Abstract
Am Beispiel volkssprachiger Blockbücher und Inkunabeln untersucht der Beitrag die Auswirkungen unterschiedlicher Druckverfahren auf die Zeichensetzung und andere Mittel der Textsegmentierung (z. B. Majuskel, Alinea, Spatium, Einrückung). Bei Blockbüchern handelt es sich um seitenverkehrt in Holztafeln geschnittene und dann im Reibe- oder Pressverfahren vervielfältigte Texte. Als Inkunabeln bezeichnet man die frühesten, mit beweglichen Lettern hergestellten Drucke bis einschließlich 1500. Blockbücher und Inkunabeln existierten ein halbes Jahrhundert mit- und nebeneinander; die unterschiedlichen technischen Anforderungen verlangten aber einen anderen Umgang mit der Textvorlage. Während der Letterndruck den Bedingungen des typographischen Satzes unterlag (z. B. einheitlicher Zeilenfall), punktuell aber die Möglichkeit der Nachbesserung bot, erlaubte der Holztafeldruck eine in vielerlei Hinsicht freiere Textgestaltung, die angesichts der Endgültigkeit des geschnittenen Texts eine sorgfältigere Planung voraussetzte. Die Untersuchung zeigt, dass der Blockdruck den individuellen Charakter von Texten stärker berücksichtigte und dabei den Einsatz textsegmentierender Mittel beförderte. Der Letterndruck war hingegen deutlich von Bestrebungen zu Vereinheitlichung und Ökonomie geprägt.
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