Zusammenfassung
Mit Hilfe eines von den Autoren entwickelten handlungstheoretischen Wirkungsmodells und darauf abgestimmten empirischen Erhebungen seit 1997 wird anhand des Pflegeversicherungsgesetzes (SGB XI) für den häuslichen Pflegesektor dargelegt, auf welchen Wegen rechtliche Wirkungen entstehen können und wie diese hinsichtlich der Wirksamkeit des Gesetzes zu bewerten sind. Es zeigt sich, dass ein Wahlangebot an Leistungszuwendungen unmittelbar anschlussfähig ist und zunehmend im Sinne einer notwendigen Hilfestellung wirkt, aber keine gezielte Steuerung ermöglicht, während sich lebensweltliche Pflegeleitbilder als relativ resistent gegenüber gesetzlichen Pflegefachstandards erweisen. Das Verhalten der Rechtsadressaten macht des Weiteren Zielkonflikte der Gesetzgebung deutlich. So verträgt sich das gesetzliche Ziel der Stützung eines selbstbestimmten und selbstständigen Lebens des Pflegebedürftigen nicht mit dem Unterkommen bei Angehörigen und führt zu einer Zunahme von Pflegebedürftigen in Einpersonenhaushalten mit hauptpflegerisch tätigen Pflegediensten. Das Gesetz steht in Wechselwirkungen mit gesellschaftlichen Entwicklungsdynamiken, die teilweise forciert, teilweise auch abgebremst werden, im Endergebnis aber zu keiner Wirksamkeit hinsichtlich der gewünschten Priorisierung der häuslichen Pflege mit Angehörigen oder Bekannten gegenüber der stationären Pflege führen.
Abstract
The approach of the authors to develop an action theoretical effects model and the following empirical surveys based on it (since 1997) show within the context of the “long-term-care insurance” act (SGB XI) for the home-care sector, in which ways legal effects can be created and how to evaluate these effects with respect to the effectiveness of the law. It becomes evident that a choice of services is directly accepted and increasingly has the effect of providing the necessary support, but does not make a direct control established in law possible, while real life principles and understanding of care seem to be relatively stable and are not influenced by care standards introduced by legislation. Furthermore, the behaviour of the act’s addressees makes the conflicting aims of legislation clear. So the aim of legislation to support an independent, autonomous way of life for the persons who need care contradicts the fact of living with their families and relatives and consequently leads to an increasing number of people in singleperson households who mainly use professional nursing care services. As a final result the law with its interdependencies to social developmental dynamics that are partly favoured, partly also stopped, does not have, though, the intended effect with respect to the aim of prioritization of home-care by relatives or friends to in-patient care.
© 2011 by Lucius & Lucius, Stuttgart