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BY 4.0 license Open Access Published by De Gruyter April 9, 2022

Jutta Seeger-Vollmer: Schwer lesbar gleich texttreu? Wissenschaftliche Translationskritik zurMoby-Dick-Übersetzung Friedhelm Rathjens. Berlin: Frank & Timme 2021. (= TransÜD. Arbeiten zur Theorie und Praxis des Übersetzens und Dolmetschens. 116). 520 S., 68 Euro

  • Hartwig Kalverkämper EMAIL logo
From the journal Lebende Sprachen

Rezensierte Publikation:

Jutta Seeger-Vollmer: Schwer lesbar gleich texttreu? Wissenschaftliche Translationskritik zur Moby-Dick-Übersetzung Friedhelm Rathjens. Berlin: Frank & Timme 2021. (= TransÜD. Arbeiten zur Theorie und Praxis des Übersetzens und Dolmetschens. 116). 520 S., 68 Euro


1. Seit Beginn der Reihe TransÜD im Jahr 2000 besteht die Maßgabe, dass der Buchumschlag der Bände eine Brücke, das architektonische ‚Trans‘ für translatologische Arbeiten, zeigen soll – als abbildendes Photo, als Zeichnung, als künstlerischen Einfall. Auf dem Band des vorliegenden Werkes sieht man die schöne Federzeichnung einer beidseitig in den Grundpfeilern unfertigen Bogen-Steinbrücke, über die kein Weiterkommen, kein Transfer von der einen zur anderen Seite des Weges möglich ist. Diese Unvollkommenheit und offensichtliche Dysfunktionalität eines «Trans»port-Mediums finden ihre symbolische Evidenz, gleichsam als zerstörte Metapher des Transfers, schon auf der ersten Seite [5] mit einer beeindruckenden Gegenüberstellung; diese ist so zentral für das Buch, dass sie dem Lesepublikum nicht vorenthalten sein soll, als rhetorische transmutatio einer Fremdaussage (Friedhelm Rathjen, links) durch die Autorin J. Seeger-Vollmer (rechts):

Absicht„Nach den Kriterien, die ich an eine Übersetzung herantrage, ist die elegante Übersetzung eines uneleganten Textes (wie auch die sprachmächtige Übersetzungeines hingestotterten Textes oder die schillernde Übersetzung eines stumpfen dumpfen Textes)eine schlechte Übersetzung: sie vergeht sich am Original.“

und Wirklichkeit„Nach den Kriterien, die ich an eine Übersetzung herantrage, ist die unelegante Übersetzung eines eleganten Textes (wie auch die hingestotterte Übersetzung eines sprachmächtigen Textes oder die stumpfe dumpfe Übersetzung eines schillernden Textes) eine schlechte Übersetzung: sie vergeht sich am Original.“

In diesem zweigliedrigen Motto der Autorin („Absicht – und Wirklichkeit“) ist alles beschlossen, was der vorliegende Band anspricht und leisten soll und tatsächlich auch bietet – es formuliert das Programm des Buches von J. Seeger-Vollmer.

Da stehen sich offenkundig zwei Credos translatologischen Anspruchs gegenüber, verpackt als Maßgaben von Evaluation, als Qualitätsmaßstäbe für die Beurteilung von Translaten, als übersetzerische Leistungsbereitschaft und rezeptive Erwartungshaltung. Rathjen will keine translatorischen Eingriffe, sondern verfolgt ein Ethos der unbedingten Ausgangstext-Nähe und geht hier drastisch von einem mängelbehafteten Original aus; J. Seeger-Vollmer dagegen verlangt ausgangssprachliche Sensibilität und zielsprachliche Kompetenz und hat den poetisch anspruchsvollen Originaltext im Blick. Ihre „Wirklichkeit“, wie sie da steht, markiert bereits ihre fundamentale Kritik an einer Übersetzungsleistung, die als solche schwer lesbar, sachfalsch und sprachproblematisch, also als schlechtes Können daherkommt, doch ebendieses hochstilisiert als angeblich einer unabdingbaren Nähe direkt am Original geschuldet, wie es ja als Konsequenz aus Rathjens „Absicht“ zu ziehen wäre – und wie es Rathjen in der Tat auch so praktiziert. Eben seine angebotene Übersetzungsleistung von Melvilles Moby-Dick befremdete die Autorin derart und erschwerte ihr Leseverständnis in einer so bedrückenden Weise, dass sie als ausgewiesene Translationswissenschaftlerin hier nun die fundamentale Frage zu beantworten sucht, worin die Rezeptionshemmnisse, die Befremdlichkeiten, die syntaktischen Unverständlichkeiten, die semantischen Fehlgriffe dieser deutschen Übersetzungsversion (von Fr. Rathjen) gründen [17].

2. Um es gleich zu betonen: Es handelt sich dabei nicht um kleine lässliche Übersetzungsungenauigkeiten aus dem Englischen ins Deutsche, nicht um tolerierbare einzelne Verschwurbelungen der deutschen Sprache. Vielmehr seien nur drei Beispiele aus einem sehr umfangreichen Beleg-Corpus [63–66 und auf praktisch jeder Seite im ganzen Buch; die folgenden Zitate auf S. 66] übersetzerischen Unvermögens zur Illustration von Rathjens Übersetzungsstil vorgestellt:

„Denn, um gar nicht auf dieses hinzuweisen: daß es eine Ableitung aus gewissen kanonischen Lehren ist, daß einigen natürlichen Freuden hienieden keine Kinder für die andere Welt geboren werden sollen, sondern ganz im Gegenteil die Freudenkindeslosigkeit der ganzen Höllenverzweiflung auf sie folgen soll.“

„In dem Augenblick, ehe das Boot noch zersprengt, hatte Ahab als erster, der des Wales Vorsatz wahrgenommen, nämlich an dem verschlagenen Hochstemmen seines Kopfes, einer Bewegung, welche bis auf weiteres seinen Halt fahrenließ; in dem Augenblick hatte seine Hand einen letzten Versuch unternommen, das Boot aus dem Biß herauszuschieben. [...] Unterdes hatte Ahab in dem Schaum von des Wales ungebührlichem Schwanze geschmort, und da er zum Schwimmen zu sehr Krüppel, [...].“

„Und solchermaßen häufen solche Herzen vermöge Zusammenzugs bei jedem einzelnen Leid; häufen sie doch, wenn’s die Götter so bestimmen, zu Lebzeiten ein ganzes Zeitalter von Weheleid an, welches ganz und gar aus der durchdringenden Tiefe einzelner Augenblicke besteht; denn sogar in ihren Mittelpunkten ohne Mitte enthalten diese edlen Naturen die gesamten Umkreise gemeinerer Seelen.“

Hier sei lediglich eine Stelle aus den obigen drei Fällen kurz im Vergleich dargestellt (sie ist oben unterstrichen), um den Zusammenhang von fehlender Übersetzungskompetenz und falschem Deutsch zu skizzieren:

Im englischen Originaltext lautet der unterstrichene Kurzsatz: Meanwhile Ahab half smothered in the foam of the whale’s insolent tail, [...]. Rathjen verwechselt hier „to smother (‚ersticken‘) mit ‚schmoren‘. – Die obsolete Bedeutung von insolent ist ‚stolz‘, ‚hochmütig‘, ‚arrogant‘ “ [127]. J. Seeger-Vollmer korrigiert folglich die oben unterstrichene Textstelle zu: „Währenddessen erstickte Ahab fast in dem Schaum, den der stolze Walschwanz aufpeitschte“ [128].

Derartige Textverrenkungen durch Rathjens Übersetzung sind, wie die Übersetzungskritik von J. Seeger-Vollmer für den Roman nachweist, Legion, und sie behindern somit massiv hemmend den Lesefluss, stören erschwerend das Textverstehen, verhindern die narrativ-poetische Wirkung, beeinträchtigen den Gesamteindruck von dem literarischen Werk und erst recht vom schriftstellerischen Ingenium des Autors. Als ob Herman Melville auf Englisch in solcher Weise für sein Lesepublikum des 19. Jahrhunderts geschrieben hätte! Der Übersetzungstext von Rathjen liest sich über „weite“ Teile „wie eine schülerhafte Rohübersetzung; mitunter könnte man sogar glauben, er sei von einem Nichtmuttersprachler verfasst worden. Das Vokabular wirkt häufig verschroben und nicht treffsicher“ [66]. J. Seeger-Vollmer nennt „sprachunübliche, krause Ausdrücke“, „holprigen Stil“, „laien- und stümperhaft“ wirkende Textteile, unkorrekte und nicht einheitlich verwendete Fachtermini (insbesondere der Walkunde [cetology] und des Walfangs), absichtliche und „durchgängige Archaisierung des Textes“, Unverständlichkeit von Zusammenhängen und Inhalten aufgrund „seltsame[r] Wortschöpfungen“, „unübersichtliche[r] Satzstrukturen“ und „exzessive[n]“, im Deutschen nicht so eingesetzten, ja ungrammatischen „Gebrauch[s] von Partizipialkonstruktionen“, die „Nichtbeachtung der Wortstellung in deutschen Nebensatz-Hauptsatzkonstruktionen“, „falsche Verwendung und Zuordnung von Pronomen“, „falsche Interpunktion“ „und dergleichen mehr“. „Besonders irritierend sind die zahllosen widersinnigen Sätze, bei denen man sich fragt, ob Melville tatsächlich so einen Unsinn verfasst haben könnte“ [Zitate S. 67 f.].

In der Tat müssten ja nach Rathjens eigener Positionierung, eingangs (s. o. Punkt 1.) zitiert als „Absicht“, diese sprachlichen Verkrümmungen, Unzulänglichkeiten und Fehler, diese gravierenden Textmängel und die inhaltlichen Unverständlichkeiten eigentlich dem ausgangssprachlichen Original anzulasten sein, das sich so als eine Sprachruine, als eine Erzählhalde, als ein Text ohne Qualität anböte. Dass dies bei diesem Jahrhundertroman der Weltliteratur nun keinesfalls zutrifft, zeigt sich vielmehr in der allfälligen Poetizität auf den Stilebenen mit einer breit genutzten stilistischen Vielfalt, bei der Wortwahl mit einem subtil eingesetzten Spektrum verschiedener Ausdrucksebenen, in der Figurenrede mit eigens prägenden Sozio- und Dialekten, und bei den fachlich geprägten Textteilen mit penibel in Fachbüchern angelesenen Kenntnissen sowie selbst auf einem Walfangschiff praktisch erfahrenem, akkuratem Fachwissen [70]. „Melvilles Moby-Dick ist ein sehr elaborierter, äußerst kunstvoll gestalteter Text, dessen Übersetzung neben exzellenten sprachlichen, literaturwissenschaftlichen und fachlichen Kenntnissen und einem profunden Hintergrundwissen auch viel Sprachgefühl und Intuition verlangt.“ [56]

3. Die hierzu notwendigen Hintergründe und Informationen bietet J. Seeger-Vollmer mit einem eigenen Themenkapitel III. zum Buch Moby-Dick [43–62], seinem Autor (1819–1891) und seinem Werk, insbesondere diesem einen von fast 600 Seiten Umfang (ersch. 1851) und seinen Übersetzungen ins Deutsche, wobei sie sich auch eigens der Kontroverse zwischen den Moby Dick-Übersetzern Matthias Jendis (1959–2009 durch Unfall), erschienen 2001 bei Hanser, und Friedhelm Rathjen (geb. 1958), erschienen 2004 bei Zweitausendeins, übernommen 2007 vom marebuchverlag, widmet [Kap. 4.2]. Insgesamt zieht J. Seeger-Vollmer aktiv sieben Übersetzungen zu gelegentlichen Stellenvergleichen in ihren kritischen Studien mit heran [515].

Rathjen hat sich zu den Grundsätzen seines Übersetzens geäußert (2007) [71], die J. Seeger-Vollmer eigens ausbreitet [Kap. IV., 3: „Übersetzungsmaximen“, 71–88] und zugleich kritisch kommentiert – mit dem Schluss, dass sie sich „als äußerst widersprüchlich und unausgegoren“ erweisen [71]. Rathjens Verständnis und erst recht Praxis von „verfremdender Übersetzungsmethode“ entlarvt sich als selbstherrlich – er bezeichnet sich selbst als „selbstgerechten Übersetzer“ (2019) [519] – und zeigt „ein erschreckendes Missverständnis, was die Rolle eines Übersetzers betrifft“ [74]; denn Rathjen fordert äußerste Texttreue ein: „Ich verlange dem Übersetzer ein gerüttelt Maß an Sturheit ab: er hat nicht abzuweichen von der Linie dessen, was der Quelltext ihm vorgibt“ [74], wie Rathjen (2019) schreibt. Doch J. Seeger-Vollmer macht anhand seiner vielen konkreten Übersetzungsfehler dazu deutlich, zu welchen „zahllosen peinlichen wörtlichen“ und „abstrusen Übersetzungen“ seine selbstpropagierte „Sturheit“ führt, wie beispielsweise „davonlaufender Wal“ für running whale. [74] Ein kommentierendes Übersetzungsverfahren, wie es J. Seeger-Vollmer bei einem solchen komplexen Roman berechtigt für angebracht hält [88–92], ist für Rathjen mit einer solchen Haltung undenkbar [86].

Diese Kritiken verfolgt J. Seeger-Vollmer vor dem Hintergrund eines von ihr zugrunde gelegten Translationsmodells, das sie für die Qualitätsprüfung literarischer Übersetzung als geeignet erkennt: die Übersetzungstheorie und -kritik von Katharina Reiß (1923–2018) (insbesondere ihr Buch Möglichkeiten und Grenzen der Übersetzungskritik: Kategorien und Kriterien für eine sachgerechte Beurteilung von Übersetzungen. München: Hueber 1971), bei der sie in Heidelberg auch studiert hat. Sie bezieht auch Aspekte der Arbeiten von Werner Koller und zum Funktionalen Übersetzen von Christiane Nord mit in ihre Abwägungen ein. Die Grundsätze der Theorie werden in Kap. II. [23–41] detailliert referiert und dienen in den Kategorien als Rahmen für die konkrete Kritik an der Moby-Dick-Übersetzung von Rathjen im Kap. V., dem reichen Hauptteil des Bandes [93–497].

4. Die Kategorien von K. Reiß finden in dem umfänglichen Kapitel V. ihre detaillierte Anwendung, und zwar als fünfstufiger (V.a. bis V.e.) Strukturrahmen für die kritischen Analysen zur Rathjen-Übersetzung (hier nun 4.1. bis 4.5.):

4.1. So beginnt J. Seeger-Vollmer zunächst mit den „Kriterien der literarischen Kategorie“ (V.a. [93–96], [37f.]), die sich auf den Texttyp („formbetont“) und die zu ihm passende Übersetzungsmethode bezieht. Der Roman enthält aber neben den „Prosagedichten“, „Theaterszenen“, „Aphorismen“ und „Apostrophen“ auch inhaltsbetonte Textteile wie „cetologische Beschreibungen“ oder „juristische und philosophische Abhandlungen“ [95]; nicht zuletzt sind auch appellbetonte Textteile auszumachen. Auf diese Vielfalt muss die Übersetzung auch „innersprachlich“ eingestellt sein.

4.2. Sodann folgen die „Kriterien der sprachlichen Kategorie“ (V.b. [97–343], [38f.]). Hier weist J. Seeger-Vollmer einen vierfachen Negativitätskatalog ihrer Übersetzungskritik aus: er reicht von (1) der „nichtäquivalenten Übertragung der [Semantik]“ mit Fällen „mangelhafter ausgangs- und zielsprachlicher Kompetenz“ über (2) die „nichtadäquate Übertragung der [Lexik]“ und (3) die „nichtkorrekte Übertragung der [Grammatik]“ bis zur (4) „nichtkorrespondierenden Übertragung der [Stile]“. Bei der Semantik (1) handelt es sich um Vokabelfehler, Verständnisprobleme, Nichterkennung von Homonymen, Redewendungen etc. Bei der Lexik (2) zeigt sich „mangelhafte Recherche-, Fach- und Sachkompetenz“ durch „fehlerhafte Fachterminologie“, „Nichterkennung von Schlüsselwörtern“, „ungenügende Wiedergabe von Vergleichen“ und Metaphern sowie Wortspielen u. a. Die Grammatik (3) weist Fehler auf, die eine „mangelhafte zielsprachliche“ sowie „ausgangssprachliche Kompetenz“ in den je sprachentypischen Morphologien und Syntaxeigenheiten offenbaren. Die Stilistik (4) lässt „mangelhafte Sachkompetenz“ erkennen bei lexikalischen und lautlichen Wiederholungen, bei Personifikationen, Synästhesien, Lautmalereien und vielen anderen Fällen; auch zeigt sich eine breite Eigenmächtigkeit des Übersetzers durch Einschübe von gesprochensprachlichen oder von dialektalen u. a. Elementen, durch „Gleichschaltung von Prosa- und Lyrikpassagen“ und etliche weitere Fälle.

4.3. Es schließen sich danach die „Kriterien der pragmatischen Kategorie“ an (V.c. [345–409], [39]), also die „außersprachlichen Determinanten“ einer Übersetzungskritik [345]. Sie sind in ihrem Sachbezug (cetology ‚Walkunde‘), Zeitbezug (das soziale und kulturelle Epochen-Flair des 19. Jahrhunderts) und Ortsbezug (Amerika jener Zeit, Walfangschiff auf dem Ozean) von besonderem Belang, damit sich die Übersetzung wie das Original adäquat für den Leser einordnen und entsprechend nachvollziehen lässt. Hier analysiert und diskutiert J. Seeger-Vollmer die übersetzerischen Entscheidungen Rathjens mit ihren „deutliche[n] Sinnfehler[n] und Ungereimtheiten“ [359] und in seinem „selbst-gemachten Sonder-Deutsch“ [361]; so – als nur ein Beispiel aus den vielen Belegstellen – übersetzt Rathjen den englischen Originalsatz the timidity and liability to queer frights, so common to such whales mit „die Mutlosigkeit und Geworfenheit in absonderliche Schrecknis, die unter solchen Walen so verbreitet“, was, wie J. Seeger-Vollmer kritisiert, sach-inadäquat einen Terminus aus Heideggers Existenzphilosophie für die Wale wählt (‚Geworfenheit‘) und auch mit ‚Mutlosigkeit‘ unangemessene Konnotationen anspricht; stattdessen verbessert sie sachadäquat zu: „die unter diesen Walen so verbreitete Scheu und Neigung zu einer seltsamen Schreckhaftigkeit“ [362].

Zu den Pragmatica gehören auch der Bezug zum ausgangssprachlichen – hier englischsprachigen – Empfänger (Leser) [364–380] und die Sprecherabhängigkeit, die sich ihrerseits in diesem Roman vielseitig in der Figurenrede zeigt, indem verschiedene Sprechregister von den einzelnen Romanhelden – die Autorin widmet sich speziell fünf Personen [382–401] – verwendet werden, was übersetzerisch natürlich eine sprachsensible Aufgabe bedeutet. So durchziehen Bibelzitate (“für Melville eine der wichtigsten Quellen“ [365]), (“überaus reiche“ [371]) Shakespeare-Zitate und Wissenschafts-Zitate (über den Wal und den Walfang [365]) den Roman [365–377] und geben ihm so seine spezifische – intertextuelle – Signalwirkung an den Leser; J. Seeger-Vollmer verlangt völlig zu Recht, dass ein Übersetzer dies den Autor-Intentionen sowie den Textstellen entsprechend erkennen und für seinen zielsprachigen Leser übersetzen muss. Über Seiten weist sie nach, dass Rathjen dieser Aufgabe nicht gewachsen war, und erklärt die notwendigen sprachlichen Zusammenhänge, soziokulturellen Kontexte und Wirkungsweisen der autorgewollten Verwendung an der jeweiligen Stelle des Romans – geradezu prototypisch für eine verantwortungsbewusste Übersetzungsleistung – und bietet dann ihre adäquate Fassung. Man kann nur staunen und nicht nachvollziehen, mit welcher textkulturellen Burschikosität und Ignoranz und Selbstgefälligkeit der kritisierte Rathjen hier vorgegangen ist und was er somit auch dem zielsprachigen Lesepublikum an Verlust zumutet und an poetischer Feinheit einfach mit translatorisch verantwortungslosem Bulldozerverfahren [365] plättet.

4.4. Hiernach lässt J. Seeger-Vollmer die „Kriterien der funktionalen Kategorie“ folgen (V.d. [411–492], [40f.]). Diese mussten zusätzlich herangezogen werden, da von Rathjen neben den für eine literarische Übersetzung üblichen textadäquaten Übersetzungsmethoden (literarische, sprachliche, pragmatische Kriterien: s. o. Punkt 4.1. bis 4.3.), die auf einer Funktionskonstanz von Übersetzung und Original beruhen und bei einem literarischen Werk in Respekt vor dem Ausgangstext und dem zielsprachlichen Lesepublikum gewährleistet sein sollten, auch verfremdende Übersetzungsmethoden angewandt wurden. Die Übersetzung musste daher auch auf ihre Zieladäquatheit hin überprüft werden, d. h., es galt die Frage zu klären, ob es Rathjen mit seinen Übernahmen aus dem Englischen ins Deutsche gelungen ist, den deutschsprachigen Leser zum Autor Melville hinzuführen. Hier wird allerdings, wie die Kritikerin feststellt, der Übersetzer Rathjen seinen eigenen Maßstäben (nämlich „den Roman bis ins kleinste Detail getreu wiedergeben zu wollen“ [411]) erneut untreu; denn seine propagierte „ästhetische Wirkungsgleichheit“ [411] zwischen Original und Translat scheitert gerade da, wo im Roman selbst angebliche „Fremdheiten und Vielschichtigkeiten“ [411] vorliegen. Rathjens Praxis des „Verfremdens“ steht allerdings nicht in der Tradition von Friedrich D. Schleiermacher (1768–1834), vielmehr „beschränk[t] [sie] sich im Wesentlichen darauf, den zielsprachlichen Leser über gewisse Strukturen und Eigenheiten des englischen Sprachsystems zu informieren“ [412]; diese eigentlich einem literarischen Übersetzer nicht zustehende Aufgabe [412] erfüllt Rathjen gemäß den kritischen Analysen von J. Seeger-Vollmer überhaupt nicht, das Vorhaben der „Verfremdung“ gelingt ihm weder bei der „Übernahme“ von Fremdlexik als Wörter, Komposita, Homophone, Syntagmen (the long rows of teeth bei Rathjen „die langen Reihen der Zähne“ statt deutsch angemessen „die langen Zahnreihen“ [416]; Quitting the good city of old Manhatto falschverfremdet Rathjen zu „... aus der guten Stadt des alten Manhatto ...“ statt „... das gute alte Manhatto ...“ [416]) oder Gerundien und Abstrakta [418–420]; auch die englischen Grammatikstrukturen übernimmt er wörtlich ins Deutsche, das solche Konstruktionen gar nicht kennt [420–450], und schafft somit „schwerwiegende Grammatikfehler“ bei der Wortstellung [428–435], bei Partizipial- [435–441] und Infinitivkonstruktionen [441–444] sowie bei der Tempusverwendung in indirekter Rede [444–446], bei Subjektsetzung, Artikelgebrauch und Genitivbildung [446–450], mit deren willentlicher Schaffung im Deutschen Rathjen „mangelnde Loyalität zum Autor“ beweist [412] und die Verstehbarkeit des Romans unnötig behindert.

Gerade dies trifft auch für die „Übernahme stilistischer Eigenheiten des Englischen“ [450–457] zu. Rathjens stur und unprofessionell anmutende Verfremdungs-Idee „unterwirft“ „die deutsche Sprache «weitestgehend den Strukturen der Quellsprache»“, „und zwar auf «Kosten der Lesbar- und Verständlichkeit»“ [Binnenzitate von Rathjen; 458].

Wenn es aber wirklich darum geht, die Fremdheiten und Vielschichtigkeiten des Originaltextes dem Leser nahezubringen, den Leser seiner eigenen Welt zu entfremden und ihn zu der fremden Welt des Autors hinzuleiten, zeigt J. Seeger-Vollmer mit eingehenden Analysen das translatorische Unvermögen [459–471], mit dem als „Verfremden“ eine Untugend propagiert wird, die „alltagskulturelle Anspielungen wie Redewendungen, Sprichwörter, Realia, aber auch Fremdwörter und Namen weitgehend ein[...]deutscht oder sogar aus dem Text entfernt“ [458]. „Und wenn Melville versucht, den Leser mit seinen sprachlichen Neuerungen zu befremden, weicht Rathjen ebenfalls aus, versucht zu glätten und sprachübliche Formulierungen zu finden“ [79].

4.5. Den Analyse-Rahmen schließen die „Kriterien der personalen Kategorie“ ab (V.e. [493–497], [41]). Hier erfährt der/die LeserIn noch etliches Bezeichnendes über das translatorische Handeln von Rathjen, der zwar vorgibt, „als Übersetzer darf ich keine eigene Sprache haben, sondern muß mich der Sprache des jeweiligen Autors, des jeweiligen Buches anverwandeln“ [Fr. R.; 496], dann aber einer kritischen wissenschaftlichen Prüfung, wie hier durch J. Seeger-Vollmer, keineswegs standhält:

Rathjen „kann sich nicht einem fremden Text unterordnen, er ist zu sehr geprägt von seinen Vorstellungen, seinem Temperament, seiner Sicht der Dinge. Er verändert den Text nach seinem Gutdünken, er archaisiert, er glättet, korrigiert, verfremdet und verkompliziert ihn auf die ihm eigene Art und Weise. Es gelingt ihm nicht, sich der Sprache eines Autors «anzuverwandeln», er ist schon nach der Lektüre von ein paar Seiten als Rathjen zu erkennen, gleichgültig, ob er Stevenson, Twain oder Melville übersetzt. Der behäbige, umständliche, verstiegene Stil seiner Übersetzungen, seine Marotten, Relativsätze mit wo einzuleiten, Sätze doppelt mit nie nicht zu verneinen, seine Vorliebe für die Verbindung von tun mit einem Infinitiv oder andere Absonderlichkeiten sind charakteristisch für viele seiner übersetzten Texte.“ [496] Er zeigt „keinen Respekt vor einem fremden Text [...] und [nimmt] sich die Freiheit heraus [...], diesen bis zur Unkenntlichkeit zu verändern.“ [497] Die Übersetzung „sollte ein Äquivalent für den Melvilleschen Moby-Dick darstellen und nicht einen völlig anders gearteten Text hervorbringen, der mit dem Original nur noch wenig gemein hat.“ [497].

5. Ihre deutlich ablehnend kritischen Urteile fällt die Übersetzungswissenschaftlerin J. Seeger-Vollmer keinesfalls leichtfertig. Ihre Kritik ist wohlfundiert und bei all ihrem oft erkennbaren Kopfschütteln, trotz mancher in der Tat berechtigten Empörung und des manifesten Ärgers über die fehlende translatorische Qualität, also trotz spürbarer Unfassbarkeit über dieses Übersetzungsangebot von Rathjen werden hier die Textstellen eingehend und konsequent geprüft, es gibt keine pauschalen Ablehnungen. J. Seeger-Vollmer verwendet meistens die optisch dreiblöckig vergleichende Parallelisierung, indem die englische Originalstelle mit Rathjens Übersetzung und mit der Korrektur der Autorin nebeneinander stehen, wobei Fettdruck die direkt inkriminierten Stellen in ihrem jeweils großzügig mitgegebenen Kontext markiert. Davon bietet das Buch allein 750 Fälle – und diese sind bei dem umfangreichen Roman von 600 Seiten ihrerseits nur eine Auswahl. Diese Textstelleninspektion ist strukturiert durch die theoretischen Vorgaben des Reißschen Modells (s. o. Punkt 4.), sodass sich ein klares Kriterienraster ergibt, aus dem heraus die Prüfung, Inkrimination und Korrektur erfolgen. Dabei bietet die Autorin stets ein breites Erklärungspotential und weite, bestens abgesicherte Informationen zu den vielen recherchierten soziokulturellen Sachhintergründen, die sie mitteilt, um ihre Kritik zu evidentialisieren. In ihren sprachlich bezogenen Kritiken zu Rathjens Versionen erweist sie sich ausnahmslos als eine kompetente Linguistin, als rhetorisch und stilistisch kenntnisreich sowie als sprachsensible Translatorin.

Die Komplexität des Zusammenspiels (i) soziokultureller, (ii) sachkundlicher, (iii) gattungsspezifischer, (iv) sprachlicher (Lexik, Grammatik, Text), (v) erzählzeit-bezogener und (vi) romanerzählerisch-situativer Einfühlung in die Übersetzung eines entsprechend dichten und verwobenen literarischen Werks sei nur noch an einem Beispiel vorgeführt aus den vielen möglichen, die das Buch bietet [352f.]: (“Flask rudert mit seinem Boot auf einen Wal zu.“) “Oh! see the suds he makes!“ cried Flask, dancing up and down – „What a hump – Oh, do pile on the beef – lays like a log!“ wird bei Rathjen unter Fehleinschätzung in allen gerade genannten Faktoren der Komplexität – (i) bis (vi) – und somit als gänzliche Fehlübersetzung: „ «Oh! Seht euch mal die Seifenlauge an, die der macht!» rief Flask im Auf- und Abtanzen – «Was für’n Höcker – Oh, nu stapelt mal die Ochsenknochen – klotzweis. Lays!» “ Dem stellt J. Seeger-Vollmer nach Prüfung aller Faktoren (i) bis (vi) dann ihre adäquate Version gegenüber: „ «Seht nur, was der für einen Schaum macht!» schrie Flask und hüpfte auf und ab – «Was für ein Buckel – Los, rudert so schnell wie ihr könnt – liegt da wie’n Holzklotz!» “ [353] Die Diskussionen von J. Seeger-Vollmer zu diesen Vorkommen ringen gleichsam um das angemessene Stellenverständnis aus dem englischen Original und um die adäquate Präsentation im deutschen Zieltext. Dabei geht es um das Ethos der Texttreue, das sie (mit K. Reiß) nicht sklavisch versteht [510], erst recht nicht auf Kosten der zielsprachlichen Textverständlichkeit, es geht um das Aufzeigen translatorischer Verantwortung, was als solches gerade dadurch kriterienbezogene und strukturierte Gestalt gewinnt, dass deren offenkundige Verletzung aufgezeigt und analysiert wird – und entlarvt wird als eben nicht eine (angebliche) Tugend der Nähe zum Original, sondern als translatorische Ignoranz, Inkompetenz und Selbstherrlichkeit.

6. Mit ihrer knapp noch mal resümierenden Negativbilanz [499–502] wird in ihren VI. Schlussbemerkungen [499–511] die translationssoziologische Frage erhoben, wie sich denn dann vor diesem skandalösen Qualitäts-Hintergrund die Menge positiver, zustimmender, ja sogar vereinzelt enthusiastischer Reaktionen auf Rathjen und seinen Übersetzungsstil rechtfertigen. Ähnliche Entwicklungen lassen sich ja auch bei dem Fall des translatorisch und literatursprachlich höchst umstrittenen und ebenfalls mit Verlagsquerelen behafteten García Lorca-Übersetzers Heinrich Enrique Beck (1904–1974) beobachten (vgl. die sehr lesenswerte Studie von Ulrike Spieler: Übersetzer zwischen Identität, Professionalität und Kulturalität: Heinrich Erique Beck. Berlin: Frank & Timme 2014). Übersetzen missverstanden als ein eigenidentitätsstiftendes Hobbyhandeln bringt diesen Typ des selbstherrlichen Übersetzers hervor, zumal er – bei beiden Übersetzern trifft das sogar zu – translationsfachlich gar nicht wissenschaftlich geschult ist.

Dem allerdings stehen dann merkwürdigerweise immer wieder auch Claqueure zur Seite. J. Seeger-Vollmer stellt etliche Zitate von öffentlichen Reaktionen auf Rathjens Übersetzungsstil zusammen [502–506, 511]; liest man solche Jubelschreiber, fragt man sich nach der Lektüre des Bandes von J. Seeger-Vollmer allen Ernstes, ob hier über dieselbe Übersetzung „geurteilt“ wird. Denn – es sei noch einmal resümiert – Rathjens „Text ist übersät mit Flüchtigkeits-, Übersetzungs-, Grammatik- und nicht zuletzt gravierenden Verständnisfehlern, was angesichts der Häufigkeit, mit der sie auftreten, nicht hinnehmbar ist.“ [69] Und als Bilanz: „[E]s handelt sich um einen Übersetzer, «der seiner Aufgabe von der Sprache und der Sache her in keiner Weise gewachsen» war [Binnenzitat von K. Reiß]. Und das ist hier bedauerlicherweise der Fall.“ [493]

7. Die erstaunliche Diskrepanz zwischen dem wohlbegründet kriteriengeleiteten translationswissenschaftlichen Urteil (wie es das vorliegende Buch akribisch erbringt) und den Aussagen etlicher Lobhudler in der öffentlichen Rezeption – in Frankreich heißen solche seit dem 19. Jahrhundert chauffeurs ‚Anheizer‘ – mit ihren eben „nicht sachgerechte[n], unwissenschaftliche[n] Beurteilung[en]“ [511] sieht J. Seeger-Vollmer darin, dass Rezensenten und Literaturkritiker sich nicht die Zeit nehmen, die Übersetzungskritik selbst textgebunden durchzuführen – eine solche Forderung, so richtig und gerecht sie ist, erweise sich als „illusorisch“ und „nicht realisierbar“ [507]; sehr viele haben „noch nicht einmal die ausreichenden Sprachkenntnisse für ein solches Unterfangen“ [508]. Und so schreiben sie voneinander ab, reformulieren ein irgendwo schon öffentlich vollzogenes positives Nicken, oder aber folgen einfach einem Statement, einer Positionsmarkierung des Übersetzers selbst, wie im vorliegenden Fall einer eigenen Darstellung von Rathjen zu seinem Übersetzen – als rhetorisches Handeln durchaus raffiniert –, die „im Anhang aller Buchausgaben aufgenommen“ ist [506]. Sie wirkt mit ihren gerade mal 11 Seiten Umfang in einem Übersetzungswerk, das, wie das Original, etwa 600 Seiten umfasst, als ein Angebot zum schnellen Orientieren, gleichsam als eine „Kurzanleitung“ [507] für die Besprechungen möglicher Rezensenten. Und in der Tat: Die (unberechtigt) laudativen Rezensionen enthalten „das komplette Rathjensche Vokabular zu seiner Übersetzung“ [507] aus seinem kleinen Aufsatz, „doch die Texte selbst, sowohl der Ausgangs- als auch der Zieltext, [kommen] nur selten zu Wort“ [507]: Die traurige Bilanz solchen verantwortungslosen Vorgehens ist: Es wird „nicht die Übersetzung kritisch oder würdigend besprochen, sondern es [werden] lediglich die Leitsätze und Behauptungen Rathjens seinem Aufsatz entnommen und ungeprüft auf seine Übersetzung und das Werk des Autors Melville übertragen“ [507].

Lobkartelle, Rezeptionsbequemlichkeit, einfaches Abschreiben aus der Selbstdarstellung des auf diese Weise positiv vorsteuernden Übersetzers [507–511], bis hin zu inkompetent besetztem Preis-Gremium, das sich dem fälschlich aufgebauschten Hype zugänglich erweist und, zum Englischen alle gar nicht ausgewiesen, zudem die Hälfte der Kleinst-Jury gar nicht als Übersetzer tätig, Rathjen 2013 einen Preis für „sein Gesamtwerk“, besonders aber für seine Joyce-Übersetzung Ein Portrait des Künstlers als junger Mann verleiht [58] ... – hier eröffnet die textegebundene Übersetzungskritik J. Seeger-Vollmers in ihren prinzipiell weiten Dimensionen (i) bis (vi) (s. o. Punkt 5.) und differenzierenden Kategorien V.a. bis V.e. (s. o. Punkte 4.1. bis 4.5.) den translationssoziologischen Blick, nämlich auf die gesellschaftliche Verantwortung, auf individuelle Beurteilungsehrlichkeit der Gemeinschaft gegenüber, auf translatorische Fachkönnerschaft dem Original und dem zielsprachigen Leser gegenüber: also auf praktizierte Rezeptionsethik im Rahmen translatorischer Kritik, erst recht von Übersetzungskritik zu gehobener, klassischer Literatur (oder wie Hans Robert Jauss sie bezeichnet hat: zur „Literatur des Höhenkamms“). Die Sensibilisierung hierzu zeigt sich in dem aktuell aufkommenden Phänomen der sogen. Neuübersetzungen als dynamischer Ausweis von Translationskultur (vgl. Dorota Karolina Bereza: Die Neuübersetzung. Eine Hinführung zur Dynamik literarischer Translationskultur. Berlin: Frank & Timme 2013).

8. Die durch Rathjen fokussierte Alternativkonstellation <„texttreu / schwer lesbar“ und „frei / leicht lesbar“> (s. o. Punkt 3.) erweist sich durch J. Seeger-Vollmers Analysen als „grundsätzlich falsch und irreführend. Das eine hat absolut nichts mit dem anderen zu tun.“ [509]. Lesbarkeit ist keine zugehörige Kategorie von translatorischer Texttreue. Melville sollte auch auf Deutsch mit seinen vielseitigen Sprachentscheidungen, mit seinen reichen poetischen Wegen und den komplexen, romanspezifischen Eigenheiten erkennbar bleiben und sich nicht zu einem Bearbeitungswerk des Übersetzers entfernen. Und der Übersetzer sollte seine wichtige Arbeit in Korrektheit der Zielsprache und in poetischer Nähe zum Original sowie mit soziokultureller Sensibilität für den Romaninhalt und seine Entstehungszeit, schließlich mit linguistischer und translationswissenschaftlich ausgebildeter Kompetenz angehen.

J. Seeger-Vollmer hat diese translationspraktischen Qualitätsansprüche mit ihrer detailliert analysierenden Kritik als notwendige Basis für gelingendes, dem Original angemessenes Übersetzen, als in der Zielsprache lesbares Translat, bestens nachvollziehbar evident werden lassen. Ihr (äußerst sorgfältig angelegtes) Buch bereichert die wachsende Diskussion um die Evaluation translatorischer Arbeit und bietet als Lehrstück für kriterienbewusstes Fordern und Aufzeigen von verantwortungsbewusstem literarischen Übersetzen im Rahmen wissenschaftlicher Translationskompetenz beste Analyse-Grundlagen, empfehlenswerte Arbeits-Impulse und beherzigenswerte Text-Erkenntnisse.

Online erschienen: 2022-04-09
Erschienen im Druck: 2022-04-05

© 2022 Hartwig Kalverkämper, publiziert von Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

Dieses Werk ist lizensiert unter einer Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz.

Downloaded on 28.3.2024 from https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/les-2022-0008/html
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