.000 Titel von Filmen und Fernsehserien auf Vervielfältigungsträgern zugänglich. Die Mediatheken der diversen SVOD-Anbieter bieten in der Regel eine weitaus geringere Anzahl von Filmtiteln an. Hinzu kommen Kosten für die Bereitstellung der technischen Infrastruktur und den Erwerb der Lizenzen, die zudem häufig zeitlich befristet vergeben und nach Anzahl der aktiven Nutzer einer Bibliothek oder eines Bibliotheksverbundes berechnet werden. Daher müssen die Budgetverteilung der Bibliotheken entsprechend angepasst und ggf. zusätzliche Fördermittel eingeworben werden. Außerdem stellt sich für die Bibliotheken die Herausforderung, Lizenzen im Verbund und in Kooperation mit anderen Bibliotheken u. a. in Form von Konsortialverträgen zu verhandeln, um eine gewichtige Lobby zu bilden und günstigere Konditionen zu erreichen.
7 Ausblick: die moderne Bibliothek als hybride Mediathek
Die Bibliotheken müssen mit der medientechnologischen Entwicklung Schritt halten und werden sich zunehmend zu hybriden Mediatheken entwickeln. Für den Bestandsaufbau Film in Bibliotheken bedeutet dies, dass auf absehbare Zeit nach wie vor auch Vervielfältigungsträger wie z. B. Blu-Ray Discs und Medienträger mit Ultra High Definition (UHD) Teile des Angebots bilden werden. Sie sind durch neue Zugangsformen zu Filmen über Video-on-Demand in allen Fachbereichen der Bibliothek zu ergänzen. Physische Trägermedien werden also keineswegs vollständig durch digitale Angebote ersetzt werden, sondern es müssen parallel neue Formen des digitalen Zugangs aufgebaut werden, die das bestehende Angebot erweitern. In den kommenden Jahren ist die hybride Bibliothek bzw. Mediathek die Realität. Der Sammlerwert der physischen Trägermedien wird durch eingeschränkte Verfügbarkeit in Zukunft steigen, so dass Bestandsschutz und Bestandspflege der physischen Trägermedien eine zunehmend wichtige Rolle spielen werden.
Es müssen immense Anstrengungen für den Ausbau der technischen Infrastruktur unternommen werden, sowohl was den Zugang über Remote Access als auch über Multimedia-Sichtungsplätze innerhalb der Räumlichkeiten der Bibliothek betrifft, um allen Nutzerinnen und Nutzern die Möglichkeit zur Teilhabe an den neuen technologischen Entwicklungen und den Zugang zu den Inhalten zu geben. Sichtungsplätze für den Zugang zu Filmen in allen gängigen Formaten sollten daher in den Räumlichkeiten der Bibliothek in ausreichender Zahl zur Verfügung stehen. Die Infrastruktur zur Speicherung und Archivierung digitaler Kopien und deren Verfügbarmachung in den Räumlichkeiten der Bibliothek sollte entwickelt und Systeme zur Authentifizierung müssen eingerichtet werden, um zu gewährleisten, dass nur autorisierte Nutzerinnen und Nutzer Zugang zu den Angeboten erhalten.
Zugang zum audiovisuellen Kulturerbe bedeutet, nicht nur Mainstream-Filme zugänglich zu halten, sondern auch die Kulturversorgung diverser Sparten und den Zugang zu Nischenfilmen sicherzustellen. Die Kuratierung als Aufgabe bleibt sowohl für den Bestandsaufbau der physischen Trägermedien als auch hinsichtlich des Online-Zugangs über unterschiedliche Video-on-Demand-Anbieter bestehen.
In Bezug auf die nicht körperlichen Medien, die online z. B. als Streaming Video-on-Demand verfügbar gemacht werden, müssen Lizenzverhandlungen eine möglichst langfristige Verfügbarkeit sicherstellen. Im Falle des Erwerbs digitaler Kopien über Download-to-Own ist die Infrastruktur für die Bereitstellung und digitale Langzeitsicherung zu gewährleisten.
Aufgabe der Filmvermittlung ist, den Nutzern Wege durch den Dschungel der Angebote zu weisen. Der bloße Zugang zu den audiovisuellen Medien ist hierbei nur der erste Schritt. Weitere Maßnahmen müssen darauf aufbauen: Um die Auffindbarkeit der Bestände zu gewährleisten, müssen Metadaten angereichert, Fremddaten und Normdaten integriert und Informationen vernetzt werden. Die automatische Indexierung von Bewegtbild-Inhalten verbessert deren Auffindbarkeit.
In weitaus stärkerem Umfang als dies bislang möglich ist, werden darüber hinaus filmvermittelnde Angebote eingerichtet werden, die thematische Zugänge ermöglichen, Kontextinformationen zu Filmschaffenden oder zur Entstehungs-, Überlieferungs- und Wirkungsgeschichte von Filmen liefern. Darüber hinaus müssen filmvermittelnde und medienpädagogische Angebote ausgebaut werden. Im Rahmen von Maker Spaces sollte z. B. die Technik zur Herstellung und Analyse von Filmen bereitgestellt und vermittelt werden, darunter Apps zum Filmemachen und Programme zum Videoschnitt und zur Bild- und Tonbearbeitung.
Um den Zugang zum Filmerbe aktiv mitzugestalten, ist für Bibliotheken die Kooperation mit anderen Gedächtnisinstitutionen essentiell, z. B. mit dem Ziel der Einrichtung von Mediatheken. Die Bibliotheken kooperieren hierbei mit Filmarchiven, Filmfestivals und Rechteinhabern oder anderen Content-Providern, um über Mediatheken Zugang zu lizenzierten Filmen zu geben und im Verbund Metadaten zu den Filmen auszutauschen. Ein Beispiel hierfür ist die Kooperation des British Film Institute National Archive mit wissenschaftlichen und öffentlichen Bibliotheken wie der Birmingham Library.[34] 2.500 Filmtitel können innerhalb der Räumlichkeiten der Bibliothek auf Sichtungsplätzen angesehen werden. Beispielhaft für eine Mediatheken-Kooperation in Deutschland ist die Online Animation Library der Stadtbibliothek Stuttgart.[35] Sie ermöglicht Nutzern der Stadtbibliothek Stuttgart, das Animationsfilm-Archiv des Trickfilm-Festivals zu erschließen.
Last but not least müssen Bibliotheken den Schulterschluss mit anderen Gedächtniseinrichtungen und Verbänden im Bereich Bildung und Forschung suchen, um gemeinsam Lobbyarbeit zur Verbesserung der rechtlichen Bedingungen zu betreiben und sich für einen verbesserten Zugang zum audiovisuellen Kulturerbe für Bildung und Forschung stark zu machen.
About the author

Dr. Anna Bohn
Referatsleiterin Film, Kunst, Artothek
Zentral- und Landesbibliothek Berlin
Haus Amerika-Gedenkbibliothek
Blücherplatz 1
10961 Berlin
Anmerkung:
Der Artikel basiert auf meinem Vortrag „Von DVD zu VoD: wie Bibliotheken im digitalen Zeitalter audiovisuelles Kulturerbe vermitteln“ vom 27.05.2015 auf dem 104. Deutschen Bibliothekartag in Nürnberg.
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