Zusammenfassung
Die Generation Y ist immer wieder Anlass für Diskussionen, positiver und negativer Natur. Mit dem kommenden Generationenwechsel stellt sich die Frage, welche Auswirkungen dieser auf das Arbeiten in und die Identität von Bibliotheken hat. Dieser Artikel soll diese Frage beantworten, aus Sicht der Generation selbst und am Beispiel von aubib.de, einer neuen Plattform für das Bibliotheks- und Informationsmanagement in Bayern.
Abstract
Over and over again, Generation Y is in the center of discussions, negative, as well as positive ones. With the coming generation shift, the question arises what consequences this brings for the identity of libraries and their way of working. This article answers the question from the perspective of the generation itself and with the example of aubib.de, a new platform for Library and Information Sciences in Bavaria, Germany.
1 Einleitung
Die Generation Y – eine Generation, die immer wieder zu Diskussionen und Meinungsverschiedenheiten führt. Eine „Generation Beziehungsunfähig“? Sprunghaft, verantwortungslos und vorlaut? Oder doch eine, die Kreativität ausleben will und für bessere Strukturen kämpft? Wir wollen als Teil der Generation Stellung beziehen, indem wir in diesem Artikel selbst zu Wort kommen und diese Fragen beantworten.[1]
Als Beispiel ziehen wir aubib.de heran, eine neue Plattform für das Bibliotheks- und Informationsmanagement in Bayern, die wir fünf Autoren im Rahmen des Praxisorientierten Teamprojektes im Studium zum B. A. „Bibliotheks- und Informationsmanagement“ am Fachbereich Archiv- und Bibliothekswesen der Hochschule für den öffentlichen Dienst in Bayern erarbeitet haben.
aubib.de vereint Marketing für das Studium und den Beruf „InformationsspezialistIn“, Informationen zu Bewerbungsabläufen, einen Blog für Diskussionen und den Internen Bereich für die Studierenden mit Tools zu Wissensmanagement und kooperativem Arbeiten. Am Bibliothekartag 2019 durften wir dafür den Team Award Information Professionals entgegennehmen.
Zuerst soll darauf hingewiesen sein, dass es zwei Aspekte in der Betrachtung der Generation Y gibt: Zum Ersten unsere Kunden, die Generation Y außerhalb des Bibliothekswesens, zum Zweiten die Generation Y innerhalb des Bibliothekswesens, die neuen Mitarbeiter.
2 Generation Y außerhalb der Bibliothek
Die Zusammenarbeit mit der Generation Y außerhalb der Bibliothek, also in Form ihrer Kundschaft, ist oft herausfordernd und kann gerade deswegen vielversprechend und fruchtbar sein. Einige dieser jungen Menschen sind motiviert, sich einzubringen und Ideen zu entwickeln. Nicht umsonst ist der Name Generation „Y“ angelehnt an das englische Fragewort „Why?“. Eine Generation also, die Dinge hinterfragt, die sich nicht mit bestehenden Strukturen zufriedengibt, sondern überprüfen will, ob das Bestehende sinnvoll ist und zu einem guten Ergebnis führt.[2] Dadurch fällt diese Generation teilweise „unangenehm“ auf, man denke an die Demonstrationen gegen die EU-Urheberrechtsreform im März 2019. Auch der dbv hat sich in einer Einschätzung gegen die Umsetzung der Urheberrechtsreform in der letzten Fassung geäußert.[3] Bibliothek und Generation Y scheinbar auf einer Seite, wenn auch erfolglos in dieser Sache. Anknüpfungspunkte und gemeinsame Interessen zwischen Y und Bibliothek sind offensichtlich vorhanden – und dieses Potential sollte genutzt werden! Dafür müssen Bibliotheken allerdings attraktiv sein und etwas bieten, was hilfreich für diese Generation ist.
Was diese jungen Menschen brauchen, sind Plattformen, um sich zu vernetzen und Gedanken auszutauschen – sowohl digital, als auch persönlich, also „analog“. Ein gutes Beispiel dafür ist „Meetup.com“, ein Onlineportal für öffentliche (analoge) Gruppentreffen zu den verschiedensten Themen, wie Fashion, Business oder IT.[4] Auch eine Bibliothek kann das aufgreifen. Dafür braucht es keine speziellen Angebote. Eine Einladung zu solch einem „Meetup“ reicht aus, um Kommunikation in Gang zu bringen. Wichtig ist dafür die richtige Atmosphäre. Daher lohnt es sich zu betrachten, wo Treffen dieser Art bisher stattfanden, meist in Cafés.[6] Der Vorteil ist eine lockere Atmosphäre, um Gedanken und Worten freien Lauf lassen zu können.
Um die Bibliothek also für diesen Zweck attraktiv zu machen, müssen auch wir diese Atmosphäre schaffen. Und das kann in Zukunft große Vorteile haben – Kontakt zu Kreativen, zu Gründern und Menschen, die die Bibliothek als Startpunkt für ihren Erfolg wahrnehmen, birgt großes Potential, nicht nur für Kooperationen. Mit der Zeit wird die Bibliothek damit nämlich der Ort für Innovation.
3 Generation Y innerhalb des Bibliothekswesens
Hauptthema dieses Artikels soll die Generation Y innerhalb des Bibliothekswesens sein. Denn genauso wie überall strömen auch hier diese Altersgruppen auf den Arbeitsmarkt. Tatsächlich ist dieser Prozess fast schon abgeschlossen. Ein großer Teil der Y-er im Bibliothekssektor ist bereits auf dem Arbeitsmarkt, andere stehen kurz davor, ihr Studium oder ihre Ausbildung zu beenden.[7] Folglich stellt sich die Frage, wie man das Potential der neuen Kollegen nutzen kann und welche Strukturwechsel dafür vielleicht geschehen müssen.
Das Hinterfragen bestehender Strukturen ist ein wesentliches Merkmal unserer Generation. Zugegeben, es mag gerade am Anfang anstrengend sein, uns zu integrieren und alle unsere Fragen zu beantworten. Genau darin liegt aber unser Potential! Diese Fragen stellen wir nicht aus dem Gedanken heraus, es besser zu wissen. Wir wollen bestehende Strukturen nicht mutwillig über den Haufen werfen. Nein, wir möchten Fragen neu beantworten, weil sich die Anforderungen an Bibliotheken ändern. Menschen haben neue Erwartungen an die Gesellschaft im Ganzen und daher auch an uns Bibliotheken. Intuitive Oberflächen, ausgeprägte Serviceorientierung oder Unterstützung beim Publikationsprozess und Datenmanagement seien nur exemplarisch genannt. Antworten auf solche Anforderungen möchten wir zusammen mit dem ganzen Team einer Bibliothek finden und sie anschließend gemeinsam in Projekten und Taten umsetzen.
Bestehendes haben wir als Team beim Erarbeiten von aubib.de hinterfragt. Warum haben Bibliotheken dieses eher schlechte Image und wie können wir zeigen, welche Möglichkeiten sie wirklich schaffen? Wie können wir als Studierende dem Bibliothekswesen unsere Ideen mitteilen? Und wie ermöglichen wir kooperativeres und besser vernetztes Arbeiten während unseres Studiums?
Diese Fragen haben wir beantwortet – mit unserem Slogan „Information bewegt die Welt“, als gemeinsames Projektteam, mit großen Ansprüchen, mit Leidenschaft und Motivation für das, was wir erreichen wollen und was unser Slogan aussagt: die Welt bewegen. Das hat aber nur funktioniert, weil unser Fachbereich Archiv- und Bibliothekswesen diese Fragen zusammen mit uns beantwortet hat und uns den nötigen Freiraum gab, die Ideen unserer Generation auszuleben. Nur weil unsere Fachbereichsleitung, Herr Dr. Gantert und Frau Dr. Werr, die Hierarchien in der Betreuung dieses Projekts flach hielt und uns Raum für Innovation und zum Ausprobieren ließ, was die Arbeitsmoral und vor allem -qualität unserer Generation stark fördert,[8] konnten wir die Seite nach unseren Vorstellungen umsetzen. Mit aubib.de wollen wir eine neue Generation von Kollegen anwerben, die sowohl unsere Visionen, als auch unsere Motivation, diese umzusetzen, teilt. Diese Aufgabe ist nicht vorbei – deshalb freuen wir uns über jedes Teilen unserer Idee. Material dafür findet man auch im Impressum von aubib.de.
Bestehendes hinterfragt haben wir auch beim Nachwuchsforum der D-A-CH-S-Tagung im Februar 2019 in München, bei dem wir als aubib.de-Team teilnehmen konnten. Was erwarten wir von unseren Arbeitgebern? Was muss unser Studium bieten, um uns zu Bibliothekaren zu machen, die die Welt bewegen können? Wie müssen sich bestehende Strukturen ändern, um unsere Institutionen zu dynamischen Gestaltern zu machen?
Auch hier haben wir diese Fragen gemeinsam beantwortet, mit anderen Studierenden und Auszubildenden aus dem deutschsprachigen Raum. Gemeinsam mit Ausbildungsleitungen und Vertretern der Institutionen, die wir mitgestalten wollen. Und auch hier waren diese Antworten nur möglich, weil nicht innerhalb von Hierarchien, sondern auf Augenhöhe miteinander gesprochen wurde. An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an die Veranstalter, die uns diese Chance gegeben haben und das eben „per Du“, auf Augenhöhe.
Das Ergebnis dieses Forums war ein 10-Punkte-Plan mit den Vorstellungen des Nachwuchses.[9] Nur kurz sollen an dieser Stelle zwei dieser zehn Punkte aufgezeigt werden, die besonderen Nachklang fanden und auch während der Diskussionen besonders wichtig waren.
Punkt Drei der Aufstellung lautet: „Weniger Pseudowissen, mehr Profilschärfe!“. Was ist damit gemeint? Nicht, dass wir angehenden Bibliothekare nicht breit ausgebildet werden wollen, das ist uns wichtig und gehört zum Berufsfeld „Bibliothek“ dazu. Wir möchten aber, dass oberflächliches Wissen in unserer Ausbildung oder unserem Studium ersetzt wird durch tiefgehende Kenntnisse, zum Beispiel im Bereich IT. Nur so werden wir zu fähigen Bibliothekaren, die die Bibliothekswelt nachhaltig mitgestalten und verändern können. Genau das wünscht sich auch aubib.de, weswegen wir auf unserer „Was?“-Seite Projekte aus dem Bibliothekswesen vorstellen, die uns begeistern. Das TIB AV-Portal, die Deutsche Digitale Bibliothek oder Base. An solchen Projekten wollen wir arbeiten und dafür braucht es eine fundierte Ausbildung.
Punkt Sechs lautet „Lasst uns unsere Ideen einbringen und ausprobieren!“. Dieser Punkt soll zum Ausdruck bringen, dass unsere Generation sowohl Ideen, als auch Energie und Motivation für deren Umsetzung aufbringt, und dass diese genutzt werden können, um das Bibliothekswesen voranzubringen. Natürlich können wir diesen Umgang nicht fordern. Was wir als aubib.de-Team aber spüren durften und was Bibliotheken in Zukunft bieten können, ist ein „kooperativer und dialogischer Umgang aufbauend auf flacher Hierarchie“.[10] Das beginnt damit, die Meinung von Mitarbeitern, auch von jungen, stärker einzubinden. Wir haben als Teil dieser Generation einen tieferen Einblick in die Bedürfnisse der neuen Kundenschicht. Es gilt aber, diesen neuen Blickwinkel zu nutzen und in die tägliche Arbeit einfließen zu lassen. Am besten gelingt dies mit umfassender Kommunikation und flachen Hierarchien. Nur zusammen können wir das Bibliothekswesen wieder stärker in das Bewusstsein der Gesellschaft bringen. Zusammen als Bibliotheken und zusammen innerhalb einer einzelnen Bibliothek über Qualifikationsebenen und fachliche Hintergründe hinweg.
Im Rahmen des Nachwuchsforums waren wir als aubib.de vertreten, nicht als Einzelpersonen aus dem Nachwuchs, denn aubib.de ist für uns nicht nur eine Webseite mit Informationen zum Bibliothekswesen, ein Marketinginstrument oder eine Plattform für die Studierenden. Sicher, das sind Teile dieser Seite und mit dieser Aufgabendefinition sind wir auch gestartet. Je mehr wir aber daran gearbeitet haben, desto mehr ist aubib.de für uns zu einer Verkörperung dessen geworden, was wir als „Nachwuchs“ uns für das Bibliothekswesen der Zukunft wünschen: ein Berufsfeld, das von kooperativem Arbeiten, innovativen Ideen und zukunftsgewandten Institutionen geprägt ist und in dem die Motivation aufgebracht wird, Dinge umzusetzen, die uns allen am Herzen liegen.
4 Fazit
Im Hinblick auf die Fragen am Anfang des Artikels bleibt zu sagen, dass wir vielleicht beides sind: eine oft anstrengende, aber auch eine motivierte Generation. Wir sind sprunghaft, wir sind anstrengend mit unseren vielen Fragen und teilweise tollkühnen Ideen. Aber wir sind nicht mehr die Generation, die kommt – wir stehen bereits vor der Tür. Mit Fragen, Ideen und vor allem Motivation. Nutzt unsere Fragen, nutzt unsere Motivation, nutzt unseren Tatendrang. Gebt uns Freiraum und kommuniziert mit uns. Nicht umsonst lautet Punkt Zehn des Forums „Fragt euren Nachwuchs!“. Genau wie die vielen anderen Kreativen unserer Generation wollen wir im Café ins Gespräch kommen, auf Augenhöhe diskutieren und Visionen erdenken. Es wird die Bibliotheken nachhaltig verbessern.
„Niemand erwartet von Bibliotheken, die Welt zu retten, aber wir befinden uns in einer ausgezeichneten Position, um genau das zu bewerkstelligen“, sagen Rebecca T. Miller und Rebekkah Smith Aldrich.[11] Wir dürfen nicht verlernen zu träumen. Lassen Sie sich von uns anstecken, wir wollen nichts anderes, als die Welt zu bewegen.
Textkasten „10 Thesen des Nachwuchsforums“
1) Seht unsere individuellen Fähigkeiten!
2) Zeigt euer Potenzial als Arbeitgeber!
3) Weniger Pseudowissen – mehr Profilschärfe!
4) Schafft mehr duale Ausbildungs- und Studienmöglichkeiten!
5) Fördert uns bei der persönlichen beruflichen Entwicklung!
6) Lasst uns unsere Ideen einbringen und ausprobieren!
7) Gebt uns Spielraum zur Verantwortung!
8) Lasst uns gemeinsam netzwerken!
9) Gestaltet Arbeitsumgebungen flexibler!
10) Fragt euren Nachwuchs!
Über die Autoren





Literaturverzeichnis
Dahlmanns, Andreas (2014): Generation Y und Personalmanagement. Augsburg: Rainer Hampp Verlag (Praxisorientierte Personal- und Organisationsforschung, 18).Search in Google Scholar
Giuliani, Kim Farah (2017): Die Generation Y – Ein Plädoyer für die Analyse einer „vernetzten Generation“ zur Weiterentwicklung der Bibliotheksdidaktik. 132-137 Seiten / o-bib. Das offene Bibliotheksjournal / herausgegeben vom VDB, 4 (1). doi: 10.5282/o-bib/2017H1S132-137.Search in Google Scholar
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Laick, S. (2009): "Die neue Generation abholen". In: Personalwirtschaft. Magazin für Human Resources, 36 (Sonderheft 8), 21–23.Search in Google Scholar
Nachwuchsforum D-A-CH-S-Tagung (2019): 10-Punkte-Plan: Fragt euren Nachwuchs! Verfügbar unter https://www.aubib.de/blog/article/2019/02/13/fragt-euren-nachwuchs-dachs19.Search in Google Scholar
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Schleihagen, Barbara (2019): Einschätzung: Deutscher Bibliotheksverband e.V. (dbv) zum Richtlinienentwurf der EU zum Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt. Verfügbar unter https://www.bibliotheksverband.de/fileadmin/user_upload/DBV/themen/urheberrecht/Einsch%C3 %A4tzung_dbv_Eu_Urheberrecht_02-2019.pdf.Search in Google Scholar
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