Zusammenfassung
90 Urteilstexte aus der Bundesrepublik Deutschland, aus Österreich und der Schweiz zum Problem des Schutzbereichs von Patenten (Art. 69 EPÜ) wurden anhand der An-/ Abwesenheit von 16 ausgewählten Argumentkategorien in eine binäre Datenmatrix umgewandelt, welche mit Methoden der systematischen Inhaltsanalyse bearbeitet werden konnte. Diese binären Daten wurden mit der partitionierenden Cluster-Formation (Späth 1983) in n = 6 statistisch quasi-optimale und inhaltlich interpretierbare Cluster klassifiziert. Nach inhaltlichen Kriterien konnten dabei vier durchschnittlich stark argumentierte Cluster typisiert werden, nämlich je ein patentrechtlich-formales, ein patentrechtlich-funktionales, ein patentrechtlichkombiniertes und ein allgemein-juristisches Cluster. Daneben wurde ein Cluster aus sehr stark argumentierten Fällen enthaltend praktisch alle Argumentkategorien sowie eine schwach argumentierte Restgruppe mit unspezifischem Inhalt gefunden. In den beiden patentrechtlich-formalen Clustern war die Bundesrepublik Deutschland, im allgemein-juristischen Cluster dagegen Österreich signifikant übervertreten. Der Inhalt der Cluster war nicht ergebnisspezifisch, d.h. die Häufigkeit der einzelnen Verfahrensergebnisse (Patentverletzung ja/nein) unterschied sich in den einzelnen Clustern nicht signifikant von derjenigen in der Gesamtstichprobe. Die argumentative Variation durch wechselnde Argumentationsdichte wurde auf den zumindest teilweise instrumentellen Charakter von Urteilsbegründungen, diejenige innerhalb der vier durchschnittlich argumentierten Cluster auf eine teilweise expressive, „stilbildende“ Funktion der Argumentation zurückgeführt.
Summary
In a sample of 90 patterns of judicial argumentation of courts in the Federal Republic of Germany, Austria, and Switzerland on the issue of the extent of protection of patents (sec. 69 European Patent Treaty of 1973) the argumentation was classified by the presence/absence of 16 selected topics. The matrix of binary data obtained was divided into dusters by means of partitioning duster formation (Späth 1983). A number of n = 6 dusters was retained as statistically acceptable and meaningful with regard to content interpretation. Four dusters with an average density of argumentation (topics per case) were characterized as patent law /formal, patent law /functional, patent law / combined and general legal. In addition to these, one duster with high density of argumentation and one remainder group with low density and unspecific content were found. While Germany was significantly over-represented in the two patent law / formal dusters, Austria was significantly overrepresented in the general legal duster. No correlation between specific dusters and the court ruling, i.e. patent infringement yes/no, could be established, hence argumentation is said to be not result specific. The formation of these dusters and the variation in their content is explained in terms of an „instrumental“ and an „expressive“ function of judicial argumentation.
© 1992 by Lucius & Lucius, Stuttgart