Zusammenfassung
Geld wird zumeist als besonderer Tauschwert untersucht. Die politische Soziologie des Geldes konzentriert sich folgerichtig auf Wertkonflikte. Bisher hat auch die Theoriedebatte zwischen traditionellen Waren- und heterodoxen Kredittheorien des Geldes daran kaum etwas geändert. Die soziologische Relevanz der Kredittheorien bleibt umstritten, auch weil das empirische Erkenntnispotential konzeptueller Umstellungen unzureichend untersucht ist. Am Beispiel des TARGET2-Systems der Eurozone bietet dieser Beitrag erstens eine soziologische Übersetzung der Kredittheorien als beziehungstheoretische Forschungsperspektive an. Diese untersucht Geld als Geflecht durch Gläubiger-Schuldner-Beziehungen verbundener Bilanzen. Zweitens wird geprüft, inwiefern diese Übersetzung Erkenntnisgewinne im Hinblick auf die politische Dimensionalität des europäischen Geldes generiert. TARGET2 wird als Versuch der unvollständigen Kopplung nationaler Geldgeflechte analysiert und die politische Auseinandersetzung um die Deutung der Salden damit als Beziehungskonflikt rekonstruiert.
Abstract
Money is usually examined as an exchange value. Consequently, work in the political sociology of money focuses on value conflicts. The debate between traditional commodity theories and heterodox credit theories of money has hardly had an impact on this fundamental orientation. The sociological relevance of credit theories of money remains controversial, perhaps due to their questionable (sociological) potential. This lacuna is addressed here: first, the article reframes credit theories in sociological terms. The relationist approach examines money as a grid of balance sheets linked by creditor-debtor relationships. Secondly, the political dimensionality of European money is explored from this point of view by considering the TARGET2 system in the eurozone. TARGET2 is an attempt to “couple” national money grids with unclaimable and non-disposable claims. The ongoing TARGET2 dispute shows that the relational character of the accounts invites political renegotiation, and that the dispute is a relationship conflict, not a value-centered one.
1 Einleitung
Im Sommer 2018 erreichte der im Trans-European Automated Real-time Gross Settlement Express Transfer System (TARGET2) verbuchte Saldo der Deutschen Bundesbank ein Rekordhoch von 976 Milliarden Euro (Abb. 1). Solche TARGET2-Salden entstehen durch asymmetrische Kapitalströme zwischen Volkswirtschaften der Eurozone. Es handelt sich um ein System zur Abwicklung von grenzüberschreitenden Überweisungen, in dem bei Zahlungsungleichgewichten – also wenn mehr Geld in ein Land überwiesen wird, als hinaus – bei den nationalen Notenbanken Soll- und Habenstände auflaufen, die bei der Europäischen Zentralbank (EZB) registriert werden. Der dem Höchststand im Juni vorausgegangene beschleunigte Anstieg des deutschen Guthabens und damit auch dessen Kehrseite, der (vor allem) südeuropäischen Defizite, vitalisierte eine kritische Debatte, die bereits im Jahr 2011 von dem Ökonomen Hans-Werner Sinn angestoßen worden war (Sinn 2011). Sinn kritisiert das TARGET2-System als demokratisch nicht legitimiertes Instrument zur Finanzierung eines wirtschaftlich nicht nachhaltigen Lebensstils in Defizitländern auf Kosten der deutschen Bevölkerung (bes. Sinn 2012; 2018a; 2018b). In diesem Tenor warnte auch im Sommer 2018 Manfred Schäfers in der Frankfurter Allgemeine Zeitung: „Deutschland sitzt auf einer Bombe“ (Schäfers 2018).

TARGET2-Saldo der Deutschen Bundesbank in Mio. Euro
Quelle: Deutsche Bundesbank
Kritikerinnen und Kritiker wiesen Sinns und Schäfers „Target-Hysterie“ (Hellwig 2018) zurück; in der Regel nicht nur, weil sie den Effekt des Prozesses anders einschätzten, sondern weil sie der Beschreibung des TARGET2-Systems als Finanzierungsmechanismus widersprachen. Während der Gegenstand des Anstoßes für Sinn et. al. „Target-Kredite“ (Sinn 2012; 2018a) sind, „öffentlich[e] Überziehungskredit[e]“ (Sinn 2018a) der Bundesrepublik Deutschland also, sprechen die Kontrahenten von bloßen „Gegenbuchungen“ (Hellwig 2018), von „Verrechnungssalden ohne weitere Implikationen“ (Krahnen 2018: 1; Deutsche Bundesbank 2011a; 2011b), von rein „statistische[n] Zahlen“ (Ehnts 2016: 120), die ökonomisch betrachtet eher „Fiktion“ (ebd.: 119) als relevante Wirklichkeit sind. Andere meinen, im TARGET2-System werde zwar „kein neuer Kredit geschöpft“, aber doch „bereits vorhandenes Zentralbankgeld transferiert“ (Quaas 2012), was aus dem System wieder mehr und anderes als rein statistische Rechnungslegung machen würde. Vielleicht handelt es sich bei den Salden aber auch um einen „insurance mechanism“ (Schelke 2017: 285) oder um so etwas wie „Meta-Zentralbank-Geld“ (Nanninga 2017b: 4) – ohne dass freilich auf den ersten Blick zu erkennen wäre, ob damit in letzter Konsequenz unterschiedliche Dinge benannt wären.
Nach einer „Kleinen Anfrage“ im Juli 2018 (Drucksache 19/3244) erreichte die Debatte den deutschen Bundestag. Im Sinne Sinns forderte der Generalsekretär des Wirtschaftsrates der Christlich Demokratischen Union (CDU) im August 2018, die „Target-Zeitbombe“ zu „entschärfen“ (Steiger 2018). Die Alternative für Deutschland (AfD) beantragte Ende September 2018 daraufhin die Besicherung der TARGET-Salden durch die Defizitländer (Drucksache 19/4544). Die folgende Debatte am 28. September 2018 verlief kontrovers. Auch in diesem Disput stehen Differenzen in der Gegenstandsbeschreibung im Vordergrund. Im Plenum wird einerseits argumentiert, der positive TARGET2-Saldo der Bundesbank hätte „den Charakter von Krediten“, die zinsfrei an andere Länder vergeben würden. Die so argumentierende Rede wird von dem Zwischenruf unterbrochen, die Salden seien gar „keine Kredite“. Auch ein zweiter Redner wird nach der Behauptung, bei TARGET2 handle es sich um eine „steuerbesicherte Kreditvergabe […] ohne Tilgungsverpflichtung“ durch den Zwischenruf „Das ist keine Kreditvergabe!“ unterbrochen. Im Verlauf der Sitzung werden die Salden von anderen Rednerinnen und Rednern ganz wie in der außerparlamentarischen Debatte mal als „Mechanismus“, mal als „Einlagen bei der EZB“ oder „EZB-Geld“, aber wiederum auch als rein „statistisches Phänomen“ bezeichnet. „Es geht um eine rein technische Frage, die in anderen Ländern der Welt keinen Menschen interessiert“, formuliert es etwa einer der Abgeordneten (alle Zitate aus: Deutscher Bundestag 2018: 5710–5725). Einig scheint man sich in diesen Gegenreden vor allem in der Ablehnung der Kreditdeutung, die in Anlehnung an Sinn von CDU und AfD vorgebracht werden. In der hauseigenen Zeitung Das Parlament ist die Debatte unter der fast schon shakespearischen Überschrift „Kredit oder kein Kredit“ (Averdunk 2018) dokumentiert.
Dieser Antagonismus – Kredit oder kein Kredit – könnte nun interessanterweise ebenso gut als Überschrift einer lebhaften Debatte über die Theorie des Geldes fungieren, die besonders seit der Finanzkrise von 2008 Ökonomik, politische Ökonomie und Soziologie erfasst hat (Ganssmann 2012, 2015b; Kraemer 2018a). In dieser ursprünglich vor allem in der heterodoxen Ökonomik geführten Auseinandersetzung stehen sich zwei diametrale Angebote für die Theoretisierung von Geld gegenüber (Goodhart 1998). Traditionell wurde Geld als ein besonders attraktiver Tauschwert untersucht, als ein von seinen Eigentümerinnen und Eigentümern einsetzbares Bewertungs- und Tauschvermögen. Dieser Warentheorie steht die Kredittheorie gegenüber (Ingham 2004). Sie versteht Geld als ein Geflecht aus Bankschulden, also einen Verweisungszusammenhang von Gläubiger-Schuldner-Beziehungen. Angesichts dieser wirtschaftstheoretischen Uneinigkeit ob der Frage, ob Geld selbst Kredit sei oder nicht, ist es kaum verwunderlich, dass sich auch eine Debatte um ein monetäres Phänomen wie TARGET2 in dieser Logik verfängt. Es ist offenbar tatsächlich, wie der Ökonom Joachim Nanninga fast schon nebenbei anmerkt, die „geldtheoretische Qualität“ der TARGET2-Salden, die sich den Beobachterinnen und Beobachtern „nicht unmittelbar“ erschließt (Nanninga 2017a: 4).
Dieser Befund ist der Startpunkt der folgenden Überlegungen. Ziel ist dabei eine konstruktive Fortsetzung der Debatten um einen kredittheoretischen Geldbegriff, insbesondere im Anschluss an die Auseinandersetzung um den entsprechenden Vorschlag in Sahr (2017; vgl. Sahr 2018a, 2018b) in der Tradition der Soziologen Ingham (2004) und Postberg (2013). Reaktionen auf diesen Vorschlag kamen in Form von Besprechungen von Deutschmann (2017, 2018), Beyer (2018), Kuhn (2018), Kraemer (2018b), Langenohl (2018), Pahl (2017, 2018), Flachmeyer (2018) und in Kraemer (2018a). In diesen Reaktionen wurde – neben vielen anderen angesprochenen Aspekten – nach den Erkenntnispotenzialen einer soziologischen Adaption der ökonomischen Kredittheorie des Geldes gefragt. Einschlägige und im Detail sehr unterschiedliche Kritiken an einer an der ökonomischen Kredittheorie orientierten Geldsoziologie wurden ferner u. a. von Ganssmann (2012; 2015a; 2015b), Dodd (2014), Kraemer & Nessel (2015) oder Lapavitsas (2017) vorgebracht. Andere sozialwissenschaftliche Beiträge entwickeln die kredittheoretischen Ansätze kritisch-affirmativ weiter (z. B. Postberg 2013; Desan 2014; Kuhn 2015, 2018; Sgambati 2015; Streeck 2015; Braun 2016; Koddenbrock 2017, 2019; Paul 2017; Konings 2018). Der Anschluss an diese Debatte wird im Folgenden nicht durch Repliken auf einzelne Kritikpunkte hergestellt, sondern durch den Versuch, die Kredittheorie des Geldes in eine soziologische Forschungsperspektive zu übersetzen. Weil diese Perspektive von der Konstitution (modernen) Geldes durch Gläubiger-Schuldner-Beziehungen ausgeht, wird im Folgenden die Bezeichnung „beziehungstheoretische Perspektive“ (Sahr 2018a) oder „Beziehungssoziologie des Geldes“ verwendet.
Der Text demonstriert Aspekte des beziehungstheoretischen Ansatzes anhand der Funktionsweise und politischen Thematisierung von TARGET2. Als Fallstudie bewegt er sich damit auf methodologisch unsicherem Terrain, auch wenn sich diese Methode zur Theorieentwicklung durchaus anbietet (Rueschemeyer 2003; Steinmetz 2004; Flyvbjerg 2006).[1] Schließlich muss die Fallrekonstruktion aus Platzgründen auf für das Argument und die Darstellung der beziehungssoziologischen Perspektive relevante Aspekte beschränkt werden; die Falldarstellung erfolgt also nicht als symmetrische Kontrastierung beider Theorien (zur Fallstudie als exemplarisches Beispiel einer Theorieanwendung: Flyvbjerg 2006). Sie kann und will dementsprechend keinesfalls beanspruchen, warentauschlogische Geldtheorien zu falsifizieren.[2]
Die Thematik hat dabei den Reiz eines zuvor in diesem soziologischen Kontext noch unbeachteten empirischen Falls. Dieser erlaubt es, den beziehungstheoretischen Blick als fruchtbare Ergänzung bisheriger Analysen des Geldes als „politisch-ökonomische Institution“ (Streeck 2015: 365) zu präsentieren. Damit soll die soziologische Relevanz einer auf die ökonomische Kredittheorie aufbauenden geldsoziologischen Perspektive verdeutlicht werden. Die These lautet: Die TARGET2-Debatte verweist auf eine politische Dimension des Euros als Geld, d. h. als politisch-ökonomische Institution und diese Dimension lässt sich aus beziehungstheoretischer Perspektive weiter ausleuchten, als es klassischen warentheoretisch geprägten Studien schon aufgrund ihrer Erkenntnisinteressen gelingt. TARGET2 wird dabei als der Versuch einer partiellen Kopplung national verfasster Bankschulden analysiert, dessen Geldcharakter – moneyness – unterbestimmt bleibt. Damit wurden bei der Konstruktion des Euro politische Aushandlungsprozesse vertagt, die jederzeit nachgeholt werden können. Sinns Kritik und die Anträge im Bundestag sind solche Vorstöße.
Zur Entfaltung dieser These werden im nächsten Abschnitt die beiden fundamentaltheoretischen Zugänge zu Geld unterschieden (2.). Auf dieser Grundlage kann dann das Erkenntnisinteresse einer beziehungstheoretischen Soziologie des Geldes ausbuchstabiert werden (3.). Ein Kerninteresse des vorliegenden Texts ist damit eine stärker auf empirische Anwendung hin explizierte Fortentwicklung der geldtheoretischen Debatte. Im Anschluss werden mithilfe des im dritten Abschnitt umrissenen geldtheoretisch sensiblen Analyseschemas die Funktionsweise und die Entwicklung des TARGET2-Systems im Lichte seiner Kritik beleuchtet (4.). Aus der Perspektive einer beziehungstheoretischen Soziologie des Geldes lässt sich die Debatte um die Bedeutung der TARGET2-Salden als Indikator einer politischen Dimension des europäischen Gemeinschaftsgeldes interpretieren, die in der bisherigen Forschung kaum Aufmerksamkeit erfahren hat. Der Euro ist aus diesem Blickwinkel ein Versuch, nationalstaatlich strukturierte Beziehungsgeflechte – money grids (Mehrling 2017) – zu koppeln, damit transnationaler Handel innerhalb der Eurozone so funktioniert, als gäbe es keine Unterschiede zwischen den Bankschulden der Mitgliedsländer. Der gewählte Kopplungsmechanismus allerdings ist eine unterbestimmte, d. h. nicht (oder nicht eindeutig) in die Tilgungshierarchien der Gläubiger-Schuldner-Beziehungen integrierte Beziehungsform, die als TARGET2-Salden bilanziert wird. Der Charakter dieser Beziehung wird in der Deutungsdebatte verhandelt.
2 Modernes Geld
Es gibt zwei im Grundsatz verschiedene Weisen, modernes Geld soziologisch zu thematisieren. Der traditionelle Ausgangspunkt ist der Tauschwert des Geldes. Exemplarisch steht der Einstieg, den der Wirtschaftssoziologe Bruce Carruthers für einen seiner Aufsätze wählt: „Who is not puzzled by money? […] Intrinsically valueless, and yet money possesses value“ (Carruthers 2017: 73). Traditionell sind sozialwissenschaftliche Beobachterinnen und Beobachter fasziniert davon, dass sich in modernen Gesellschaften die Praxis etabliert, Nutzwerte gegen reine Tauschwerte einzutauschen – Dinge also, mit denen man nichts anderes anfangen kann, als sie wiederum einzutauschen. Wie in der neoklassischen Wirtschaftstheorie Carl Mengers, auf den der Fokus auf diese Rätselhaftigkeit des Geldwerts gemeinhin zurückgeführt wird, wird Geld auch in der Soziologie häufig als reine Austauschbarkeit, als Liquidität oder „unspezifizierte Kaufkraft“ (Paul 2017: 225) konzeptualisiert (ausführlich dazu Sahr 2017a). Weil Geld hier mit seinem Wert gleichgesetzt und damit sozusagen mit seiner Eintauschbarkeit identifiziert wird, wird die dieser Perspektive zugrundeliegende Theorie auch Warentheorie des Geldes genannt (Ingham 2004); in dem Sinne, als dass Geld und Waren durch dieselben Eigenschaften bestimmt sind, nämlich eigentumsfähig und tauschbar zu sein. „Money […] is a privately appropriable (concrete or abstract) object that we call liquidity“, schreibt in dieser Logik etwa auch Aglietta (2018: 7). Als wertvoller, weil leicht eintauschbarer Eigentumstitel gedacht, wird Geld damit, das ist vor allem für den Kontrast mit der alternativen Theorie wichtig anzumerken, als eine Art Sachvermögen thematisch; als etwas, für das in der Theorie vornehmlich die Unterscheidung haben oder nicht haben (von Tauschwerten) relevant ist. Diese Perspektive kann man als eine werttheoretische Perspektive bezeichnen (Sahr 2018a).[3]
Als Vermögen mit Kaufkraft kann Geld Wertrelationen zu allen anderen Waren haben und somit Preise ermöglichen, die in Geldwerten denominiert sind. Auch Simmels (1989) Diktum vom Geld als „absolutem Mittel“ imaginiert Geld als begehrtes und deswegen tauschbares Etwas, als reines Tauschvermögen sozusagen. Gleichsam nimmt eine werttheoretische Perspektive ein, wer Geld als „Beteiligungsmöglichkeit am Sozialprodukt“ (Heinemann 1987: 329), „Symbol für einen entsprechenden Leistungsanspruch“ (Kellermann 2013: 417) oder „ein intersubjektiv übertragbares individuelles Eigentumsrecht auf unbestimmte Güter zu einer unbestimmten Zeit“ (Deutschmann 2007: 162) definiert und analysiert. Modernes Geld wird dementsprechend zumeist als „reines Zeichengeld“ (Simmel 1989: 193; vgl. Kraemer 2018a) verstanden und damit als das (vorläufige) Endprodukt einer Entwicklung einerseits vom „special purpose“ zu „general purpose money“ und andererseits der Endpunkt einer Entwicklung von stoffwertlichen zu stoffwertlosen oder immateriellen Formen von Kaufkraft (vgl. Gilbert 2005; Kellermann 2014).[4]
Die zweite Perspektive auf modernes Geld betrachtet das Wirtschaften nicht primär als Tausch, sondern als Praxis der Ver- und Entschuldung. Häufig hatte man sich nämlich schon geldlose ökonomische Interaktionen als direkten Austausch realer Güter zwischen mehr oder weniger autonomen Akteuren imaginiert, der dann durch das Tauschmittel als tauschbarster aller Waren erleichtert werden konnte (kritisch dazu: Ingham 2004; Graeber 2011; Desan 2014). Kredittheoretikerinnen hingegen gehen eher davon aus, dass Menschen in geldlosen Ökonomien in dichten sozialen Beziehungen miteinander verbunden waren. Entstehender individueller Bedarf würde in einer solchen Situation – folgt man der alternativen Denkfigur[5] – durch das Erweisen von Gefallen befriedigt, welche die soziale Verpflichtung ihrer Vergeltung erzeugen; schlicht, weil man einen Nachbarn mit Hunger oder undichtem Dach in der Regel wohl nicht so lange im Regen stehen lässt, bis dieser etwas zum unmittelbaren Tausch anzubieten hätte. Wer was und wieviel gegeben oder bekommen hat, müsste lediglich erinnert oder – in komplexer werdenden Gemeinschaften – aufgeschrieben werden. Mit diesem Aufschreiben beginnt die (kredittheoretische) Geschichte des Geldes.
Geld im engeren Sinnen entsteht dann, wenn die Tilgung von Schulden durch ein und dasselbe Token geschieht – und nicht mehr mit dem, was auch immer man eben anzubieten hat. In realiter waren damit in der Vorgeschichte unseres heutigen Geldes in der Regel politische Autoritäten involviert, die ihren Subjekten eine Tributschuld (z. B. Steuern) auferlegen konnten und die Tilgung dieser Schuld gleichzeitig zur Finanzierung ihrer Vorhaben einsetzten (Desan 2014; Paul 2017). Sie bezahlten also mit einem Vermögen im Sinne zukünftig beglichener Tribute, einer Vorauszahlungsgutschrift, also einem (in diesem und nur diesem Sinne) Kredit. Diesen Kredit, der in der Lage ist, die Schulden zu tilgen, können die Tributempfänger beispielsweise als Banknoten oder Münzen durch eigene Ausgaben in Umlauf bringen. Sie sind dann Kredit im Sinne eines positiven Tributsaldos, so als hätte die Empfängerin künftige Tributschulden bereits getilgt.
Historisch betrachtet haben diese Kredite wohl schnell zusätzlichen Wert erhalten, weil sie sich ebenso zur Tilgung anderer Schulden eigneten, also etwa beim Kauf von Gütern und Diensten eingesetzt werden konnten. Geld verändert also das Setting der Ökonomie als Praxis der Ver- und Entschuldung insofern, als dass sich nun private Schulden durch die Möglichkeit zur Tilgung anderer Schulden ersetzen lassen. Diesen zusätzlichen Wert kann man „cash premium“ nennen (Desan 2014). Einmal etabliert, gibt es somit eine von der Tributschuld gegenüber der politischen Autorität unabhängige Nachfrage nach Geld als einem Kreditvermögen, mit dem sich Schulden tilgen lassen. Dennoch bleibt Geld weiterhin Kredit, d. h. eine Beziehung zu jener Schuld, die er tilgen kann, und als deren „Vorschuss“ er entstanden ist.
Die für die kapitalistische Moderne typische Art und Weise, dieses Aufschreiben von Krediten und Schulden zu organisieren, involviert öffentliche und private Banken und Nationalstaaten (Wray 1998; Ingham 2004; Desan 2014; Hodgson 2015). Heute ist alles Guthaben als Soll-Position in einer Bankbilanz vermerkt. Das heißt, modernes Geld besteht aus Bankschulden, aus zwei verschiedenen Typen solcher Schulden, genauer gesagt; beide nennen wir Geld. Erstens das Geld der Zentral- oder Notenbanken, das vornehmlich zum bankensysteminternen Ausgleich von Kundenüberweisungen gebraucht wird und das in geringeren Mengen als Bargeld im Verkehr ist. Dieses Guthaben heißt im Folgenden Reserven. Zweitens das Geld auf den Konten und Sparbüchern der privaten Geschäftsbanken, mit dem die Bürgerinnen und Bürger den größten Teil ihrer täglichen Geschäfte abwickeln. Dieses Guthaben wird Giralgeld genannt. Beide Guthabenformen sind als Schulden des Bankensystems verbucht. Geld ist somit eine „zirkulationsfähige Forderung“ (Reifner 2017: 1) einer Bank, allgemeiner gesagt eine Gläubiger-Schuldner-Beziehung. Die Kredittheorie des Geldes ist deswegen soziologisch betrachtet eine Beziehungstheorie, die nicht den Wertcharakter von Guthaben, sondern dessen relationale Konstitution als Ausgangspunkt wählt.[6]
Diese kredittheoretische Grundierung darf nicht mit der Behauptung verwechselt werden, modernes Geld sei stets geborgt. Geld als Gläubiger-Schuldner-Beziehung zu begreifen bedeutet also nicht, es paradoxerweise als Kredit im Sinne eines Versprechens auf Geld zu verstehen. Der Inhalt dieses Versprechens, aus dem Geld besteht, ist vielmehr die Tilgung der Beziehung.[7] Mit Geld für Güter und Dienstleistungen zu zahlen bedeutet dementsprechend, die eigenen Schulden durch andere – in diesem Sinne, darauf wird noch zurückzukommen sein, „höherrangige“ – Schulden zu tilgen. Statt also dem Verkäufer des Sonntagbrötchens etwas zu schulden, tilgt die Käuferin die entstehende Schuld durch die Übertragung einer Bankschuld – entweder der Schuld einer privaten Bank, wenn sie mit der EC-Karte zahlt, oder der Schuld der Zentralbank, wenn sie in bar bezahlt. Modernes Geld bedeutet, Schuldbeziehungen durch andere Schuldbeziehungen aufzulösen (Kuhn 2018). Allgemein gesagt geht es einer beziehungstheoretischen Soziologie modernen Geldes um die Praxis, Vorleistungen und Verbindlichkeiten im Bankensystem zu registrieren und miteinander zu verrechnen.
3 Eine beziehungstheoretische Soziologie des Geldes
Eine beziehungstheoretische Geldsoziologie beginnt mit der Ausgangsbeobachtung, dass modernes Geld immer zugleich Vermögen und Verpflichtung ist. Welche Fragestellungen ergeben sich für eine Soziologie des Geldes, die auf dieser Prämisse aufbaut? Auch wenn die Rückkehr zur TARGET2-Problematik nicht alle Erkenntnisinteressen einer so aufgestellten Perspektive befriedigen wird, soll sie, das heißt: die geldsoziologische Perspektive, hier zumindest als Koordinatensystem skizziert werden.[8] Die Erkenntnisinteressen einer beziehungstheoretischen Soziologie des Geldes lassen sich dafür in vier Komponenten untergliedern:
Erstens beginnt eine beziehungstheoretische Untersuchung modernen Geldes mit dessen riskanter Relationalität. Geld wird nicht allein als ein Vermögen oder Mittel, das jemand hat oder nicht hat beobachtet, sondern als eine konkrete und formalisierte Beziehung zwischen einer Bank und ihrer Kundin. Um in modernen Geldwirtschaften zahlungsfähig zu sein, muss man Gläubigerin werden. Das Funktionieren eines solchen Systems impliziert nicht nur stabile Erwartungen der Geldverwender in den beständigen Wert des Guthabens (bspw. Kirshner 2003), sondern auch den Erhalt der Solvenz jener Bank, deren Gläubigerin man ist. Die das Guthaben konstituierende Beziehung – die Bankschuld – ist als solche riskant, nicht nur als Träger einer Kaufkraft, an die „geglaubt“ oder der „vertraut“ wird. Das heißt, diese geldsoziologische Perspektive würde etwa die Möglichkeitsbedingungen von Verschuldungen als sozusagen unwahrscheinlichen Selbstverpflichtungen reflektieren, die nicht nur jemanden brauchen, der bereit ist, zu versprechen, sondern auch jemanden der bereit ist, einer konkreten Beziehungsform zu vertrauen (Sahr 2017).
Geld gleichzeitig als Vermögen und Verbindlichkeit zu untersuchen, bedeutet zweitens, die bilanzielleIdentität von Geldvermögen und Schulden im Blick zu haben. Als Forderung ist Geld eine in Bilanzen registrierte Beziehungen (Bezemer 2016; Ehnts 2017; Reifner 2017), die in der Summe – also alle Geldvermögen und Verbindlichkeiten gegeneinander aufgerechnet – Null ergibt. Geldvermögensvermehrung bedeutet deswegen notwendig zunehmende Verschuldung, Schuldenabbau ist Vermögensabbau; das bedeutet auch: Geldgesellschaften sind verschuldungsbedürftig. Eine mit einem solchen „accounting view“ (Bezemer 2016) auf das Geld ausgestattete Soziologie beobachtet Geldvermögen damit als etwas, das nicht nur einen stabilen Wert benötigt, sondern auch von Banken als Schulden organisiert werden muss, um als Vermögen (für Zahlungen) funktionieren zu können. Die beziehungstheoretische Geldsoziologie schlägt also einen bilanziellen Blick auf monetäre Phänomene vor, der sich immer fragt, wie Bilanzen in Balance gebracht werden, damit Geld als Geldvermögen funktionieren kann, obwohl es auch Verpflichtung ist.
Aus dem „accounting view“ monetärer Ökonomien ergibt sich eine dritte Besonderheit der beziehungstheoretischen Geldsoziologie, die man Interdependenz nennen kann. Registrierte Forderungen stehen nicht als solitäre Beziehungen für sich, sondern sind notwendiger Teil eines Bündels oder Geflechts aus sich wechselseitig bedingenden und durch den Ausgleich in Bilanzen ins Verhältnis gesetzten Zahlungsversprechen. Zahlungsversprechen beruhen auf anderen Zahlungsversprechen, genauso wie die notwendigen Tilgungstransaktionen für eine Schuld letztendlich aus den Tilgungen einer anderen Schuld kommen – und selber wiederum Tilgungsversprechen sind. Die Identität von Schulden und Vermögen ist nur für den gesamten Verweisungszusammenhang von Forderungen gegeben. Zirkulationsfähige Forderungen existieren also nur als unselbstständiger Teil eines Geflechts interdependenter Beziehungen. Dieser Umstand ist aus soziologischer Perspektive entscheidend (Ingham 2004; Vogl 2011; zur Übersicht Sahr 2017; 2018a), weil er klar macht, dass Geld nicht aus einzelnen Beziehungen, sondern aus einem Geflecht besteht, einer sozialen Entität, sozusagen. Geld ist für die Beziehungssoziologie des Geldes makroskopisch also nicht mehr mit einem Haufen individuell besessener Sachwerte zu identifizieren, die sich zum liquiden Vermögen – der Geldmenge – addieren. Vielmehr nimmt sie Geld als ein Geflecht interdependenter Beziehungen in den Blick, als ein unzählige Bilanzen verbindendes „web of contracts“ (Leijonhufvud 2012) oder „money grid“ (Mehrling 2017: 1).
Money grids sind viertens hierarchisch strukturiert. Dass Geld aus Schulden besteht, bedeutet schließlich nicht, dass alle Schulden Geld sind. Geld ist eine besondere Art von Gläubiger-Schuldner-Beziehung, die es erlaubt, wenn man auf der Gläubigerseite ist (also Halterin des „Kredits“, des Vorschusses sozusagen), Schuldbeziehungen desselben Typs – und manchmal auch andere – zu tilgen. Bankschulden erhalten dieses Potenzial nur durch die Integration in einen politischen Apparat, der die Kreditseite der Schulden als Tilgungsmittel anerkennt (Bell 2001; Ingham 2004; Desan 2014; Mehrling 2017). Dabei geht es auch, aber nicht vornehmlich um die Anerkennung bestimmter, in der Währungseinheit denominierter Guthaben als gesetzliche Zahlungsmittel (legal tender). Vielmehr geht es um die Anerkennung von Reserven als Tilgungsmittel für Steuer- und Staatsschulden und der Anerkennung von Privatbankschulden als teiläquivalente Verbindlichkeiten. In dieser hierarchischen Anerkennungsstruktur unterscheiden sich Kreditgutschriften insbesondere nach Grad ihrer „moneyness“ (Bell 2001; Ingham 2004; Mehrling 2017; Bezemer 2016; Koddenbrock 2019), also der Eindeutigkeit und Reichweite ihrer Tilgungsfähigkeit. Geldwirtschaft bedeutet in dieser Betrachtungsweise, durch den privaten Handel auf horizontaler Ebene entstehende Schulden durch vertikal höherrangige, also insgesamt tilgungsfähigere Verbindlichkeiten zu ersetzen (und durch diese Ersetzung zu tilgen). Zentralbankschulden stehen an der Spitze dieser Hierarchie. Sie sind nicht nur finales Tilgungsmittel für Privatschulden, sondern auch als Einzige in der Lage, Verbindlichkeiten gegenüber dem Staat zu tilgen, dessen Teil die Zentralbank ist. Deswegen hängt die Tilgungsfähigkeit von Geschäftsbankschulden an deren Anerkennung als legitime Zugriffsrechte auf Zentralbankschulden (Reserven), welche durch die Erteilung einer Banklizenz (zumindest strukturell) erfolgt. Die Anerkennung von Verschuldungen und Tilgungen als legitime Formen des Bilanzausgleichs dürfte aber über diese formalen Akte hinausgehen. Soziologisch wäre hier beispielsweise auch nach konventionellen Regelungen oder eben Brüchen in diesen Konventionen zu fahnden. Geld wird damit nicht als ein (womöglich noch „neutrales“) Instrument marktwirtschaftlicher Interaktionen beobachtet, sondern als eine sozio-politische Hierarchieordnung (Ingham 2004; Desan 2014; Braun 2016; Koddenbrock 2017, 2019), in der private Bankschulden (und, in Abstufung, deren Derivate), Zentralbankschulden und Staats- und Steuerschulden aufgrund politischer Konventionen, rechtlicher Festlegungen und wechselseitiger Finanzierungsinteressen verbunden sind.
Aus diesen vier Elementen (Relationalität, Identität, Interdependenz, Hierarchie) ergibt sich ein primäres Bezugsproblem einer beziehungstheoretischen Geldsoziologie (Sahr 2017, 2018a). Durch die Beobachtung von Geld als einem hierarchisch strukturierten Geflecht aus interdependenten und befristeten (und deswegen riskanten) Beziehungen rückt die prekäre Dynamik dieses Geflechts in den Fokus. Schließlich werden die wechselseitig voneinander abhängigen Versprechen ständig erfüllt (getilgt) oder gebrochen (Kreditausfall) und müssen so (systemlogisch) immerfort durch neue Schulden ersetzt werden (Ingham 2004; Vogl 2011). Ohne ständige Rückzahlung und Neuemission werden bestehende Schuldverträge riskanter. Weniger die Akzeptanz stoffwertloser Kaufkraft ist deswegen aus beziehungstheoretischer Perspektive faszinierend (wie im Zitat von Carruthers weiter oben), als vielmehr die prekäre Reproduktion des Beziehungsgeflechts. Wie gelingt es Gesellschaften, immer wieder Akteure dazu zu motivieren, Schuldnerinnen und Schuldner zu werden und gleichzeitig akzeptierte Arrangements zu schaffen, in denen Kredite in der Masse rückzahlbar sind und zurückgezahlt werden und Bilanzen ausgeglichen bleiben? Innerhalb des beziehungstheoretischen Koordinatensystems ließe sich diese Grundfrage und viele Anschlussfragen sicherlich auf unterschiedlichen sozialen Ebenen und mit diversen Methoden bearbeiten und verfeinern. Eine mögliche Interpretation dieses Bezugsproblems – die Frage nach der Funktionsweise und den Implikationen der Organisation von Verschuldung und Tilgung – lässt sich mit Gewinn am Beispiel von TARGET2 verdeutlichen.
4 TARGET2 aus beziehungstheoretischer Perspektive
Vor dem Hintergrund der Skizze einer beziehungstheoretisch denkenden Geldsoziologie erscheinen das System TARGET2 und seine Thematisierung in der politischen Kontroverse in besonderem Licht. Die folgende Rekonstruktion des Falls kann dabei aus Platzgründen allenfalls zur Exemplifizierung einer möglichen Anwendung dieser Perspektive auf makroskopischer Flughöhe dienen, ohne damit freilich andere mögliche Untersuchungsstrategien auf derselben theoretischen Basis zu disqualifizieren. Vielmehr sollen an dieser Stelle lediglich zwei Erweiterungsangebote des geldsoziologischen Forschungsstandes gemacht werden, die sich auf die politischen Dimensionen des europäischen Geldes beziehen.
Erstens wird der Euro geldtheoretisch zumeist im Hinblick auf seine supranationale Verfassung thematisiert (etwa bei Dodd 2001; 2005; 2014; Helleiner 2003; Bonefeld 2018). Auch hierin zeigt sich eine Beschränkung des Blicks auf Geld als wertvolles Tauschvermögen und Wertmesser. Die Nationalstaaten der Eurozone haben sich darauf geeinigt, die in ihrem Hoheitsgebiet gültigen Zahlungsmittel gleich zu denominieren und im Wert aneinander zu binden. Guthaben in Euro können deswegen über die Binnengrenzen der Zone hinweg ohne Umtausch als Zahlungsmittel eingesetzt werden. Die Währung wird von einer überstaatlichen Behörde, der EZB, orchestriert und funktioniert ohne Zentralregierung und ohne überstaatlichen Fiskalapparat. Betrachtet man Geld allerdings als hierarchisches Geflecht aus Gläubiger-Schuldner-Beziehungen, verweis gerade TARGET2 auf den Fortbestand nationalstaatlicher Strukturen (4.1).
Zweitens konzentriert sich besonders die politische Ökonomie traditionell auf den Euro als Konfliktfeld um den Wert des Zahlungsmittels, d. h. man interpretiert die politische Dimension des Euro gemeinhin als Konfliktzone zwischen Hart- und Weichwährungspräferenzen.[9] Sehr verkürzt gesagt: politisch wird die Gemeinschaftswährung als ein Kampf um Inflationsniveaus untersucht. Diese Tradition der politischen Ökonomie des Euro identifiziert konfligierende nationale geldpolitische Traditionen, die unter Bedingungen vereinheitlichter Geldpolitik nun auf europäischem Terrain miteinander streiten. Damit wird die politische Dimension des Geldes mit der Kaufkraft des Euro assoziiert, d. h. als Tauschwertkonflikt gedacht. Verschuldungsfördernde oder –hemmende Politiken dienen dieser Konfliktlogik dann als ein mögliches Mittel, den Konflikt politisch auszutragen, ebenso wie beispielsweise Reallohnabwertungen (vgl. exemplarisch Streeck 2015; Scharpf 2018; Höpner & Lutter 2018; Höpner & Spielau 2018).
Auch Geoffrey Ingham, einer der prominentesten Vertreter einer von der Kredittheorie des Geldes aus der heterodoxen Ökonomik abgeleiteten Geldsoziologie, rahmt in seinem einflussreichen Werk The Nature of Money den politischen Konflikt um das Geld klassisch als Wertkonflikt (Ingham 2004; Streeck 2015). Die Geschichte des Geldes wird als Geschichte der Wertbemessung und die politische Verfasstheit modernen (bei Ingham: kapitalistischen) Geldes als Kampf um Zinshöhen und Kaufkraftstabilität konzipiert.
Ohne dieser Konfliktanalyse zu widersprechen kann die TARGET2-Debatte als Evidenz einer anders gelagerten politischen Dimension des europäischen Gemeinschaftsgeldes analysiert werden. Damit zeigt sich, dass das Potenzial der ökonomischen Kredittheorie des Geldes für eine Perspektivverschiebung in der Geldsoziologie durch Inghams Kreditsoziologie des Geldes noch nicht ausgeschöpft ist (Sahr 2017).[10] Aus der Perspektive einer sich von der Kreditsoziologie noch einmal unterscheidenden beziehungstheoretischen Geldsoziologie offenbart sich der Konflikt als anders gelagert, es geht nicht in erster Linie um Kaufkraft, sondern um den Charakter der Beziehungen, mit denen die nationalen Geldgeflechte gekoppelt werden. Der Fall berührt also die Herstellung einer Identität von Vermögen und Schulden in Bankbilanzen. Knackpunkt ist die Anerkennung von Tilgungsfähigkeit und damit die (fehlende) Einbettung der TARGET2-Salden in eine weiterhin nationalstaatliche Hierarchie registrierter Vorleistungen und Tilgungsversprechen (4.2), die sich in einer Art „Beziehungskonflikt“ äußert (4.3).
4.1 Ein Kopplungsmechanismus
Als Ausgangspunkt ein Beispiel: eine französische Unternehmerin will ein Fahrzeug von einem deutschen Gebrauchtwarenhändler erwerben. Sie überweist den Kaufbetrag dank bekannter IBAN-Nummer problemlos. Man könnte diesen Vorgang nun als Tausch von Vermögen beschreiben (nämlich als ein Tausch von einem Geldbetrag gegen ein Auto), so als wären hier nur zwei Akteurinnen involviert. Die beziehungstheoretische Geldsoziologie allerdings interpretiert monetäre Praxis – in diesem Fall die Zahlung – wie oben gesagt nicht als Tausch, sondern als Ver- und Entschuldung. Tatsächlich bedeuten vor allem grenzüberschreitende Zahlungen im Euroraum ein mehrfaches Tilgen bestehender und Erzeugen neuer Schulden (Abb. 2). Im Falle der französischen Käuferin eines deutschen Gebrauchtwagens wird nun zunächst ein Teil der Schuld getilgt, die eine französische Geschäftsbank bei der Unternehmerin hat (d. h. ihr Kontostand wird reduziert). Im Zuge von Banküberweisungen für Mieten, Einkäufe oder Löhne innerhalb eines Landes kann es vorkommen, dass Banken (oder Bankenverbünde) mehr Giralgeldabzug verbuchen müssen, als ihnen im selben Geschäftstag durch Überweisungen zufließt. Dadurch haben sie eine Soll-Stellung gegenüber der Bank, die mehr Zuflüsse erhalten hat. Diese Differenz kann nicht mit Giralgeld, sondern muss mit Reserven, also Schulden der nationalen Zentral- oder Notenbank ausgeglichen werden. Unter anderem dafür muss jede Geschäftsbank ein Reservekonto bei „ihrer“ Notenbank führen. Im Eurosystem werden diese Konten weiterhin bei der jeweiligen Notenbank des Mitgliedslandes geführt, in dem die Geschäftsbank ansässig ist. Im Falle des grenzüberschreitenden Autokaufs muss die französische Geschäftsbank deswegen nun ihre Notenbank (die Banque de France) dazu veranlassen, einerseits einen Teil ihrer Schuld gegenüber der französischen Geschäftsbank zu tilgen (d. h. Reserveguthaben zu reduzieren). Vor allem aber muss die Banque de France die Deutsche Bundesbank dazu bewegen, gegenüber der deutschen Geschäftsbank des Autoverkäufers zur Schuldnerin zu werden – also dieser Bank Reserveguthaben einzuräumen. Diese Vorgänge laufen freilich automatisch ab. Dennoch sollte man aus soziologischer Sicht nicht verschleiern, dass diese Automatismen sozial anspruchsvolle Schritte von Verschuldung und Tilgung vollziehen. Die Bilanz der Bundesbank würde ohne den Mechanismus nämlich eigentlich aus dem Gleichgewicht geraten, weil sie zwar mehr Schulden hat, aber (noch) keine gleichwertigen neuen Vermögen verbuchen konnte; TARGET 2 verhindert das. Die gestrichene Verpflichtung in der Bilanz der Banque de France wird durch eine andere Schuld, nämlich eine Verpflichtung gegenüber der EZB ersetzt. Diese neu geschaffene Gläubiger-Schuldner-Beziehung hält wiederum die Bilanz der EZB in Waage, wenn diese die zunehmenden Schulden der Deutschen Bundesbank (durch das zusätzlich geschaffene Reserveguthaben) in ihrer Bilanz durch eine TARGET2-Forderung austariert. Dadurch erst kann die deutsche Geschäftsbank dem Gebrauchtwagenhändler ihre eigene Verpflichtung als Guthaben gutschreiben. Somit ist nicht nur (werttheoretisch gedacht) Kaufkraft von einem in das andere Land „geflossen“, sondern es sind Schulden des deutschen Bankensektors entstanden, die als Teil eines interdependenten Geflechts durch andere Verbindlichkeiten ausgeglichen werden mussten, um die Identität von Vermögen und Schuld zu erhalten. Weil Geldvermögen Schulden sind, ist das Anwachsen der Geldvermögen des deutschen Privatsektors durch den Export von Gebrauchtwagen gleichermaßen ein Anwachsen der nationalen Bankschulden, die wiederum bilanziell durch Vermögen ausgeglichen werden müssen. Für genau diese Prozesse der Herstellung bilanzieller Identität durch Relationen interessiert sich eine beziehungstheoretische Geldsoziologie.

Abwicklung eines grenzüberschreitenden Kaufs in der Eurozone
Quelle: Eigene Darstellung nach Ehnts (2016): 118 f
Eine Zahlung ist in der Praxis ein komplexer Vorgang aus (teil-)getilgten und neu erzeugten Schulden, bei denen es darauf ankommt, wer Gläubigerin und wer Schuldner ist, also etwa, in welchem Land die Bank angesiedelt ist. (Die soziale Generalisierung des Geldes scheint so betrachtet weitaus geringer als aus werttheoretischer Blickrichtung.) Im öffentlichen Diskurs scheinen Euroguthaben zumeist mehr oder weniger funktionsäquivalent, weil sie als tauschbare Vermögen betrachtet werden. Als Beziehung betrachtet hingegen wird deutlich, wie aufwändig diese oberflächliche Wertidentität hergestellt werden muss – und wie stark die Reproduktion des Geldgeflechts an den nationalen Container zurückgebunden bleibt. Französische und deutsche Euroguthaben sind Schulden bei französischen oder deutschen Banken, die als Tilgungsmittel funktionieren, weil sie aufgrund politischer Anerkennung in einer Schuldhierarchie mit der französischen oder deutschen Notenbank stehen. Schulden anderer Notenbanken oder ausländischer Geschäftsbanken sind eben nicht, obschon sie dieselbe Auszeichnung (Euro) haben, mit den Schulden deutscher Banken identisch. Von Bargeld abgesehen kann man in Deutschland nur mit deutschen Bankschulden zahlen. Grenzüberschreitende Zahlungen mit Giralgeld funktionieren nur, weil Bankschulden des einen Landes durch Bankschulden im anderen Land ersetzt werden. Einen solchen Mechanismus (wie TARGET2), durch den nationale Bankschuldgeflechte verbunden werden, nenne ich Kopplung. Erst durch eine Kopplung der beiden nationalen Geldgeflechte durch TARGET2 kann ein deutscher Gebrauchtwagen problemlos von einer französischen Kontoinhaberin erworben werden. Nur durch TARGET2 sind die nationalen Geldgeflechte der Eurozone so gekoppelt, dass sie für die Bürgerinnen und Bürger als supranationale Zahlungsmittel funktionieren.
Voraussetzung des Konflikts um die Salden ist somit der Umstand, dass bei der Konstruktion der Gemeinschaftswährung keine vollständige Integration der nationalen Geldgeflechte vorgenommen wurde. Hätte nämlich die EZB die nationalen Notenbanken als Spitze der monetären Tilgungshierarchie ersetzt, gäbe es die umstrittenen Salden nicht und man müsste sozio-ökonomische Spannungen innerhalb der Eurozone abseits des Geldes verhandeln. Aber nicht nur die bloße Existenz dieses Kopplungsmechanismus bedingt den Konflikt, sondern auch die konkrete Beschaffenheit der Gläubiger-Schuldner-Beziehungen, die als TARGET2-Einträge verbucht werden.
4.2 Spannungen
Die eingangs vorgeschlagene Zuspitzung der Deutungsdebatte auf die Losung Kredit oder kein Kredit? lässt sich entsprechend einordnen. Dazu ein kurzer Blick auf die Entwicklung der Salden. Zwischen der Einführung des Euro und den finanziellen Turbulenzen seit 2007 war das Volumen der TARGET2-Forderungen gering. Danach stiegen Soll- und Habenstände an, gingen etwa um 2013 ein wenig zurück und nahmen ab 2015 wieder zu – eine Entwicklung, die sich gut an den deutschen Forderungen in Abb. 1 nachvollziehen lässt. Die erste Anstiegsphase (ca. 2007–2013) wird dabei zumeist einerseits als Effekt des Zusammenbruchs des Interbankenmarktes während der damaligen Finanzkrise interpretiert. Die zuvor sehr niedrigen Saldenschwankungen verweisen u. a. auf den Umstand, dass sich private Geschäftsbanken benötigte Reserveguthaben in der Regel zu sehr günstigen Konditionen wechselseitig geliehen haben. Diese Praxis kam mit der Finanzkrise mehr oder weniger zum Erliegen, wodurch das TARGET2-System sozusagen einspringen musste. Andererseits lässt sich ein starker Rückzug von Kapitalinvestitionen aus Deutschland in den Defizitländern nachweisen, die einen Teil der angestiegenen deutschen Forderungen erklären (Franz & Fratzscher 2018).
Die zweite Expansionsphase (ab 2015) wird dagegen vornehmlich mit den EZB-Programmen zum Ankauf von Staatsanleihen in Verbindung gebracht. Von Anfang 2015 an ergänzte das Public Sector Purchase Programme (PSPP) die bereits aktiven Aufkaufmaßnahmen für Vermögenswerte und wurde in das Expanded Asset Purchase Programme (APP) integriert. Diese Kaufaktivitäten hatten zunächst einen monatlichen Umfang von 60 Mrd. Euro, wurden zwischenzeitig auf 80 Mrd. ausgedehnt und im April 2017 wieder auf 60 Mrd. Euro im Monat begrenzt. Ende 2018 wurde das Kaufvolumen gesenkt. Wie durch das zunächst geheim gehaltene Agreement on Net Financial Assets (ANFA) bekannt wurde, werden diese Staatsschuldpapiere allerdings nicht – wie es in der öffentlichen Debatte häufig unterstellt wurde – durch die EZB selbst, sondern durch die jeweiligen Notenbanken erworben. Das heißt, italienische Staatsanleihen werden von der Banca d’Italia gekauft, deutsche Bonds von der Bundesbank usw. Dabei werden die Staatsanleihen auf dem sogenannten Sekundärmarkt gekauft, also von Investoren, nicht direkt von den Schatzämtern der Länder. Die Finanzierung geschieht durch Geldschöpfung, d. h. den Verkäuferinnen werden die Kaufpreise durch neue Buchungseinträge gutgeschrieben. Da Banken ihre Geldschöpfungstätigkeit auf der Soll-Seite der Bilanz verbuchen, entsteht hier nur deswegen kein Ungleichgewicht in der Bilanz, weil die gekauften Staatsanleihen gleichsam als Vermögen auf der Haben-Seite verbucht werden können. Somit kommt durch das APP neues Geld in Umlauf – bis Mai 2018 wurden 2,43 Billionen Euro erzeugt, 80 Prozent davon für den Kauf von Staatsanleihen. Da der Kapitalmarkt der Eurozone kaum Barrieren kennt, sitzen die Verkäuferinnen und Verkäufer dieser Anleihen nicht immer im selben Land, wodurch grenzüberschreitende Überweisungen nötig werden, die dann TARGET2-Salden erzeugen. Tatsächlich scheint das der Normalfall: offenbar wurden etwa 80 Prozent der Staatsanleihen im Rahmen des APP von ausländischen Haltern erworben (Franz & Fratzscher 2018), haben also Überweisungsabwicklungen über die Notenbanken notwendig gemacht, durch die sich Soll- und Habensalden im TARGET2-System verändert haben.
Hier setzt Hans-Werner Sinns Kritik an: nationale Notenbanken erzeugen Geld, das zu einem überwiegenden Teil – 80 Prozent – ins Ausland fließt. Diese Geldschöpfung macht einen Bilanzausgleich nötig, der durch TARGET2-Salden buchhalterisch ermöglicht wird, die dem Land gutgeschrieben werden, in welches das Geld fließt. Da diese zusätzlichen Geldmittel offenbar innerhalb des Landes, in dem sie entstehen, nicht verwendet werden, bezeichnet Sinn sie als „Überlauf an Zentralbankkrediten“, die über das Maß an Kaufkraft hinausgehen, welche zur „Geldversorgung im Inneren eines Landes“ gebraucht würde (Sinn 2012: 165; Mayer 2018). Durch die „Target-Kredite“ (Sinn 2012; 2018b) würden Ressourcen aus der deutschen Wirtschaft im Austausch für, so Sinn, hochriskante Forderungen abgezogen, die sich spätestens im Falle eines Euro-Austritts des Nehmerlandes in Luft auflösen könnten (Sinn 2018b).
Viele Kritiker haben ganz ähnlich dem Ablauf der oben aufgerufenen Bundestagsdebatte die Bezeichnung der Salden als Kredite als Unfug zurückgewiesen und auf den buchhaltungsmechanischen Charakter der Einträge verwiesen (so ähnlich Bundesbank 2011, 2018; Hellwig 2018; Ehnts 2016, 2017; Franz & Fratzscher 2018; Nanninga 2017a; Flassbeck & Nanninga 2018). Nur die Überweisung, schreibt etwa Ehnts (2017: 122), passiere „wirklich“, der Rest seien buchungstechnische Notwendigkeiten zur Ermöglichung des freien Zahlungsverkehrs. Allerdings – genau das zeigt die Debatte – geht es hier nicht nur um Technik, sondern um eine auf Anerkennung basierende soziale Praxis der Verschuldung und Tilgung. Sinn kritisiert mit der Bezeichnung „Kredite“ nämlich gerade die Spannung zwischen einem einerseits zum Ausgleich von Bankbilanzen als Vermögen bilanzierten Forderungswert, der gleichzeitig aber, zumindest in seinen Augen, als Vermögen nicht taugt; was hier angezweifelt wird, ist die Legitimität des so vorgenommenen Bilanzausgleichs (und nicht etwa nur seine buchhaltungsökonomische Korrektheit). Sinn missfällt genau der Umstand, dass die TARGET2-Vermögen der Bundesbank mechanisch entstehende „Gegenbuchungen“ sind, die zum Ausgleich der jeweiligen nationalen Bankbilanzen benötigt werden – und eben keine Forderungen, die „fällig gestellt“ werden könnten. Der „Forderungscharakter“ der TARGET2-Salden ist nämlich in der Tat offenbar weder rechtlich klar kodifiziert noch durch Gewohnheit verständlich, er ist „unbestimmt“ (Eckert & Zschäpitz 2018): „Tatsächlich gibt es keinen Rechtsanspruch auf eine Einlösung dieser ‚Forderung‘“ (Hellwig 2018: 20). Der Ökonom William Mitchell schreibt dazu in seinem Weblog:
„How should we interpret these ‘assets’ and ‘liabilities’? Does the Banca d’Italia really owe the Eurosystem 358.6 billion euros? The answer is that from an accounting perspective YES but no payments are ever required. In fact, there are no requirements that outstanding TARGET2 liabilities have to ever be paid back.” (Mitchell 2017)
TARGET2-Forderungen müssen nicht beglichen werden, sie sind nicht zirkulationsfähig und im Prinzip unverfügbar. Die Kritiker heben somit die Spannung zwischen der bilanzierungstechnischen Rolle und der hierarchischen Position der Salden auf das politische Parkett. Diese fehlende oder zumindest unvollständige Einbettung in die Tilgungshierarchien zeigt sich am besten im Vergleich. Auch US-amerikanisches Geld ist eine Kopplung regionaler money grids: Dollar sind Schulden amerikanischer Geschäftsbanken und regionaler Notenbanken. Die nationale Dachorganisation der Federal Reserve Bank ist eine Koordinationsbehörde. Zwischen den regionalen Notenbanken innerhalb des Territoriums der USA entstehen also durch Überweisungen von einem in einen anderen Staat der USA Überschüsse und Defizite, die in den Interdistrict Settlement Accounts (ISA) geführt werden. Zwischen den Regionen wird aber eine monetäre Integration hergestellt, weil ISA einen regelmäßigen Saldenausgleich, d. h. eine Tilgung der Schulden vorsieht. Diese Tilgung geschieht durch die Übertragung von government bonds (Klose & Weigert 2012). Es sind also Schulden des Staates USA selbst, die als Kredit die Tilgung der regionalen Zentralbankschulden erlauben. Die ISA-Salden sind somit relativ eindeutig in ein hierarchisch strukturiertes Geldgeflecht integriert.
Es ist deswegen der Charakter der TARGET2-Beziehung selbst, so müsste man diese durch die Debatte zum Ausdruck kommende Unsicherheit wohl soziologisch einordnen, der aufgrund der fehlenden hierarchischen Integration unbestimmt ist. Forderungen, die nicht eingefordert werden können und damit nicht zur Bedienung eigener Zahlungsverpflichtungen taugen, fehlt es an „moneyness“. In der Eurozone werden somit Geflechte aus interdependenten Gläubiger-Schuldner-Beziehungen, die hierarchisch zur wechselseitigen Tilgung verwendet werden können, durch Gläubiger-Schuldner-Beziehungen verbunden, die keine echten Tilgungsansprüche darstellen und deren Eignung als legitimer Ausgleichseintrag in Bilanzen deswegen relativ einfach in Frage gestellt werden kann. TARGET2-Salden können damit wohl als Versuch einer Entpolitisierung der Kopplung nationaler Geldgeflechte durch eine formale Reduktion auf Buchhaltungstechnik (und -automatismen) gelten; es sind in der Tat reine Gegenbuchungen, die aber trotzdem wie Vermögen zum Ausgleich von Bilanzen verwendet werden; als Forderungen allerdings, die nicht getilgt werden müssen. Durch ihren Automatismus und ihre Unverfügbarkeit aber verschieben die Salden den politischen Konflikt um die Klärung wechselseitig anerkannter Verschuldungs- und Tilgungsprozesse eher, als dass sie ihn aufheben. Schließlich sind soziale Beziehungen nicht „ein für allemal stabilisiert, sondern […] offen und an stete gemeinsame Anerkennung gebunden.“ (Joas 2016: 26) Genau diese wird von den Kritikern mit der Anklage als hochriskanter Überziehungskredit in Frage gestellt. Den „beziehungspolitischen“ Kontext dieser Kritik gilt es nun abschließend noch einmal etwas genauer zu verstehen.
4.3 Beziehungspolitik
Der Konflikt um TARGET2 entsteht, weil der Euro ein Verbund von durch Gläubiger-Schuldner-Beziehungen gekoppelter nationaler Geldgeflechte ist und diese Kopplungsbeziehungen (sozusagen wie „echte“ Forderungen) Bilanzen ausgleichen, ohne selbst eingefordert, aktiv getilgt oder zur Tilgung anderer Schulden eingesetzt werden zu können. Genau diesen Umstand wollen die inner- und außerparlamentarischen Kritiker gerne ändern. Wie bei den ISA könnte man Defizite etwa durch die Übertragung eines Vermögenstitels, zum Beispiel einer französischen Staatsanleihe oder gar eines Eurobonds, ausgleichen. Dass eine solche Lösung in der Eurozone nicht gewählt wurde, zeigt zunächst noch einmal eine politische Dimension des europäischen Geldes, die sich nicht in der Fixierung der Wertrelationen nationaler Zahlungsmittel und dem kompetitiven Hinwirken auf reale Ab- oder Aufwertungen der Währung erschöpft. Mit Kaufkraft im engeren Sinne hat diese Dimension nämlich allenfalls mittelbar zu tun, vielmehr geht es hier um die Akzeptanz legitimer Formen des Abschließens und Tilgens von Beziehungen zum Ausgleich von Bilanzen. Dementsprechend hätte eine an den USA orientierte enge Kopplung mehr commitment von den Mitgliedsländern verlangt und damit womöglich gleichzeitig das politische Ziel einer Einheitswährung gefährdet. TARGET2-Salden können zum Ausgleich von Notenbankbilanzen heute praktisch unbegrenzt entstehen. Gäbe es für die Salden ein technisches Limit oder müssten sie getilgt werden, würde die Differenz nationaler Bankschulden auch im Alltagsvollzug spürbar werden (Wehlan 2011; Ehnts 2017). Von einem supranationalen Zahlungsmittel und einem friktionsarmen Binnenmarkt wäre dann nur noch unter Vorbehalt zu sprechen. Würde man grenzüberschreitende Überweisungen durch die Übertragung anderer Vermögenstitel, etwa Schuldpapiere der Nationalstaaten abwickeln, würden die kompetitiven Differenzen, wie wir sie heute erleben, zu einer Allokation der Staatsschulden der Defizitländer in der Bilanz der deutschen Bundesbank führen. Der steigenden Schuldenlast könnten die Regierungen der Defizitländer weder mit fiskalischen noch mit geldpolitischen Mitteln begegnen. Durch den Verzicht auf eine routinemäßige Tilgung der TARGET2-Salden durch (dann) höherrangige Schulden schafft das System also eine Flexibilität, die Aushandlungskonflikte vermeidet (Schelkle 2017), oder eben auf die Ebene finanztechnischer Expertinnen und Experten verlagert.
Gerade diese Flexibilität bedeutet aber auch eine brach liegende Deutungsoffenheit der in diesem System saldierten Ansprüche und Forderungen. Anders als in den stärker integrierten regionalen US-Dollargeflechten ist in der Eurozone nicht vertrags- oder gewohnheitsrechtlich festgelegt, wozu eine TARGET2-Summe wen eigentlich verpflichtet. Während Sinn und andere davon ausgehen, dass im Ernstfall die Deutsche Bundesbank dadurch, dass Geld nach Deutschland geflossen ist, in Zahlungsschwierigkeiten kommen könnte (weil Geldzufluss eben auch Schuldzufluss bedeutet), können wiederum Andere mit gleichem Recht das Gegenteil behaupten. In der Kritik durch Sinn und Co wird der Forderungs- und damit der Vermögencharakter eingefordert, was insofern nachvollziehbar ist, als dass es sich um ein interdependentes Geflecht handelt, in dem Beziehungen nur dann Vermögen sind, wenn sie durch andere Vermögen bilanziell ermöglicht werden (wenn also Identität sichergestellt wird). Wird der Vermögenscharakter einer Beziehung fragwürdig, kann auch der Vermögenscharakter anderer Beziehungen fragwürdig werden. Diese Unbestimmtheit würde spätestens im Fall eines Austritts aus dem Euro zu einem Moment politischer Auseinandersetzung und Entscheidung. Die Deutsche Bundesbank verweist im Kontext möglicher Exits aus dem Euro auf die Kreditwürdigkeit der EZB, bei der man die Forderungen schon „eintreiben“ (zitiert nach Nanninga 2017a) – die also sozusagen den Vermögenscharakter garantieren – könne. Daran zweifelt etwa Mayer (2018). Ehnts (2017) widerspricht wiederum mit der Anmerkung, Zentralbanken seien technisch gesehen unbegrenzt kreditwürdig. Es gäbe keinen Grund, warum Zentralbanken in einer Wirtschaftsform, in der ihre Schulden das hierarchisch höchste Tilgungsmittel sind, ihre eigenen Schulden nicht tilgen können – da diese Tilgung auf einen Austausch von bestehenden (aber unverfügbaren) gegen neue (mit moneyness ausgestatteten) Zentralbankschulden hinausliefe. Anders gesagt: die Vorstellung einer Tilgung von Zentralbankschulden ist von jeher paradox (Krahnen 2018), weil sie eben im jeweiligen Währungsraum an der Spitze der Hierarchie stehen. Zentralbankschulden sind Geld, in welchem Sinne könnte man also ein Interesse daran haben, sie zu tilgen – und womit? Allenfalls der Tausch in ein höher verzinstes Anlagegut zum Zwecke der Wertsteigerung, nicht aber eine Terminierung der Gläubiger-Schuldner-Beziehung als solche könnte für den Halter des Anspruchs von Interesse sein. In jedem Fall verweist die Frage der „Eintreibbarkeit“ und der Zahlungsfähigkeit der EZB auf den Umstand, dass der Unterschied zwischen TARGET2-Verbindlichkeiten der EZB und die als Geld bezeichneten Verbindlichkeiten der EZB die eindeutige Anerkennung der Beziehungen als finale Tilgungsmittel ist.
Der Unterschied zwischen TARGET2-Guthaben und Zentralbankschulden mit moneyness würde sich dementsprechend eher vergrößern, wenn man sie in Analogie zu ISA-Salden als Forderungen auf etwas anderes als Zentralbankschulden interpretieren würde. Dann ließe sich tatsächlich etwas für diese Schulden „eintreiben“. Das aber würde wiederum die soziale und politische Frage nach der Anerkennung von Tilgungshierarchien aufwerfen. In Anlehnung an die USA würde die Umsetzung dieses Vorschlags schließlich bedeuten, eine Forderung gegen die EZB durch eine Staatsanleihe eines Defizitlandes, beispielsweise Italiens oder Frankreichs zu tauschen. Wiederum käme es aber auf die Anerkennung durch den Gläubigerstaat an, ob er einen solchen Anspruch tatsächlich als hierarchisch höher akzeptieren würde; ist es besser, ein Versprechen Italiens auf eine Summe Euro zu haben oder ein Versprechen der EZB, die Euro herstellt?
Nach Einschätzung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) entstünde nach dem Euroaustritt eines Landes automatisch ein Fremdwährungskredit in Höhe der dann ehemaligen TARGET2-Forderung in der Bilanz der EZB (Fratzscher et. al. 2013), also eine „eintreibbare“ Forderung auf die neue Währung des Austrittslandes. Ein TARGET2-Guthaben könnte somit bereits heute Guthaben in potentiell allen etwaigen zukünftigen neuen Währungen von Ex-Eurostaaten sein. Diese Staaten müssten also diese spezielle Forderungsform als Tilgungsmittel für ihre neu ausgepreisten Bankschulden (d. h. ihre neue Währung) anerkennen. Die Frage, ob ein gegenwärtiger Saldo Kredit in der neuen Währung, also fähig ist, so denominierte Schulden zu tilgen, scheint allerdings ebenso nicht vertraglich kodifiziert zu sein. Es handelt sich um eine politische Forderung. Ebenso ist der eindrückliche Brief zu lesen, den EZB-Präsident Mario Draghi als Antwort auf eine Anfrage der beiden italienischen Abgeordneten des Europaparlaments Marco Valli und Marco Zanni verfasst hat (beide Mitglieder der sogenannten Fünf-Sterne-Bewegung). Der Brief erläutert knapp die technische Funktionsweise der Salden und endet mit dem Satz: „If a country were to leave the Eurosystem, its national central bank’s claims on or liabilities to the ECB would need to be settled in full.“[11] Draghi äußert damit keine Einschätzung einer einklagbaren Rechtslage oder ökonomischer Notwendigkeiten, sondern formuliert einen Anspruch an die in politische Beziehungen zwischen Ländern eingebetteten monetären Beziehungen. Ob er sich bewahrheitet, wird das Ergebnis politischer Verhandlungen sein, bei denen es im Kern darum gehen wird, welche Gutschriften von wem als Vermögen und Tilgungsmittel anerkannt werden. Ob die aus den Salden resultierenden Ansprüche dabei in der neuen Währung des Austrittslandes oder weiterhin in Euro ausgewiesen und damit zu begleichen wären, wird nicht erwähnt und ist auch in keinem Regelwerk festgelegt. In diesem Sinne ist die Forderung einer Tilgung der Defizite ein „bluff“ (Mitchell 2018). Ob dieser Bluff „gecalled“ wird und die TARGET2-Verbindlichkeiten – auf welche Weise auch immer – eingefordert werden, was für eine Beziehung sie ex-post gewesen sein werden, wird sich in politischen Entscheidungsprozessen ergeben; sie sind in der gegenwärtigen Geldordnung unterbestimmt.
Kurz gesagt: Als Mechanismus koppelt das TARGET2-System hierarchisch integrierte Geldgeflechte auf eine Weise, die Tauschgeschäfte in einem Binnenmarkt ablaufen lässt, als würde man sich derselben Währung bedienen. Dieser Kopplungsmechanismus verzichtet auf finale Tilgungen und gleicht die Bilanzen der nationalen Notenbanken mit formalen Vermögen und Verbindlichkeiten aus, die in einem materiellen Sinne unverfügbar sind. Diese Spannung zwischen formalem und materiellem (Vermögens-)Charakter der Beziehungen wird als Deutungskonflikt politisch thematisiert. Sinns Kritik ist deswegen in den Registern ökonomischer Risikoabschätzung oder buchhalterischer Korrektheit allein nicht zu verorten; vielmehr zielt sie auf eine Neuordnung des monetären Zusammenlebens in der Eurozone. Wir beobachten hier eine Verhandlung der Frage, was als legitime Vergeltung einer Schuld gilt und welche Schulden überhaupt vergolten werden müssen (gerade hieran haben die Gegner Sinns Zweifel). Solchen Prozessen sollte eine Beziehungssoziologie des Geldes zur Fortentwicklung ihrer eigenen Perspektive weiter nachspüren.
5 Schluss
Modernem Geld können wir uns soziologisch in mindestens zwei Hinsichten nähern: wir können es entweder als unbestimmte Kaufkraft oder als Bankschuld thematisieren. Die Thematisierung von Geld als Kaufkraft meint die Einnahme einer werttheoretischen Perspektive, in der Geld als begehrtes und tauschfähiges Vermögen, Tauschmittel, Liquidität oder Zahlungsmedium untersucht wird. Damit wird Geld im Prinzip mit Guthaben gleichgesetzt – mit wertvollem, weil eintauschbarem Eigentum. Die Alternative ist eine beziehungstheoretische Perspektive, die Geld als ein Geflecht interdependenter Gläubiger-Schuldner-Beziehungen untersucht. Einer beziehungstheoretischen Geldsoziologie geht es im Gegensatz zur klassischen Geldforschung nicht um das Rätsel der Werthaftigkeit des Guthabens (oder den Effekten der Umstellung der Ökonomie auf „reine Kaufkraft“), sondern um die Bedingungen und Effekte des kontinuierlichen Zustandekommens, Erhaltens und Auflösens von riskanten und politisch integrierten Beziehungen zwischen Gläubigern und Schuldnern, die das money grid dynamisch reproduzieren.
Mit dieser zweiten geldsoziologischen Perspektive lassen sich potenziell hilfreiche Einsichten über die Europäische Gemeinschaftswährung als politische Institution „Geld“ anbieten. Die beziehungstheoretische Weiterentwicklung der soziologischen Interpretation der Kredittheorie, wie sie vor allem Ingham vorgelegt hat, erweitert und konkretisiert die Untersuchungsperspektive. Das Beispiel von TARGET2 bietet dabei nur Ansätze, die den Zugriff der beziehungstheoretischen Perspektive verdeutlichen sollen. Viele weitere Varianten auf unterschiedlichen Ebenen ließen sich an das Koordinatensystem anschließen.
Das Panoptikum an Deutungen des TARGET2-Systems zeigt, dass der Beziehungscharakter der Salden selbst deutungsoffen und damit politisch direkt thematisierbar und verhandlungsbedürftig ist. Dieser Befund ist angesichts der zögerlichen politisch-institutionellen Supranationalisierung der Europäischen Union insgesamt nicht verwunderlich, die auch im Hinblick auf die Gemeinschaftswährung diskutiert wurde. Folgt man etwa Streeck (2015), so war der Wunsch einer stärkeren geld- und wirtschaftspolitischen Vereinigung von wechselseitigen Einhegungsbestrebungen der künftigen Euroländer geprägt. Der Kampf, den diese Akteure miteinander austragen, ist aber nicht nur einer über den Wert des Euros, sondern auch über den Charakter der Beziehungen, aus denen er besteht. Nicht der konkrete Wert der Salden müsste etwa nach einem Ausstieg aus dem Euro verhandelt werden, sondern die Qualität der Beziehung. Die Kopplung der nationalen Geldgeflechte geschieht in der Eurozone über eine Beziehungsform, die unvollständig in monetäre Hierarchien integriert ist. Die TARGET2-Debatte verweist damit auf einen politischen Charakter des Geldes abseits (oder in Ergänzung) der Wertfrage. Somit erweist sich das TARGET2-System als geeigneter Resonanzraum für eine Andeutung der Potentiale und Zugriffsweisen einer Beziehungssoziologie modernen Geldes. Ob sich dieser Zugriff gewinnbringend auch auf andere Formen der Kopplung anwenden lässt, wird diese Perspektive allerdings noch zu beweisen haben.
About the author
Aaron Sahr, geb. 1984 in Braunschweig. Studium der Philosophie, Soziologie und Politikwissenschaft in Kassel und Düsseldorf. Promotion in Kassel. Seit 2010 zunächst Stipendiat, dann Wissenschaftler und seit 2019 Leiter einer Nachwuchsforschungsgruppe am Hamburger Institut für Sozialforschung.
Forschungsschwerpunkte: Geldtheorie, Ungleichheit, Wirtschaftsgeschichte.
Wichtigste Publikationen: Das Versprechen des Geldes, Hamburg 2017; Keystroke-Kapitalismus: Ungleichheit auf Knopfdruck, Bonn 2019.
Danksagung:
Ich danke den Herausgeber*innen und Gutachter*innen für zahlreiche konstruktive Hinweise, neue Einsichten und wertvolle Anschlussideen.
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