Abstract
Against the backdrop of contemporary debates about care ethics and care, this article undertakes a re-reading of Foucault’s analyses of the ancient care of the self. While the care of the self has so far been interpreted primarily in terms of an ethics and aesthetics of the self, it argues that the care of the self is constituted by the presence of the Other. This becomes clear as soon as one links the care of the self to parrhesia, which signifies an act of truth-telling through which the individual constitutes herself as the subject of a discourse of truth by confronting the Other with the truth. It is through this connection that the care of the self and parrhesia unfold their critical potential, as can be seen in the examples of Sophocles’ Antigone or the whistleblower Edward Snowden. This makes it possible not only to detach the concept of care from its close entanglement with the private sphere and to reframe it in political terms but also to envisage a critical attitude that is based both on the care of the self and others and on a concern for truth.
Care-Ethik und die Sorge um sich
Der englische Terminus care steht seit einigen Jahren im Zentrum breiter philosophischer, sozialwissenschaftlicher und gesellschaftspolitischer Debatten. Caretheoretische Ansätze plädieren – im Anschluss an Carol Gilligans In a Different Voice: Psychological Theory and Women’s Development (1982) – für einen radikalen Standort- und Perspektivenwechsel in Ethik und Moralphilosophie. Während utilitaristische oder deontische Ethiken – orientiert am Begriff der Gerechtigkeit – Kriterien wie Universalität, Neutralität und Unparteilichkeit favorisieren, unterstreichen care-theoretische Ansätze unter Rückgriff auf den englischen Begriff care die Wichtigkeit sozialer und affektiver Bindungen für ethische Fragen. Damit einher geht eine Reorganisation der Instanzen moralischen Urteilens: des Selbst, der anderen und ihrer Beziehungen zueinander. [1] Aus einer gerechtigkeitstheoretischen Perspektive beurteilt das Selbst – vor dem Hintergrund bestehender sozialer Beziehungen – die konfligierenden Ansprüche von Selbst und anderen entlang der Normen von Gleichheit, Reziprozität und gegenseitigem Respekt. Dagegen machen care-theoretische Ansätze geltend, dass das Selbst und die anderen nicht isoliert voneinander existieren, sondern über ein Netz von Bindungen und Abhängigkeiten miteinander verbunden sind. Das Selbst fungiert folglich nicht als neutrale Urteilsinstanz, sondern reagiert und antwortet auf die Ansprüche und Bedürfnisse anderer. Die moralische Grundfrage lautet nicht länger ‚Was ist gerecht?‘, sondern ‚Wie antworten?‘. [2]
Zugleich unterscheiden sich care-theoretische Ansätze stark in der Art und Weise, wie sie den Care-Begriff jeweils definieren (als Sorge, Sorgfalt, Fürsorge, Pflege, Achtsamkeit etc.) und theoretisch rahmen: etwa als care work mit Fokus auf Fragen geschlechtlicher Arbeitsteilung, sozialer Gleichheit und Verteilungsgerechtigkeit oder als Gegenbegriff zu traditionellen Gerechtigkeitskonzeptionen im Kontext einer ethics of care (Ethik der Achtsamkeit), die die Normen der Verantwortung, der Anteilnahme und der gelingenden intersubjektiven Interaktion gegenüber den liberalen Normen von Gleichheit und Freiheit starkzumachen versucht. [3] Gegenstand kontroverser Debatten sind – im Anschluss an die Arbeiten Gilligans – das Verhältnis von gender und care sowie die Frage, ob der Care-Begriff eher zu einer ideologischen Verschleierung kapitalistischer Ausbeutungsverhältnisse führt oder aber den Weg zu einer caring democracy jenseits neoliberaler Nutzenmaximierung eröffnet. [4] Problematisiert wird darüber hinaus das Verhältnis von Privat und Öffentlich sowie die enge Kopplung von Selbstsorge, Individualismus und Freiheit im Rahmen eines neoliberalen Wirtschaftsmodells, das zu einer forcierten Kommerzialisierung von Care-Tätigkeiten sowie zur Entstehung neuer Care-Industrien führt, die – mit Slogans wie „We care for you!“ oder „Ihre Sorgen möchten wir haben“ – Sorge als Produkt, Ware und Dienstleistung vermarkten. [5] Damit einher geht die grundsätzliche Frage, ob der Care-Begriff seine kritische und emanzipatorische Funktion (noch) erfüllen kann oder ob er nicht vielmehr selbst einer systematischen Kritik unterzogen werden muss.
Aktuell, wenn auch in einem anderen Kontext, zeigt sich die Ambivalenz des Care- oder Sorge-Begriffs in der ideologisch aufgeladenen Figur der besorgten Bürger*in. Indem suggeriert wird, so etwa Carolin Emcke, dass „ungefilterte Gefühle per se berechtigt“ seien, wird die Sorge „zu einer politischen Kategorie von eigentümlicher Autorität“ erhoben, [6] die scheinbar keiner weiteren Begründung mehr bedarf. Damit ist nicht gesagt, dass es keine berechtigten Formen der Sorge gäbe, „die etwas mit Umsicht, mit Achtsamkeit, ja mit Für-Sorge für andere zu tun haben“. Doch die gegenwärtige Dominanz einer Sorge, „die sich nicht befragen lässt, die ausblendet, was ihr widerspricht“, [7] zeigt, dass keine Sorge per se davor gefeit ist, sich in eine egozentrische Sorge um sich selbst zu verwandeln, die den Anderen ausblendet und negiert oder paternalistisch kolonisiert.
Angesichts dieser komplexen Gemengelage ist es erstaunlich, dass in den hochausdifferenzierten Debatten um Care-Ethik und Care-Arbeit Verweise auf Michel Foucaults Analysen zum antiken Prinzip der Sorge um sich weitgehend fehlen. Dies mag unter anderem darin begründet sein, dass Foucault – mit seinem Fokus auf die Sorge um sich – nicht die typischen, im Bereich des Häuslichen und Privaten angesiedelten Sorgetätigkeiten im Blick hat, sondern vielmehr jene philosophische Sorge um die Seele und die Wahrheit, die in der Antike allein jenen vorbehalten war, die von der Notwendigkeit der Lebenserhaltung entbunden waren (d. h. in der Regel männlichen Vollbürgern). Ein anderer Grund ist, dass die Foucault-Rezeption die Sorge um sich vor allem im Kontext von Selbsttechnologien und Selbstpraktiken situiert hat, mittels derer das Individuum sich als autonomes Subjekt konstituiert, [8] während eine alteritätsorientierte Konzeption der Sorge um sich, verstanden als eine gemeinschaftliche Praxis, die vom Anderen her gedacht werden muss, bislang kaum in Betracht gezogen worden ist. [9]
Tatsächlich ist die Bewertung der Beziehung zwischen dem Selbst und den anderen in der Foucault-Forschung umstritten: [10] Einerseits scheint Foucault individualistischen Lesarten Vorschub zu leisten, wenn er mit Blick auf die griechische Philosophie geltend macht, dass die Sorge um sich gegenüber der Sorge um die anderen „ethisch vorrangig“ sei, „so wie die Beziehung zu sich ontologisch vorrangig ist“. [11] Andererseits unterstreicht Foucault wiederholt, dass die Beziehung zum Anderen für jede Selbstbeziehung konstitutiv ist. Somit ergeben sich, wie Axel Honneth darlegt, zwei Deutungsalternativen für Foucaults Analysen zur Sorge um sich: Entweder hat Foucault einen „‚monologische[n]‘ Akt der Selbstermächtigung vor Augen“, in dessen Zentrum ein souveränes Subjekt steht, oder aber einen „‚dialogische[n]‘ Prozess der Rückbesinnung auf wertvolle Sozialbindungen und ethisch gehaltvolle Lebensaufgaben“, der auf der Einsicht beruht, „dass wir unsere Freiheit nicht nur unseren eigenen Anstrengungen verdanken, sondern vieler Bindungen an konkrete oder verallgemeinerte Andere, die uns die Orientierung am Ziel der individuellen Nutzenmaximierung häufig gar nicht mehr wahrnehmen lässt“. [12]
Somit stellt sich die Frage, ob die Sorge um sich auf eine bloße Selbstsorge und Selbstkultivierung reduzierbar ist, oder ob sie als eine ethische und politische Praxis zu denken ist, die von der Anwesenheit des Anderen konstitutiv durchzogen ist. Explizit in den Blick kommen der Andere und die ethisch-politische Dimension der Sorge um sich, wie ich im Folgenden zeige, sobald man die Sorge um sich mit Foucaults Analysen zur parrhesia zusammendenkt. Foucault selbst legt eine solche Engführung nahe, wenn er argumentiert, dass die parrhesia als eine Form des Wahrsprechens und eine Weise, die Wahrheit über sich selbst zu sagen, auf das Engste „mit dem Thema der Sorge um sich (epimeila heautou) verbunden“ ist (DW, 24). [13] Damit wende ich mich auch – Friedrich Balke folgend – gegen die Lesart, Foucaults „Beschäftigung mit der Selbstsorge und den Selbsttechnologien“ könne „als das Ergebnis seiner späten ‚ethischen Wende‘“ und einer Rückbesinnung auf das Subjekt verstanden werden. [14] Gegen eine solche Lesart spricht einerseits, dass das Thema der Ethik und das Problem des Subjekts bereits in Foucaults frühen Arbeiten zum Wahnsinn, zur Disziplin und zur Sexualität manifest sind. [15] Andererseits darf nicht übersehen werden, wie Frédéric Gros geltend macht, dass Foucault die Machtfrage und „die Politik nicht etwa auf[gibt], um sich der Ethik zu widmen, sondern er bereichert und kompliziert die Untersuchung der Gouvernementalitäten durch die Erforschung der Sorge um sich selbst. Auf gar keinen Fall werden Ethik und Subjekt als das Andere von Politik und Macht gedacht.“ [16]
Ausgehend von diesen Überlegungen schlage ich vor, Selbstsorge und Wahrsprechen als komplementäre ethisch-politische Praktiken zu begreifen, die ihr genuin kritisches und emanzipatorisches Potential erst in ihrer Wechselbeziehung voll entfalten. Ein solche Zugangsweise ermöglicht nicht nur, die Sorge um sich aus ihrer engen Verschränkung mit dem privaten Bereich zu lösen und in politischen Begriffen zu reformulieren, sondern auch eine kritische Haltung zu denken, die sowohl auf der Sorge um sich und die anderen als auch auf der Sorge um die Wahrheit gegründet ist. Zu diesem Zweck diskutiere ich zunächst Foucaults Analysen zum antiken Prinzip der Sorge um sich, das er dem für die Moderne prägenden Gebot der Selbsterkenntnis gegenüberstellt. Mit Foucault lässt sich zeigen, dass das Gebot der Selbsterkenntnis nur ein Element des grundlegenderen Prinzips der Sorge um sich ist, insofern beides Modi sind, die Wahrheit über sich selbst zu erfahren. Während jedoch die Sorge um sich über einen anderen vermittelt ist, ist dieser Aspekt in dem modernen Gebot der Selbsterkenntnis weitgehend eliminiert. Rekonstruieren lässt sich die Dimension des Anderen, indem man die Sorge um sich mit der parrhesia als einer Form des Wahrsprechens zusammendenkt, in der das Individuum dem Anderen die Wahrheit offen ins Gesicht sagt. Dabei lassen sich zwei Modalitäten der Verbindung der Sorge um sich mit der parrhesia unterscheiden, die zwei prominente philosophische Traditionen begründet haben: die analytische Tradition des Platonismus und die kritische Tradition des Kynismus. Am Beispiel von Sophokles’ Antigone entfalte ich abschließend das kritisch-emanzipatorische Potential, das sich aus der Verbindung der parrhesia mit der Sorge um sich ergibt, und zeige auf, wie – ausgehend von der so rekonstruierten parrhesiastischen Sorge um sich – eine Sorge um sich und die anderen denkbar wird, die zugleich eine Sorge um die Wahrheit ist.
Selbstsorge und Selbsterkenntnis
Foucault entwickelt seine Analysen der antiken Sorge um sich vor allem in seinen Vorlesungen der 1980er Jahre. Sein Interesse gilt dabei jenen Praktiken und Technologien des Selbst, durch die die Individuen dazu angehalten werden, sich um sich selbst zu sorgen und die Wahrheit über sich selbst zu sagen. Trotz der Verschränkung von Wahrheit und Subjektivität ist die Sorge um sich jedoch kein epistemisches Prinzip. [17] Entgegen der modernen Lesart, die Sorge um sich auf das delphische Gebot des „Erkenne dich selbst“ (gnothi seauton) zurückzuführen, das traditionell mit der Figur des Sokrates verbunden wird, insistiert Foucault darauf, dass das für die abendländische Kultur- und Geistesgeschichte so bedeutsame Gebot der Selbsterkenntnis nur eine, wenn auch wirkmächtige Ausformung des grundlegenden „Prinzips der epimeleia heautou (der Sorge um sich, des Kümmerns um sich selbst)“ darstellt (MW, 17). Damit ist nicht gesagt, dass die Selbsterkenntnis in der Sorge um sich keine Rolle spielen würde; sie ist der Sorge um sich aber nicht vorgeordnet, sondern nur ein Element dieser „wesentlichen Sorge“ (HS, 600). [18]
Der Ausdruck epimeleia bezeichnet dabei nach Foucault im Griechischen ein ganzes Bündel an Beschäftigungen, das die Tätigkeiten des Hausherrn und die Aufgaben des Regenten ebenso umfasst wie „die Fürsorge, mit der man einen Kranken oder Verletzten umgibt, oder auch die Dienste, die man den Göttern oder Toten erweist“. [19] Die epimeleia bezieht sich folglich auf Aktivitäten, Einstellungen und Handlungen, die immer auch ein bestimmtes Wissen erfordern. [20] Daraus resultiert die Verbindung der Sorge um sich mit der Selbsterkenntnis: die „Verpflichtung jedes Individuums, sich um sich selbst zu sorgen, die unmittelbar mit der Selbsterkenntnis […] verknüpft ist“, wobei diese wiederum „ein Bestandteil des im Grunde allgemeinsten Prinzips [ist], sich um sich selbst zu sorgen“ (RSA, 66).
Spätestens jedoch mit dem cartesianischen Subjektbegriff wird das allgemeine Prinzip der Sorge um sich durch das speziellere Gebot der Selbsterkenntnis abgelöst. Foucault spricht in diesem Zusammenhang von einem „cartesianischen Moment“ [21], der „das gnothi seauton (das ‚Erkenne dich selbst‘) philosophisch aufgewertet und demgegenüber die epimeleia heautou (die Sorge um sich selbst) disqualifiziert“ habe (HS, 31). Damit einher geht die Etablierung eines Subjekts, dessen methodischer Zugang zur Wahrheit allein über sich selbst vermittelt ist, „ohne daß sich sein Subjektsein in irgendeiner Weise verändern oder wandeln muß“ (HS, 33). Anders gesagt: Während in der antiken Philosophie „ein Subjekt keinen Zugang zur Wahrheit erhalten konnte, wenn es nicht zunächst an sich selbst eine bestimmte Arbeit durchführte, die es fähig machte, die Wahrheit zu erkennen“, reicht es seit Descartes aus, so Foucault, „dass ich ein beliebiges Subjekt bin, das fähig ist zu sehen, was evident ist“. [22] Dies bedeutet einen grundsätzlichen Wandel in der Beziehung des Subjekts zu sich selbst, zu den anderen, zur Welt und zur Wahrheit. Während diese Beziehung bei den antiken Autoren – von Platon über den Stoizismus und Epikureismus bis hin zum Kynismus – durch lebenslange Praxis, Übung und Askese vermittelt ist, [23] nimmt sie bei Descartes die Form der Evidenz, der klaren und deutlichen (clare et distincte) Einsicht an, durch die das Subjekt sich gleichsam verdoppelt und als Objekt der Introspektion konstituiert: „Die Beziehung zu sich braucht nicht länger eine asketische zu sein, um in einer Beziehung zur Wahrheit zu stehen. Es genügt, dass die Selbstbeziehung mir die evidente Wahrheit dessen offenbart, was ich sehe, um diese Wahrheit endgültig zu erfassen.“ [24]
Historisch zurückverfolgen lässt sich die Sorge um sich in ihrer philosophischen Form bis auf Sokrates, wenn er seinen Mitbürgern in der Apologie empfiehlt, dass sie sich weniger um Geld, Ruhm und Ehre als vielmehr um sich selbst, um Einsicht, Wahrheit und um ihre Seele sorgen sollen. [25] Die Sorge um sich bildet hier eine zentrale Voraussetzung für die Leitung anderer, basierend auf der Überzeugung, dass nur derjenige, der für sich selbst zu sorgen vermag, auch für andere Sorge tragen kann. Diese Rolle übernimmt Sokrates gegenüber seinen Mitbürgern; denn Sokrates sorgt sich um die anderen, gerade „indem er ihnen zeigt, daß sie sich um sich selbst kümmern müßten“ (RSA, 440). Bereits hier zeichnet sich ab, dass die Sorge um sich keine isolierte Beschäftigung ist, keine „Übung in Einsamkeit, sondern eine wahrhaft gesellschaftliche Praxis“, die mit einer intensiven Rede- und Schreibtätigkeit einhergeht, in der „die Arbeit […] an sich selber und die Kommunikation mit dem anderen verbunden sind“. [26]
Die Sorge um sich ist folglich eine Aktivität und Erkenntnisform, die eines anderen bedarf, „eines Führers, eines Ratgebers, eines Freundes“, der – ungeachtet aller Folgen – nicht davor zurückschreckt, dem Einzelnen oder den Vielen offen die Wahrheit zu sagen. Dabei handelt es sich Foucault zufolge nicht um ein zeitlich begrenztes Verhältnis, das beispielsweise auf die Lehrer-Schüler-Beziehung reduzierbar wäre, sondern um eine gesellschaftliche Praxis, die das gesamte Leben und jeden einzelnen umfasst: „Die Selbstpraxis verbindet sich […] mit der sozialen Praxis, oder, wenn Sie wollen: Die Konstituierung eines Selbstverhältnisses verbindet sich ganz offensichtlich mit den Beziehungen seiner selbst zum anderen“ (HS, 200). Das hat zur Konsequenz, dass „das Problem der Beziehung zu anderen während der gesamten Entwicklung der Sorge um sich gegenwärtig“ ist. [27] Die Sorge um sich ist von der Anwesenheit des Anderen gleichsam durchdrungen: „Die Sorge um sich erfordert“ nicht nur „die Anwesenheit, die Einbeziehung, das Eingreifen des anderen“ (HS, 174); der „andere [Autrui, l’autre] ist unabdingbar für die Selbstpraxis“ (HS, 167).
Parrhesia und die Rolle des Anderen
Damit können wir eine erste Zwischenbilanz ziehen. Wenn der Andere für die Subjektkonstitution unabdingbar ist und die Sorge um sich eine lebenslange Praxis darstellt, die nicht auf ein pädagogisches Verhältnis reduzierbar ist, dann ist die Sorge um sich nicht monologisch, sondern dialogisch verfasst. Folglich lässt sich jene Lesart nicht aufrechterhalten, welche die Sorge um sich als einen ‚monologischen Akt der Selbstermächtigung‘ versteht. [28] Ebensowenig ist die Sorge um die anderen gegenüber der Sorge um sich einfach nachgeordnet oder sekundär. Vielmehr zeigt sich, dass jedes Selbstverhältnis von der Anwesenheit des Anderen und einem Moment der Alterität durchdrungen ist, sodass die Sorge um sich immer auch eine Sorge um die anderen ist. Dies wird noch deutlicher, sobald wir die Sorge um sich als eine Aktivität und Erkenntnispraxis rekonstruieren, die eng mit der parrhesia als einer Form des Wahrsprechens verbunden ist. Foucault selbst geht davon aus, dass die Verbindung der Sorge um sich mit der parrhesia das wesentliche Verdienst der griechisch-römischen Philosophie darstellt: „Die antike Philosophie hat das eine mit dem anderen verbunden: das Prinzip der Sorge um sich selbst (die Pflicht, sich um sich selbst zu kümmern) und das Erfordernis des Mutes, die Wahrheit zu sagen und zu manifestieren“ (MW, 437).
Etymologisch betrachtet bedeutet der griechische Terminus parrhesia einfach nur „alles zu sagen“ (pan „alles“ + rhēsis „das Reden, Sprechen“). [29] Derjenige, der parrhesia gebraucht, sagt alles, die ganze Wahrheit, direkt, unmittelbar und ohne Rücksicht auf sein Gegenüber. [30] Alles zu sagen, kann aber in negativer Weise auch bedeuten, unterschiedslos alles Mögliche zu sagen, sodass die parrhesia nichts weiter wäre als leeres Gerede und Geschwätz (vgl. DW, 10). Darüber hinaus kann sich der Sprecher der parrhesia als einer rhetorischen Strategie bedienen, um sich als mutigen Wahrsprecher zu stilisieren und um seinem Gegenüber zu schmeicheln oder zu imponieren. In der Rhetorik bezeichnet parrhesia (lat. licentia) daher sowohl die offene, freimütige, auf die Wahrheit pochende und sich kritisch an das Publikum richtende Rede als auch die vorgebliche Freimütigkeit, die als Schmeichelei auftritt und auf die Zustimmung der Zuhörer*innen schielt. [31] Das ist das Paradox der parrhesia: Alles zu sagen kann sowohl heißen, die ganze Wahrheit zu sagen, direkt, aufrichtig und ohne Verstellung, als auch, alles Mögliche zu sagen, was einem gerade so in den Sinn kommt, „selbst die für die Stadt allerdümmsten oder gefährlichsten Dinge“ (DW, 12).
Die einzigen Kriterien, die gewährleisten können, dass der Parrhesiast tatsächlich die Wahrheit sagt, sind der Mut, den das Sagen der Wahrheit erfordert, und das Risiko, das damit einhergeht. Diese sind gleichsam die Garantie dafür, dass der Parrhesiast – sich selbst und den anderen gegenüber – aufrichtig ist. In der Tat kann der Preis, den der Wahrsprecher für seinen Mut zu zahlen hat, unter Umständen erheblich sein. Im Extremfall muss derjenige, der sich mit der verletzenden Wahrheit an die Mächtigen richtet – die Volksversammlung in der Demokratie (wie Sokrates an die Athener) oder den Alleinherrscher in der Monarchie (wie Platon an den Tyrannen Dionysios von Syrakus) –, bereit sein, für seinen Freimut mit seinem eigenen Leben zu bezahlen. „Man ‚exponiert‘ sozusagen sein Leben, d. h. man zeigt es und man riskiert es […], indem man es zeigt“ (MW, 305). Dabei handelt es sich jedoch nicht um ein heroisches Subjekt, das losgelöst von dem Redeereignis existieren würde; vielmehr konstituiert sich das Individuum als parrhesiastisches Subjekt, gerade indem es sich – trotz der Gefahr, die vom Anderen ausgeht – an die gesagte Wahrheit bindet. Die parrhesia ist somit eine risikoreiche, gefährliche Praxis mit einem anderen, von dem ich abhängig bin und der „mich gefesselt und gefangengenommen [hat]“ (MW, 18). Im Idealfall kommt es dabei zu einer Art Pakt oder Vertrag zwischen dem, der die Wahrheit kennt, aber nicht über die Macht verfügt, und dem, der zwar die Macht hat, aber nicht im Besitz der Wahrheit ist (vgl. DW, 31). Akzeptiert der Mächtige das parrhesiastische Spiel, so kann er wesentlich davon profitieren; weist er es dagegen zurück, so verspielt er die Möglichkeit, die Wahrheit zu erfahren, während der Parrhesiast Gefahr läuft, seine Leben zu verlieren (RSA, 84). Folglich geht die parrhesia stets mit einem irreduziblen Risiko einher, insofern der Akt, durch den das Individuum sich als Subjekt konstituiert, es zugleich in seiner sprachlichen und körperlichen Existenz bedroht: „Es handelt sich“ bei der parrhesia „also um die Wahrheit mit dem Risiko der Gewalterfahrung“ (MW, 27).
Gerade aber in einer demokratischen Gesellschaftsform, die allen das gleiche Recht einräumt, das Wort zu ergreifen, sind der Mut und das Risiko nur unzureichende Kriterien, um die für die Gemeinschaft und Demokratie förderlichen Formen der parrhesia von ihren schädlichen und gefährlichen Auswüchsen abzugrenzen. Das Paradox der parrhesia ist somit zugleich das Paradox der Demokratie. Denn als eine Verfassung, in der die Macht vom Volk (demos) ausgeht und in der alle, die dem demos angehören, vor dem Gesetz gleich sind, ist die Demokratie „dazu verdammt, allen Formen von parrhesia, selbst den schlimmsten, gleichen Raum zu geben“ (DW, 79–80). Während uns heute diese Problematik durchaus vertraut ist und im Zeitalter von Fake News, Wissenschaftsskepsis, ‚alternativen Fakten‘ und ‚gefühlten Wahrheiten‘ aktuell neue Relevanz erlangt, [32] stellte die Entdeckung der prekären Beziehung zwischen Demokratie und Redefreiheit (parrhesia) für die antiken Autoren eine zuvor unbekannte Schwierigkeit dar. Foucault spricht daher auch von der „Problematisierung“ der parrhesia, die am Ende des 5. Jahrhunderts v. Chr. einsetzt und „eine lange, leidenschaftliche Debatte über die genaue Natur der gefährlichen Beziehungen […] zwischen Demokratie, logos, Freiheit und Wahrheit“ eröffnet (DW, 79–80) – eine Debatte, die bis heute anhält.
Das zentrale Problem besteht darin, dass die Demokratie zwar allen die gleichen Rechte einräumt, sie aber „nicht von sich aus imstande [ist] zu bestimmen, wer die spezifischen Eigenschaften hat, die ihn oder sie befähigen, die Wahrheit zu sprechen (und wer somit das Recht besitzen sollte, die Wahrheit zu sagen)“ (DW, 77). Denn während es politische und institutionelle Regeln gibt, die festlegen, wer wann berechtigt ist, die Stimme zu erheben und das Wort zu ergreifen (in der Versammlung, vor Gericht, im Parlament etc.), sowie formale Regeln und Gesetze, die definieren, wie wir wahre von falschen Urteilen unterscheiden können, gibt es offenbar keine Regeln, die bestimmen, wer qualifiziert ist, die Wahrheit zu sagen – und zwar so, sodass die Einzelnen und das politische Gemeinwesen davon profitieren. Damit kommt es in der Demokratie zu einem folgenreichen Konflikt zwischen einem „egalitären System, das es jedem ermöglicht, parrhesia zu gebrauchen“, und „der Notwendigkeit, unter den Bürgern diejenigen auszuwählen, die fähig sind (aufgrund ihrer sozialen oder persönlichen Eigenschaften), parrhesia so zu gebrauchen, daß sie wirklich der Stadt von Nutzen ist“ (DW, 75–76).
Eine Konsequenz aus diesem Dilemma ist, dass die Praxis der parrhesia schrittweise, wie Foucault historisch rekonstruiert, vom Bereich der Politik auf den Bereich der persönlichen Beziehungen übertragen und „zunehmend mit der Wahl der Existenz, der Wahl []einer Lebensweise“ verbunden wird (DW, 87). Spätestens mit der Etablierung der Monarchie als dominierender Regierungsform ist dieser Wandel vollzogen. Die parrhesia ist nun „nicht länger ein institutionelles Recht oder Vorrecht – wie in der demokratischen polis – sondern viel eher eine persönliche Haltung, eine Wahl des bios“ (DW, 88–89). Denn wenn es keine Regeln gibt, die erlauben festzulegen, wer befähigt ist wahrzusprechen, und wenn die „Beziehung des parrhesiastes zur Wahrheit […] nicht länger durch bloße Aufrichtigkeit oder reinen Mut hergestellt“ werden kann (DW, 76; Hervorh. G. P.), dann gilt es, die Einzelnen durch fortwährende Praxis, Übung und Ermahnung dazu zu bewegen, sich um sich selbst und die Wahrheit zu kümmern. Damit geht die Herausbildung einer ethischen Form der parrhesia einher, die in dem Bereich der „persönliche[n] Beziehungen (zu sich selbst und den anderen)“ angesiedelt ist (DW, 79). Die parrhesia hat von nun an ihren primären Ort nicht länger in der Politik und der politischen Praxis, sondern im Bereich der Erziehung, der persönlichen Führung und „der Konstitution des moralischen Subjekts“ (MW, 22–23).
Das heißt jedoch nicht, dass die parrhesia ihre politische Bedeutung gänzlich eingebüßt hätte. Vielmehr wandelt sich der Begriff, „ohne diese ursprüngliche Bedeutung zu verlieren, […] indem er sich mit dem Prinzip der Sorge um sich selbst verbindet“ (MW, 436). Der von Foucault diagnostizierte Wandel von einer politischen zu einer ethischen parrhesia markiert folglich keine ‚ethische Wende‘. Vielmehr kann er, so meine These, als Indiz für die enge Verschränkung von Ethik und Politik und die genuin ethisch-politische Dimension der parrhesia verstanden werden. Besonders augenfällig wird diese Verschränkung, wenn man die parrhesia als eine politische Subjektivierungsweise rekonstruiert, die konstitutiv mit der Anwesenheit des Anderen verstrickt ist. [33] In dieser Beziehung zum Anderen zeigt sich zugleich die enge Verbindung der parrhesia mit der Sorge um sich. Denn als eine „Praxis des Wahrsprechens über sich selbst“ erfordert die parrhesia „die Gegenwart des anderen“, „der zuhört, der zum Sprechen ermahnt und selbst spricht“ (MW, 18). Desgleichen kann man „sich nicht mit sich selbst befassen, sich um sich selbst sorgen, ohne eine Beziehung zu einem anderen zu haben“, und zwar zu einem anderen, dessen Aufgabe gerade darin besteht, „das Wahre zu sagen, das ganze Wahre zu sagen oder zumindest das ganze nötige Wahre zu sagen“ (RSA, 66).
Foucault spricht in diesem Zusammenhang auch von der parrhesia als einer ‚neuen Ethik‘, die weniger eine Ethik „der Sprache oder des Diskurses im allgemeinen“ ist, als „eine neue Ethik des sprachlichen Verhältnisses zum Anderen“ (HS, 211). [34] Möglich wird diese neue Ethik unter anderem dadurch, dass die Sorge um sich von einer Selbstpraxis, die in der Antike häufig auf das Verhältnis von Lehrer und Schüler begrenzt war, zu einer gesellschaftlichen Praxis erweitert und damit gleichsam politisiert wird, ohne jedoch auf die Politik reduzierbar zu sein. Denn Ziel der parrhesia ist nicht einfach, einen anderen oder die politische Versammlung zu überreden oder für eine bestimmte Sache zu gewinnen, „sondern jemanden zu überzeugen, daß er sich um sich selbst und die anderen kümmern muß, und das heißt, daß er sein Leben ändern muß“ (DW, 109). Die Meinungsänderung, die der Parrhesiast anstrebt, ist somit grundlegender Art: Es geht nicht allein darum, „seinen Glauben oder seine Meinung zu wechseln, sondern seine Art, seinen Lebensstil, seine Beziehung zu anderen und seine Beziehung zu sich selbst zu ändern“ (DW, 110). Ebenso wenig reicht es aus, „daß jemand mutig genug ist, anderen Leuten die Wahrheit zu sagen“; er muss auch „mutig genug zu sein, die Wahrheit über sich selbst zu enthüllen“ (DW, 150, Hervorh. im Orig.).
Analyse und Kritik
In den Blick kommen damit zwei Modalitäten der Verbindung der Sorge um sich mit der parrhesia, die sich beide auf Sokrates zurückführen lassen und zugleich zwei wirkmächtige philosophische Traditionen begründet haben: Platonismus und Kynismus. Die platonische Modalität betont die Bedeutung des Wissens, der Lehre und des Unterrichts (mathemata) und gibt „der Selbsterkenntnis die Form der Selbstbetrachtung“. Auf diese Weise beschränkt sie die politische Dimension und Reichweite der parrhesia, während sie zugleich eine Spaltung „zwischen Seele und Körper“, „zwischen der wahren Welt und der Welt der Erscheinungen“ produziert (MW, 437). Dagegen schränkt die kynische Modalität der Verbindung von parrhesia und Sorge um sich „den Bereich der mathemata so streng wie möglich ein und verleiht der Selbsterkenntnis die privilegierte Form der Übung, der Probe, der Praktiken der Ausdauer“ (MW, 437). Darüber hinaus unterscheiden sich Platonismus und Kynismus in ihrem jeweiligen Bezug zur Wahrheit und zur Andersheit. Im Platonismus, der sich auf die Erkenntnis der Wahrheit, der psyche und des Selbst konzentriert, nimmt diese Andersheit die Form einer anderen Welt an (jenseits der Welt der Erscheinungen). Im Kynismus, in dessen Zentrum der bios, das Sich-selbst-auf-die-Probe-Stellen, der „innerweltliche Kampf gegen die Welt“ stehen, erscheint sie in Form eines anderen Lebens (jenseits aller Konventionen) (MW, 438). In diesem Sinne, so betont Foucault mit Verweis auf Platonismus und Kynismus als den beiden Grenzfiguren der Verbindung der parrhesia mit der Sorge um sich, gibt es „keine Einsetzung der Wahrheit ohne eine wesentliche Setzung der Andersheit; die Wahrheit ist nie dasselbe; Wahrheit kann es nur in Form der anderen Welt und des anderen Lebens geben“ (MW, 438; Hervorh. G. P.). [35]
Die Betonung des ‚und‘ unterstreicht dabei, dass die beiden Modalitäten der Verbindung der Sorge um sich mit der parrhesia weder voneinander ablösbar noch aufeinander reduzierbar sind. Dies gilt auch für die zwei Weisen, die Wahrheit zu problematisieren, die bis heute für die Philosophie maßgebend sind: „Eine Seite ist damit befaßt sicherzustellen, daß das Argumentationsverfahren richtig ist“ (DW, 177); im Zentrum stehen hier die Analyse der Wahrheit, der propositionale Wahrheitsgehalt der Aussagen und die argumentative Gültigkeit der Aussagenverkettung. Die andere Seite befasst sich mit der Bedeutung der Wahrheit für das Individuum und die Gemeinschaft. Hier lautete die Frage: „Worin besteht für das Individuum und die Gesellschaft die Bedeutung, wahr zu sprechen, die Wahrheit zu wissen […], Leute zu haben, die die Wahrheit sprechen, und ebenso zu wissen, wie man diese erkennt?“ (DW, 177–178). Somit lassen sich zwei Traditionslinien identifizieren, die beide ihre Wurzeln in der griechischen Problematisierung der Wahrheit haben: Die erste, analytische Tradition verfolgt eine „Analyse der Wahrheit“, die darauf abzielt, Kriterien des Wahren und des Falschen zu etablieren sowie die Korrektheit von Urteilen zu garantieren. Die zweite, kritische Tradition fragt danach, wer, worüber, mit welchen Folgen und in welcher Beziehung zur Macht die Wahrheit sprechen kann und sollte, d. h. wer überhaupt befähigt ist, die Wahrheit zu sagen, bezüglich welcher Themen und Ereignisse das Wahrsprechen wichtig ist und wie „die Beziehung zwischen der Tätigkeit des Wahrsprechens und der Machtausübung“ ist (ebd.).
Dabei ist entscheidend, dass jede einseitige Fokussierung – entweder auf die Wahrheit als Analyse oder auf die Wahrheit als Kritik – zu kurz greift (auch wenn Foucault sich selbst in der kritischen Tradition verortet). Denn weder erschöpfen sich parrhesia und Sorge um sich in einer rein epistemischen Zugangsweise als Demonstration und (Selbst-)Erkenntnis noch in einer rein asketischen Haltung als Übung und Praxis; vielmehr erfordern und bedingen sie sich gegenseitig. Explizit ausgeblendet wird dieses Bedingungsverhältnis Foucault zufolge mit dem Auftauchen des Cartesianismus: Indem das Prinzip der Sorge um sich und die parrhesia als diskursive Praktiken gegenüber dem Gebot der Selbsterkenntnis und der Wahrheit als Evidenz abgewertet werden, wird zugleich die analytische Perspektive gegenüber der kritischen Perspektive einseitig aufgewertet und privilegiert.
Vor diesem Hintergrund lässt sich Foucaults Beschäftigung mit der parrhesia und der Sorge um sich als Teil seines umfassenderen Projekts verstehen, eine Geschichte des Denkens und „eine Genealogie der kritischen Haltung in der westlichen Philosophie herauszuarbeiten“ (DW, 178). Denn während die klassische Ideengeschichte die „Analyse eines Begriffs“ verfolgt – „von seiner Entstehung an, durch seine Entwicklung hindurch und im Rahmen anderer Ideen, die seinen Kontext bilden“, ist die Geschichte des Denkens „die Analyse der Art und Weise, wie ein unproblematisches Erfahrungsfeld oder eine Reihe von Praktiken, die als selbstverständlich akzeptiert wurden, […] zum Problem werden“: „die Geschichte der Art und Weise, wie Menschen beginnen, sich um etwas zu kümmern, sich um dieses oder jenes zu sorgen – zum Beispiel um Wahnsinn, um Verbrechen, um Sexualität, um sich selbst oder um Wahrheit“ (DW, 78). Als eine solche Geschichte der Problematisierungen ist die Geschichte des Denkens nicht nur eine Geschichte der Sorge um sich und der Sorge um die Wahrheit, sondern auch eine Genealogie der kritischen Haltung in der Philosophie. Denn eine kritische Haltung zu zeigen, bedeutet, so Foucault in „Was ist Kritik?“, ein bestimmtes Verhältnis zu sich selbst und zu anderen einzunehmen: „ein bestimmtes Verhältnis zu dem, was existiert, zu dem, was man weiß, zu dem, was man macht, ein Verhältnis zur Gesellschaft, zur Kultur, ein Verhältnis zu den anderen“. [36] Als ein solches Verhältnis zu sich selbst und zu anderen ist die kritische Haltung, wie Foucault im Anschluss an Kants Aufklärungsschrift formuliert, zugleich ein „Appell an den Mut“, wie er auch für die parrhesia kennzeichnend ist: ein Appell, sich nicht nur seines eigenen Verstandes zu bedienen, [37] sondern auch, „die Wahrheit auf ihre Machteffekte hin zu befragen und die Macht auf ihre Wahrheitsdiskurse“. [38]
Parrhesia und die Sorge um sich als kritische Praxis
Während Foucault in „Was ist Kritik?“ die Genealogie der kritischen Haltung noch ausgehend vom christlichen Pastorat entwickelt, führt er diese in seinen Berkeley-Vorlesungen von 1983 explizit auf die parrhesia und die Sorge um sich zurück. [39] Dabei darf jedoch nicht übersehen werden, dass die Sorge um sich – ebenso wie die parrhesia – in der antiken Kultur ein Privileg darstellt, das allein jenen vorbehalten war, die von der Notwendigkeit, für ihren Lebenserhalt sorgen zu müssen, entbunden waren (vgl. HS, 54). Foucault spricht in diesem Zusammenhang auch von einer „Männermoral“, „die von Männern gedacht, geschrieben, gelehrt wird und an Männer – natürlich freie – gerichtet ist“ und „in der die Frauen nur als Objekte oder bestenfalls als Partner vorkommen, die es zu formen, zu erziehen und zu überwachen gilt“. [40] So verstanden ist das Prinzip der Sorge um sich tatsächlich schwer mit gegenwärtigen care-theoretischen Ansätzen vereinbar, die gerade den Ausschluss aller sorgenden Tätigkeiten aus der Öffentlichkeit und deren Abschiebung in den privaten Bereich der häuslichen, vor allem von Frauen erbrachten, Sorge- und Fürsorgearbeit – einschließlich ihrer neoliberalen Ökonomisierung – kritisieren.
Foucaults Analysen zur Sorge um sich und zur parrhesia lassen sich daher auf zwei Weisen lesen: So könnte man erstens argumentieren, dass seine genealogische Rekonstruktion des Prinzips der Sorge um sich nur einen weiteren Versuch darstellt, den Care- oder Sorge-Begriff dem vorherrschenden Gerechtigkeitsparadigma und dem begrifflichen System der westlichen Metaphysik anzueignen, indem der Sorge-Begriff in eine patrilineale Genealogie eingeschrieben wird, die von der griechischen Antike bis zur Moderne reicht. Gegen diese Lesart spricht allerdings, dass es Foucault weder darum geht, die antike Sorge um sich zu rehabilitieren noch zu reaktivieren. Tatsächlich wendet er sich explizit gegen die Vorstellung, „dass die Philosophie von einem bestimmten Zeitpunkt an auf Abwege geraten ist, […] dass irgendwo in ihrer Geschichte ein Prinzip, eine Begründung existiert hätte und nun wiederentdeckt werden müsste“. [41] Vielmehr zielt Foucaults kritische Genealogie in erster Linie auf die Analyse unsere Gegenwart sowie auf die Entwicklung von Begriffen, die geeignet sind, das, „was heute um uns herum geschieht, zu analysieren und neu zu gestalten“. [42] Vor diesem Hintergrund plädiert die zweite, von mir favorisierte Lesart für eine konsequente Engführung der Sorge um sich mit der parrhesia. Die Reformulierung der Sorge um sich über die parrhesia als einer im Politischen verwurzelten Modalität des Wahrsprechens macht nicht nur deutlich, dass die Sorge um sich immer auch eine Sorge um die anderen ist; sie bietet auch die Chance, den Care-Begriff aus seiner Verschränkung mit der geschlechtlich konnotierten und auf den privaten Bereich begrenzten Sorgearbeit zu lösen sowie die klassische Grenzziehung zwischen dem Privaten und dem Öffentlichen neu zu politisieren.
Diese zweite Lesart und damit die politisch mobilisierende Kraft der Sorge um sich und der parrhesia lässt sich, wie ich abschließend skizzieren möchte, am Beispiel von Sophokles’ Antigone explizieren. Denn Antigone sorgt sich um sich selbst und die anderen (ihren Bruder Polyneikes, ihre Schwester Ismene, Kreon, die Polis etc.), nicht nur, indem sie den Leichnam ihres Bruders – dem ungeschriebenen, göttlichen Gesetz folgend und das menschliche Gesetz Kreons übertretend – symbolisch beerdigt, sondern auch, indem sie Kreon die Wahrheit unerschrocken ins Gesicht sagt und sich an die von ihr gesagte Wahrheit bindet: „Ja, ich bekenne, und ich leugne nicht.“ [43] Die Sorge um sich und die anderen ist dabei keinesfalls auf den privaten Bereich beschränkt, vielmehr erfordert sie für ihr Gelingen notwendig die offene und freie Rede. So erinnert Antigone ihre Schwester Ismene nicht nur daran, dass sie sich weniger um sie, Antigone, als vielmehr um sich selbst sorgen solle; sie weist zudem Ismenes Zusicherung, Antigones Pläne nicht zu verraten, harsch mit den Worten zurück: „Oh! Rede nur! Dein Schweigen hasse ich noch mehr, als wenn du’s allen laut verkündest.“ [44] Deutlich wird hier, dass die parrhesia eine Form des Wahrsprechens ist, „die seitens des Sprechenden einem Engagement gleichkommt, einer Bindung, einer Art Pakt zwischen Aussagesubjekt und Verhaltenssubjekt“ (HS, 495–496). Durch diesen Pakt verpflichtet sich das sprechende Subjekt, „Subjekt eines Verhaltens zu sein, das Punkt für Punkt der Wahrheit folgt, die es ausgesprochen hat“, was impliziert, dass „die Wahrheit nicht ohne ein exemplum gelehrt werden“ kann: „Die Wahrheit läßt sich nicht lehren, ohne daß derjenige, der die Wahrheit spricht, ein Beispiel dieser Wahrheit gibt“ (ebd.), wie etwa Sokrates, wenn er seinen Richtern gegenübertritt, oder wie Antigone, die sich Kreon gegenüber offen zu ihrer Tat bekennt. [45]
Es sollte jedoch nicht vergessen werden, dass in der männlich dominierten Kultur der Antike Antigone das Privileg der parrhesia ebenso verwehrt ist wie das der Sorge um sich. Wenn sie dennoch spricht, wenn sie sich mit ihrer Rede offen gegen Kreon stellt und sich damit zugleich um sich selbst und die anderen kümmert, so gelingt ihr dies nur durch die katachrestische Aneignung gerade jener Begriffe und Normen, von denen sie ausgeschlossen ist und die nicht die ihren sind. [46] Ein solch katachrestischer Akt der Wortergreifung ereignet sich, so Judith Butler in ihrer Antigone-Lektüre, „wenn diejenigen, die weniger als Menschen zählen, beginnen, als Menschen zu sprechen, wenn die Geschlechterzugehörigkeit verschoben wird und die Verwandtschaft an ihren eigenen begründenden Gesetzen zerbricht“. [47] In diesem Sinne impliziert Antigones Bündnis mit sich selbst zugleich einen Bruch. Denn in dem Moment, so Butler, „in dem sie sprachlich zu handeln beginnt, trennt sie sich auch von sich selbst. Ihre Tat ist niemals völlig die ihre, und wenn sie sich auch der Sprache bedient, um ihre Tat für sich zu beanspruchen, eine ‚männliche‘ und trotzige Autonomie zu beweisen, kann sie diese Tat performativ nur vollziehen, indem sie in sich die Normen jener Mächte verkörpert, gegen die sie sich wendet.“ [48] Tatsächlich verletzt Antigones Sprechen und Handeln nicht nur Kreons Gebot; es fordert zugleich die herrschende politische Ordnung heraus, zu der die Ordnung der Geschlechter ebenso wie die Grenzlinien zwischen dem Öffentlichen und dem Privaten gehören. Daher wiegt für Kreon der Umstand, dass Antigone „mit der Tat sich brüstet“ und ihn verhöhnt, [49] letztlich schwerer als die eigentliche Übertretung seines Gebots. Denn es ist nicht kraft der Beerdigung ihres Bruders, sondern kraft ihres parrhesiastischen Sprechakts, dass Antigone sich als wahrsprechendes Subjekt konstituiert und Kreon symbolisch kastriert: „Ich wär nicht mehr der Mann, der Mann wär sie, wenn solche Tat ungeahndet bliebe.“ [50]
Sein kritisch-emanzipatorisches Potential vermag das Sprechhandeln von Antigone jedoch erst dadurch zu entfalten, dass es die parrhesia und die Sorge um sich auf konstitutive Weise miteinander verbindet. Denn nur indem Antigone sich sowohl um sich selbst als auch um die Wahrheit sorgt, ist ihr Sprechakt gegenüber Kreon mehr als bloße Torheit oder närrischer Hochmut; und nur indem sie sich öffentlich an die von ihr gesagte Wahrheit bindet, bleibt ihre Sorge um sich und die anderen (um Polyneikes und Ismene ebenso wie um Kreon und die Polis) nicht auf den privaten und persönlichen Bereich beschränkt, sondern entfaltet ihre politisch-subversive Kraft. In den Blick kommt damit das, was wir eine parrhesiastische Sorge um sich nennen könnten: So wie die parrhesia zum leeren Geschwätz wird, zur für die Demokratie und die Gemeinschaft gefährlichen Rede, wenn sie nicht von der Sorge um sich und die anderen getragen ist, so bleibt die Sorge um sich und die anderen gleichsam stumm im Bereich des Privaten und der persönlichen Beziehungen gefangen, wenn sie nicht mit dem Mut zur Wahrheit und dem Risiko der Wortergreifung einhergeht. Kreons tyrannische Machtausübung und letztendliches Scheitern rühren dagegen daher, dass er weder für sich selbst noch für die anderen Sorge zu tragen vermag. Das wiederum hat zur Folge, dass er nicht fähig ist, sich auf das parrhesiastische Spiel einzulassen, in dem diejenigen, die über die Wahrheit, aber nicht über die Macht verfügen, sich an jene wenden, die zwar die Macht haben, aber nicht im Besitz der Wahrheit sind. [51] Die konstitutive Verbindung der parrhesia mit der Sorge um sich zeigt sich dabei nicht nur in der antiken Figur der Antigone, sondern auch in aktuellen Formen der politischen Wortergreifung und des politischen Widerstands. Dies illustriert auf eindrückliche Weise Edward Snowden in seinem ersten öffentlichen Interview nach seiner Flucht aus den USA, wenn er auf die Frage, was ihn – trotz des damit verbundenen Risikos – bewogen habe, mit seinen Enthüllungen über die Abhörpraktiken der amerikanischen Geheimdienste an die Öffentlichkeit zu gehen, explizit die Sorge um sich und die anderen nennt. [52]
Ausblick: Die Sorge um sich und die Sorge um die Wahrheit
Daraus lassen sich abschließend zwei Folgerungen ziehen: Einerseits ist die Sorge um sich und die anderen eng verwoben mit der Rolle der Macht in der Beziehung zwischen dem Subjekt und der Wahrheit; andererseits entwickeln parrhesia und Sorge um sich erst in ihrer konstitutiven Bezogenheit aufeinander, d. h. als parrhesiastische Sorge um sich, ihr kritisches und emanzipatorisches Potential. Denn ebenso wie die parrhesia sowohl in der Sorge um sich und die anderen als auch in der Sorge um die Wahrheit verwurzelt sein muss, wenn sie nicht zum leeren Gerede und Geschwätz werden will, das die demokratische Gemeinschaft und gesellschaftliche Solidarität gefährdet und bedroht, droht die Sorge um sich in bloßen Selbstkult, xenophobe Abschottung oder paternalistische Fürsorge umzuschlagen, wenn sie nicht an die ethisch-politische Praxis der parrhesia zurückgebunden ist. Eine solche Vereinseitigung zeigt sich sowohl in der Figur der besorgten Bürger*in, die die Ansprüche und Bedürfnisse anderer negiert, während sie die eigene Sorge verabsolutiert und gegen jede Infragestellung immunisiert, als auch im politischen Modell des Fürsorgestaates, in dem sich die „politische[] Macht, die auf bürgerliche Untertanen ausgeübt wird“, mit der „pastoralen Macht, die sich auf die lebenden Individuen richtet“, verbindet. [53] Sie zeigt sich aber auch in der neoliberalen ‚Ver-care-ung‘ der Sorge um sich in einen verpflichtenden Individualismus für alle, der die Freiheit zur Norm erklärt und die Menschen in Unternehmer ihrer selbst verwandelt. [54]
Auf Basis dieser Überlegungen lässt sich nun auch das Problem reformulieren, das Foucault in seinen Vorlesungen Hermeneutik des Subjekts noch unlösbar erschien: nämlich die „Unmöglichkeit […] heute eine Ethik des Selbst zu begründen, obwohl es doch eine dringende, grundlegende und politisch unabdingbare Aufgabe wäre, eine Ethik des Selbst zu begründen, wenn es denn wahr ist, daß es keinen anderen, ersten und letzten Punkt des Widerstands gegen die politische Macht gibt als die Beziehung seiner selbst zu sich“ (HS, 313). Unmöglich erscheint eine solche Ethik des Selbst aber nur, wenn man verkennt, dass jedem Selbstverhältnis notwendig ein Moment der Alterität eingeschrieben ist. Verbinden wir dagegen die parrhesia mit der Sorge um sich und erkennen wir an, dass jede Selbstbeziehung immer auch eine Beziehung mit anderen ist, dann erscheint vielleicht nicht nur „eine neue Ethik des sprachlichen Verhältnisses zum Anderen“ (HS, 211) möglich, die Foucault vor Augen hat, sondern auch eine neue Ethik und Politik der Sorge um sich und die anderen, die zugleich eine Sorge um die Wahrheit ist.[55]
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