Im Rahmen der 25-Jahresfeier der Gesellschaft im Juli 2018 wurde erstmals die Otto-Loewi-Medaille der NWG vergeben. Die Medaille ist mit einem Preisgeld von 10,000 € versehen. Erster Preisträger ist Helmut Kettenmann, der für seine herausragenden Arbeiten und seine Einsatzbereitschaft geehrt wurde. Die Laudatio hielt Frank Kirchhoff (siehe hierzu „Verleihung der Otto-Loewi-Medaille an Prof. Dr. rer. nat. Helmut Kettenmann“, Neuroforum 03/18, S. 228 ff. ).
Otto Loewi ist durch seine Entdeckungen zur chemischen Übertragung von Nervenimpulsen besonders bekannt geworden, für die er zusammen mit Henry Dale 1936 den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin erhielt (‚för deras upptäckter rörande kemiskt överföring av nervverkan‘). Loewi wurde 1873 in Frankfurt in eine jüdische Familie geboren. An der Universität Straßburg studierte er Medizin und erhielt 1896 seinen Doktortitel. Kurz darauf beschloss er, einer wissenschaftlichen Karriere nachzugehen und wurde Assistent und 1900 Privatdozent an der Universität Marburg. Dort arbeitete er zunächst am Metabolismus von Zellen und konnte zeigen, dass Tiere aus Abfallprodukten von Proteinen, nämlich Aminosäuren, wieder neue Proteine herstellen können (Über Eiweißsynthese im Thierkörper, 1902). Danach war Loewi einige Monate Gastforscher in London und lernte dort Henry Dale kennen. 1904 erhielt er eine außerordentliche Professur in Marburg, 1905 zog es ihn nach Wien. Die Universität Graz stellte ihn 1906 ein, als letzten Juden bis Ende des Zweiten Weltkriegs, und übergab ihm 1909 den Lehrstuhl für Pharmakologie. 1921 führte Loewi in Graz frappierend einfache und bahnbrechende Experimente an zwei isolierten Froschherzen durch, in denen er die Existenz und Wirkung eines chemischen Botenstoffes, des Vagusstoffes Acetylcholin, nachweisen konnte. Loewi selbst beschrieb dieses Ereignis 1953 wie folgt: „In the night of Easter Sunday, 1921, I awoke, turned on the light, and jotted down a few notes on a tiny slip of paper. Then, I fell asleep again. It occurred to me at six o’clock in the morning that during the night I had written down something most important, but I was unable to decipher the scrawl. That Sunday was the most desperate day in my whole scientific life. During the next night, however, I awoke again, at three o’clock, and I remembered what it was. This time I did not take any risk; I got up immediately, went to the laboratory, made the experiment on the frog’s heart, described above, and at five o’clock the chemical transmission of the nervous impulse was conclusively proved. Careful consideration in daytime would undoubtedly have rejected the kind of experiment I performed, because it would have seemed most unlikely that if a nervous impulse released a transmitting agent, it would do so not just in sufficient quantity to influence the effector organ, in my case the heart, but indeed in such an excess that it could partly escape into the fluid which filled the heart, and could therefore be detected. Yet the whole nocturnal concept of the experiment was based on this eventuality, and the result proved to be positive, contrary to expectation.“ Bis 1938 war er Tausenden von Studierenden menschliches Vorbild und geschätzter Lehrer. Im gleichen Jahr nahmen ihn die Nazis in Schutzhaft. Es gelang Loewi, über Belgien und England 1940 in die USA zu kommen und in New York eine Forschungsprofessur zu erhalten. 1961 starb er dort 88-jährig, begraben ist er in Woods Hole.

Bei der Entscheidung des NWG-Vorstands, die Medaille nach Otto Loewi zu benennen, gab es mehrere starke Argumente: seine Experimentierfreude sowie seine herausragenden Pionierarbeiten an der Synapse, die Nervenzellen untereinander und mit Muskelzellen verknüpft und kooperieren lässt. Ferner die Synapse als symbolisch verbindendes Element für alle Teile der Neurowissenschaftlichen Gesellschaft. Schließlich haben aber auch Loewis bewegtes internationales Leben und sein Weltbürgertum – er hatte drei Staatsbürgerschaften – überzeugt. Die Idee der NWG ist, die Medaille im Abstand von 3–5 Jahren zu vergeben. Vorschläge aus dem Mitgliederkreis der NWG sind immer willkommen.
Weiterführende Artikel
Jaenicke, L. (2002). Der „Vater des Vagusstoffes“. Otto Loewi (3.6.1873–25.12.1961). BIOspektrum 538–540. https://www.biospektrum.de/blatt/d_bs_pdf&_id=933119 Search in Google Scholar
Kirchhoff, F. (2018). Jugend forscht – Sonderpreis der Neurowissenschaftlichen Gesellschaft. Neuroforum 24, 227–235, doi:10.1515/nf-2018-000910.1515/nf-2018-0009Search in Google Scholar
Loewi, O. (1953). From the workshop of discoveries. Lawrence: University of Kansas Press. 33–34.10.1097/00007611-195503000-00029Search in Google Scholar
Zimmermann, H. (1998). In Stockholm geehrt und von den Nazis verjagt – Otto Loewi, Entdecker des „Vagusstoff“ und Pionier der chemischen synaptischen Transmission. Neuroforum 4 283–284. https://www.leopoldina.org/fileadmin/redaktion/Mitglieder/CV_Loewi_Otto_D.pdf 10.1515/nf-1998-0405Search in Google Scholar
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