Zusammenfassung
Nach Lind und Tyler sind Urteile über Verfahrensgerechtigkeit normativ. Beide entwickelten das Gruppenwerte- oder Beziehungsmodell zur Erklärung, wie Urteile über Verfahrensgerechtigkeit zustandekommen. Dieses Modell ersetzt das traditionelle Eigenwohlmodell, das seinen Ursprung im Werk von Thibaut und Walker hat. Der Beitrag präsentiert Forschungen zur Bedeutung von Verfahrensgerechtigkeit für niederländische Verbrechensopfer. Nach kritischer Diskussion beider Modelle der Verfahrensgerechtigkeit wird ein neues Modell entwickelt und mit Hilfe eines Strukturgleichungsmodells getestet. Zugrundegelegt wird ein Datensatz von 429 Interviews mit Verbrechensopfern über ihre Erfahrungen mit der Polizei und einer von 277 Interviews mit Opfern über ihre Erfahrungen mit der Staatsanwaltschaft. Obwohl das resultierende Modell von dem Linds und Tylers abweicht, unterstützen die Ergebnisse die Annahme Linds und Tylers, daß Bewertungen der Verfahrensgerechtigkeit normativ und nicht instrumental sind. Verbrechensopfer sorgen sich besonders um eine ihre persönliche Würde wahrende und respektvolle Behandlung und sind nicht interessiert, den Ausgang ihres Falles zu beeinflussen.
Summary
According to Lind and Tyler procedural justice judgements are normative and they have developed the group value or the relational model to explain how procedural justice judgements are formed. This model replaces the traditional self-interest model which has its origin in the work of Thibaut and Walker. In this paper, research is presented which examines the meaning of procedural justice to Dutch victims of crime. Following a critical discussion of the two procedural justice models, a new model is developed and tested using the structural equation model. The data used for the analysis consists of 429 interviews with victims regarding their experience with the police and 277 interviews with victims concerning their experience with the public prosecution. Although the ernerging model differs from that of Lind and Tyler, the results support Lind and Tyler’s assertion that procedural justice judgements are normative and not instrumental. Victims are particularly concerned about being treated with dignity and respect and are not interested in influencing the outcome of their case.
© 1996 by Lucius & Lucius, Stuttgart
