Abstract
Sebald Heydens Gesprächsbuch Formulae Puerilium Colloquiorum, 1526 in Nürnberg entstanden, war ursprünglich für den Lateinunterricht in den unteren Klassen der Nürnberger Sebaldusschule konzipiert. Das Lehrbuch besteht aus 27 lateinischen Dialogen, denen als Lernhilfe deutsche Übersetzungen beigegeben sind. Die Dialoge sind denkbar einfach konstruiert, mit zwei Gesprächspartnern und kurzen Sätzen, und legen Wert auf die Vermittlung des lateinischen Alltagswortschatzes, wie er in den Lateinschulen ab einem bestimmten Alter obligatorisch war. Doch weniger als ein Jahr nach seiner Entstehung verbreitete sich das Gesprächsbuch weit über den Nürnberger Raum hinaus, Drucke sind für das Jahr 1527 in Erfurt, Krakau und Straßburg nachweisbar. Bis zum Ende des 16. Jahrhunderts war das Werk über einen Großteil Mittel- und Osteuropas verbreitet, neben Latein und Hochdeutsch finden sich sehr schnell drei-, vier- bis fünfsprachige Ausgaben mit weiteren Sprachen wie Niederdeutsch, Polnisch, Tschechisch, Ungarisch, Französisch oder Russisch. Für den außerordentlichen Erfolg des Lehrwerkes spricht auch, dass Drucke bis ins späte 18. Jahrhundert belegt sind.
Der Beitrag wird sich mit den zahlreichen, durch die weite räumliche Verbreitung des Werkes bedingten Varianten im Bereich der Lexik in einigen ausgewählten Drucken beschäftigen. Die verschiedenen Varianten werden exemplarisch dokumentiert und die jeweilige Motivation für Bezeichnungswechsel nachgezeichnet. Dabei wird sich zeigen, dass offensichtlich nicht immer nur sprachgeographische Gründe für solche Bezeichnungswechsel ausschlaggebend waren.
In Memoriam Jörg Riecke (1960–2019), der das Projekt zu Sebald Heydens Formulae initiierte und leitete und dessen fachliche Expertise, noch mehr aber dessen menschliche Qualitäten uns sehr fehlen.
5 Literatur
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