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BY 4.0 license Open Access Published by De Gruyter (A) June 11, 2021

Von Tauwetter und Tiefdruckgebieten

Literarische Meteorologie bei Daniil Granin und Anatolij Gladilin

  • Clemens Günther EMAIL logo

Summary

Based on recent studies on ‘literary meteorology’, the article examines depictions of meteorology in Soviet literature. It contextualizes Daniil Granin’s Into the Storm (1962) and Anatolii Gladilin’s Forecast for tomorrow (1972) within the post-war history of meteorology and reads both texts as examples for a ‘popular meteorology’, in which important shifts in the Soviet culture of science can be detected. In difference to political readings of late Soviet prose on science, it holds, that literary texts can provide valuable insights into shifts of styles on thinking, the praxeology of science, its anthropological implications and into models of scientific evolution.

1 Einleitung: Literarische Meteorologie

Die literarische Meteorologie ist in den vergangenen Jahren zu einem eigenständigen Teilgebiet innerhalb des größeren Forschungsbereichs Literatur und Wissen avanciert (Boia 2005; Harris 2015; Braungart & Büttner 2017; Gamper 2018; Grill 2019). Sie verfolgt laut Michael Gamper, der den Begriff geprägt hat, keine Motivgeschichte von Wetterdarstellungen, sondern eine Untersuchungsperspektive, „die sich für die Kenntnisse von Wetter in verschiedenen Registern des Wissens interessiert und spezifisch die Leistung von Literatur für dieses Wissen und die daraus folgenden ästhetischen Konsequenzen bestimmen will.“ (Gamper 2014: 230) Sie geht außerdem, so Urs Büttner weiter, davon aus, dass literarische Darstellungen des Wetters spezifische Funktionen innerhalb des größeren Dispositivs der Meteorologie erfüllen, die in der Etablierung eines „natural imaginary“, in der Popularisierung komplexer wissenschaftlicher Ansätze, der Erkundung der „Möglichkeiten und Grenzen der symbolischen Anverwandlungstechniken“ und der Entwicklung Orientierung gebender Verhaltensmuster bestehen (Büttner 2013: 98). Ein besonderes Augenmerk der Forschung liegt auf literarischen Mustern des Wahrnehmens, Deutens und Darstellens von Wetterphänomenen, wobei „in der Analyse rhetorischer, gattungspoetologischer, erzählerischer, fiktionaler Strukturen [gezeigt wird], dass sie eigene und spezifische Wissensräume erschließ[en] und dabei ihre eigenen Verfahren der Bedeutungsvermittlung modifizier[en].“ (Büttner & Theilen 2017: 21) Die Textbasis des Forschungsansatzes ist dabei epochenübergreifend; sie hat sich nach anfänglichen Schwerpunkten im 19. Jahrhundert (Reed 1983) sukzessive verbreitert und erstreckt sich nun auf die gesamte Neuzeit, woraus sich vielfältige Berührungspunkte mit aktuellen Debatten um Ecocriticism und Anthropozän ergeben.

Die russische und sowjetische Literatur kommt in einschlägigen Anthologien bislang kaum vor. Zu den wenigen Forschern, die an eine literarische Meteorologie anschlussfähig wären, gehört Konstantin Bogdanov, dessen Untersuchung Pogoda russkoj istorii. Očerk klimatičeskoj istoriosofii (Bogdanov 2014 a, 2014b) einen Abriss der Imaginationsgeschichte des ‚russischen‘ Wetters vom 18. Jahrhundert[1] bis in die Gegenwart liefert. Bogdanov verfolgt die dialektische Geschichte der kulturellen Aneignung des Klimas („okul’turivanie“) und der Akklimatisierung („akklimatizacija“) der Kultur. Innerhalb dieser Kulturgeschichte des Wetters liegt eine zentrale Bruchstelle im Aufkommen des Sozialistischen Realismus. Dieser löst sich von älteren Landschafts- und Wetterdarstellungen (vgl. für diese Ėpštejn 1990) und entwickelt eine eigene Symbolik, Metaphorik und Rhetorik, die im Zeichen der Transformation bestehender Ökosysteme steht (V’jugin 2011).

Hier liegt, neben einer geographischen Vervollständigung des Kompendiums, die Relevanz der literarischen Meteorologie in der sowjetischen Zeit. Implizite Prämisse der literarischen Meteorologie nach Gamper ist die Annahme eines Spannungsverhältnisses zwischen Meteorologie und Literatur. Letztere deckt „Defizite der Wissenschaften und [...] Expertenkulturen ab und offeriert alternative Kenntnisformen“, indem sie „eigene und spezifische Wissensräume erschließt“. (Gamper 2014: 234) Der literarische Interdiskurs unterscheidet sich vom meteorologischen Spezialdiskurs durch Popularisierung, Neuperspektivierung und Fiktionalisierung (Gamper 2014: 232). Dieser Gegensatz von Spezial- und Interdiskurs, literarischer und fachwissenschaftlicher Meteorologie ist für die hier untersuchten Beispiele nicht konstitutiv. Dies hat einerseits mit der wissenschaftsaffinen Grundausrichtung der sowjetischen Prosa zu tun, die eine hochgradig sensibilisierte Perspektive auf Fragen wissenschaftlicher Sinn- und Erkenntnisproduktion entwickelt. Durch längere Feldaufenthalte an wissenschaftlichen Instituten und die technische Ausbildung vieler Autoren gibt es deutlich erkennbare Bezüge zu gegenwärtigen theoretischen Debatten und Entwicklungen in der Meteorologie. Konstatiert Gamper für die Literatur der Moderne und des 20. Jahrhunderts, dass „der Bezug zur Wissenschaft [...] an Bedeutung verliert und die meteorologischen Poetiken sich stärker von genuin ästhetischen und sprachtheoretischen Prämissen her begründen“ (Gamper 2014: 243)[2], so gilt für weite Teile der sowjetischen Literatur, wie noch zu zeigen sein wird, das Gegenteil. Die Problematisierung des Wetterwissens erfolgt nicht aus einer ästhetisierten Außenperspektive, sondern aus der Denk- und Forschungspraxis der Meteorologie selbst. Literarische Werke partizipieren am Spezialdiskurs und problematisieren dessen methodische und theoretische Voraussetzungen. Dass sich dies vor dem Hintergrund einer technisierten und computerisierten Wetterforschung abspielt, die in bisherigen Forschungen zur literarischen Meteorologie kaum eine Rolle spielte, verleiht dem sowjetischen Material zusätzliche Relevanz für eine Historisierung literarischer Nachkriegsmeteorologie.

Ein Blick in die sowjetische Literatur kann aber nicht nur zur Neuperspektivierung der literarischen Meteorologie beitragen, sondern über die literarische Meteorologie auch das Bild der sowjetischen Literatur differenzieren. Untersuchungen zu deren Naturdarstellungen interpretieren diese meist als radikalisierte Form des modernen Projekts der Naturbeherrschung (Bauman 1992), die in Maksim Gor’kijs Losung des Kampfs gegen die Natur („bor’ba s prirodoj“) und deren literarischer Exemplifikation kulminiert. (Clark 1981: 100–106) Die Literatur stützt dieser Lesart zufolge, insbesondere in den Produktionsromanen des Ersten Fünfjahresplans, das Programm der Naturumgestaltung, bevor sie sich in der spätsowjetischen Phase, und hier insbesondere in der Dorfprosa (Razuvalova 2015), einer kritischeren Sicht zuwendet. Die hier analysierten Werke lassen sich allerdings nicht auf solche ideologischen bzw. ideologiekritischen Sichtweisen reduzieren. Die bisherige Konzentration auf die Steuerungs- und Transformationsexzesse des Wetters, für die sich in der sowjetischen Geschichte viele Beispiele finden, droht darüber hinwegzutäuschen, dass literarische Werke auch in der Sowjetunion ein wichtiges Medium für die Speicherung und Reflexion erkenntnis- und wissenschaftstheoretischer Auffassungen darstellen, was in der Folge plausibilisiert werden soll.

2 Literatur und Meteorologie während des Tauwetters

Die Nachkriegszeit gilt neben den 1920er Jahren, in denen im Zeichen der Avantgarde auf vielfältige Weise die Entgrenzung zwischen Wissenschaft und Literatur zum Programm wird, als zweiter zentraler Zeitraum für den sowjetischen Wissenschaftsdiskurs. Für Aleksandr Genis und Petr Vajl’ ist Wissenschaft („nauka“) denn auch eines der zentralen Lemmata in ihrem Glossar der 1960er Jahre, in denen die Welt des sowjetischen Menschen Gestalt gewinnt. (Vajl’ & Genis 2013: 117–128) Nach dem ideologischen Missbrauch der Wissenschaft während der Stalinzeit sollte sie zur neuen Grundlage der sowjetischen Gesellschaftsordnung werden und idealtypisch deren neue Leitwerte wie Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit verkörpern. Mit der Bezeichnung Ottepel’ (Tauwetter), die auf einen Romantitel Il’ja Ėrenburgs zurückgeht, erhielt die poststalinistische Periode eine meteorologische Epochensignatur. Im Begriff des Tauwetters schwang die Hoffnung auf einen allumfassenden Klimawandel der Gesellschaft mit, den man gestalten konnte und der nach den winterlichen Jahren von Krieg und Terrorismus den Weg in die Utopie der kommunistischen Gesellschaft weisen sollte.

Das Tauwetter bezog sich dabei zwar auf die Ereignisse am Boden, aber die Veränderungen, die die Meteorologie und die Wissenschaftskultur der 1950er und -60er prägen sollten, fanden im Kosmos statt. Der Sputnik-Flug und dessen euphorisierende Wirkung auf die sowjetische Gesellschaft sollten sich in der Rückschau als das Ereignis erweisen, das die bis heute positive Wahrnehmung der Epoche in Bezug auf die Populärwissenschaft prägt. Er führte zu einer Revolution der Meteorologie durch das nun beginnende „satellite age“ (Fleming 2016: 211). Hier boten sich neue Möglichkeiten der Wetterbeobachtung, während die Computertechnologie neue Methoden des Umgangs mit großen Datenmengen bereitstellte (Belge & Gestwa 2009: 24).

Die UdSSR hatte ihre Investitionen in die Meteorologie, deren Institute und Forschungsstationen nach Revolution und Bürgerkrieg weitgehend zerstört waren, bereits in den 1920er Jahren sukzessive erhöht. (Breese 1934) Vorangetrieben wurde sowohl die Grundlagenforschung, z. B. zum Erdmagnetfeld oder zur atmosphärischen Elektrizität, als auch die praktische Anwendung experimenteller Meteorologie, so z. B. im 1932 gegründeten Institut für experimentelle Meteorologie in Leningrad, das sich mit Möglichkeiten künstlichen Niederschlags beschäftigte. Mit dem Ende des Stalinismus und dem Beginn des space race begann eine Hochphase der Meteorologie.[3] Sie wurde zu einem „Ersatzschlachtfeld“ (Belge & Gerstwa 2009: 15) im Kalten Krieg. Zu einem der Zentren der sowjetischen Wetterforschung wurde die in Sibirien neu gegründete Wissenschaftsstadt Akademgorodok, in der mit neuester Technik und internationaler Kooperation meteorologische Grundlagenforschung betrieben wurde (Tatarchenko 2013: 301, 311, 316, 327). Die Nachkriegsmeteorologie entwickelte sich sukzessive zur Klimatologie, wobei sich auch in der Sowjetunion zunehmend kritische Stimmen in Bezug auf die menschliche Beeinflussung des Wetters und die Verantwortung für einen potentiell katastrophischen Klimawandel meldeten.[4]

Mahnungen vor den negativen Folgen der Umweltzerstörung und eines gestörten Mensch-Natur-Verhältnisses hatte es in der russischen Literatur schon seit dem Ende des 19. Jahrhunderts gegeben.[5] Sie fanden nun in Werken wie Leonid Leonovs Russkij les (Der russische Wald 1953), in der ökologischen Prosa Andrej Bitovs (Chances 1993), in den Erzählungen Jurij Kazakovs oder in den Werken der Dorfprosa ein Echo. Auf der anderen Seite wirkten auch optimistische, auf die Gestaltungskraft der Wissenschaft vertrauende Haltungen fort,[6] so z. B. in der Poesie Evgenij Evtušenkos (Epštejn 1990: 148) oder in der Imagination künstlichen Klimas, wie sie Konstantin Bogdanov am Beispiel Ivan Sibircevs herausgearbeitet hat (Bogdanov 2014 b: 143 f.).

In Abgrenzung zu diesen Werken, in denen bei der Darstellung des Wetters metaphorische und zum Teil ideologische Qualitäten dominieren, sollen in der Folge zwei Romane im Zentrum stehen, die von der täglichen wissenschaftlichen Arbeit an einem Forschungsinstitut handeln. Die Analyse von Daniil Granins Idu na grozu (Dem Gewitter entgegen 1962) und Anatolij Gladilins Prognoz na zavtra (Und morgen wechselnd wolkig[7] 1972) interessiert sich dabei weniger für die literarische Meteorologie als Ausdruck ideologischer und politischer Verschiebungen, als für die Darstellung einzelner wissenschaftlicher Denkstile und ihre Bedeutung für die Poetik literarischer Meteorologie. Die Differenzierung einzelner Denkstile, Anthropologien, Evolutionstheorien und Praxeologien wissenschaftlicher Arbeit kann dabei helfen, etablierte Genealogien der Wissenschaftsdarstellung in der sowjetischen Literatur in Frage zu stellen[8] und neue Perspektiven auf die Funktion von Literatur bei der Erschließung künstlerischer Wissensfelder in den Blick zu bekommen.

Daniil Granin ist wahrscheinlich der sowjetische Schriftsteller, der sich im Poststalinismus am intensivsten mit der (sowjetischen) Wissenschaft auseinandergesetzt hat. Das Spektrum reicht dabei vom französischen Physiker François Arago in Povest’ ob odnom učenom i odnom imperatore (Der Gelehrte und der Kaiser 1971) über den sowjetischen Atomphysiker Igor’ Kurčatov im Drehbuch Vybor celi (Die Wahl des Ziels 1974) bis zum sowjetischen Biologen und Entomologen Aleksandr Ljubiščev in Ėto strannaja žizn’ (Ein seltsames Leben 1975) und dem unter Stalin verfolgten Genetiker Nikolaj Timofeev-Resovskij in Zubr (Das Bison 1987). Granins Bücher sind eine wertvolle Quelle für populäre Imaginationen der Wissenschaft. Dies gilt auch und gerade für Idu na grozu, den ersten längeren Roman, den Granin einer wissenschaftlichen Thematik widmete.

Im Zentrum dieses 1962 in der Zeitschrift Znamja (Ausgaben 8–10) erstveröffentlichten Romans[9] stehen zwei aufstrebende junge Wissenschaftler, Sergej Krylov und Oleg Tulin, die sich der Erforschung und Beeinflussung von Gewittern verschreiben. Geschildert wird ihre Karriere an einem meteorologischen Institut in Leningrad seit Beginn der 1950er Jahre. Der Roman verfolgt die Auseinandersetzung der beiden talentierten und ambitionierten Wissenschaftler mit Zauderern und Opportunisten, die ihre Bemühungen sabotieren. Sie kulminiert in einem gefährlichen Forschungsflug ins Gewitter, bei dem es zu einem tragischen Unfall kommt. Ein Mitarbeiter stirbt und eine Kommission beschließt in der Folge, das Projekt abzubrechen. Während sich Tulin mit dieser Entscheidung zu arrangieren scheint, forscht Krylov weiter und erzielt schlussendlich Erfolge, durch die die Forschungen wieder aufgenommen werden.

Anatolij Gladilins Anfänge als Schriftsteller liegen im Umfeld der Molodaja proza und des Mauvismus[10]. Seine frühen Erzählungen, die unter anderem Konflikte zwischen der Tauwetter-Generation und ihren Eltern sowie die Rolle des Künstlers in der sowjetischen Gesellschaft reflektierten, erschienen in der von Valentin Kataev herausgegebenen Zeitschrift Junost’ und erregten durch ihren experimentellen, mit Erzählperspektiven und Stilebenen spielenden Charakter Aufmerksamkeit. Im Laufe der 1960er Jahre bekam Gladilin dann zunehmend Probleme, seine Erzählungen zu publizieren.[11] Er hoffte ursprünglich, Prognoz na zavtra in der Sowjetunion veröffentlichen zu können, scheiterte aber, weswegen der Roman 1972 schließlich im Ausland erschien (Borden 1998: 203). 1976 wanderte er nach Frankreich aus.

Prognoz na zavtra erzählt aus einer homodiegetischen Erzählsituation heraus vom Physiker Martynov, der an einem meteorologischen Institut in Moskau arbeitet und dort für die Erstellung langfristiger Vorhersagen zuständig ist. Seine private Situation, die durch ein Dreiecksverhältnis zwischen seiner an psychischen Problemen leidenden Ehefrau Nataša und der Liebe zur jungen Studentin Ira geprägt ist, belastet ihn schwer und zwingt ihn zu einer quälenden Selbstbefragung. Im Zentrum seiner beruflichen Tätigkeit steht die Erstellung einer Wettervorhersage für den November. Martynov errechnet ein für diese Jahreszeit ungewöhnliches Tauwetter und versucht, sich mit dieser Deutung bei seinen skeptischen Vorgesetzten durchzusetzen. Dies gelingt ihm schließlich und die Vorhersage tritt am Ende unerwarteterweise sogar ein. Sein Erfolg trägt aber nicht dazu bei, die Desillusionierung des Protagonisten, die von seinen beruflichen Anfängen in der Wetterforschung im arktischen Norden bis in die Gegenwart nachgezeichnet wird, zu durchbrechen. Der Roman endet schließlich offen, eine Prognose für die Zukunft bleibt sowohl in privater wie in beruflicher Hinsicht unmöglich.

3 Kampf der Kalküle

Beide Romane erwecken den Eindruck einer detailgetreuen Wiedergabe der Arbeitsumstände an meteorologischen Instituten. In einem ersten Schritt sollen nun die einzelnen Kalküle und Denkstile, die diese Arbeit prägen, differenziert werden. Dabei zeigt sich, dass beide Romane Interdisziplinarität und der Überwindung der Differenz von Natur- und Geisteswissenschaften viel Raum zugestehen, was fachwissenschaftlichen und öffentlichen Debatten der Zeit geschuldet ist.

Die Meteorologie gilt heute als Teilgebiet der Physik, die auch die Mutterdisziplin der Hauptprotagonisten ist. Dennoch ist sie bei weitem nicht die einzige Disziplin, die in den beiden Romanen erkenntnisbildende Funktion besitzt. Insbesondere Granins Roman zeichnet sich durch einen Widerstreit einzelner wissenschaftlicher Kalküle aus, deren Einsatz gegeneinander abgewogen werden muss. Theoretischer Ausgangspunkt der folgenden Analyse ist Ludwik Flecks Begriff des Denkstils. Fleck zufolge konfiguriert ein bestimmter Stil des Denkens die wissenschaftliche Wahrnehmung und richtet sie auf ein bestimmtes Erkenntnisproblem aus. Fleck spricht von der „Bereitschaft für gerichtetes Wahrnehmen“ (Fleck 1980: 121) und meint damit eine Bewegung, die sich sukzessive auf die Wahrnehmung einzelner Parameter kapriziert und eine „richtungsangebende Stimmung“ sowie ein „Experimentalsystem“ erzeugt. (Fleck 1980: 117; Rheinberger 2007: 53) Je stärker die Wahrnehmung jedoch auf einen bestimmten Stil ausgerichtet wird, desto eher verliert sie auch „die Fähigkeit, der Gestalt Widersprechendes zu sehen.“ (Fleck 1980: 117) Innerhalb eines Denkstils lassen sich Erkenntnisse gewinnen, aber meist nicht alle Probleme lösen. Deshalb kommt es in der Wissenschaft regelmäßig zu Konflikten zwischen und zur Ablösung von Denkstilen.[12] In Bezug auf die Meteorologie findet sich eine solche Ablösung zum Beispiel im Ersatz theologischer Deutungen von Unwettern und Gewittern hin zu physikalischen Erklärungsmustern.

Die einzelnen Denkstile, die Granins Roman in Bezug auf deren Tauglichkeit für die Lösung und Erforschung meteorologischer Probleme differenziert, sind normativ codiert. Auf der negativen Seite stehen die Denkstile des Krieges, der Religion und der Ökonomie. Für den Denkstil des Krieges steht vor allem der Forscher Denisov, der das Gewitter mit Hilfe von Granaten und Raketen lenken möchte. Denisov erzeugt öffentliche Aufmerksamkeit durch „meisterhafte Bilder von Katastrophen“ (Granin 1963: 174) [„мастерски нарисова[нные] картины бедствий“, Granin 1964: 184], die der Öffentlichkeit Angst einflößen und die Notwendigkeit radikalen Handelns suggerieren. Er aktiviert religiöse Denkmuster, die sich ebenfalls auf Katastrophenszenarien und die Erzeugung von Angst stützen, wodurch Unterstützung mobilisiert werden soll. Krieg und Religion sind in seinem Fall verwandt und finden sich sowohl in der sowjetischen Wissenschaft als auch beim französischen Meteorologen Duras, den die Angst um die Atmosphäre lähmt. Ebenfalls untauglich für die Erforschung der Atmosphäre ist ein ökonomisches Kalkül, für das allein das „Prinzip der materiellen Interessiertheit“ (Granin 1963: 77) [„Принцип материальной заинтересованности“, Granin 1964: 80] zählt.

Positiv codiert sind hingegen die Mathematik und Biologie. Die Mathematisierung der Meteorologie erscheint als wichtigste Neuerung der Handlungszeit. Für die Nachwuchswissenschaftler am Institut wie Tulin, Krylov oder Pesseckij ist die „Mathematik! Krone der Wissenschaft“ (Granin 1963: 59) [„Математика! Царица наук!“, Granin 1964: 61]. Dadurch unterscheiden sie sich von der älteren Forschungsgeneration, die der Institutsleiter Golicyn repräsentiert. Wenn es um die Lösung wissenschaftlicher Probleme geht, so die neue Losung, helfen „abstrakte Gleichungen“ mehr als „Koeffizienten, Skizzen und Nomogramme[ ]“ (Granin 1963: 120) [„здесь привыкли иметь дело с коэффициентами, чертежами, номограммами“, Granin 1964: 128], wie insbesondere die Arbeit Krylovs zeigt. Die schlussendliche Lösung der Probleme, die zum fatalen Absturz des Flugzeugs führten, findet er schließlich auch auf mathematischem Wege. Hilfreich ist dabei für ihn die plötzliche „Erkenntnis, daß das Modell der Wolke nicht ein Porträt, sondern vielmehr ein lebender Organismus, ein Prozeß sein mußte.“ (Granin 1963: 249) [„И вдруг он понял, что модель облака – это не портрет, а скорее живой организм“, Granin 1964: 261]. Krylov nähert sich hier einem biologischen Denkstil an, mit Hilfe dessen er die Phänomene der Atmosphäre nicht länger als statische Konfiguration, sondern als lebenden Organismus beschreibt, der sich durch stetigen Wandel und „Inhomogenitäten“ (Granin 1963: 248) [„неоднородности“, Granin 1964: 260] auszeichnet. Die mathematische Denkweise muss also komplementiert werden durch die Idee des Organischen, um Fortschritt zu generieren, so die Position des Romans.

Lassen sich die bisher genannten Denkstile in einem dichotomischen Raster lokalisieren, so gilt das nicht für zwei andere Denkstile, die im Roman eine prominente Rolle einnehmen: Kybernetik und Kunst. Die Kybernetik avancierte in der Sowjetunion nach anfänglicher Diskreditierung während des Spätstalinismus zu einer der Leitwissenschaften des Tauwetters. (Gerovitch 2002) In Granins Roman wird sie als eine „elementare Sache“ (Granin 1963: 115) [„элементарная вещь“, Granin 1964: 122 f.] bezeichnet, selbst Norbert Wiener wird an einer Stelle erwähnt (Granin 1964: 242). Ziel der Kybernetik ist die Optimierung des Mensch-Maschine-Verhältnisses. Hauptrepräsentant eines kybernetischen Ansatzes in der Meteorologie ist das Akademiemitglied Bogdanovskij, der sich durch übermenschliche Leistungskraft, Präzision und Schnelligkeit auszeichnet. Bogdanovskijs Denken ist binär strukturiert: „Immer lief alles auf „Ja“ oder „Nein“ hinaus.“ (Granin 1963: 290) [„всегда все сводится к „да“ и „нет““, Granin 1964: 304] Eben diese Strukturierung kann sich aber als Schwäche erweisen, weil nicht jedes Problem auf dieser Basis beurteilt werden kann. Noch deutlich skeptischer als die Kybernetik wird die Deutungskraft der Kunst im Bereich der Meteorologie eingeschätzt. Kunst und Naturwissenschaft scheinen unterschiedlichen Sphären anzugehören. Die Gesetze der Physik, wie etwa der Energieerhaltungssatz, lassen sich nicht auf künstlerische Prozesse übertragen, wie Krylov von einer seiner Freundinnen, der Kamerafrau Lena, belehrt wird (Granin 1964: 175). Eine Erkenntnis, die ihm sein erster akademischer Lehrer, Dankevič, vermittelt, ist deshalb, dass die „Welt [...] nicht nur aus Zahlen bestehen“ kann (Granin 1963: 172) [„Мир не может состоять из чисел.“, Granin 1964: 182] und auch die Darstellungen der Kunst ihre Existenzberechtigung haben. Durch diese Bemerkung eröffnet sich eine neue Perspektive, die die Komplementarität physikalischer und künstlerischer Weltbezüge einfordert.

In den 1950er Jahren entwickelte sich die Meteorologie zu einer interdisziplinären Wissenschaft von der Atmosphäre, die die Integration bisher separater Forschungsrichtungen anstrebte: „The new interdisciplinary field was shaped by the maturation of theoretical models, observational networks, and the needs of the Cold War. The goal was the union of meteorology, aerology, and climatology with other approaches.“ (Fleming 2016: 194) Die Pioniere dieses neuen Wissenschaftsverständnisses plädierten für eine Erweiterung der Definition der Meteorologie, die Errichtung interdisziplinärer Forschungsinstitute und die Nutzung von Synergien durch die Bildung globaler Forschungsnetzwerke. Die Koexistenz und Komplementarität verschiedener Kalküle in Idu na grozu und das Plädoyer für eine neue Denkrichtung in der Meteorologie sind ein Echo dieser Veränderungen. An die Stelle eines physikalischen Verständnisses der Klimatologie, das seit dem frühen 19. Jahrhundert prägend war (Achermann & Heymann 2018: 610), trat nun eine mathematisierte Wetterwissenschaft, die zu einer zunehmenden Numerisierung des Feldes führte (Harper 2008), die sich auch in Granins Roman widerspiegelt. Der eigentliche Fortschritt, so der Eindruck, findet im Bereich mathematischer Grundlagenforschung statt und nicht mehr durch die Beeinflussung lokaler Wetterereignisse wie Gewittern. Letzteres bildet zwar den dramatischen Konflikt des Romans, bleibt allerdings, was den größeren Fortschritt der Disziplin betrifft, Episode.

Ebenso wie Granins Helden Tulin und Krylov ist Martynov in Prognoz na zavtra ein ausgebildeter Physiker. Während die ersteren aber einen großen Teil ihrer Arbeit auf experimentelle Tätigkeiten verwenden, ist Martynovs Arbeitsstil theoretischer geprägt. Seine Haupttätigkeit besteht im Aufstellen mathematischer Gleichungen, mit Hilfe derer er langfristige Wettervorhersagen erstellt. Mathematik hat sich als dominanter Denkstil der meteorologischen Praxis etabliert, allerdings sind die Ergebnisse bescheiden. Martynov klagt: „И вот любопытно – сижу я сейчас, как старый плешивый бухгалтер, и скрупулезно на счетах подсчитываю: сил не хватит, времени не хватит, денег не хватит, меня самого не хватит.“ (Gladilin 1972: 127) [„Es ist recht interessant: Da sitze ich jetzt wie ein alter kahlköpfiger Buchhalter und rechne peinlich genau: Die Kräfte werden nicht reichen, die Zeit wird nicht reichen, das Geld wird nicht reichen, ich selber werde nicht reichen.“ (Gladilin 1978: 142)] Die Gleichungen gehen nicht auf, die mathematische Tätigkeit ist zur Operationsweise eines Buchhalters degradiert. Es geht nicht länger um wissenschaftliche Erkenntnis, sondern um ökonomischen Nutzen, die Produktion ist das Wichtigste (Gladilin 1972: 25).

In Konkurrenz zum mathematischen Denkstil, dessen Erkenntnispotentiale sich erschöpft zu haben scheinen,[13] treten neue Impulse aus anderen Wissenschaftsbereichen, vor allem aus der Astronomie und der Ozeanographie. Bereits als junger Wissenschaftler wollte Martynov „eine Revolution in der Meteorologie herbeiführen“, indem er seine Forschung an dem Einfluss der kosmischen Strahlung auf das Wetter ansetzen ließ (Gladilin 1978: 47) [„кухню погоды через космические лучи хотел понять, революцию в метеорологии совершить.“, Gladilin 1972: 41][14]. Diese Theorie führt er später weiter und postuliert: „С космическими лучами на землю приходят частицы высоких энергий. Обычными приборами их нельзя зафиксировать. Чтобы поймать частицу, надо погасить ее скорость.“ (Gladilin 1972: 147) [„Zusammen mit den kosmischen Strahlen kommen Teilchen von großen Energien auf die Erde. Mit gewöhnlichen Geräten können sie nicht erfaßt werden. Um ein Teilchen zu fangen, muß man dessen Geschwindigkeit bremsen.“ (Gladilin 1978: 160)]

Die Theorie, dass die Sonneneinstrahlung einen beträchtlichen Einfluss auf das Erdklima ausübt, findet sich auch in zeitgenössischen fachwissenschaftlichen Debatten. Der bereits erwähnte Michail Budyko weist 1969 nach, dass es auf der Erde in den vergangenen Jahrzehnten zu einem Temperaturanstieg gekommen ist. Seine Erklärung hierfür lautet, dass der Rückgang der Eisschicht auf der Erdoberfläche zu einem Rückgang der Reflexion der Sonnenstrahlen von der Erde ins All geführt hat. Dieser Mechanismus verstärkt, einmal in Gang gesetzt, das Schmelzen der Gletscher und dadurch wiederum die Erderwärmung. Budyko schlägt deshalb warnende Töne an und spricht von einer „coming climate catastrophe“, die vom Menschen und seinem Energieverbrauch noch verstärkt werde (Budyko 1969: 618). Der Klimawandel deutet sich auch in Gladilins Roman an. In dessen Zentrum steht ein anormaler Anstieg der Temperaturen im November, den sich die Forscher allerdings noch nicht wirklich erklären können: „откуда такое резкое изменение климата? Ведь наша планета не удалялась от Солнца, и Солнце вроде бы не затухало!“ (Gladilin 1972: 90) [„Was ist geschehen, woher kommt diese plötzliche Klimaveränderung? Unser Planet entfernte sich doch nicht von der Sonne, und die Sonne scheint doch nicht zu erkalten?“ (Gladilin 1978: 102)] Die Ursachen hinter diesem Anstieg lassen sich noch nicht ermitteln, die Folgen allerdings bereits prognostizieren.

Das Phänomen des Klimawandels erhärten auch Erkenntnisse aus der Ozeanographie. Das kalte Schmelzwasser der Gletscher, so die Theorie, trage zu einem Anstieg der Temperaturen im Ozean bei. Ein wissenschaftliches Forschungsschiff hat dabei „eine gigantische, ihrem Ausmaß nach unermeßliche Abkühlungsquelle“ (Gladilin 1978: 101) [„необъятный по своей емкости источник охлаждения“, Gladilin 1972: 90] entdeckt, deren Herkunft zwar unklar ist, aber deren Folgen sich bereits auf das Wetter und Klima auswirken. Die Argumentationskette folgt hier einem komplexen Gedankengang. Es gibt keine einfachen Kausalitäten zwischen Ursache und Folge, die Klimaveränderung ist ein globales Phänomen, wobei Interdependenzen existieren, die für die gegenwärtige Wissenschaft nicht rekonstruierbar sind. Während die meteorologischen Forschungen bei Granin allesamt projektbezogen sind und Spill-Over-Effekte nicht thematisiert werden, ist die Prognostik in Gladilins Roman angewiesen auf in anderen Kontexten gewonnene Erkenntnisse, die in Modellrechnungen integriert werden müssen, ohne dass bereits ein Verständnis der Phänomene selbst vorhanden wäre.

Ende der 1950er kam es in West- und Osteuropa zu breiten Diskussionen um die Vereinbarkeit von Kunst und Wissenschaft. C. P. Snow formulierte 1959 die These von den Two Cultures und in der Sowjetunion entwickelte sich zeitgleich eine Debatte um das Verhältnis von fiziki und liriki, die auf ein Gedicht von Boris Sluckij zurückging (vgl. Grübel 1980; Bogdanov 2014a). Sluckij modellierte, so Rainer Grübel, „eine historische Entwicklung von der lyrischen zur physikalischen Kultur“ (Grübel 1980: 217) und stellte die Frage, welche Rolle Poesie in einer technisierten Welt noch spielen könnte. Die bisherige Analyse kann dabei helfen, diese in der öffentlichen Debatte simplifizierte Dichotomie in Bezug auf den Poststalinismus zu überdenken.[15]

Betrachtet man die Darstellung der Meteorologie in Idu na grozu und Prognoz na zavtra, so fällt auf, dass es eine Vielzahl konkurrierender, aber sich auch komplementierender Denkstile gibt, die eine jeweils eigene Form der Gegenstandsbetrachtung ausprägen. Wichtig für die wissenschaftliche Erkenntnis ist dabei in beiden Fällen die Offenheit für andere Experimentalsysteme außerhalb der Kerndisziplin der Physik. Interdisziplinäres Denken und breite Kenntnis unterschiedlicher Forschungsstränge wird zur Kernkompetenz erfolgreicher Meteorologen erklärt. Beobachtbar ist dabei in beiden Fällen eine Abstrahierung des Erkenntnisprozesses, der sich nicht länger an romantischen Schauplätzen abspielt, sondern in Büros und vor Rechenmaschinen. Dies zeigt Granins Roman in besonderer Prägnanz, in dem der romantische Flug in die Wolken fatale Folgen mit sich bringt und echte Erkenntnis erst auf dem ‚Boden der Tatsachen‘ generiert wird. Deutlich wird diese Verschiebung auch an den mathematischen Operationen in beiden Texten. Während in Idu na grozu noch die Lösung komplexer Differentialgleichungen im Zentrum steht, dominieren bei Gladilin stochastische Operationen. Dies zeigt die zunehmende Bedeutung von Modellen für die Meteorologie an, die an die Stelle der präzisen Lösung lokal begrenzter Probleme tritt.

4 Wahrheit und Methode

Bewegten sich die bisherigen Ausführungen auf der Makroebene der Denkstile und Disziplinen, so sollen im nächsten Abschnitt die konkreten Arbeitsweisen der Meteorologen im Zentrum stehen. Die sowjetische Literatur liefert wertvolle Quellen für die Geschichte wissenschaftlicher Operationsweisen. Viele Autoren arbeiteten selbst lange in der Produktion und Forschung oder verbrachten zumindest geraume Zeit während des Rechercheprozesses in wissenschaftlichen Institutionen. Dadurch erwarben sie ein Spezialwissen, das sich in einem fast ethnographischen Blick auf die Arbeitsweisen der Wissenschaftler niederschlägt. Im Anschluss an Bruno Latours Ethnographien wissenschaftlicher Arbeit (Latour & Woolgar 1979; Latour 1999) kann deshalb dafür plädiert werden, sowjetische Produktionsromane und Wissenschaftsliteratur als Quellenmaterial für methodologische und epistemische Selbstverständnisse fruchtbar zu machen.

Auch Daniil Granin hat solche einschlägigen Erfahrungen vorzuweisen und benennt sie in einem Interview als wichtige Quelle seines Schreibprozesses.[16] Granin begleitet die Wissenschaft, insbesondere Physik und Mathematik, aber nicht unkritisch, sondern mit dem Blick des Skeptikers (Granin 1977: 192), der Routinen kritisch hinterfragt und blinde Flecken innerhalb des Forschungsprozesses erkennen möchte.

Die Leitmethodik der Meteorologie in Idu na grozu ist das Experiment. Krylov kommt als Rohdiamant von der Universität an das Forschungsinstitut und sammelt seine ersten Erfahrungen im Labor. Dort wird der Laborleiter Anikejev zu seinem Mentor, der skeptisch gegenüber dem Bücherwissen ist, und für den nur das zählt, was er selbst gemessen hat. Er rät „weniger lesen“, sich nicht der Autorität der Publikationen unterzuordnen und stattdessen inkonsequent zu sein, selbst zu denken und alles zu überprüfen (Granin 1964: 144 f.). Im Labor herrscht eine sokratische Haltung vor, deren Ziel die Problematisierung und Falsifikation vorhandenen Wissens ist, das stets optimiert werden kann. Krylovs Charakter ist diesem Ideal der Wissenschaft nicht zugeneigt, er möchte stattdessen lieber über die großen Probleme seines Zeitalters nachdenken und diskutiert nach der Arbeit mit seinen Altersgenossen über die Modethemen der Zeit, allen voran die Kybernetik. Die Arbeit im Labor mit ihren Messungen und bewusst primitiven Gerätschaften ist der Computerisierung und Mathematisierung der Meteorologie entgegengesetzt.

Krylov macht hier einen Lernprozess durch, er verlässt die „höhere Welt des reinen Denkens“ (Granin 1963: 146) [„покидая этот недоступный, высший мир чистой мысли“, Granin 1964: 155] und begibt sich in die Niederungen der täglichen Laborarbeit. Laborarbeit ist Handwerk, es geht um den präzisen Aufbau der immer gleichen Konfigurationen. Die einzelnen Handgriffe müssen eingeübt und habitualisiert werden. Die Lehren, die er aus dieser Sozialisation zieht, sind ihm später noch von Nutzen. So überträgt er das Paradigma des Labors, als es später um die Überprüfung seiner Hypothesen im freien Feld geht, auf seine wissenschaftliche Praxis. Einem Kollegen fällt dies auf: „Chobotnew hatte das Gefühl, der Himmel sei für Krylow ein Labortisch, auf dem die präparierten Wolken ausgebreitet lagen.“ (Granin 1963: 293) [„Хоботнев чувствовал, что небо для Крылова – лабораторный стенд, на котором разложены специально приготовленные облака.“, Granin 1964: 308]. Krylov ist derjenige der Forschungscrew, der die gründlichsten Messungen durchführt (Granin 1964: 334), die als einzige für die weitere Forschung zu gebrauchen sind. Die Fähigkeit zu messen, verweist zurück auf seine ersten Erfahrungen im Labor, war doch die gründliche Messung eines der Hauptmantras Anikejevs. Und eine weitere Lehre nimmt er aus dem Labor mit: die Wiederholung gescheiterter Versuche. Auch wenn der Forschungsflug in einer Katastrophe endet, verliert Krylov als einziger nicht den Mut und beschließt, die Experimente zu wiederholen, bis sich verwertbare Ergebnisse einstellen.

Experimente spielen in Gladilins Roman kaum eine Rolle. Leitmethodik für die Erstellung meteorologischer Prognosen ist das Szenario. Während im Experiment konkrete Größen und deren Einfluss gemessen werden, befassen sich Szenarien mit hypothetischen Folgen auf Basis der Modellierung einzelner Einflussgrößen. Ein weiterer Unterschied betrifft die Raumlogik des Experiments. Im Falle Krylovs geht es darum, so nahe wie möglich an den Erkenntnisgegenstand heranzutreten („na grozu“), während Martynovs Szenariotechnik zum Gegenstand auf Distanz bleibt. Das Tätigkeitsfeld des Vorhersageinstituts ist einer experimentellen Modellierung prinzipiell verschlossen. Die Szenariotechnik ist keine Hand-, sondern reine Kopfarbeit.

Der Prozess der Erstellung einer Vorhersage wird im Roman dabei anhand eines Vier-Phasen-Modells präzise geschildert. Zunächst geht es um die Sammlung von Informationen und historischen Analogien, dann um die Gewichtung der gefundenen Parameter, auf deren Basis eine Prognose erstellt wird. Danach heißt es in einer dritten Phase abwarten, bevor schlussendlich aktuelle kurzfristigere Daten in die Prognose eingefügt werden. (Gladilin 1972: 155–158) Die Erstellung solcher Szenarien ist sehr fehleranfällig und das schlussendliche Ergebnis ist immer eine Näherung, nie exakt. Im Gegensatz zum Experiment ist das Szenario nicht wiederholbar, weil alle seine Bestandsgrößen kontingent sind. Hier geht es nicht um die Ermittlung wissenschaftlicher Gesetze, sondern um die Entwicklung möglichst effektiver Vorbereitungsmaßnahmen, mit Hilfe derer man sich auf die eventuell drohenden Ereignisse einstellen möchte. Aufgrund der hohen Fehleranfälligkeit ist die Legitimität der Szenariotechnik im Roman hoch umstritten: „О службе погоды единое мнение – это не работа и даже не баловство, это хулиганство за народные деньги.“ (Gladilin 1972: 103) [„Über den Wetterdienst ist die einhellige Meinung: Das ist keine Arbeit und noch nicht einmal Übermut, das ist Rowdytum, und auch noch auf Staatskosten.“ (Gladilin 1978: 116)] Die Prognostik ist ein wissenschaftliches Feld, in dem die Wahrheit prinzipiell nicht gefunden werden kann. Zentrale Elemente experimenteller Wissenschaft wie Ursache-Folge-Beziehungen haben hier keine Gültigkeit. Ausschlaggebend für eine gute Prognose sind weniger die richtige Methodik, über die sich der Erzähler durch ironische und skeptische Kommentierungen immer wieder lustig macht, als Glaube und Intuition.

Mit der Intuition ist ein Stichwort genannt, das in beiden Romanen eine wichtige Rolle einnimmt. Während Krylov als Experimentator eingeführt wird, zeichnet sich sein anfänglicher Mentor Tulin durch „eine außergewöhnliche Intuition, eine Art inneres Gesicht[17]“ aus. (Granin 1978: 397) [„Он обладал исключительной интуицией, каким-то особым внутренним зрением.“, Granin 1964: 416] Tulin ist ein Taktiker, der die Wahrheit nicht methodisch sucht, sondern Neigungen und Vermutungen nachgeht.[18] Dieser Zugang ist im Roman nicht so unterlegen, wie es zunächst scheinen mag. Tulin gelingt es durch sein intuitives Wissenschaftsverständnis, Problemfelder zu identifizieren und durch Glück und Überzeugungskraft Erfolge zu erzielen. Insbesondere im Feld persönlicher Kommunikation mit Fachfremden kommt er dabei in einer Weise voran, die Krylov nicht gelingen würde. Dennoch scheitert Tulin am Ende. Als er mit dem ersten Misserfolg zu kämpfen hat, dem Flugzeugabsturz, den er zwar selbst nicht zu verantworten hat, der ihn aber sehr mitnimmt, gibt er seine Atmosphärenforschung auf. Krylovs Aussage zufolge hat es Tulin mit seiner Methodik der Intuition nur bis an den Rand der Wahrheit geschafft, nicht aber in deren Zentrum (Granin 1964: 416).

Während Tulins Vertrauen in die Intuition im Angesicht der schlussendlich ‚besseren‘ Alternative der genauen Messung, die Krylov verkörpert, als bewusste Entscheidung dargestellt wird, hat Martynov bei der Erstellung seiner Prognose kaum eine andere Wahl, als der eigenen Intuition zu vertrauen. Da es keine Modelle gibt, nach deren Maßgabe die Prognose anzufertigen wäre, muss die Gewichtung einzelner Parameter nach subjektiven Kriterien vorgenommen werden. Prognostik wird zur Prophetik (Gladilin 1972: 27). Schlussendlich liegt Martynov aber im Vertrauen auf seine Intuition richtig. Denn gegen alle Wahrscheinlichkeit prognostiziert er einen Wärmeeinbruch im November, der dann auch tatsächlich eintritt. Intuition ist dabei ein Grenzbegriff, eine Mischung aus Erfahrung, Beharrungsvermögen und Unkonventionalität. Gleichzeitig ist die zentrale Rolle der Intuition im Roman auch eine ironische Spitze gegen die Computerisierung der Wissenschaften. Denn Intuition ist genau die Eigenschaft, die dem Computer per definitionem abgeht, für den Arbeitsbereich der Prognostik aber zentral zu sein scheint.

Die Unterschiede zwischen Experiment und Szenario sowie bei der Einschätzung des Intuitionsbegriffs weisen schlussendlich auf zwei unterschiedliche Verständnisse wissenschaftlicher Wahrheit in den beiden Romanen hin. Granins Roman zeichnet dabei eine starke Stellung der Wahrheit als regulativer Idee der wissenschaftlichen Tätigkeit aus, beispielsweise, wenn es heißt, dass Krylov nur „die Wahrheit interessiert“ (Granin 1963: 93) [„его интересовала истина, а не мнение“, Granin 1964: 98] oder es darauf ankommt „Fakten zu gewinnen. Die Ideen wechseln, die Fakten bleiben. Fakten sind von ständigem Wert.“ (Granin 1963: 146) [„Важно добыть факты. Идеи сменяются, факты остаются. Факты – вечная ценность.“, Granin 1964: 155] Der Wahrheitsoptimismus des Romans ist allerdings nicht so naiv, wie es hier klingt. Denn schlussendlich gelangen die Bemühungen Krylovs zu keinem Ergebnis. Im vorletzten Satz des Romans heißt es: „Er mußte alles neu beginnen, aber anders[, vollkommen anders].“ (Granin 1963: 416) [„Придется браться за все сызнова, иначе, совсем по-другому.“, Granin 1964: 437] Die Überlegenheit des Experiments vor der Intuition ist also eine nur scheinbare, ob sie am Ende wirklich zu besseren Ergebnissen führt, bleibt offen.

Gladilins Roman teilt dieses problematisierte, aber letztlich ungebrochene Vertrauen in die wissenschaftliche Tätigkeit nicht. Die Möglichkeit, auf methodischem Wege Wahrheiten zu ermitteln, wird prinzipiell negiert und ist auf dem Wege der Szenariotechnik auch nicht denkbar. Deshalb überwiegt am Ende eine fatalistische Sichtweise, die sogar theologische Denkmuster zu rehabilitieren scheint: „В конце концов, нечего гадать. [...] так вот, важны результаты, а как и почему – неисповедимы пути Господни!“ (Gladilin 1972: 123) [„Letzten Ende ist es unnütz, herumzurätseln. Wichtig sind die Resultate, nach dem ,Wie‘ und ,Warum‘ sollte man gar nicht fragen – Gottes Wege sind unerforschlich!“ (Gladilin 1978: 138)].[19]

5 Das Wesen des Wissenschaftlers

Nach dem Denkstil und der Methodik kann die Persönlichkeit des Wissenschaftlers als ein drittes zentrales Moment des Erkenntnisprozesses angesehen werden. Granin selbst hat es sogar das eigentliche Interesse seines Schreibprozesses genannt: „Меня, писателя, волнует все же не научная проблема сама по себе, а личность, решающая ее.“ (Granin 1977: 186) [„Als Schriftsteller interessiert mich weniger das wissenschaftliche Problem an sich als die Persönlichkeit, die es löst.“] Die Betonung der Persönlichkeit steht im Kontext des Wandels des Leitbilds des Wissenschaftlers während des Tauwetters. Das Ideal des eigenständig arbeitenden Forschers, eines Genies und Helden im Stile Lomonosovs (Kaminskij 2017), wird durch die Arbeit in Denkkollektiven (Ludvik Fleck) und größeren Forschungsverbünden in Frage gestellt. Bei Gladilin heißt es dazu lakonisch: „Прошла эпоха Леонардо да Винчи и Ньютона. В нынешних условиях мало-мальское открытие [...] под силу только коллективу большого института.“ (Gladilin 1972: 92) [„Die Epochen Leonardo da Vincis und Newtons sind vorbei. Bei den heutigen Verhältnissen ist eine kleine Entdeckung [...] nur dem Kollektiv eines großen Instituts zahlenmäßig zuzutrauen.“ (Gladilin 1978: 104)][20] Beide Romane illustrieren die schwierige Suche nach einem neuen Leitbild des Wissenschaftlers, das sich vom stalinistischen Typus des karrieristischen Wissenschaftlers (Krementsov 1997: 254; Marsh 1986) löst, und darum bemüht ist, das Verhältnis der Charaktereigenschaften des Wissenschaftlers neu auszutarieren.

Idu na grozu beginnt mit dem Auftritt eines Zauberers. Tulin kommt in Moskau an, sagt die Zukunft in Form eines drohenden Gewitters voraus und wird deshalb von Passanten für einen „Zauberkünstler“ gehalten (Granin 1963: 10) [„маг-волшебник“, Granin 1964: 10]. Die Episode spielt mit der – ironisch gebrochenen – naiven Weltsicht der Passanten, für die die Vorhersage und Steuerung des Wettergeschehens ein magischer Akt ist. Diesen rücken sie in die Nähe des Dichtens. Tulin nimmt diese Assoziation ironisch auf und bekennt, er sei ein Dichter, der seine Poeme „mit Hilfe aller möglichen Spulen und Kondensatoren“ schreibe (Granin 1963: 10), also mit Hilfe der Elektrotechnik. [„При помощи всяких катушечек, конденсаторов.“, Granin 1964: 10] Der Zauberer und das Genie sind zwei Typen, von denen sich die Protagonisten abgrenzen.[21] Tulin sagt: „Genies sind veraltet. Die Genies sind in der Wissenschaft das, was die Segelschiffe bei der Marine sind. Romantik der Vergangenheit“ (Granin 1963: 153) [„Гении устарели. Гении в науке – все равно что парусники во флоте. Романтика прошлого!“, Granin 1964: 162]. Wissenschaftler erzielen im Roman keine Fortschritte durch plötzliche Eingebungen, sondern als Resultat kontinuierlicher Arbeit an einem Problem sowie aus ihren Überzeugungen.

Die Überzeugung von der Richtigkeit eines Ansatzes ist wichtig, um Rückschläge zu verkraften und die Beharrlichkeit zu entwickeln, die für die Lösung komplexer Probleme notwendig ist. Tulin besticht bei General Jušin, der über die Genehmigung der Experimente entscheidet, durch seine Überzeugung: „Aus Tulins erregten Äußerungen hörte er die leidenschaftliche Überzeugung heraus, im Recht zu sein. Worauf fußte sie? Weshalb war sie für den jungen Wissenschaftler stärker als alle Formeln, Berechnungen und Gutachten? Wenn das nun mehr als Überzeugtheit war?“ (Granin 1963: 67) [„среди запальчивых выкриков Тулина он различал страстную уверенность в своей правоте. На чем она покоилась? Почему она для Тулина сильнее всяких формул, и расчетов, и заключений? А что, если это не только убежденность?“, Granin 1964: 70] Derselbe Jušin muss später allerdings zugeben, dass er sich in Tulin getäuscht hat, dessen Überzeugung Apathie gewichen ist (Granin 1964: 347). Im Laufe des Romans wird deutlich, dass nicht Tulin, sondern Krylov echte Überzeugung charakterisiert, weil letzterer trotz der Rückschläge die Forschung nicht aufgibt und seinen Ansatz leidenschaftlich verteidigt. Krylov läuft hier aber Gefahr, einer anderen Pathologie des Forschers zu verfallen, dem Fanatismus, was seinen Mentor Golicyn bedrückt: „Golizyn preßte es das Herz zusammen. Er wußte zu gut, wohin derartige Besessenheit führte. Jede Idee, selbst die falscheste, findet ihre Fanatiker.“ (Granin 1963: 342) [„Сердце Голицына ныло. Он слишком хорошо знал, куда заводит подобная одержимость. Любая идея, самая ложная, находит своих фанатиков.“, Granin 1964: 358]

Die Persönlichkeit des Wissenschaftlers erweist sich im Roman als fragiles und wechselvolles Gebilde. Zentral ist die richtige Dosierung einzelner Eigenschaften, vor allem von soft skills, die im Vergleich zu den theoretischen Kompetenzen an Gewicht gewinnen. Dies ist die Essenz der Reflexion Golicyns, der in folgender Passage das Idealbild des Wissenschaftlers skizziert:

Последние дни он часто думал о том редком сочетании качеств, из которых складывается настоящий ученый, – воля, умение ограничивать себя, способность радоваться, удивляться, уметь падать, переносить разгром, когда ничего не осталось и надо начинать все сызнова... и еще многое другое, и не как механическая смесь, а соединение химическое, в строгих пропорциях, ибо недостача любого качества обесценивает остальные. (Granin 1964: 335 f.)

In den letzten Tagen hatte er oft über die seltene Kombination von Eigenschaften nachgedacht, die einen echten Wissenschaftler ausmachten – Willensstärke, Sichbeschränkenkönnen, die Fähigkeit, sich zu freuen, zu staunen, Fall und Mißerfolg zu ertragen, wenn nichts mehr übrigbleibt und alles neu begonnen werden muß, und noch vieles andere, und das alles nicht als mechanisches Gemisch, sondern als chemische Verbindung, in strenger Proportion, denn das Fehlen einer einzigen Eigenschaft machte alle anderen wertlos. (Granin 1963: 320)

Einige der bei Granin thematisierten Tendenzen des modernen Wissenschaftlers radikalisieren sich in Prognoz na zavtra. So fällt auch hier die Charakterisierung des Meteorologen als Zauberer (Gladilin 1972: 29) und auch hier grenzt sich der Institutsleiter Kerospjan, das Pendant zu Granins Golicyn, vom Geniekult ab: „Ох уж эти институтские гении! – говорил мне начальник. – Знаний на километр, а проку ноль. Я сыт по горло вашими рассуждениями вокруг да около. Вы мне хоть сантиметр изучите, но так, чтоб глубже вас никто не мог копнуть. Мне профессионалы нужны, а не эрудиты.“ (Gladilin 1972: 104) [„Was soll ich nur mit diesen Institutsgenies? [...] Kilometerlange Kenntnisse, doch der Gewinn gleich Null. Ich habe eure Erörterungen ,drumherum‘ satt bis obenhin. Studiert meinetwegen nur einen Zentimeter, aber so, daß auf dem Gebiet niemand tiefer graben könnte. Ich brauche nicht Belesene, sondern Professionals.“ (Gladilin 1978: 117)] Das Ideal des Wissenschaftlers ist für Kerospjan der hoch spezialisierte Experte, der sich in seinem Fachbereich auskennt, nicht mehr der Generalist, der universale Kenntnisse mit sich bringt. Aus einem solchen Bild des Wissenschaftlers, im konkreten Fall des Physikers, lässt sich kein gesellschaftliches Leitbild mehr ableiten. Der Physiker hat kein Potential, zum typologischen Vorbild zu werden, wie es der Ingenieur im Stalinismus noch war: „Только давайте не идеализировать физиков. В разных институтах различная обстановка. Сам был физиком и знаю, что они те же люди, те же человеки.“ (Gladilin 1972: 84 f.) [„Man sollte Physiker nicht idealisieren. In unterschiedlichen Instituten ist auch die Stimmung unterschiedlich. Ich war selbst Physiker und weiß, daß auch sie nur Menschen sind.“ (Gladilin 1978: 95)]

Der Physiker als Typus gerät an seine Grenzen: „век такой. Чем крупнее специалист, тем больше сомнений.“ (Gladilin 1972: 71) [„ein Merkmal unserer Zeit. Je bedeutender der Spezialist, desto größer die Zweifel.“ (Gladilin 1978: 80)] Mit dem Wissen wachsen die Zweifel und das Nichtwissen. Wer mehr und mehr weiß, hat mehr und mehr Hemmungen, Aussagen zu treffen und diese in die Tat umzusetzen. Der Wissenschaftler wird zum Skeptiker, was fatale Konsequenzen für seine innere Antriebskraft hat: „И потом, устал я, ребята, честно говорю, устал от этой жизни. А ведь надо заниматься своими научными проблемами, я еще надеюсь, что не зря родился, не просто небо коптил, мне кажется, что я способен совершить нечто значительное – где же взять время и силы?“ (Gladilin 1972: 126) [Und außerdem muß ich sagen, Freunde – ich bin erschöpft, ich bin erschöpft von diesem Leben. Ich müßte mich doch mit meinen wissenschaftlichen Problemen beschäftigen, ich hoffe ja noch, daß ich nicht umsonst geboren bin, nicht einfach die Luft verpeste, mir scheint es daß ich fähig bin, etwas Bedeutendes zu vollbringen: Wo soll ich nun Zeit und Kraft dafür nehmen?“ (Gladilin 1978: 141)]

Die wachsende Bedeutung des psychologisch ambivalenten Zustands der Erschöpfung deutet an, dass im Poststalinismus die klare Unterscheidung positiver und negativer Charaktereigenschaften aufgeweicht wird und die Notwendigkeit „negativer“[22] Charaktereigenschaften reflektiert wird. Diese Reflexion findet sich nicht erst bei Gladilin, sondern bereits bei Granin, etwa, wenn sich die Charaktere von „Sentimentalitäten, Zärtlichkeiten und ähnliche[n] Relikte aus ferner Kinderzeit“ (Granin 1963: 237) [„Несмотря на дружбу, они относились друг к другу безжалостно, презирая сантименты, нежности и прочие пережитки далекого детства.“, Granin 1964: 249] distanzieren, „eine gesunde Portion Zynismus“ als Schutz „vor unerwünschten Empfindungen“ empfehlen (Granin 1963: 283) [„Здоровая доля цинизма – вот что гарантирует от ненужных переживаний“, Granin 1964: 297] und Krylov am Ende sogar den Rat geben, „böse“ zu werden: „Die Bösen sorgen für den Fortschritt. Die Bösen stürzen die Autoritäten. Serjosha, dir fehlt es an Bosheit.“[23] (Granin 1963: 413) [„Злые двигают прогресс. Злые ниспровергают авторитеты. Сережа, тебе не хватает злости.“, Granin 1964: 433] Solche Verhaltenslehren indizieren eine Desillusionierung, die Charaktereigenschaften des Wissenschaftlers betreffend, die einerseits aus den Erfahrungen während des Stalinismus resultiert, zu einem größeren Teil aber aus einer veränderten Erkenntnissituation. Diese ist ebenso durch die subtile Kombination sich eigentlich ausschließender Ansätze und Denkstile geprägt wie die Persönlichkeit des Wissenschaftlers durch die gekonnte Kombination positiver und negativer Weltzugänge gekennzeichnet ist.

6 Der Kreislauf des Fortschritts

Nachdem in den bisherigen Abschnitten die Determinanten des meteorologischen Erkenntnisprozesses untersucht wurden, soll nun im letzten Abschnitt die Perspektive geweitet werden. Im Zentrum steht die wissenschaftsgeschichtliche Selbstverortung der Romane, die beide Modelle wissenschaftlichen Fortschritts entwickeln. Gegenüber stehen sich ein Modell der Wissenschaft als Fortschritt mit Hindernissen bei Granin und ein Modell von Wissenschaft als Kreislauf bei Gladilin. Beide Modelle lösen sich dabei von einem naiven wissenschaftlichen Fortschrittsglauben und stehen im weiteren Kontext der Revision der frühsowjetischen und stalinistischen Zeitmodelle im Spätsozialismus.[24]

Der Institutsleiter Golicyn greift in seinen Äußerungen immer wieder weit historisch aus. So erinnert er an die Entdeckung der Refraktion durch Alhazen im elften Jahrhundert und das Torricellische Ausflussgesetz aus dem 17. Jahrhundert (Granin 1964: 55). Wichtigster (kultur)historischer Bezugspunkt ist für Golicyn Lomonosov, dessen Porträt an der Wand seines Büros hängt (Granin 1964: 56). Lomonosov ist dabei nicht nur eines der wichtigsten wissenschaftlichen Vorbilder, sondern auch eng mit dem Beginn der Meteorologie in Russland verknüpft.[25] Gleichzeitig verweist die Analogie zwischen Lomonosov und Golicyn auch auf den Typus des umfassend gebildeten Universalgelehrten, den beide verkörpern. Bedeutsam ist schließlich, dass Lomonosov nach dem tragischen Tode Richards[26] von Krylov als Beispiel dafür ins Feld geführt wird, dass nach einem Misserfolg die wissenschaftliche Tätigkeit nicht aufgegeben werden dürfe (Granin 1964: 356). Durch den Hinweis auf Lomonosov in seinem Selbstverständnis erschüttert, wechselt Golicyn später die Seiten und entschließt sich, die weitere Förderung des Projekts zu unterstützen.

Die eben analysierte Episode verweist auf die historischen Implikationen des Prozesses der Erkenntnisbildung bei Granin. Wissenschaft ist das Ergebnis „des großen Mutes und unermüdlichen Fleißes vieler Generationen von Meteorologen“ (Granin 1963: 247) [„Нужно было высокое мужество, великое трудолюбие многих поколений метеорологов, чтобы построить из, казалось бы, бессвязной груды фактов науку.“, Granin 1964: 259], ein Prozess, in dem sich Meinungen entwickeln und stets revidiert werden. Die Meteorologie kennt keine „ewige[n] Theorien“ (Granin 1963: 61) [„вечных теорий нет“, Granin 1964: 63], letztere laufen gar Gefahr, zu Dogmen zu degenerieren und den Erkenntnisprozess zu behindern (Granin 1964: 264). Die impliziten Annahmen über den Prozess wissenschaftlicher Erkenntnisbildung, die der Roman macht, folgen keiner naiven Logik eines unaufhaltsamen Fortschritts. Der Fortschritt bildet zwar einen Vektor, der die Richtung der Forschung festlegt, allerdings muss man stets mit Rückschlägen rechnen. Dies hat mit dem Charakter der Meteorologie zu tun, bei der „alles auf dem Chaos beruht[ ]“ und keine Gesetzmäßigkeiten extrapoliert werden können (Granin 1963: 247) [„трогательная история всевозможных попыток установить какую-то закономерность там, где ее быть не может, там, где все основано на хаосе.“, Granin 1964: 259] Diese Sichtweise nähert sich an wenigen Stellen gar einem Fatalismus an, für den nur Aufstieg und Niedergang existieren und qualitative Veränderungen nicht ausgemacht werden können: „Alles war vergänglich: Städte, Reiche, ganze Kulturen; Maschinen und Bücher veralteten, und die Wissenschaft veränderte sich.“ (Granin 1963: 282) [„Исчезает все – города, империи, целые культуры; устаревают машины, книги, сменяются науки.“, Granin 1964: 295]

Die Sicht auf die Evolution wissenschaftlicher Erkenntnis in Prognoz na zavtra unterscheidet sich hiervon dahingehend, dass sie auf die Annahme eines Fortschrittsvektors verzichtet und stattdessen zyklische Auffassungen privilegiert. Die Kreismetaphorik ist das Leitmotiv des Romans (Gladilin 1972: u. a. 8, 11, 41, 64, 80, 81) und impliziert, dass das Leben ein Kreislauf sei, in dem man gefangen sei, ohne dass man jeweils an ein Ziel, d. h. zu einer festen Erkenntnis, gelangen könne. Der zyklische Charakter des wissenschaftlichen Evolutionsprozesses[27] wird auch dadurch deutlich, dass Martynov Wetterprognosen erstellt, die sich an dem zyklischen Wechsel der Jahreszeiten orientieren. Die Aufgabe einer Novemberprognose kann nie endgültig ‚gelöst‘ werden, sondern wiederholt sich jedes Jahr aufs Neue. Auch die Größen, die in die Erstellung der Prognose einfließen, sind zyklische Größen, deren Ursachen außerhalb der Reichweite des Menschen liegen. Lakonisch heißt es: „Ich, ein armseliges Menschlein, behaupte: Alles auf der Erde wird durch zyklische Prozesse auf der Sonne reguliert.“ (Gladilin 1978: 102) [„Я, ничтожный человечишко, утверждаю: всё на Земле регулируется цикличными процессами на Солнце.“, Gladilin 1972: 91]

Mit der zyklischen Grundannahme korreliert auch das zentrale Argumentationsverfahren bei der Erstellung der Prognose. Martynov stützt sich auf Analogien, auf ähnliche Wetterkonstellationen, die er mühsam aus alten Akten rekonstruiert.[28] Das Rekurrieren auf Ähnlichkeiten tritt an die Stelle des Rekonstruierens von Kausalitäten, was auf die Kritik des Romans am Ideal der modernen Naturwissenschaften verweist (Bhatti & Kimmich 2015). Diese Kritik kulminiert in einer kurzen Episode, die vom Erdbeben in Taschkent 1966 handelt. Martynov befand sich zu dieser Zeit in der usbekischen Hauptstadt und empört sich, dass niemand in der Lage gewesen sei, das Erdbeben vorauszusagen: „Только змеи, ящерицы и прочая древняя нечисть еще за сутки из щелей и нор повылезали. Значит, каждая нечисть свой особый прибор имеет. Старый, тысячелетней давности, да поточнее наших, новейших. Ведь какое землетрясение поймали! И как положено, за двадцать четыре часа предупреждение давали. Штормили.“ (Gladilin 1972: 64 f.) [„Nur die Schlangen, Eidechsen und anderes Urgetier waren bereits vierundzwanzig Stunden zuvor aus ihren Spalten und Löchern gekrochen. Das heißt, dass jedes Viehzeug sein eigenes Alarmgerät hat. Ein altes, das es seit Jahrtausenden gibt, aber es ist genauer als unsere allerneuesten.“ (Gladilin 1978: 74)] Das Wissen der Tiere, aber auch der indigenen Bevölkerung, ist den prognostischen Fähigkeiten der computerisierten Wissenschaft um ein Vielfaches überlegen, so die, vielleicht etwas naiv anmutende, Schlussfolgerung des Meteorologen.

Pavel Kolář hat darauf hingewiesen, dass sich der Poststalinismus sukzessive auf zyklische Zeitmodelle hinbewegt. Anhand der Reden Chruščevs weist er nach, dass bereits dessen „Semantik stark von Motiven wie ‚Wiederkehr‘, ‚Wiederholung‘ und ‚Rückkehr‘“ (Kolář 2016: 261) geprägt war und sich diese Entwicklung in der Herrschaftszeit Brežnevs noch radikalisierte (ebd.: 268ff.). Die Ablösung linearer Fortschrittsmodelle lässt sich auch in den beiden hier analysierten Romanen beobachten. Deutlich wird dies in der Erzählstruktur, die bereits bei Granin die chronologische Ordnung hinter sich lässt und bei Gladilin zu einer hochgradig fragmentierten, stetig zwischen den Zeitebenen wechselnden Sujetanordnung transformiert wird. In beiden Fällen ist die Vergangenheit dabei keine rein historische Größe, sondern dient der Orientierung auch in der Gegenwart. In Idu na grozu macht sich dies vor allem an der Figur Lomonosovs bemerkbar,[29] die Golicyn moralische Orientierung bietet. In Prognoz na zavtra bestimmt die Vergangenheit sogar die Methodik der Erkenntnisbildung, was sich vor allem in der privilegierten Stellung des Analogieschlussverfahrens äußert. Schließlich schimmert in beiden Romanen eine Trennung zweier Zeitordnungen durch. Auf der einen Seite steht die Zeit der Wissenschaft, die einer steten Beschleunigung unterliegt und so etwas wie Fortschritt kennt. Auf der anderen Seite steht die Zeit der Natur, die nach anderen Gesetzen organisiert ist und deren Struktur unverfügbar gegenüber Erkenntnis und Veränderung ist. Sie ist die Zeitschicht, die schließlich auch für das Leben des Wissenschaftlers größere Bedeutung besitzt als die Fortschrittszeit der Technik.

7 Forschungsperspektiven für die spätsowjetische Wissenschaftsprosa

Die bisherige Forschung zur Wissenschaftsprosa des Poststalinismus stand weitgehend im Bannkreis politgeschichtlicher Umbrüche. Rosalind Marsh illustriert in Soviet Fiction Since Stalin: Science, Politics and Literature (1986), der wichtigsten Studie im Untersuchungsfeld, Wissenschaft als Austragungsort von Kämpfen zwischen ehemaligen Stalinisten und einer neuen Generation, in dem die meisten Schriftsteller engagiert Position für letztere beziehen. Im Zentrum steht vor allem die literarische Aufdeckung des Missbrauchs der Wissenschaften unter Stalin, die moralische Verantwortung des Wissenschaftlers und die Kritik von Bürokratismus und behördlicher Willkür. Ihre Analyse leistet einen wichtigen Beitrag, um die kulturpolitische Bedeutung der Tauwetter-Periode herauszuarbeiten, gibt aber nur wenig Aufschluss über die Darstellung der wissenschaftlichen Arbeit und ihrer epistemologischen Implikationen.

In Abgrenzung hierzu wurde exemplarisch am Untersuchungsfeld der Meteorologie vorgeschlagen, die sowjetische Wissenschaftsprosa als Quelle für populäre Annahmen über Charakter und Methodik der Erkenntnisbildung zu betrachten. Transpositionen von Wissenschaft stehen dabei im Bedingungsfeld politischer und sozialer Konflikte (Philipp, Schwartz & Velminski 2008: 19), lassen sich aber nicht darauf reduzieren. Gerade die sowjetische Wissenschaftsprosa mit ihrer intimen Kenntnis von Forschungs- und Produktionsprozessen setzt erhebliche kognitive Reflexionspotentiale frei, die den Leser zur Auseinandersetzung mit impliziten und expliziten Annahmen des Forschungsfelds drängen. In einer Analyse lassen sich dabei epistemische Grundlagen ermitteln, die einen Einblick in Kalküle, Praktiken, Anthropologien und Evolutionsmodelle der Wissenschaft gewähren. Hier lässt sich das Forschungsprogramm der literarischen Meteorologie erweitern. Die sowjetische Wissenschaftsprosa erlaubt nicht nur die Akzentuierung eines anders gelagerten Wetterwissens der Kunst/Literatur, sondern auf ihrer Grundlage ließe sich gar ein Textkorpus für eine ‚Meta-Meteorologie‘ bilden, das Bedingungen der Möglichkeiten meteorologischer Erkenntnis in den Blick nimmt und deren Grundlagen freilegt und reflektiert.

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Online erschienen: 2021-06-11
Erschienen im Druck: 2021-06-26

© 2021 Clemens Günther, publiziert von Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

Dieses Werk ist lizensiert unter einer Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz.

Downloaded on 7.6.2023 from https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/slaw-2021-0015/html
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