Zusammenfassung
Vergleiche sind heute zu einem unübersehbaren Bestandteil der öffentlichen Kommunikation geworden. Universitäten werden hinsichtlich ihrer wissenschaftlichen Exzellenz verglichen, Politiker nach ihrer Popularität, Staaten mit Blick auf ihre Korruptionsanfälligkeit und Arbeitnehmer in Bezug auf ihren Arbeitseinsatz. Trotz ihrer Omnipräsenz haben Vergleiche in der Soziologie bisher nur wenig Beachtung gefunden. Der Beitrag plädiert dafür, Vergleiche nicht nur als wissenschaftliche Methode zu betrachten, sondern als ein soziales Phänomen eigenen Rechts. In den ersten beiden Abschnitten werden Vergleiche mit anderen Ordnungsverfahren wie Listen, Klassifikationen und Analogien kontrastiert und in einer historischen Sequenz verortet. Welche Bedeutung Vergleiche haben, wird in den folgenden drei Abschnitten am Beispiel unterschiedlicher Forschungsfelder – Klassifikationssoziologie, Marktsoziologie, Soziologie der Bewertung und Globalisierungsforschung – belegt. Der Beitrag schließt mit einigen weiterführenden Überlegungen zu einer Soziologie des Vergleichs.
Abstract
Comparisons have become an omnipresent element of public communication. Universities are compared according to their scientific excellence, politicians with regard to their popularity, states according to their corruption, and employees with respect to their performance. But despite the ubiquity of comparisons, sociology has rarely made them a research issue on its own. This paper tries to outline a sociology of comparison by analyzing comparison as social phenomenon in its own right. The first two parts of this contribution contrast comparisons with lists, classifications, and analogies and situate them historically. The following three parts discuss the social significance of comparison by relying on studies from such diverse research areas as the sociology of classification, economic sociology, valuation studies, and globalization research. The paper concludes with some further remarks on the perspectives which the sociology of comparison can offer.
Einleitung
„Es ist das Zeitalter der Vergleichung! Das ist sein Stolz, aber billigerweise auch sein Leiden. Fürchten wir uns vor diesem Leiden nicht! Vielmehr wollen wir die Aufgabe, welche das Zeitalter uns stellt, so groß verstehen, als wir nur vermögen: so wird uns die Nachwelt darob segnen.“[1]
Was Friedrich Nietzsche vor 150 Jahren als Signum einer neuen Epoche diagnostiziert hatte, ist mittlerweile zum Normalfall geworden. Im heutigen „Zeitalter der Vergleichung“ wird praktisch alles einem Vergleich unterzogen und oft auch in eine Rangfolge gebracht: Krankenhäuser, Schulen, Unternehmen und Staaten, Sportler, Politikerinnen, Wissenschaftler und Angestellte, Produkte, Dienstleistungen und Feriendestinationen. Obschon Vergleiche allgegenwärtig sind, in der Öffentlichkeit wie in der Alltagskommunikation, führen sie in der Soziologie nach wie vor ein Schattendasein. Es gibt eine Soziologie des Konflikts (Coser 1956), der Konkurrenz (Werron 2011) und jüngst sogar (wieder) der Nachahmung (Stäheli & Borch 2009), aber eine Soziologie des Vergleichs gibt es nicht. Doch weder Schichtung noch Globalisierung oder Märkte sind ohne Vergleiche denkbar: Schichtung wird über Vergleiche erfahrbar und durch Praktiken der sozialen Distinktion sichtbar gemacht, Globalisierung vollzieht sich auch über wechselseitige vergleichende Beobachtung, und Märkte erfordern eine vergleichende Bewertung von Gütern und stoßen auf Probleme, sobald diese als unvergleichbar – als „singulär“ – gelten. Sogar in der Literatur zu Rankings taucht der Begriff des Vergleichs nur beiläufig auf. Die Tatsache, dass Rankings in erster Linie Vergleicheproduzieren, wird nur am Rande zur Kenntnis genommen. Anstatt sie als Vergleichsinstrumente zu begreifen, werden sie als „numericaldevices“ interpretiert und damit unter „Quantifizierung“ rubriziert (ausführlicher Heintz 2017a).
Wenn Vergleiche in der Soziologie thematisiert werden, dann als wissenschaftliche Methode (exemplarisch Borchert & Lessenich 2012), aber nicht als ein soziales Phänomen eigenen Rechts. Doch nicht nur Wissenschaftlerinnen vergleichen, dasselbe tun auch jene, die von ihnen verglichen werden, und das eine wirkt sich auf das andere aus. Dass zwischen den methodisch kontrollierten Vergleichen der Beobachter und den Vergleichspraktiken der Beobachteten eine Beziehung besteht, die als eine „doppelte Hermeneutik“ des Vergleichens zu reflektieren wäre, wird nur selten vermerkt (allerdings Matthes 1992; Steinmetz 2004). Denn Vergleiche sind nicht nur eine Spezialität der Wissenschaft, sondern ein alltägliches soziales Geschehen. Dieses soziale Geschehen ist der Gegenstand einer Soziologie des Vergleichs. Ihr Interesse richtet sich auf die Artikulationsformen und die Folgen solcher Vergleiche, und das Untersuchungsspektrum reicht von Rankings und Statistiken über Misswahlen, Produktvergleiche und Ländervergleiche bis hin zu Bewerberevaluationen in Berufungskommissionen und ehelichen Auseinandersetzungen über die Verteilung der Hausarbeit.
Was eine Soziologie des Vergleichs leisten kann, soll im Folgenden ausgeführt werden. Ich beginne mit einer Definition und kontrastiere Vergleiche anschließend mit anderen Ordnungsverfahren: mit Listen, Klassifikationen, Dichotomien und Analogien (1.). Dies führt zur Frage, inwieweit Vergleiche eine spezifisch moderne Ordnungstechnik sind – ob mit anderen Worten Nietzsches Diagnose, dass die Moderne ein „Zeitalter der Vergleichung“ ist, zutrifft (2.). Obschon man in soziologischen Lexika vergebens nach einem Eintrag „Vergleich“ suchen würde und auch in Buchregistern nur selten fündig wird, sind Vergleiche in der Soziologie unterschwellig durchaus präsent: Sie werden unterstellt, ohne sie beim Namen zu nennen. Mit dieser verborgenen Präsenz von Vergleichen befassen sich die nächsten drei Abschnitte. Um zu plausibilisieren, weshalb man dem Phänomen des Vergleichs und Vergleichens mehr Beachtung schenken sollte, sichte ich Literatur aus bewusst heterogen gewählten Forschungsgebieten – Klassifikationssoziologie, Marktsoziologie, Soziologie der Bewertung und Globalisierungsforschung – und reinterpretiere sie aus einer vergleichstheoretischen Perspektive. Die drei Abschnitte orientieren sich an den drei Komponenten von Vergleichen, die ich in meiner Definition unterscheide (vgl. Abschnitt 1): kategoriale Vereinheitlichung, Differenzbeobachtung und Relationierung. Ich beginne mit dem Verhältnis von Vergleich und Kategorisierung und schließe dabei an neuere Untersuchungen zur Personenklassifizierung sowie an marktsoziologische Studien zur Kategorisierung von Produkten an (3). Der folgende Abschnitt befasst sich mit der zweiten Komponente von Vergleichen, der Beobachtung von Unterschieden anhand eines Vergleichskriteriums, und illustriert sie am Beispiel der Soziologie der Bewertung (4.). Die Relationierungsleistung von Vergleichen wird anschließend anhand der Weltgesellschafts- und Globalisierungsforschung dargestellt (5.). Der letzte Abschnitt fasst die Argumente noch einmal zusammen und formuliert einige weiterführende Fragen (6.).
1 Was sind Vergleiche?
Vergleiche sind eine Grundoperation des sozialen Geschehens. Sie sind so basal, dass sie zwar gelegentlich registriert, aber kurze Zeit später wieder in die Sphäre des Selbstverständlichen absinken. Der einzige Soziologe, der sich meines Wissens mit dem sozialen Phänomen[2] des Vergleichs beschäftigt hat, ist Niklas Luhmann, allerdings nur beiläufig im Kontext seiner Arbeiten zum Kultur- und Religionsbegriff (Luhmann 1995, 1996).[3] In seinem Aufsatz „Kultur als historischer Begriff“ (1995) interpretiert Luhmann Vergleiche als eine spezifisch moderne Beobachtungstechnik, die auf einer „dreistelligen Relation“ beruhe: Neben der Unterscheidung von mindestens zwei Vergleichsobjekten brauche es als drittes Element ein Vergleichskriterium, das „die Selbigkeit des Verschiedenen, also Ähnlichkeit trotz Differenz garantiert“ (Luhmann 1995: 38). Ich beziehe mich im Folgenden auf diese Definition, baue sie aber aus und kehre die Vorzeichen um: Vergleichskriterien garantieren nicht die „Selbigkeit“ des Verschiedenen, sondern gerade umgekehrt die Verschiedenheit des Gleichen.
Vergleiche dienen dazu, Sachverhalte anhand einer dritten Größe auf ihre Unterschiede oder Ähnlichkeiten hin zu beobachten und sie dadurch zueinander in Beziehung zu setzen. Etwa: die Schweiz hat ein anderes politisches System als Deutschland, Max Weber ist der meist zitierte Soziologe, Maria hat dieselbe Note wie Paul. Um zu solchen Aussagen zu gelangen, müssen zwei Bedingungen gegeben sein: Die zu vergleichenden Sachverhalte müssen erstens als vergleichbar eingestuft, d. h. derselben, wie auch immer abstrakten Kategorie zugeordnet werden, etwa, um bei den oben genannten Beispielen zu bleiben, der Kategorie „Staat“,„Soziologe“ oder „Schüler“ (vgl. Abschnitt 3). Im Prinzip lässt sich zwar alles mit allem vergleichen, faktisch kommen solche beliebigen Vergleiche aber nicht vor. Sowohl in der Wissenschaft wie im Alltag ist das Spektrum auf Vergleiche begrenzt, deren comparata zu einem bestimmten Zeitpunkt als hinreichend ähnlich eingestuft werden. Erst dann bietet es sich an, nach ihren Unterschieden zu fragen. „Wilde“ und „Zivilisierte“ ließen sich erst dann miteinander vergleichen, als beide gleichermaßen als „Menschen“ angesehen wurden, und um Äpfel und Birnen hinsichtlich ihres Vitamingehalts zu vergleichen, müssen beide als Exemplare der Kategorie „Nahrungsmittel“ begriffen werden.
Um Sachverhalte auf ihre Unterschiede oder Ähnlichkeiten hin zu beobachten, braucht es zweitensVergleichskriterien sowie Verfahren, anhand derer sich Differenzen ermitteln lassen (vgl Abschnitt 4). Hochschulrankings verwenden dazu Kriterien wie Internationalität, Drittmittelaufkommen und wissenschaftliche Reputation und sie spezifizieren Verfahren, wie sich diese ermitteln lassen, im Falle der wissenschaftlichen Reputation etwa über die Befragung von Peers oder die Auszählung von Publikationen. Was nicht in den Vergleich eingeht, etwa die Qualität der Lehre, wird im Gegenzug invisibilisiert. Das Resultat ist eine hoch selektive komparative Ordnung, in der sich der Rang einer Universität aus dem Vergleich mit den Leistungsbilanzen anderer Universitäten ergibt. Universitätsrankings sind zwar ein anspruchsvoller Fall, aber ceterisparibus gelten diese Anforderungen für alle Vergleiche, selbst die banalsten. Auch wenn wir nur die Körpergröße vergleichen wollen, müssen wir zuerst festlegen, wer verglichen werden soll, z. B. Kinder (und nicht Erwachsene), und wir brauchen ein Vergleichskriterium, in diesem Fall die Körpergröße, sowie Verfahren, um die Größenunterschiede zu ermitteln, sei es mit Hilfe eines Messbandes oder durch bloßen Augenschein. Vergleiche beruhen also auf zwei Operationen, die empirisch zwar zusammenlaufen, analytisch aber zu unterscheiden sind: auf der Einstufung der Vergleichsobjekte als vergleichbar (Kategorisierung) und auf der Feststellung ihrer (graduellen) Differenz anhand eines tertium comparationis. Es ist diese Kombination von Gleichheitsunterstellung und Differenzbeobachtung, die die Besonderheit von Vergleichen ausmacht (vgl. Heintz 2010).Die Differenzorientierung von Vergleichen schließt selbstverständlich nicht aus, dass am Ende Gleichheit festgestellt wird.
Vergleiche sind aber nicht nur eine Unterscheidungstechnik, sie sind auch ein Relationierungsinstrument. Indem sie Sachverhalte anhand einer dritten Größe auf ihre Unterschiede hin beobachten, stellen sie zwischen diesen einen Sinnzusammenhang her, der um einiges komplexer ist als die Ordnungsstruktur, die sich aus der bloßen Zuordnung zur gleichen Kategorie ergibt.Das Schulsystem in Deutschland wird hinsichtlich seines Abschneidens im Pisatest mit dem Schulsystem in Japan in Beziehung gesetzt und eine Stadt in Australien hinsichtlich ihrer Lebensqualität mit einer Stadt in der Schweiz. Interdependenzen entstehen in diesem Fall nicht über strukturelle Vernetzungen, sondern über Vergleiche (vgl. Abschnitt 5).
Aber nicht alles kann jederzeit mit allem verglichen werden. Wie ich bereits ausgeführt habe, ist eine Mindestvoraussetzung die, dass die zu vergleichenden Einheiten kategorial hinlänglich ähnlich sind. Ob Phänomene als vergleichbar oder als inkommensurabel eingestuft werden, liegt nicht in der Sache selbst, oder jedenfalls nicht nur, sondern hat soziale und kulturelle Gründe. Es gibt Vergleichsverbote und strukturelle Grenzen des Vergleichs. Welcher Art die strukturellen Grenzen sind, variiert mit der Gesellschaftsform. Während die Vergleichsgrenzen in der vormodernen Gesellschaft entlang der Standesgrenzen verliefen und standesübergreifende Vergleiche weitgehend tabuisiert wurden (vgl. S. 309), verlaufen sie in der funktional differenzierten Gesellschaft entlang der Grenzen der Funktionssysteme: Eingeworbene Drittmittelgelder werden universitätsweit verglichen, aber (noch) nicht mit den Gewinnen von Unternehmen verrechnet, und Sportler werden anhand ihrer Siege untereinander verglichen, aber (noch) nicht mit den Preisträgern in Konzertwettbewerben. Von solchen strukturellen Grenzen sind explizite Vergleichsverbote zu unterscheiden: Dem „vereinnahmenden Gestus des Komparativs“ (von Saas 2011: 45), der die comparata in gewisser Hinsicht „gleich macht“, wird deren Einzigartigkeit und Unvergleichbarkeit entgegengestellt. Es ist zu erwarten, dass solche expliziten Verbote zunehmen, sobald sich die strukturellen Grenzen des Vergleichs lockern. Es ist deshalb vermutlich kein Zufall, dass die Idee der Einzigartigkeit des Individuums zeitgleich mit der Vorstellung entstanden ist, dass alle Individuen grundsätzlich gleich sind und sich folglich auch demselben Vergleichsraster unterziehen lassen (Simmel 1901/1995), und die Ausbreitung ökonomistischer Vergleichsschemata im Zuge neoliberaler Reformen mit dem Insistieren auf der Eigensinnigkeit nicht-marktlicher Sinnsphären beantwortet wird.
Die drei genannten Bestimmungsmerkmale von Vergleichen treffen auf mentale wie auf kommunizierte Vergleiche gleichermaßen zu. Beides hängt selbstverständlich eng zusammen. Sofern es die Regeln der Kommunikation zulassen, können mentale Vergleiche mitgeteilt werden, und umgekehrt bilden Vergleiche, von denen man liest oder hört, oft erst die Grundlage dafür, selber Vergleiche anzustellen. Während jedoch mentale Vergleiche nur indirekt sozial wirksam sind, etwa dann, wenn sie Entscheidungen beeinflussen, bilden kommunizierte Vergleiche eine eigene soziale Realität mit teilweise unabsehbaren Folgen.Im Folgenden geht es in erster Linie um kommunizierte Vergleiche, also um Sachverhalte, die sozial beobachtbar sind und sich nicht bloß mental abspielen. Kommunizierte Vergleiche können unterschiedliche Formen annehmen und sich unterschiedlicher Kommunikationsmedien bedienen: Sie können sprachlich in Texten, visuell in Bildern oder numerisch in Zahlen mitgeteilt werden oder alle drei Medienarten kombinieren (Bsp. Infographiken, Rankings). Die verschiedenen Kommunikationsmedien besitzen eine Eigenqualität und lassen sich nicht umstandslos aufeinander reduzieren. Es ist mit anderen Worten nicht nur der Inhalt der Mitteilung, sondern auch deren Form, die für die soziale Resonanz von Vergleichen ausschlaggebend ist (ausführlicher Heintz 2010).
Besonders folgenreich sind Vergleiche dann, wenn sie öffentlich kommuniziert werden und damit im Prinzip für alle einsehbar sind. Deshalb unterwerfen sich Berufungskommissionen einer Schweigepflicht und deshalb können öffentliche Vergleiche als Steuerungsinstrument eingesetzt werden, vor allem dann, wenn es sich um numerische Vergleiche handelt. Durch die Öffentlichkeit des Vergleichs sind die Verglichenen einer ständigen und potentiell weltweiten Fremdbeobachtung ausgesetzt und können sich auch selbst wechselseitig beobachten und vergleichen. Diese Beobachtungskonstellationen lösen Prozesse der Selbstdisziplinierung aus, die als solche nicht bewusst sein muss. Die Regulierten tun gewissermaßen von selbst, was durch die „normative Normalität“ des Vergleichs nahe gelegt wird. Universitäten führen Quoten ein, wenn Hochschulrankings „Diversität“ erfassen (Espeland & Sauder 2007), Staaten nehmen Frauenrechte in ihre Verfassungen auf, wenn Gleichstellung zu einem Vergleichskriterium wird (Heintz & Schnabel 2006), und Wissenschaftler nutzen die „slicing strategy“, wenn sich die Anzahl der Publikationen als Reputationsindikator durchsetzt (Osterloh & Frey 2015). Steuerung über öffentliche Vergleiche funktioniert um einiges subtiler als Jeremy Benthams Panopticon, das Michel Foucault (1976) als Modell diente, um die Entstehung moderner Disziplinartechniken zu beschreiben. Auch im klassischen Panoptikum verlief Regulierung über Beobachtung, aber die Beobachtung war asymmetrisch und das beobachtende Auge war lokalisierbar. In der neuen Steuerungsarchitektur ist die Beobachtung einerseits wechselseitig und reflexiv geworden und andererseits generalisiert und anonym. Die Beobachteten beobachten sich gegenseitig und wissen gleichzeitig, dass sie zusätzlich von außen und unter Umständen weltweit beobachtet und verglichen werden (vgl. Abschnitt 5).
Die Dreifachstruktur von Vergleichen – kategoriale Vereinheitlichung, Differenzbeobachtung und Relationierung – unterscheidet Vergleiche von anderen Ordnungstechniken, von Listen, Klassifikationen, Dichotomien und Analogien, und macht sie um einiges komplexer.
Das einfachste Ordnungsprinzip sind Listen. Listen sammeln unverbundene Einheiten unter einem beliebigen, oft funktionalen Gesichtspunkt: Einkaufslisten, Bücherlisten, to-do-Listen. Ihre Ordnungsstruktur besteht einzig darin, dass die Items hintereinander aufgeführt sind. Diese selbst teilen nur die Gemeinsamkeit, dass sie in einer Liste zusammengeführt sind. Worin sie sich sonst noch gleichen und wovon sie sich unterscheiden, ist durch die Liste nicht festgelegt (Stäheli 2011).
Kategorien bzw. Klassifikationen sind komplexer als Listen, da sie zusätzliche Merkmale festlegen, denen Einheiten genügen müssen, um Eingang in die Kategorie zu finden. Um als Apfel klassifiziert zu werden, müssen Objekte eine bestimmte Form, einen bestimmten Geschmack und eine spezifische Gewebestruktur aufweisen. Ein Objekt, das eines dieser Kriterien nicht erfüllt, eine Birne zum Beispiel oder ein roter Tennisball, findet in der Kategorie keinen Platz.Jede Kategorisierung erzeugt also Gemeinsamkeit und vollzieht gleichzeitig eine Trennung, indem sie zwischen dem Gemeinsamen und dem davon Unterschiedenen einen scharfen Schnitt zieht (Zerubavel 1996). Schimpansen werden in die Kategorie der Tiere gepackt (und nicht der Menschen), e-books in die Kategorie der Bücher (und nicht der Computer) und Soziologen in die Kategorie der Wissenschaftler (wenn sie Glück haben). Kategorien treten im Regelfall nicht isoliert auf, sondern als Elemente eines hierarchisch gegliederten Klassifikationssystems. Die Kategorie „Universität“ ist eine Oberkategorie für unterschiedlichste Hochschultypen (private und staatliche Universitäten, Volluniversitäten und spezialisierte Universitäten) und gleichzeitig eine Unterkategorie der Kategorie „tertiäre Bildungseinrichtungen“, die ihrerseits ein Element der Kategorie „schulische Bildung“ ist.
Dichotomien bzw. Duale sind eine Sonderform, indem sie zwei Kategorien in Termini einer binären Opposition zueinander in Beziehung setzen. Ihre Binarität unterscheidet die Dichotomie Mann versus Frau von der (nicht dichotomen) Unterscheidung zwischen Menschen und Schimpansen. Duale sind oft hierarchisch angelegt: Die eine Seite wird auf Kosten der anderen privilegiert. In Extremfällen kann die hierarchische Kontrastierung so weit gehen, dass jegliche Gemeinsamkeit mit der anderen Seite negiert wird. Dies ist dann der Fall, wenn die eine Seite nicht nur Alterität, sondern auch Universalität für sich beansprucht.[4] „Der Nichtkatholik wird zum Heiden oder Häretiker; aus der kommunistischen Partei austreten heißt dann nicht die Partei auswechseln, sondern (…) aus der Menschheit austreten.“ (Koselleck 1979: 212)
Analogien ordnen die Wirklichkeit in eine gegenläufige Richtung. Anstatt Unterschiede zu betonen, suchen sie nach Verbindungen. Analogien sind Ordnungstechniken, die zwischen dem Entferntesten Ähnlichkeiten konstatieren: Jedes Element findet in anderen Elementen seine Entsprechung, Unterschiede werden abgeschwächt und in ein System von Homologien eingeordnet. Über Analogien werden die sozialen und natürlichen „Dinge“ der Welt miteinander verknüpft und in ein spiegelbildliches und oft hierarchisch gegliedertes Korrespondenzverhältnis gebracht. Die von Pierre Bourdieu (1987: 352 ff.)beschriebene Geschlechterkosmologie der Kabylei ist dafür ein anschauliches Beispiel.
Vergleiche sind die komplexeste Ordnungsform, indem sie kategoriale Vereinheitlichung, Differenzbeobachtung und Relationierung kombinieren (vgl. Abschnitt 1). Um zu vergleichen, müssen die zu vergleichenden Sachverhalte zuerst als gleichartig kategorisiert werden. Nur in diesem Fall macht es Sinn, sie auf ihre Unterschiede hin zu beobachten. Diese Differenzbeobachtung geschieht über das Vergleichskriterium als tertiumcomparationis. Über das Vergleichskriterium wird zwischen den Vergleichsobjekten drittens eine Relation, ein Sinnzusammenhang, hergestellt, der komplexer ist als eine bloß kategoriale Einordnung. Vergleiche leisten also immer beides: sie differenzieren und stellen gleichzeitig eine Verbindung her.
2 Die Modernität des Vergleichs
Die Unterscheidung zwischen Listen, Klassifikationen, Analogien und Vergleichen ist selbst ein Ordnungsschema – eine Typologie –, die zunächst nur analytische Funktion hat. Eine soziologisch weiterführende Frage ist dann die, ob die verschiedenen Ordnungstechniken eine Geschichte haben: Sind Listen, Klassifikationssysteme, Analogien und Vergleiche historisch immer gleichermaßen präsent oder stehen sie in einer historischen Abfolge? Gibt es soziokulturelle Konstellationen, in denen die eine oder andere Form dominiert? Antworten auf diese Frage sind allerdings schwierig zu beschaffen. In der Wissenschaftsgeschichte und der Komparatistik finden sich zwar Studien, die sich mit den frühen Klassifikationssystemen und der Bedeutung von Analogien beschäftigen, es gibt aber kaum Arbeiten, die auch Vergleiche einbeziehen und sie zu den anderen Ordnungsverfahren in Beziehung setzen (vgl. als Ausnahme Eggers 2011; Mauz & von Saas 2011).[5] Und erst recht gibt es kaum Studien, die den Wandel der Ordnungstechniken in einem gesellschaftlichen Kontext verorten. Ich begnüge mich deshalb mit einigen Hinweisen und konzentriere mich vor allem auf Autoren, die der Frage nach dem historischen Wandel der Ordnungsverfahren aus einer soziologischen bzw. begriffshistorischen Perspektive nachgehen.
Für Niklas Luhmann sind Vergleiche eine spezifisch moderne Ordnungstechnik, die sich erst im Laufe des 18. Jahrhunderts durchsetzte und das asymmetrische und duale Denken der Vormoderne bis zu einem Grade verdrängt hat. Luhmann konzediert zwar, dass es auch in ständischen Gesellschaften Vergleiche gab – Nationenvergleiche entlang von Adelskriterien oder Vergleiche zur Bestimmung der Rangverhältnisse –, aber diese waren aus seiner Sicht eher selten und auf Vergleiche innerhalb der Schichten beschränkt (Luhmann 1995).[6] Erst mit dem Übergang zu funktionaler Differenzierung und der damit einhergehenden Gleichheitssemantik hätten sich die strukturellen und kulturellen Barrieren aufgelöst, die standesübergreifende Vergleiche begrenzt hatten. Im Gegenzug bauten sich neue Vergleichsgrenzen auf, die aber nun entlang der Grenzen der Funktionssysteme verlaufen. Publikationszahlen werden nicht mit den Bilanzsummen von Unternehmen verrechnet, der Stimmengewinn politischer Parteien nicht mit den Erfolgen der Bundesliga-Vereine. Und ähnlich stoßen Versuche, wirtschaftsferne Bereiche – Medizin, Kunst oder Wissenschaft – unter ökonomischen Gesichtspunkten zu vergleichen, auf massive Gegenreaktionen, wie etwa die Kritik am neoliberalen Programm belegt.
Mit dem Übergang zur modernen Gesellschaft lösten sich, so Luhmann, die hierarchisierenden Ordnungsschemata auf, die ihre Begründung in der natürlichen Ordnung des Seins gefunden hatten. Während die Vergleichsgesichtspunkte in der Vormoderne aus dem „Wesen der Dinge“ (Luhmann 1996: 296) abgeleitet und dadurch gegen Zweifel immunisiert worden seien, stünden sie in der Moderne zur Disposition und gerieten damit in einen Sog der Relativierung. Die Ausweitung der Beobachtungsmöglichkeiten im Zuge der kolonialen Expansion habe dazu wesentlich beigetragen. Was an einem Ort geschieht, wird an anderen Orten thematisiert und produziert damit einen ständigen Zustrom an Vergleichsmaterial. Sobald eine Kultur (oder eine Person, eine Organisation, ein Staat) mit einer anderen verglichen wird und sich selbst vor dem Hintergrund eines solchen Vergleichs beobachtet, werden nicht nur die Verglichenen, sondern auch die Vergleichsgesichtspunkte zu einer Möglichkeit unter mehreren und damit prinzipiell relativ. Die Tatsache, dass Länder heute nach nahezu beliebigen Kriterien miteinander verglichen werden und diese Kriterien ihrerseits einem Vergleich unterliegen, ist dafür ein geläufiges Beispiel. Vergleiche geraten so in eine Reflexionsspirale, die nicht dauerhaft blockiert, sondern nur noch punktuell stillgelegt werden kann, etwa durch das Latenthalten des Vergleichsgesichtspunktes oder die fundamentalistische Überhöhung des Eigenen.Gleichzeitig expandierte der Vergleich auch in zeitlicher Hinsicht. Das gesellschaftlich oder persönlich Vergangene ließ sich nun an der Gegenwart oder einer anvisierten Zukunft messen und das zeitlich Synchrone ließ sich diachron im Schema von Rückständigkeit und Fortschritt interpretieren (Koselleck 1979: 300 ff.). Beginnend mit der invention of improvement[7] avancierten Fortschritt und Perfektionierung zu Leitformeln der modernen Gesellschaft und banalisieren sich heute in den Selbstvermessungsapplikationen, die uns erlauben, unsere tägliche Schrittzahl mit einem selbstgesteckten Ziel zu vergleichen.
Michel Foucault (1974) gelangt in Die Ordnung der Dinge zu einer ähnlichen Diagnose. Im Unterschied zu Luhmann lässt er die Karriere des Vergleichs aber bereits im 17. Jahrhundert beginnen und grenzt sie vor allem von Analogien ab. Ausgangspunkt ist seine Unterscheidung zwischen drei epistemischen Ordnungen: dem Zeitalter der Renaissance, dem Klassischen Zeitalter und dem Zeitalter der Moderne, in dem der „Mensch“ die Bühne der Humanwissenschaften betrat. Das „Klassische Zeitalter“ zeichnet sich nach Foucault dadurch aus, dass das Denken in Ähnlichkeitsbeziehungen, wie es für die epistemische Ordnung der Renaissance typisch gewesen war, disqualifiziert und neu zwischen den Dingen und ihren Repräsentationen unterschieden wird. Die Ähnlichkeiten, die im vorneuzeitlichen Denken in der Ordnung der Dinge selbst lagen und nur noch wahrgenommen werden mussten, müssen nun wissenschaftlich, und das hieß in erster Linie durch Vergleiche belegt werden. Analogien verlieren damit ihre Selbstverständlichkeit, sie werden verdächtigt, bloße Trugbilder des Geistes zu sein (Foucault 1974: 82 ff.). Die Selbsttäuschungen des Don Quichotte sind das literarische Exempel für die Irrwege, in die das Suchen nach Ähnlichkeiten führen kann. Foucaults Kronzeuge ist René Descartes, der den Vergleich zur Erkenntnismethode schlechthin autorisierte, denn „überhaupt jede Erkenntnis (wird) durch die Vergleichung zweier oder mehrerer Dinge miteinander erworben“ (zit. in Foucault 1974: 85). Die Dinge enthüllen nicht von selbst ihre Natur, sondern nur, indem sie nach Maßgabe von Identität und Differenz als Sachverhalte erkannt werden und so ihren Platz in der allgemeinen Ordnung zugewiesen bekommen. „Das Ähnliche, das lange Zeit eine fundamentale Kategorie des Wissens gewesen war – zugleich Form und Inhalt der Erkenntnis – findet sich in einer in Termini der Identität und des Unterschiedes erstellten Analyse aufgelöst (…). Jede Ähnlichkeit (wird) dem Beweis des Vergleichs unterworfen.“ (Foucault 1974: 87 f.)
Aus dieser Beförderung des Vergleichs zur ultimativen wissenschaftlichen Methode entstehen im 18. Jahrhunderts die großen wissenschaftlichen Klassifikationssysteme der Naturgeschichte (Foucault 1974: 168 ff.; Hess 1994). Um wissenschaftliche Dignität zu erhalten, dürfen sich diese nun nicht mehr auf oberflächliche Ähnlichkeiten berufen, sondern müssen auf genauen empirischen Beobachtungen und damit auf Vergleichen beruhen. Wie Carlos Spoerhase (2014) in einem anregenden Aufsatz zeigt, dringt das Vergleichen sogar in die schönen Künste vor. Im 18. Jahrhunderts werden – oft unter dem Begriff der „Balkenwaage“ oder der „Kritischen Skala“ – Tabellen publiziert, die Dichter, Maler oder Komponisten hinsichtlich ästhetischer Gesichtspunkte gegeneinander abwägen und in eine den heutigen Rankings vergleichbare Rangliste einordnen. So wird etwa Klopstocks „Tonfülle“ mit 18 Punkte bewertet, während es Goethe auf nur 14 Punkte bringt, dafür übertrifft er Klopstock hinsichtlich seiner „Popularität“ um immerhin zwei Punkte. In der Folgezeit gerieten diese Listen allerdings zunehmend unter Kritik. Die Idee, Künstler und Kunstwerke in eine komparative Metrik zu bringen, vertrug sich schlecht mit dem aufkommenden Geniekult.
Wie die Beiträge in dem von Michael Eggers (2011) herausgegebenen Sammelbandbelegen, sind die Übergänge allerdings fließender, als es Foucault und Luhmann annehmen. In der Wissenschaft existierten die verschiedenen Ordnungsverfahren lange Zeit parallel nebeneinander, auch wenn die Analogie sich immer stärker gegen den Verdacht bloßer Scheinargumentation behaupten musste und sich Klassifikationssysteme nur dann legitimieren konnten, wenn sie ihre empirisch-vergleichende Basis nachwiesen. Am Ende lief der Trend aber in Richtung des Vergleichs und erfasste im Laufe des 19. Jahrhunderts auch die Geistes- und die entstehenden Sozialwissenschaften. Mit Durkheims berühmtem Diktum, dass „die vergleichende Methode die einzige ist, welche der Soziologie entspricht“ (Durkheim 1984: 205), wird der Vergleich auch in der Soziologie kanonisiert – allerdings wie eingangs vermerkt, nur als Methode, nicht als soziale Praxis, die als Phänomen eigenen Rechts zu untersuchen wäre.
Aber auch der Vergleich war nicht immer das, was wir heute unter ihm verstehen. Dies zeigt Willibald Steinmetz (2015) in einem informativen Beitrag, der den semantischen Verschiebungen des Vergleichsbegriffs im Zeitraum zwischen 1500 und 1900 nachgeht. Zunächst fällt auf, dass das deutsche Wort „Vergleich“ lange Zeit in zwei Bedeutungsvarianten verwendet wurde: als gütliche Einigung und im heutigen Sinne der Feststellung von Differenzen auf der Basis eines Vergleichskriteriums (Steinmetz 2015: 93 ff.).[8] Erst ab Mitte des 18. Jahrhunderts wurden die Unterschiede zwischen den beiden Bedeutungskomponenten auch sprachlich markiert, indem das (heutige) Vergleichen immer häufiger als „Vergleichung“ bezeichnet wurde, während der Terminus „Vergleich“ für eine gütliche Einigung reserviert blieb. Ab dem letzten Drittel des 19. Jahrhunderts verschwindet „Vergleichung“ allmählich aus dem Begriffsvokabular. Es bleibt nur der Terminus „Vergleich“, der von nun an im heute üblichen Verständnis der Feststellung von Unterschieden verwendet wird, während „Vergleich“ im Sinne einer Schlichtung nur noch in juristischen und diplomatischen Zusammenhängen auftaucht.
Das ist nicht das einzige Indiz dafür, dass der Vergleich, so wie wir diesen Begriff heute verstehen, ein modernes Phänomen ist. Zu einem ähnlichen Ergebnis gelangt Steinmetz auch in seiner Analyse der Verwendung des Vergleichsbegriffs in drei unterschiedlichen Bereichen – dem Religions-, dem politisch-sozialen und dem zeitlichen Vergleich (Steinmetz 2015: 104 ff.). Auch wenn sich der Begriffswandel in den drei Feldern unterscheidet, lassen die Ergebnisse doch drei Gemeinsamkeiten erkennen: zum einen eine zunehmende Verbreitung und Veralltäglichung des Vergleichsvokabulars, zum andern eine Ausdehnung des Vergleichshorizontes in räumlicher (Kulturvergleiche), zeitlicher (historische Vergleiche), sozialer (standesübergreifende Vergleiche) und sachlicher Hinsicht (Leistungsvergleiche) und schließlich die zunehmende Tendenz, das Vergleichen selbst zum Gegenstand der Reflexion zu machen. Gleichzeitig bilden sich zwei Verwendungsformen von Vergleichen heraus: symmetrische Vergleiche, die von Verschiedenheit, aber Gleichwertigkeit ausgehen, und evaluative Vergleiche, die das Verglichene in Termini eines besser und schlechter ordnen und damit nicht nur Unterschiede konstatieren, sondern diese auch bewerten. Ranglisten sind dafür das augenfälligste Beispiel.
Dieser kurze Überblick über die (spärlichen) Arbeiten zur Geschichte der Ordnungstechniken und ihrer gesellschaftsstrukturellen Verortung liefert zwar nur vereinzelte Hinweise, aber dennoch weist einiges darauf hin, dass die zunehmende Lust (und der Zwang) zum Vergleichen tatsächlich ein spezifisch modernes Phänomen ist. Dies wirft ein weiteres Mal die Frage auf, weshalb die gesellschaftliche Bedeutung von Vergleichen in der Soziologie bislang kaum registriert wurde. Hintergründig sind Vergleiche allerdings durchaus präsent. Sie fungieren gewissermaßen als „anwesend Abwesendes“ – als vorausgesetzte, aber nicht thematisierte Selbstverständlichkeit. Ausgehend von den drei Bedeutungskomponenten des Vergleichs soll dies im Folgenden anhand unterschiedlicher Forschungsfelder exemplarisch gezeigt werden.
3 Vergleiche und Kategorisierung
In seiner Erzählung Das unerbittliche Gedächtnis beschreibt Jorges Luis Borges einen jungen Mann, der nach einem Unfall nicht mehr in der Lage war, das Wahrgenommene in stabile Kategorien zu ordnen. „Nicht nur machte es ihm Mühe zu verstehen, dass der Allgemeinbegriff „Hund“ so viele Geschöpfe verschiedener Größe und verschiedener Gestalt umfasst; es störte ihn auch, dass der Hund von 3 Uhr 14 (im Profil gesehen) denselben Namen führen sollte wie der Hund von 3 Uhr 15 (gesehen von vorn).“ (Borges 1981: 180 f.) Wie überwältigend eine Wirklichkeit ist, die sich uns ungefiltert präsentiert, kann man besser nicht beschreiben. Kategorisierung schützt uns vor der unermesslichen Fülle der Eindrücke, indem sie den Strom der Ereignisse in kompakte „Dinge“ sortiert und die Welt in Gleiches und davon Verschiedenes unterteilt (vgl. Abschnitt 1). Eviatar Zerubavel hat diese Zweiseitigkeit von Kategorien als „lumping“ und „splitting“ bezeichnet: “The former entails grouping „similar“ things together in a single mental cluster. The latter involves perceiving „diffent“ clusters as separate from one another. (…) Whereas lumping involves overlooking differences within mental clusters, splitting entails widening the perceived gap between them. Thus while playing down intracluster mental differences, we also exaggerate intercluster ones.“ (Zerubavel 1996: 421, 424; Hervorh. durch den Autor)
Das Verhältnis von Vergleich und Kategorisierung ist komplex. Denn einerseits ist Kategorisierung eine der beiden Elementaroperationen von Vergleichen (vgl. Abschnitt 1) und gleichzeitig beruht jede Kategorisierung auf einem vorgängigen Vergleich. Es handelt sich also um zwei Ordnungstechniken, die im praktischem Vollzug aufs Engste zusammenhängen, aber dennoch analytisch zu unterscheiden sind. Um dieses wechselseitige Bedingungsverhältnis an einem Beispiel zu erläutern: Um Romane hinsichtlich ihrer literarischen Qualität zu vergleichen, müssen Bücher zuerst als Romane kategorisiert werden, was angesichts der zunehmenden Verwischung von Genregrenzen keineswegs trivial ist. Und um Bücher als Romane zu kategorisieren, müssen diese hinsichtlich der Merkmale, die im üblichen Verständnis einen Roman ausmachen, eingestuft und von anderen Genres unterschieden werden. Diese Merkmale fungieren als Vergleichskriterien, deren Anwendung am Ende dazu führt, dass einige Bücher als Romane kategorisiert werden und andere als Sachbücher oder journalistische Reportagen. Dass dieses Beispiel nicht aus der Luft gegriffen ist, belegen die Debatten, die Truman Capotes (1966) „In Cold Blood“ auslösten, eine Hybridform, die von ihm bezeichnenderweise mit dem, konventionell gesehen, paradoxen Begriff der „non-fiction novel“ bezeichnet wurde.[9] Im Normalfall vollziehen sich Kategorisierungs- und Vergleichsprozesse reflexionslos: Wir sehen ein Buch und stufen es automatisch als Roman ein, oder wir betrachten unterschiedliche Schokoladen (eine Kategorisierung!) und vergleichen sie nach ihrem Preis. Wie bei jeder Praktik wird die Verflechtung von Kategorisierung und Vergleich erst bewusst, wenn sich Probleme in den Weg stellen: Wenn sich Personen nicht eindeutig als Frauen oder Männer klassifizieren lassen (dazu 3.1) oder wenn ein Vergleich an einer ambiguen Kategorisierung scheitert (dazu 3.2).
Vergleich und Kategorisierung bauen also aufeinander auf, bedingen und verstärken sich gegenseitig: Das eine ist ohne das andere nicht zu haben. Dies soll im Folgenden am Beispiel einer Relektüre klassifikationssoziologischer Studien gezeigt werden. Die Relektüre hat die Funktion, die Beziehung zwischen Klassifikations- und Vergleichssoziologie darzustellen und auf diese Weise Verbindungen sichtbar zu machen, die oft übersehen werden. Ich gehe zunächst auf Untersuchungen zur Personenklassifikation ein und illustriere an diesem Forschungsgebiet, dass Kategorisierungen immer auch Vergleiche voraussetzen. Am Beispiel von Studien zur Produktkategorisierung zeige ich anschließend, dass jeder Vergleich seinerseits eine Kategorisierung voraussetzt.
3.1 Personenklassifizierung
Kategorisierungen sind kontingente soziale Konstruktionen – das ist die Grundprämisse der Klassifikationssoziologie. Nichts in der Wahrnehmungswelt, so das Credo, zwinge dazu, Menschen in zwei und nur zwei Geschlechter einzuteilen, und eine Mikrowelle lege es nicht von sich aus nahe, als Backofen kategorisiert zu werden. Klassifikationen, so hatten bereits Émile Durkheim und Marcel Mauss argumentiert, sind eine kulturelle Leistung und keine „Naturnotwendigkeit“ (Durkheim & Mauss 1987: 175). Durkheim selbst versah den Relativismus, der sich aus seiner soziologischen Erkenntnistheorie ergab, allerdings mit allerlei Kautelen (vgl. Rawls 1996), eine Vorsichtsmaßnahme, die der gegenwärtigen Kategorisierungsforschung weitgehend abhanden gekommen ist. Der Umstand, dass Alltagsmenschen ungerührt daran festhalten, dass man den Unterschied zwischen Frauen und Männern oder Schwarzen und Weißen sehend erkennen kann, wird zwar gelegentlich notiert, aber nur selten zu einem theoretischen Problem gemacht (als Ausnahme die anregende Studie von Obasoghie 2014).
Ein wichtiger Zweig der Klassifikationssoziologie befasst sich mit der Sortierung von Personen – der Einordnung von Individuen in unterschiedliche soziale Kategorien und dem, was diese Sortierung mit ihnen und aus ihnen macht (als Überblick vgl. Lamont & Molnar 2002; Hirschauer 2014). Ian Hacking hat in diesem Zusammenhang die oft zitierte, aber ebenso oft missverstandene Formel making up people geprägt und diese am Beispiele der „multiplen Persönlichkeit“, des „Kellners“ und des „Homosexuellen“ illustriert (Hacking 2004: Kap. 6).[10] In diesem Kontext sind eine Fülle von Studien entstanden, die sich mit dem Wandel statistischer Kategorien (exemplarisch Loveman & Muniz 2007; Wobbe 2011), dem Verhältnis von Selbst- und Fremdkategorisierung (exemplarisch Neckel 1995; Waidzunas 2012), der Markierung bzw. Dethematisierung von kategorialen Grenzen (exemplarisch Hirschauer 2001) und dem Zusammenhang zwischen Personenklassifikation und sozialer Ungleichheit beschäftigen (exemplarisch Lamont u. a. 2014).
Bei solchen Klassifizierungsprozessen spielen Vergleiche eine zentrale Rolle. Die Personenklassifikation der amtlichen Statistik ist dafür ein augenfälliges Beispiel. 1890 unterschied die amerikanische Bevölkerungsstatistik fünf „Rassen“: Weiße, Schwarze, Mulatten, „quadroons“ und „octoroons“ (Lee 1993).[11] Die Einstufung beruhte auf der Annahme, dass sich Menschen hinsichtlich ihrer „Blutstropfen“ vergleichen lassen: „Schwarze“ seien Menschen, die mehr als Dreiviertel „black blood“ aufwiesen, „octoroons“ Personen „who have one-eighth or any trace of black blood“ (zit in Lee 1993: 77). Wie das Mischungsverhältnis im Einzelnen aussieht, lasse sich, so eine weitere Annahme, per Augenschein ermitteln.[12] Ab 1930 sah die Statistik nur noch Weiße und Schwarze, dafür drängte sich die nationale – und später auch die indigene – Herkunft als neues Vergleichskriterium in den Vordergrund. Entsprechend wurden neben Schwarzen und Weißen immer häufiger national definierte Bevölkerungsgruppen (Chinesen, Filipinos, Koreaner etc.) und seit 1960 auch indigene Bevölkerungen unterschieden. Seit 2000 ist die neue Kategorie multiracial bzw. mixed race dazu gekommen, unter die all jene gepackt werden, die sich selbst mehreren ethnischen Kategorien zuordnen und damit die etablierten Vergleichskriterien unterlaufen (Harris & Sim 2002; Snipp 2003). Das ist nur eines von vielen Beispielen, an dem sich aufzeigen lässt, dass die Sortierung von Personen in unterschiedliche Kategorien Vergleichskriterien voraussetzt, in diesem Fall: die genetische Abstammung, die Nationalität oder die indigene Herkunft.
Eine ähnlich konstitutive Bedeutung haben Vergleiche auch für die Fremd- und Selbstkategorisierung. Wie relevant Vergleichsprozesse für die Einführung einer neuen Kategorie sind, belegt die Studie von Hannah Bennani (2016, 2015).[13] Sie zeigt am Beispiel der globalen Kategorie der Indigenen, dass Selbstvergleiche zwischen lokalen indigenen Bevölkerungen zur Entstehung dieser Kategorie entscheidend beigetragen haben. Den Ausgangspunkt bildeten lokale Indigenenbewegungen, die sich in den 1960er Jahren an unterschiedlichen Orten der Welt zu formieren begannen, sich selbst aber noch kaum zueinander in Beziehung setzten: die australischen Aborigines und die neuseeländischen Maori, die sich erstaunlicherweise nicht an der amerikanischen Red-Power-, sondern an der Black-Power-Bewegung orientierten, der pan-indianische Aktivismus in den USA, Kanada und Südamerika und die Sami in Nordeuropa, die sich ursprünglich als ethnische Minderheit und nicht als „indigen“ definierten. Erst im Laufe der Zeit begannen sich diese zunächst isolierten Gruppen wechselseitig zu beobachten und in eine Vergleichsrelation zu setzen. Eine zentrale Rolle spielten medial vermittelte Informationen, aber auch persönliche Begegnungen auf internationalen Kongressen. Diese Begegnungen initiierten Vergleiche zwischen den kulturellen Praktiken, der sozialen Lage und dem Selbstverständnis der verschiedenen „Völker“ und ließen auf dieser Basis Ähnlichkeiten entdecken, die bei den Sami 1972 in der (Selbst-)Diagnose gipfelte: „Die Sami sind auch Indianer“ (zit. in Bennani 2016: 103). Damit verschob sich auch der kategoriale Rahmen. Die Sami, Maori, Aborigines und Indianer, die sich vorher nicht miteinander in Verbindung gebracht hatten, begannen sich als Teile eines weltumspannenden Kollektivs zu begreifen: als Angehörige der entstehenden globalen Kategorie der Indigenen. Die wahrgenommenen Gemeinsamkeiten ließen ihre Unterschiede in den Hintergrund treten und im Gegenzug wurde die Differenz gegenüber ethnischen Minderheiten und anderen sozialen Gruppen akzentuiert.
3.2 Produktkategorisierung
Wie ich eingangs ausgeführt habe, verläuft die Beziehung zwischen Vergleich und Kategorisierung aber auch in die entgegengesetzte Richtung: Vergleiche sind nicht nur eine Grundlage für die kategoriale Sortierung, sondern setzen ihrerseits Kategorisierungen voraus. Dies soll am Beispiel eines ganz anderen Forschungszweigs – den marktsoziologischen Studien zur Produktkategorisierung gezeigt werden. In diesen Studien geht es nicht um das „making up people“, sondern um das „making up goods“, nicht um die Erfindung von Hispanics, Indigenen oder octoroons sondern um die Erfindung von Produktkategorien, die es vorher noch nicht gab: Mikrowellen, Minivans, Automobile oder „leichte Zigaretten“.
Wie aus diesen Untersuchungen hervorgeht, ist die Einführung neuartiger Produkte vor allem mit dem Problem konfrontiert, ihnen eine kategoriale Identität zu verleihen. Solange das nicht gelingt, stehen auch keine Kriterien zur Verfügung, um ihre Funktion und Qualität zu beurteilen. Der Vergleich – und damit auch der Kauf – scheitert mit anderen Worten an ihrer kategorialen Unbestimmtheit (exemplarisch Rao 1994; Rosa u. a. 1999, Hsu & Grodal 2015). Ein anschauliches Beispiel ist die Einführung der Mikrowelle (Ormrod 1994). Die Mikrowelle wurde ursprünglich als „toy for the boy“ vermarktet und in den Elektronikabteilungen als sog. „brown good“ verkauft. Diese Vermarktung hatte zur Folge, dass sie in der Wahrnehmung zwischen Haushalts- und Hifi-Gerät oszillierte und für die Kunden weder der einen noch der anderen Kategorie eindeutig zuzuordnen war. Was sollte man von einem Gerät halten, das aussah wie ein Verstärker, aber eigentlich ein Backofen war? Erst als die Mikrowelle als „white good“ lanciert und von den Elektronikabteilungen in die Haushaltsabteilungen verlagert wurde, konnte sie sich als neue Produktkategorie etablieren und wurde erst dann zu einem Verkaufserfolg. Die Etablierung einer neuen Produktkategorie ist mit anderen Worten sozial ähnlich voraussetzungsvoll wie die Etablierung einer neuen Personenkategorie, mit dem Unterschied freilich, dass sich Menschen Fremdkategorisierungen zu eigen machen können, eine Mikrowelle kann das bekanntlich nicht.
Die erfolgreiche Durchsetzung einer neuen Produktkategorie lässt sich grob in zwei Phasen unterteilen, die den beiden Vergleichskomponenten entsprechen, die ich in Abschnitt 1 unterschieden habe (u. a. Hsu u. a. 2009; Navis & Glynn 2010). Wie ich am Beispiel der Mikrowelle ausgeführt habe, geht es in einer ersten Phase darum, das neue Produkt als Kategorie zu etablieren – dem eBook oder der Mikrowelle eine Identität zu geben und sie von benachbarten Produkten abzugrenzen, in diesem Fall: vom konventionellen Backofen oder einem Buch aus Papier. Dazu werden vor allem die Gemeinsamkeiten betont, und die Unterschiede zwischen den einzelnen Produkten heruntergespielt. Dieses sensemaking (Rosa u. a. 1999) geschieht oft über Drittinstanzen, die zwischen Produzenten und Konsumenten vermitteln, und erfolgt in Form von Produktberichten, Erfolgsgeschichten und Metaphern, die das Neue mit dem Etablierten verbinden: elektronische Bücher, persönliche Computer, Minivan. Erst wenn das neue Produkt als Kategorie etabliert ist, setzen Differenzierungsprozesse ein. Anstatt die Gemeinsamkeiten hervorzuheben, werden nun die Unterschiede zwischen den Anbietern und ihren Produkten in den Vordergrund gerückt. Die einzelnen Varianten werden einerseits individualisiert und andererseits über die Entwicklung von standardisierten Beurteilungskriterien – von „judgement devices“ (Kaprik 2010) – vergleichbar gemacht.Die Differenz zwischen den beiden Phasen spiegelt sich auch in der Art und Weise, wie über Produkte berichtet wird. In der ersten Phase orientieren sich Produktberichte häufig am Format der Einzelbesprechung, wie man sie ähnlich auch aus dem Genre der Filmkritik oder der Buchbesprechung kennt. Grant Blank (2007) nennt diesen Typus von Beurteilungen „connoisseurial reviews“. Dagegen dominieren in der zweiten Phase vergleichende Produktberichte – „procedural reviews“ – die auf standardisierten Mess- und Testverfahren beruhen und in denen die einzelnen Produkte systematisch miteinander verglichen und unter Umständen in eine Rangfolge gebracht werden.
Güter, die sich nicht eindeutig kategorisieren lassen, verletzen, wie es Ezra Zuckerman (1999) formuliert, einen „categorical imperative“ und laufen damit Gefahr, auf dem Markt nicht beachtet zu werden. Ambiguität ist also nicht nur bei Personen ein Problem, sondern auch bei Produkten. Ambivalenz und boundary crossing ziehen im Regelfall Sanktionen auf sich, die sich nur unter spezifischen Bedingungen überwinden lassen, etwa dann, wenn die Hybridisierung von Akteuren mit hohem feldinternem Status ausgeht (vgl. Rao u. a. 2005). Während aber hybride Güter nur einen „kategorialen Imperativ“ (Zuckerman) verletzen, verletzen hybride Personen auch einen normativen Imperativ.
Hybride Personen oder Güter stellen aber nicht nur kategoriale Grenzen infrage, sie sperren sich auch gegen einen Vergleich. Denn was sich kategorial nicht zuordnen lässt, lässt sich auch nicht vergleichen und führt in der Regel zu akuten Handlungsproblemen. Wie geht man mit einer Person um, deren Geschlecht sich nicht zuordnen lässt (Hirschauer 1989), mit einem Manuskript, das die Genregrenzen sprengt (Childress 2013), und mit Symptomen, die sich den medizinischen Klassifikationssystemen nicht fügen (Hacking 1992)? Die Tatsache, dass Ambiguität und Hybridität bestraft werden, auf dem Markt wie im interpersonellen Verkehr, hat deshalb vermutlich einen doppelten Grund. Sozial geahndet wird nicht nur die Verletzung des „kategorialen Imperativs“, geahndet wird auch die Verunmöglichung eines Vergleichs. Dieser Sanktionierung kann man sich nur in Nischen entziehen, in denen „Transdifferenz“ zum moralischen Imperativ erklärt und Hybridität als politische Utopie gefeiert wird. Insofern könnte man die These wagen, dass die gegenwärtige Begeisterung für das Transdifferente und Hybride auch als eine subkutane Reaktion auf die Diktatur des ständigen Verglichenwerdens zu lesen ist.
4 Vergleiche und Bewertung
Aber auch wenn es stabile und eindeutige Kategorien gibt, bleibt immer noch offen, wie man Personen oder Produkte vergleichen soll, anhand welcher Kriterien. Diese Frage stellt sich auch und ganz besonders bei Bewertungsprozessen. Rund um die Frage des Wertens und Bewertens ist in letzter Zeit ein eigenes Forschungsfeld entstanden, das unterschiedliche Forschungstraditionen und Fragestellungen zusammenführt (vgl. nur Lamont 2012; Endreß u. a. 2017 und die 2013 gegründete Zeitschrift Valuation Studies). Die Themenbereiche reichen von der Frage, wie Werte entstehen und gegebenenfalls universelle Gültigkeit erlangen, über die Analyse konkreter Evaluationspraktiken (Audits, Benchmarks, Ranglisten) bis hin zur marktsoziologischen Frage, wie Güter und Dienstleistungen bewertet und mit einem Preis versehen werden. Dass die Soziologie des Vergleichs von der Konjunktur der „valuation studies“ bisher nicht profitieren konnte, ist erstaunlich, und ebenso erstaunt, dass der Bedeutung des Vergleichens wenig Rechnung getragen wird. Selbst die sich auf John Dewey berufende pragmatistische Forschung hat seine Anregung, „appraising“ als „an act that involves comparison“ (Dewey 1939: 5) zu begreifen, nicht systematisch aufgenommen (vgl. u. a. de Munck & Zimmermann 2015: 120 ff.). Demgegenüber möchte ich im Folgenden zeigen, dass jede Bewertung auf einem Vergleich beruht und folglich auf Probleme stößt, wenn die Vergleichskriterien unklar oder kontrovers sind oder es schwer fällt, das zu Vergleichende entlang dieser Kriterien einzustufen (ausführlicher Heintz 2017a).
Um eine Person, eine Leistung oder ein Gut zu bewerten, braucht es Vergleichskriterien sowie Verfahren, um den jeweiligen Wert festzustellen: die Leistung eines Fußballspielers im Vergleich zu seinen Teamkollegen, die Eignung einer Bewerberin im Gegensatz zu anderen Bewerbern oder die Auflösungskapazität eines Bildschirmen gemessen an andern Modellen. Problemlos vollziehen sich Bewertungen nur dann, wenn die Vergleichskriterien standardisiert sind und die zu bewertenden Eigenschaften als objektive, dem Vergleichsobjekt inhärente Größen wahrgenommen werden. Dass die Qualität von Bildschirmen an der Pixeldichte festgemacht wird, liegt aus der Sicht der konstruktivistischen Marktsoziologie jedoch nicht in der Sache selbst, sondern ist das Ergebnis einer sozialen Konstruktion, die nicht mehr als solche erkannt wird (Callon u. a. 2002). In allen anderen Fällen sind konsensfähige Bewertungen ein endemisches Problem. Man denke etwa an die oft gegenläufigen Urteile von Literaturkritikern (Chong 2013) oder an die Probleme, die sich bei Begutachtungen stellen (Hirschauer 2004; Kreiner 2012). Denn auch wenn sich Gutachter über die Bewertungskriterien einig sind, können sie bei deren praktischer Anwendung zu durchaus unterschiedlichen Resultaten gelangen.
Mit der Frage der Bewertung hat sich in letzter Zeit vor allem die Marktsoziologie unter dem Begriff der „quality uncertainty“ befasst (als Überblick Beckert & Aspers 2011; Beckert & Musselin 2013). Die Bewertungsprobleme, die sich im Prinzip bei jeder Markttransaktion stellen, werden am Beispiel jener Märkte bzw. Gütersorten untersucht, die Marion Fourcade (2011) als „peculiar goods“ und Lucien Karpik (2010) als „singuläre Güter“ (Karpik 2010) bezeichnet, also Güter, deren Wert sich nicht in Geldwerten bemessen lässt (Biotope, Körperorgane) oder die als einzigartig und unvergleichlich gelten.Der Begriff der „singulären Güter“ ist allerdings vage. Handelt es sich um Güter, die wegen ihrer gewissermaßen „ontischen“ Beschaffenheit schwer zu vergleichen sind, z. B. Weine, oder um Güter, die kulturell als einzigartig definiert werden wie etwa künstlerische Erzeugnisse?[14] Anstatt sich dem Bewertungsproblem über die Art des Gutes zu nähern, wie es Karpik und andere tun, bietet es sich deshalb an, allgemeiner anzusetzen und den Fokus auf die Frage der Bewertungskriterien und Bewertungspraktiken zu legen.[15] Dieser Zugang hat zudem den Vorteil, auf sämtliche Bewertungsprozesse anwendbar zu sein, nicht nur auf Güter und Leistungen, die marktförmig gehandelt werden.
Obschon Bewertungsprozesse immer auch Vergleichsprozesse sind, taucht der Begriff des Vergleichs in der einschlägigen Literatur nur beiläufig auf und erst recht nicht als analytischer Begriff. Sehr viel präsenter ist stattdessen das von Wendy N. Espeland und Mitchell L. Stevens (1998) eingeführte Konzept der „commensuration“, verstanden als Vergleichbarmachung über eine gemeinsame Metrik: „Commensuration is characterized by the transformation of qualities into quantities that share a metric, a process that is fundamental to measurement.” (Espeland & Sauder 2007: 16) Der Begriff „commensuration“ trifft die Sache aber nur bedingt. Eine Bewertung setzt zwar eine Vergleichbarmachung voraus, aber längst nicht jede Vergleichbarmachung beruht auf einer Quantifizierung. Um Forschungsanträge nach ihrer Qualität einzustufen, braucht es keine gemeinsame Metrik und dennoch werden sie über – wie auch immer implizite und subjektive – Vergleichskriterien vergleichbar gemacht und oft auch in eine Rangfolge gebracht. „Vergleich“ ist mit anderen Worten der allgemeinere Begriff und er ist auch präziser, indem er erlaubt, zwischen Vergleichbarmachung und Quantifizierung zu unterscheiden. Es bietet sich deshalb an, Bewertungsprozesse zunächst einmal als Vergleichsprozesse zu begreifen und erst in einem zweiten Schritt zu fragen, ob eine gemeinsame Metrik vorliegt.
Der institutionalisierte Ausdruck solcher vergleichenden Bewertungen sind Ranglisten (ausführlicher Heintz 2017a). Viele Ranglisten geben zwar vor, quantifizierende Instrumente zu sein und präsentieren sich selbst als metrische Skalen, ihre empirische Grundlage ist aber nicht notwendigerweise quantitativer Natur. Die San Pellegrino-Liste der World’s 50 Best Restaurants suggeriert zwar, dieQualitätsunterschiede von Restaurants auf einer metrischen Skala abzubilden, faktisch beruht sie aber auf den persönlichen Einschätzungen der Testesser. Die Rangliste kommt erst nachträglich durch die Aufsummierung der Einzelbewertungen zustande. Viele Ranglisten sind mit anderen Worten keine metrischen Instrumente, sondern komplexitätsreduzierende Hilfsmittel, vergleichbar mit anderen Formen von „judgment devices“ (Karpik 2010) wie etwa Herkunftsbezeichnungen, Zertifikate oderBuchrezensionen. Die Sortierung von Forschungsanträgen in eine A-, B- und C-Kategorie oder die Vergabe von Sternen oder Punkten in der Restaurantbewertung sind ein Darstellungsmittel, um die Bewertung – den Vergleich – in eine handhabbare Form zu bringen und damit Entscheidungen zu erleichtern. Mit Quantifizierung hat dies zunächst einmal nichts zu tun.
5 Vergleiche und Globalisierung
Wie ich in Abschnitt 1 ausgeführt habe, lassen sich Vergleiche über drei Merkmale bestimmen: kategoriale Vereinheitlichung, Differenzbeobachtung und Relationierung. Nachdem ich in den beiden vorangehenden Abschnitten die ersten beiden Komponenten in den Vordergrund gerückt habe und diese am Beispiel der Klassifikationssoziologie, der Marktsoziologie und der Soziologie der Bewertung dargestellt habe, gehe ich nun in einem letzten Schritt auf die dritte Komponente von Vergleichen ein und illustriere sie am Beispiel der Globalisierungsforschung.
„Globalisierung“ wird in der Regel als eine Ausweitung grenzüberschreitender Verbindungen beschrieben. Die meisten Autoren analysieren diese Verbindungen als Vernetzungsphänomen, als raumübergreifende Bewegungen und Verknüpfungen von Geld, Gütern, Informationen und Personen mit der Folge, dass Ereignisse an einem Ort der Welt immer häufiger durch Vorgänge geprägt sind, die sich an ganz anderen Orten der Welt abspielen. Die Schlüsselbegriffe sind „flows“, „connectivity“ oder „ties“. Weniger beachtet ist ein anderer Globalisierungsmechanismus, der nicht über strukturelle Vernetzungen, sondern über Vergleiche verläuft (ausführlicher Heintz & Werron 2011: 361 ff.). David Strang und John W. Meyer sprechen in einem ähnlichen Zusammenhang von „cultural linkages“, die sie von den „relational linkages“ der Netzwerkforschung abgrenzen: „Linkages may be cultural as well as relational. That is, the cultural understanding that social entities belong to a common social category constructs a tie between them. Such ties (…) invoke a different substantive imagery from that of direct relations like friendship and exchange.” (Strang & Meyer 1993: 490) „Cultural linkages“ sind mit anderen Worten Verbindungen, die nicht struktureller Natur sind, sondern auf einer sekundären und im weitesten Sinne kulturellen Ebene hergestellt werden. Vergleiche sind dafür der prototypische Fall. Über Vergleiche werden Einheiten zueinander in Beziehung gesetzt, die sonst möglicherweise nichts voneinander wüssten und auch nicht notwendigerweise strukturell miteinander verbunden sind. Interdependenz und gegenseitige Beeinflussung entstehen in diesem Fall nicht über Kontakte und Kontaktketten, sondern darüber, dass die verglichenen Einheiten über ein Vergleichskriterium in einen Sinnzusammenhang gebracht werden. Solche kulturellen Verknüpfungen mögen zwar gegenüber „harten“ Verbindungen – Handelsströmen, Bündnissen oder Migrationsbewegungen – als unspektakulär erscheinen, sie sind aber nicht nur ein kulturalistisches Epiphänomen, sondern eine eigenständige soziale Tatsache mit erheblichen strukturellen Konsequenzen.
Ein bekanntes Beispiel für die Strukturwirkung von Vergleichen sind internationale Hochschulrankings. Hochschulrankings stellen zwischen Universitäten, die sich vorher kaum zur Kenntnis genommen haben, eine Verbindung her und verorten sie in einer öffentlich einsehbaren Vergleichsordnung. Über diese Relationierung wird eine neue soziale Wirklichkeit geschaffen – das globale Feld von Hochschulen –, das handfeste Folgen haben kann (vgl. u. a. Wedlin 2010; Espeland & Sauder 2012). Erst mit dem Aufkommen internationaler Hochschulrankings nehmen sich Universitäten, die sich vorher nicht beachtet hatten, als Konkurrenten wahr, und erst mit der Entstehung dieser Konkurrenzdynamik werden die durch das Ranking ins Beobachtungsfeld gerückten Dimensionen zum Gegenstand hochschulpolitischer Intervention. Hochschulrankings generalisieren die Konkurrenz, die vorher diffus, punktuell und oft lokal begrenzt war, und sie legen fest, welche Leistungen im Kampf um Studierende, Geldgeber und Professorinnen relevant sind und damit zum Spielfeld der Hochschulpolitik werden. Das verändert die Universitäten, ähnlich wie Pisastudien die Schulen verändern können (Martens & Niemann 2013).
Obschon Rankings Vergleichsinstrumente par excellence sind, wird dies in der einschlägigen Literatur kaum erwähnt. Ihre Proliferation wird stattdessen als Beleg einer um sich greifenden Quantifizierung diskutiert, als weitere Etappe im unaufhaltsamen Aufstieg der Zahl, der im 19. Jahrhundert einsetzte und durch die Globalisierung weiter beschleunigt worden sei. Aus dieser Sicht ist es die Zahlenförmigkeit von Rankings und globalen Indikatoren, die ihre Wirkungskraft ausmacht. Die mediale Eigenqualität von Zahlen – ihre Genauigkeit, Transformierbarkeit und ihre Aura von Sachlichkeit und Objektivität –, prädestiniere sie dazu, als Steuerungs- und Koordinierungsinstrument im kommunikativen „Weltverkehr“ eingesetzt zu werden (Heintz 2010; Hansen & Porter 2012; Rottenburg u. a. 2015). Dass globale Zahlen enorme strukturelle Effekte haben, ist durch viele Studien belegt. Weniger offensichtlich ist jedoch, was der Grund dafür ist. Beruht die Wirkungsmächtigkeit von Rankings und globalen Indikatoren tatsächlich nur auf ihrem quantitativen Charakter oder nicht auch darauf, dass sie die vermessenen Einheiten in einen Vergleichszusammenhang bringen? Die Möglichkeit, Vergleiche in Zahlen zu komprimieren, stimuliert zwar das Interesse am Vergleich und macht ihn auf einen Blick erfassbar, analytisch bietet es sich aber an, zwischen dem Sachverhalt des Vergleichs und seiner Kommunikationsform zu unterscheiden (vgl. S. 308). Die strukturellen Effekte des Pisarankings beruhen nicht nur auf dessen Zahlenförmigkeit, sondern auch darauf, dass die verglichenen Schulen und Staaten einer ständigen Leistungsbeurteilung ausgesetzt sind und sich auch selbst wechselseitig im Lichte dieser Vergleichsordnung beobachten (Martens 2007). Ähnlich wie im Falle der Hochschulrankings löst dieser Leistungsvergleich Anpassungsprozesse aus, die kein aktives Eingreifen von außen mehr erfordern (vgl. S. 309). Insofern ist es die Verbindung von Quantifizierung und Vergleich – von „governance by numbers“ und „governance by comparison“ –, die erklärt, weshalb eine „governance without government“ (Rosenau & Czempiel 1992) funktionieren kann.
Ein anderes Forschungsgebiet, an dem sich der Zusammenhang zwischen Globalisierung und Vergleichen aufzeigen lässt, ist die neo-institutionalistische Weltgesellschaftsforschung (exemplarisch Meyer u. a. 1997). Die neo-institutionalistische Annahme, dass sich eine global institutionalisierte Erwartungsstruktur herausgebildet hat, eine „world polity“ bzw. „world culture“, lässt sich mühelos als Aussage über die Bedeutung globaler Vergleichskriterien interpretieren. Die vier Pfeiler der world polity – Rationalität, Gerechtigkeit, Fortschritt und Individualismus – sind abstrakte Vergleichskonzepte, die in Deklarationen, Verträgen, Standards und globalen Indikatoren spezifiziert und teilweise auch quantifiziert sind. Um als legitimer Akteur zu gelten, haben Staaten, Organisationen und selbst Individuen ihr Verhalten an diesen global institutionalisierten Vergleichsstandards auszurichten und ihre Fortschritte laufend zu dokumentieren: Staaten werden dazu angehalten, die Gleichstellung von Frauen zu fördern (Berkovitch 1999) und Maßnahmen zum Schutz der Umwelt zu ergreifen (Schofer & Hironaka 2005), von Organisationen wird erwartet, dass sie ein professionelles Management aufbauen und über ihre Leistungen Rechenschaft ablegen (Meyer & Bromley 2013), und Individuen haben ihre Entscheidungen rational zu treffen und nach Selbstverbesserung zu streben (Frank & Meyer 2002). Indem Akteure sich diesen global institutionalisierten Vergleichsmaßstäben zumindest auf der Vorderbühne unterziehen, tragen sie, teilweise auch gegen ihren Willen, zu deren Verfestigung bei (am Fall der Menschenrechte Hafner-Burton & Tsutsui 2005). Nur weil dem Bekenntnis zu den globalen Erwartungen nicht Taten folgen müssen, werden diese konsentiert und auf diese Weise mit dem Stempel des Gültigen versehen. Müssten Menschenrechtserwartungen umgesetzt werden, würden sich viele Staaten nicht mehr zum Menschenrechtsschutz bekennen und den globalen Erwartungen damit die Legitimation entziehen.
Vergleiche sind also in doppelter Hinsicht ein konstitutives Moment von Globalisierungsprozessen: 1. Zum einen lassen sich Vergleiche als ein Globalisierungsmechanismus eigenen Rechts begreifen. Der Grund dafür liegt in ihrer Fähigkeit „cultural linkages“ herzustellen. Indem sie ursprünglich unverbundene Sachverhalte entlang einer dritten Größe auf ihre Gemeinsamkeiten und Unterschiede hin beobachten, bringen sie diese in einen abgrenzbaren und potentiell weltweiten Sinnzusammenhang. In seiner Studie zur Entstehung des modernen Sports zeigt Werron (2010) überzeugend, dass die Ausdifferenzierung und Globalisierung des modernen Sportsystems von der Etablierung einheitlicher Wettkampfregeln und der vergleichenden Beobachtung der lokalen Wettkämpfe in Form einer kontinuierlichen Sportberichterstattung abhängig war. Die Vereinheitlichung der Wettkampfregeln sorgte dafür, dass sich die lokalen Spiele überhaupt vergleichen ließen, und mit der durch die Telegraphie angestoßenen Etablierung der Sportpresse entstand eine Beobachtungsinstanz, die die Wettkämpfe aus ihren lokalen Zusammenhängen löste und sie in einem überlokalen Leistungsvergleich zueinander in Beziehung setzte. Beide Entwicklungen setzten eine Eigendynamik in Gang, die immer mehr Wettkämpfe einbezog und diese in Form von Ligatabellen, Berichten und Weltrekordlisten in einen übergreifenden Zusammenhang integrierte.
2. Eine weitere Stufe ist erreicht, wenn die Vergleichskriterien auf globaler Ebene institutionalisiert sind und von diesem Zeitpunkt an zu einer offiziellen Richtschnur angemessenen Verhaltens werden.[16] Das habe ich am Beispiel der world polity-Forschung dargestellt. Das Grundgerüst der world culture bilden international approbierte Vergleichskriterien, deren Selektivität aufgrund ihres hohen Institutionalisierungsgrades kaum mehr zu erkennen ist. Auch wenn das Konzept des Vergleichs kaum verwendet wird, lässt sich der Neo-Institutionalismus doch als eine Art Vergleichstheorie avant la lettre interpretieren. So gesehen vollzieht die „Weltkultur“ in großem Ausmaß, was Joachim Matthes (1992) in einem lesenswerten Aufsatz der Modernisierungstheorie als „Nostrifizierung“ vorgeworfen hat. „Der dort zum „Vergleichen“ anstehende Sachverhalt wird über das projektiv angelegte tertium ermittelt nach dem Begriff, den der hier zum „Vergleichen“ anstehende Sachverhalt von sich selber hat –, umgesetzt in ein Abstraktum mit raum-zeitlich nicht beschränkter Geltung. Was als „Vergleichen“ ausgewiesen wird, vollzieht sich bereits als Identifikation des „Gleichen“ nach eigenem Maß, bevor das „Vergleichen“ als ausgewiesene Operation einsetzt.“ (Matthes 1992: 83; Hervorh. durch den Autor)
Die in globalen Indikatoren, Aktionsprogrammen und Benchmarks vorausgesetzten Vergleichsmodelle bringen die „Ungleichheit des Verglichenen“ (Luhmann 2002: 65), die Diversität und den Eigensinn anderer Lebensformen, zum Verschwinden. Verglichen wird nur, was sich in die bestehenden Kategorien einfügt, und unterstellt wird dabei, dass sich überall dieselben Phänomene auffinden lassen, wenn auch vielleicht erst im Schattenriss eines „noch nicht“. Insofern wird nicht im strengen Sinne verglichen, sondern, wie es Matthes formuliert, „eine „andere“ Wirklichkeit konzeptuell an die vertraute „angeglichen“. Was nach einer solchen konzeptuellen Angleichung für das „Vergleichen“ bleibt, ist Bestätigung der vollzogenen konzeptuellen „Angleichung“, mit der zugleich, was sich nicht fügt, in den Status einer Randdifferenz versetzt wird.“ (Matthes 1992: 84) Im Falle global institutionalisierter Vergleichskriterien liegt die Pointe nun darin, dass daraus ein sich selbst verstärkender Zirkel resultiert. Indem sich die Verglichenen den Vergleichsprämissen unterziehen, sei es auch nur durch symbolische Akte, bestätigen sie mit jedem Konformitätsbeweis – der Ratifikation einer Menschenrechtskonvention, der Einrichtung einer Gleichstellungskommission oder der Lieferung noch so rudimentärer Einkommensdaten an die Kalkulationszentren der Vereinten Nationen – die Gültigkeit des Vergleichsmodells. Am Ende sind es die Verglichenen selbst, die die angebliche Universalität des Vergleichs zu einer Art „Realfiktion“ machen.
6 Ausblick
Auf den Segen der Nachwelt, den Friedrich Nietzsche 1878 jenen versprach, die sich der „Aufgabe der Vergleichung“ stellen, wird die Soziologie kaum zählen können. Obschon wir ständig mit Vergleichen konfrontiert sind, in Form von Ranglisten, Statistiken, Prognosen und Evaluationen, und diese erhebliche Auswirkungen haben, hat die Soziologie zu diesem Thema wenig zu sagen. Die Bedeutung von Vergleichen wird zwar implizit unterstellt, aber als Begriff verschwinden sie, wie ich am Beispiel unterschiedlicher Forschungsfelder gezeigt habe, hinter anderen Konzepten und Fragestellungen. Mein Beitrag ist ein Versuch, dem sozialen Phänomen des Vergleichs eine soziologische Sprache zu geben. Denn Vergleiche sind ein basales soziales Geschehen, das als Phänomen eigenen Rechts zu untersuchen ist. Kaum eine Nachricht, ein Bericht oder eine politische Erklärung, die ohne Vergleiche auskommt. Die gegenwärtige Flüchtlingswelle wird mit früheren Flüchtlingswellen verglichen, die Jahresbilanz eines Unternehmens mit jener seiner Konkurrenten, der Ablauf der Wahlen in der Zentralafrikanischen Republik mit Wahlen anderswo. Vergleiche sind deshalb attraktiv, weil sie Unterschiede sichtbar machen. Nur weil unterstellt wird, dass Wahlen grundsätzlich vergleichbar sind und sie sich folglich hinsichtlich ihrer Durchführung in Beziehung setzen lassen, wird dem Wahlablauf in der Zentralafrikanischen Republik ein Informationswert zugeschrieben. Wäre die Nachricht nicht mit einem Vergleich verbunden, wäre sie nur eine Information über ein isoliertes Ereignis, das den (westlichen) Agenturen wohl kaum eine Nachricht wert wäre.
Ich habe in diesem Beitrag einen Vergleichsbegriff vorgeschlagen, der Vergleiche über drei Komponenten bestimmt (vgl. Abschnitt 1). Vergleiche setzen erstens voraus, dass die zu vergleichenden Sachverhalte als gleichartig kategorisiert werden, und es Verfahren gibt, anhand derer sich die Zugehörigkeit zu einer Kategorie feststellen lässt. Sie zielen zweitens auf die Beobachtung von Unterschieden und Ähnlichkeiten und bedienen sich dazu eines tertium comparationis, das die Vergleichseinheiten in einen komparativen Zusammenhang bringt. Indem sie die verglichenen Sachverhalte entlang von Vergleichskriterien ordnen, stellen sie drittens zwischen diesen einen Sinnzusammenhang her, der das Verglichene von anderem separiert. Universitäten werden von anderen tertiären Bildungseinrichtungen abgrenzt und nach Maßgabe ihrer Forschungsleistung zueinander in Beziehung setzt; gewisse rituelle Praktiken werden als religiös codiert und hinsichtlich ihrer dogmatischen Basis miteinander verglichen; bestimmte Formen des Wettkampfes (Fußballspiele, aber nicht Kochwettbewerbe) werden als sportliche Ereignisse qualifiziert und in Bezug auf ihren Verlauf und ihren Ausgang miteinander in Verbindung gebracht. Diese Abgrenzungen mögen zunächst nur symbolische Unterscheidungen sein, „proto-boundaries“ im Sinne von Andrew Abbott (1995), sie können aber auch die Grundlage für die Entstehung einer übergeordneten Einheit bilden, die in der Folge als eigenständiger Systemzusammenhang beobachtbar wird: das Hochschulsystem, die Religion, der Sport.
Die von mir vorgeschlagene Definition hat den Vorteil, theoretisch nicht präjudiziert zu sein. Sie ist an unterschiedliche Theorietraditionen anschließbar, und sie ist genügend abstrakt, um auf unterschiedlichste Forschungsgebiete anwendbar zu sein und damit Verbindungen zu sehen, die sonst vielleicht nicht beachtet würden. Dass das Konzept des Vergleichs ein Brückenkonzept ist, über das sich Theorieschulen und Forschungsrichtungen zueinander in Beziehung setzen lassen, habe ich an bewusst heterogen gewählten Themenfeldern plausibilisiert. Am Beispiel der Klassifikationssoziologie – der Personenklassifikation und der Kategorisierung von Produkten – habe ich dargelegt, dass jede Kategorisierung Vergleiche voraussetzt und umgekehrt jeder Vergleich eine vorgängige Kategorisierung erfordert: Das eine ist ohne das andere nicht zu haben (Abschnitt 3). Ähnlich beruht auch jede Bewertung auf einem Vergleich – ein Sachverhalt, der in der Soziologie der Bewertung nur am Rande zur Kenntnis genommen oder unter dem (engen) Begriff der „commensuration“ verhandelt wird (Abschnitt 4). Die dritte Komponente von Vergleichen – ihre Relationierungsfähigkeit – habe ich am Beispiel der Globalisierungsforschung illustriert (Abschnitt 5). Ausgangspunkt war die These, dass Vergleiche Verknüpfungen herstellen, die in ihrer Wirkung nicht weniger folgenreich sind als die in der Globalisierungsforschung im Vordergrund stehenden strukturellen Vernetzungen.
Mit ihrer Dreifachstruktur sind Vergleiche ein ausgesprochen komplexes Ordnungsinstrument. Dies habe ich in Abschnitt 1 ausgeführt, in dem ich Vergleiche von anderen Ordnungstechniken – Listen, Klassifikationssystemen, Dualen und Analogien – abgegrenzt habe. Auch wenn nur punktuelle Hinweise vorliegen, weist doch einiges darauf hin, dass Vergleiche eine spezifisch moderne Erscheinung sind (vgl. Abschnitt 2). Luhmann hat das im 18. Jahrhundert aufkommende Interesse am Vergleichen auf den Übergang von stratifikatorischer zu funktionaler Differenzierung und auf die mit den Entdeckungsreisen verbundene Ausdehnung des Beobachtungshorizontes zurückgeführt. Beide Entwicklungen führten dazu, dass die ehemals festgefügten Ordnungsstrukturen brüchig und unter den Generalverdacht der Kontingenz gestellt wurden. „Die Ordnung der Dinge“ (Foucault) lässt sich nicht mehr in ihnen selbst verorten, sondern muss laufend hergestellt, stabilisiert und naturalisiert werden. Vergleiche haben hier eine wichtige Funktion. Ich habe in diesem Zusammenhang die Vermutung formuliert, dass sich die Karriere des Vergleichs nicht nur gesellschaftsstrukturellen Umbrüchen verdankt, sondern auch der Tatsache, dass ihre Operationsweise den Herausforderungen einer zunehmend komplexen und interdependenten Wirklichkeit angepasster ist als Listen, Analogien und Klassifikationssysteme. Während Analogien Ähnlichkeiten hervorheben und Klassifikationssysteme das Trennende, haben Vergleiche beides im Blick: das Verbindende und das Differente. „Die Leistung des Vergleichs besteht darin, dass er sowohl die Besonderheit bzw. die Eigenart der jeweiligen Komparata, d. h. das, was sie trennt, als auch ihre Allgemeinheit, d. h. das, was sie verbindet, herausarbeitet.“ (Zelle, zit. in Willer 2011: 16) Als Ordnungsinstrumente, die Unterscheidung mit Relationierung verbinden und dieselbe Sache aus flexiblen Gesichtspunkten betrachten, eignen sich Vergleiche besonders gut dazu, die mit der Moderne anbrechende Erfahrung von Ordnungsverlust zumindest punktuell zu kompensieren. Sie sind, wie es Franz Arlinghaus (2015) treffend formuliert, „niederschwellige Ordnungsgeneratoren“. Ihr Ergebnis ist allerdings notwendig prekär. Denn da die Vergleichskriterien wählbar sind und ihrerseits einem Vergleich unterzogen werden können, erzeugen Vergleiche immer nur eine temporäre Orientierungssicherheit (vgl. S. 310).
Nietzsche hatte sein „Zeitalter der Vergleichung“ mit der Vervielfachung der Lebensformen und Optionsmöglichkeiten in Verbindung gebracht und ähnlich wie Luhmann die grundsätzliche Relativität der Vergleichsgesichtspunkte betont: Die Welt erschien ihm „als Relations-Welt“ (…) Ihr Sein ist essentiell an jedem Punkte anders: sie drückt auf jeden Punkt, es widersteht ihr jeder Punkt – und diese Summirungen sind in jedem Falle gänzlich incongruent“ (Nietzsche 1888/1980: 271). Im Zuge der Globalisierung und des Aufstiegs des autonomen Individuums zum „primordialen Akteur“ der Weltgesellschaft (Meyer 2010: 8) haben sich die Optionsmöglichkeiten, aber auch die Entscheidungszwänge noch einmal enorm gesteigert. Heute ist es nicht mehr eine Frage der Zugänglichkeit, ob man seine Lebensmittel aus der Region bezieht, sondern eine Entscheidung, die aus einem potentiell weltweiten Angebot auswählt (Stichweh 2008: 346 f.), und mit dem Leitbild des „unternehmerischen Selbst“ (Bröckling 2013) ist es nicht mehr eine externe Instanz, die vorgibt, was zu tun ist, sondern die Akteuren haben selbst zu entscheiden, wie sie die Ziele erreichen wollen. Mit der Freiheit des Entscheidung wächst aber auch die Bürde des Entscheidens: Wie man soll man angesichts der vielen Optionen zu einer „richtigen“ Entscheidung gelangen? Das Aufkommen von Ranglisten in den letzten drei Jahrzehnten ist möglicherweise vor diesem Hintergrund zu sehen (vgl. ausführlicher Heintz 2017b). Ranglisten sind zwar auch Vergleiche, aber sie unterscheiden sich von gewöhnlichen Vergleichen dadurch, dass sie das Verglichene zusätzlich bewerten und in eine Rangfolge bringen. Damit wird Komplexität noch einmal drastisch reduziert. Man braucht nur die Kochmützen zu zählen oder die Rangziffern vergleichen und weiß sofort, was man von der Sache zu halten hat. Ranglisten treiben das „Zeitalter der Vergleichung“ auf die Spitze und transformieren es in einen Superlativ: gut – besser – am besten. Es geht nicht mehr nur darum, Unterschiede feststellen, sondern um die Identifizierung der Besten, an denen gemessen wir Sterblichen nur schlechter sein können. Denn wie schon Christian Schubart treffend konstatierte: „Der Zwerg siehts deutlicher, dass er ein Zwerg ist, wenn er sich am Maaße der Potsdammer Garde hinaufstreckt.“[17]
Über den Autor / die Autorin

Bettina Heintz, geb. 1949 in Zürich. Studium der Soziologie und Sozialgeschichte in Zürich. 1981–1988 Redakteurin am Schweizer Radio DRS. Promotion 1991 in Zürich; Habilitation 1996 an der FU Berlin. 1997–2013 Professorin für Allgemeine Soziologie und Soziologische Theorie an den Universitäten Mainz und Bielefeld; seit 2013 Professorin für soziologische Theorie an der Universität Luzern.
Forschungsschwerpunkte: Soziologische Theorie, Weltgesellschaftstheorie, Soziologie des Vergleichs und der Quantifizierung.
Wichtigste Publikationen: Die Innenwelt der Mathematik. Zur Kultur und Praxis einer beweisenden Disziplin, Wien 2000; Weltgesellschaft. Theoretische Zugänge und empirische Problemlagen. Sonderband der Zeitschrift für Soziologie, Stuttgart 2005 (Hg. mit R. Münch und H. Tyrell); Menschenrechte in der Weltgesellschaft (Hg. mit B. Leisering). Frankfurt am Main 2015; Interaktion – Organisation – Gesellschaft revisited. Sonderband der Zeitschrift für Soziologie, Stuttgart 2015 (Hg. mit H. Tyrell); „Numerische Differenz“. Überlegungen zu einer Soziologie des (quantitativen) Vergleichs, Zeitschrift für Soziologie 39, 2010, S. 162–181.
Danksagung:
Hannah Bennani, Martin Bühler und Andrea Glauser haben mir wie schon so oft wertvolle Hinweise gegeben. Theresa Wobbe danke ich für ihre Überarbeitungshinweise und Willibald Steinmetz für viele Vergleichsgespräche.
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