Zusammenfassung
In der Untersuchung wird die Frage erörtert, ob Politikversagen eine wesentliche Mitursache für die hohe Arbeitslosigkeit und die Krise des deutschen Sozialstaates ist. Der Verfasser stellt zunächst das Politikversagen in der Sozialversicherungspolitik, insbesondere in Form der vorgezogenen Altersrente und der Verletzung des Prinzips der Selbstverwaltung sozialer Angelegenheiten, dar. Die Verletzung dieses Prinzips zeigte sich vor allem und am deutlichsten darin, dass Sozialleistungen für die Bevölkerung Ostdeutschlands durch Sozialbeiträge der westdeutschen Arbeitgeber und Arbeitnehmer statt durch Steuern finanziert wurden. Er geht dann auf das Politikversagen in der Europapolitik ein, das in der Verwirklichung der Wirtschafts- und Währungsunion vor der Herstellung der Politischen Union liegt und einen aggressiven innereuropäischen Steuerwettbewerb mit negativen Folgen für die öffentlichen Haushalte und die Beschäftigung in der Bundesrepublik ermöglichte. Schließlich geht er auf die Überforderung der Arbeitsmarktpolitik ein. Diese Überforderung ist einerseits eine Folge des mit dem Vertrag von Maastricht verbundenen Verzichts auf eine Beschäftigungspolitik mit Hilfe der Geld- und Währungspolitik sowie der Verdrängung des nachfrageorientierten, keynesianischen Konzepts der Beschäftigungspolitik durch das Konzept der angebotsorientierten Wirtschaftspolitik. Andererseits beruht diese Überforderung auf einer Überschätzung der möglichen Beschäftigungseffekte der Arbeitsmarktpolitik.
Summary
The author deals with the question, whether political failure is an important cause of the high unemployment and of the crisis of the german welfare state. He starts with a desription of political failure in the field of social security politics in form of installing early retirement pensions before reaching the normal retirement age and in form of violating the principle of selfgovernment of the social insurance institutions especially by financing social expenditures for the east-german population by the contributions of the west-german employers and employees to social insurance instead by taxes. Another political failure is seen in establishing the European economic and currency union before realizing the political union. This mistake in timing the steps to European integration created the possibility for an aggressive tax-competition and injured employment as well as the tax revenues in countries with higher taxes. Finally the overcharge of labor market policy is regarded. This overcharge is on one side a consequence of the Maastricht Treaty, which charges to renounce a national employment policy and on the other side a consequence of overestimating the possible employment effects of labor market policy.
© 2005 by Lucius & Lucius, Stuttgart