Zusammenfassung
In diesem Beitrag werden konkurrierende Modelle von Gleichberechtigung im neuen Scheidungsfolgenrecht dargestellt. Anband der Ergebnisse einer empirischen Analyse zur Scheidungspraxis wird gezeigt, daß die auf eine materielle Gleichstellung der Geschiedenen gerichteten gesetzlichen Regelungen weitgehend außer kraft gesetzt werden. Sie bleiben einem kleinen „harten Kern“ langjähriger Nur-Hausfrauen und Müttern vorbehalten, die auch nach der Scheidung noch minderjährige Kinder zu versorgen haben. Die Ergebnisse weisen darauf hin, daß die Praxis bei Regelung der Scheidungsfolgen weniger an der Herstellung materiell gleicher Ausgangsbedingungen zwischen den Geschiedenen, sondern vorrangig an der Sicherstellung der Erziehung der Kinder orientiert ist. Insofern die überwiegende Mehrheit der geschiedenen Frauen so behandelt wird, „als ob“ sie ihren Männern gleichgestellt seien, gewinnt das Modell der formalen Gleichheit die Oberhand. Es ist zu vermuten, daß diese Resultate weitgehend durch die Intervention der professionellen Verfahrensbeteiligten induziert werden und nicht allein auf der freiwilligen Übereinkunft der Geschiedenen beruhen.
Summary
Equality for Women in the Regulation of Economic Divorce Effects: Legal Concepts and Family Court Proceedings. In the first part of the paper, the new West German divorce law is analysed with regard to two competing concepts of equality (substantial vs. formal equality) , underlying the provisions for the economic effects between the spouses. In the second part, the authors present results of their research in the implementation of the law in Family Court proceedings. The results indicate that, on the whole, substantial equality is obtained only by a small „hard core“ problem group of long term housewives or mothers, especially if they are still caring for young children. For the remaining groups economic self-sufficiency is largely presumed. Formal equality is achieved insofar as court regulations are invariantly based on mutual consent between the spouses. However, such consent appears to be primarily induced through professional intervention of attorneys and judges rather than emanating from spontaneous agreements between the spouses.
© 1985 by Lucius & Lucius, Stuttgart