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Publicly Available Published by De Gruyter March 27, 2021

Sebastian Bruns/Sarandis Papadopoulos (Hg.): Conceptualizing Maritime & Naval Strategy. Festschrift for Captain Peter M. Swartz, United States Navy (ret.), ISPK Seapower Series. Baden-Baden: Nomos Verlag, 2020, 373 Seiten

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Bruns Sebastian Papadopoulos Sarandis (Hg.) Conceptualizing Maritime & Naval Strategy. Festschrift for Captain Peter M. Swartz, United States Navy (ret.), ISPK Seapower Series Baden-Baden Nomos Verlag 2020 1 373


Peter M. Swartz gilt zu Recht als einer der führenden Vordenker amerikanischer Marinestrategie. Nun wird er mit einer Festschrift geehrt, die zugleich einen eindrucksvollen Überblick über den gegenwärtigen Stand strategischen maritimen Denkens bietet. Eingeleitet von John B. Hattendorf und abgeschlossen mit einer Biographie des Geehrten enthält das Werk sechzehn Kapitel, die alle sehr unterschiedliche Aspekte von Marinestrategie behandeln und deren Autoren doch alle von Swartz akademischen Werken beeinflusst wurden.

Geoffrey Till beschreibt in seinem Aufsatz die Entwicklung maritimer Strategie seit 1945 als einen dialektischen Prozess, weil es eine erkennbare Reiserichtung durch einen Prozess von oft schmerzhaften Reaktionen auf konkurrierende Imperative gäbe. Dieser Prozess sei auch von zufälliger Natur, weil es nichts und niemanden gäbe, der für diesen Prozess insgesamt verantwortlich war, außer den blinden Kräften, die durch innenpolitische und internationale Entwicklungen freigesetzt wurden. Damit unterscheide sich die maritime Strategieentwicklung diametral von dem ruhigen, nachdenklichen und linearen Prozess, der von Mahan und Corbett vorgegebenwurde.

James Henry Bergeron betrachtet die maritime Dimension der Abschreckung. Dabei würden die NATU-Marinen mit Ihren Standing Naval Forces im Nordatlantik, der Ostsee, in Mittel- und Schwarzmeer eine eindrucksvolle Nachricht an Russland senden, dass das Bündnis sich nicht durch dessen Drohgebärden beeindrucken ließe. Zudem würden die maritimen Streitkräfte auch schon durch Ihre schiere Überlegenheit bei der Anzahl der Einheiten eine abschreckende Wirkung ausüben. Bergeron warnt jedoch, dass die Glaubwürdigkeit von Abschreckung durch die Unfähigkeit mancher politisch Handelnden, zwischen Gemein- und Eigennutz zu unterscheiden, gemindert werden könnte.

Steve Wills analysiert Peter Schwartz Arbeiten über Marinestrategie vor dem Hintergrund seiner Erfahrungen als Stabsoffizier beim Chief of Naval Operations (CNO). Er wirbt dafür, dass sich die Marine auf Schwartz reichen Erfahrungsschatz über die „Macher“ moderner Marinestrategie zurückbesinnen möge, um so der Gefahr vorzubeugen, dass Strategieentwicklung nur noch von kleinteiligen Analysen oder Budgetüberlegungen diktiert wird.

Martin Murphy ruft dazu auf, dass die Marine ihren Einfluss auf die Formulierung von Strategie unter Bedingungen der Globalisierung zurückgewinnen müsse. Er untersucht die strategische Kultur der US-Marine und kommt zu dem Schluss, die Marine müsse sich erneut die Fähigkeiten, Ressourcen und das strategische Verständnis aneignen, die erforderlich seien, um in allen Bereichen politische, wirtschaftliche und militärische Wirkungen zu erzielen.

Peter D. Haynes Beitrag handelt von Elmo Zumwalts Project SIXTY, mit dem eine Antwort auf die wachsende Stärke der Sowjetischen Seestreitkräfte gefunden werden sollte. Demnach hätte Zumwalts Projekt ein enges, mittelorientiertes Verständnis der US-Marinestrategie geprägt, unter der die Navy bis heute leiden würde.

Andrzej Makowski schildert den Entwicklungsprozess des neuen polnischen strategischen Konzeptes für maritime Sicherheit und der mit seiner Umsetzung verbundenen Schwierigkeiten.

Sebastian Bruns berichtet vom Entstehungsprozess des „Dachdokumenst Marine“, dass zwar unveröffentlicht geblieben ist, aber trotzdem Eingang in das marinestrategische Denken gefunden hätte. Bruns appelliert an die Marine und die sie begleitende akademische Gemeinschaft, maritime Strategie weiterzuentwickeln und vor allem auch zu artikulieren.

Sarandis Papadopoulos untersucht, wie Peter Swartz Arbeiten über maritime Strategie und seine Förderung junger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die aktuelle Entwicklung marinestrategischen Denkens gefördert hat. Dabei nimmt er sich drei Dissertationen, von Larissa Forster, Peter Haynes und Sebastian Bruns, vor, die alle literarischen Bezug auf Swartz nehmen und auch ansonsten von ihm als Mentor beeinflusst wurden. Der objektive Erfolg dieser drei Bücher bestehe darin, dass sie die Bedingungen und Herausforderungen, mit denen die U.S. Navy seit Mitte der 1980er Jahre konfrontiert war, erkannt hätten und ihren institutionellen Denkprozess bei deren Bewältigung aufzeigen würden. Diese Werke wiesen auch darauf hin, dass die U.S. Navy ihr strategisches Denken dringend wiederbeleben sollte.

Seth Cropsey berichtet über den Aufstieg und Niedergang der Seemächte Venedig und Großbritannien und zieht daraus Lehren für die zukünftige Rolle von Seemacht für die USA. Staaten, die bei Handel und Sicherheit von den Meeren abhängig sind, müssten nicht nur ihren maritimen Strategien unverminderte Aufmerksamkeit widmen, sondern sollten auch über das nötige Augenmaß verfügen, um Politik und Strategie miteinander zu kombinieren.

Michael C. Haas beschreibt das Problem, wie die Vereinigten Staaten heutzutage überlegene Seemacht in einer Zeit der erneuten und verlängerten Rivalität großer Mächte bereitstellen, projizieren und erhalten können. Er untersucht dazu Maßnahmen und Fehler der maritimen Machtprojektion im Kalten Krieg. Im Ergebnis könnten die aus fehlerhaften Analysen resultierenden Abhängigkeiten der Vergangenheit – wenn sie erst einmal Fuß gefasst hätten – übermäßig schwer zu überwinden sein. Nur historische Einsicht, eine solide Methodik, eine gute Ausbildung, eine integrierte Gewohnheit der aktiven Selbstreflexion und die gesunde Skepsis gleichgesinnter peers könnten verhindern, dass sich solche Dinge in Zukunft wiederholen.

Narushige Michishita gibt in seinem Artikel einen Überblick über die Maritime Strategie der Vereinigten Staaten im Pazifik während des Kalten Krieges und der Rolle, die Japan dabei spielte. Dabei wird deutlich, dass Japans Maritime Selbstverteidigungsstreitkräfte eine bedeutende Rolle bei der glaubwürdigen Abschreckung gespielt hätten, obwohl Japan formal die Möglichkeit gehabt hätte, sich in einer Blockkonfrontation für neutral zu erklären.

Nilanthi Samaranayake befasst sich mit den zahlreichen Herausforderungen, mit denen Indien im Bereich der Marine- und Seeschifffahrt konfrontiert ist; von wachsenden strategischen Herausforderungen, die von China ausgehen, über anhaltende Bedrohungen aus Pakistan bis hin zu allgemeinen Bedrohungen an der indischen Küste. Er regt u. a. eine erweiterte regionale Kooperation und die Weiterführung der maritimen Kooperation mit den Vereinigten Staaten an.

Amund Lundesgaard erklärt die Schwierigkeiten, die die U.S. Navy nach dem Kalten Krieg bei der Anpassung von Strategiedokumenten und dem damit verbundenen Umbau der Streitkräfte zu bewältigen hatte. Er kommt zu dem Schluss, dass erfolgreicher militärischer Wandel von einer soliden strategischen und operativen Logik, von politischer Unterstützung und dem Rückhalt innerhalb des Offizierskorps, sowie von Rahmenbedingungen abhängt, die nicht nur von vorübergehender Natur sind.

Larissa Forster untersucht das Soft-Power-Potential der US-Hospitalschiff-Missionen. Einsätze, wie z. B. bei der Katastrophenhilfe in Zentral- und Südamerika oder der Asien-Pazifik-Region, hätten das Potenzial, sowohl die Bevölkerung, als auch die Regierungen zu beeinflussen und den Vereinigten Staaten neben der medizinischen Hilfe für Menschen in Not auch Soft-Power-Vorteile zu bieten.

Eric V. Thompson und Sarah Vogler beschäftigen sich mit der US-Marinestrategie im Östlichen Mittelmeer, der zunehmenden Konkurrenz mit russischen und chinesischen Interessen in der Region, den Auswirkungen des Syrischen Bürgerkriegs und dem Konflikt über die Ausbeutung der Erdgasfunde zwischen den Anrainerstaaten. Die US-Marinestrategen und -planer sollten sich auf eine Zeit einstellen, in der sie möglicherweise nicht mehr über eine unangefochtene Vormachtstellung der US-Marine im östlichen Mittelmeer verfügen. Da die USA nicht in der Lage wären, ihre Präsenz in der Region auszuweiten, sollten sie neue Wege finden, um Partnerschaften und Allianzen zu stärken, die Interoperabilität zu verbessern und die Erhöhung der Fähigkeiten befreundeter Marinen zu fördern.

Jeremy Stöhs schildert die Entwicklung europäischer Verteidigungspolitik und europäischer Marinen seit Ende des Kalten Krieges. Dabei sei es zu einem doppelten strategischen Paradigmenwechsel gekommen. Der erste habe von 1991 bis 2014 stattgefunden, als der globale Krieg gegen den Terror die (west)europäischen Marinen dazu veranlasst habe, sich auf Missionen mit geringer Intensivität in relativ freizügigen Umgebungen zu konzentrieren. Mit der russischen Besetzung der Krim sei 2014 ein erneuter Paradigmenwechsel eingetreten, bei dem Russland wieder als politischer und militärischer Gegner wahrgenommen werde und die Westlichen Staaten sich darauf konzentriert hätten, das Konzept der kollektiven Sicherheit und der territorialen Verteidigung neu zu beleben.

In ihrem Schlusskapitel geben die Herausgeber ihrer Hoffnung Ausdruck, dass das vorliegende Buch aufzuzeigen vermag, dass Peter Swartz Werke das generelle Verständnis davon, was Seemacht bedeutet hat und weiterhin bedeutet wird, substantiell erweitern konnte und dass diese Schriften als Inspiration für weitere strategische Studien dienen sollten. Dieses ist den Herausgeben und ihren Autoren eindrucksvoll gelungen.

Published Online: 2021-03-27
Published in Print: 2021-04-01

© 2021 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

Downloaded on 6.6.2023 from https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/sirius-2021-1019/html
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