Zusammenfassung:
Der Nexus von Erdöl, Staat und Entwicklung wird gegenwärtig kontrovers diskutiert. Galt Erdölreichtum lange Zeit als entwicklungspolitischer Fluch und Basis autoritärer Regime, lässt sich seit Beginn des 21. Jahrhunderts ein neuer Rohstoffoptimismus beobachten. Der massive Preisverfall relativiert gleichwohl Hoffnungen auf wirtschaftliche und soziale Entwicklungserfolge durch die Erdölförderung. Der Beitrag diskutiert die aktuellen Kontroversen, zeigt zentrale Leerstellen der Debatte auf und analysiert diese anschließend auf Basis einer vergleichenden Analyse der Fallstudien Kuwait, Venezuela und Angola. Dabei wird gezeigt, dass allgemeine Aussagen über die Konsequenzen der Erdölabhängigkeit der Diversität der Fälle nicht gerecht werden. Statt weiter an etablierten Dichotomien festzuhalten, wird abschließend für ein komplexes qualitativ orientiertes Forschungsdesign zur Analyse von Rentengesellschaften plädiert.
Abstract:
The nexus of oil, the state and development is currently an issue of controversy. Whereas oil-dependence was seen for a long time as a development curse and foundation for authoritarian regimes, new resource optimism has surged at the beginning of the 21st century. However, the recent massive price drop relativizes hopes about economic and social development gains through oil. The article discusses the current controversies, highlights central problems of the debate and subsequently offers a comparative analysis of the case studies Kuwait, Venezuela and Angola. It stresses that general affirmations about the consequences of resource-dependence cannot do justice to the diversity of existing cases and contexts. The article closes with a plea for overcoming well-established dichotomies in favor of a more complex qualitative research design to analyze rentier societies.
1 Einleitung
Das 21. Jahrhundert begann für Erdölstaaten turbulent. Kriegerische Auseinandersetzungen und politische Umbrüche im Nahen und Mittleren Osten, die dynamische Entwicklung der aufstrebenden Schwellenländer (insbesondere Chinas) sowie eine aktive Preispolitik des Förderkartells der OPEC katapultierten die Erdölpreise auf neue Höchststände. Die Aussicht auf hohe Renteneinnahmen aus der Rohstoffförderung löste bei Konzernen und Förderländern gleichermaßen eine Goldgräberstimmung aus. Technologische Innovationen, vermehrte Explorationen sowie – angesichts hoher Weltmarktpreise – aktualisierte Kalkulationen über die Wirtschaftlichkeit der Förderung bekannter Vorkommen hatten zur Konsequenz, dass eine Vielzahl neuer Erdölquellen für den Weltmarkt erschlossen wurden und weitere Förderländer (z. B. Ghana, Niger) in das Erdölgeschäft einstiegen. Bedenken gegenüber neuen Fördertechniken oder der Ausbeutung von Vorkommen in ökologisch sensiblen Gebieten blieben vor dem Hintergrund der Aussicht auf eine Schwemme von Petro-Dollars in der Regel entweder ungehört oder ohne politische Konsequenzen (Diamond/Mosbacher 2013; Diener 2014).
Bis zum Jahr 2014 erschien das Szenario eines fortwährenden Ressourcenbooms vielen Politikern, Analysten und Wissenschaftlern realistisch; Warnungen bezüglich der zyklischen Preisentwicklung von Rohstoffen auf den Weltmärkten und der damit verbundenen Krisenanfälligkeit rohstoffinduzierter Entwicklungsmodelle fanden in der allgemeinen Euphorie kaum Gehör. Dies änderte sich erst ab Mitte des Jahres 2014: Mit dem rapiden Sturz der Rohstoffpreise verbreitete sich ein heftiger Kater unter der Festgemeinde der Förderländer. Schienen die Staaten gerade noch über magische Fähigkeiten zu verfügen und die üppigen Renteneinnahmen den Weg zur wirtschaftlichen und sozialen ‚Entwicklung‘ zu ebnen, versagten die staatlichen Zauberkräfte in gleichem Maße wie die Rentenzuflüsse versiegten. Die Krisenanfälligkeit von Erdölstaaten zeigt sich aktuell erneut mit besonderer Heftigkeit und die jüngste Boomphase scheint sich als weitere Episode verpasster Entwicklungschancen in die Geschichte vieler Erdölförderländer einzureihen. So unterschiedliche Erdöl- bzw. Erdgasstaaten wie Angola, Aserbaidschan, Ecuador, Nigeria, Turkmenistan oder Venezuela befinden sich bereits in drastischen Wirtschaftskrisen, die sich in soziale Krisen zu transformieren drohen und teilweise bereits mit wachsenden politischen Spannungen einhergehen.
Dass Rohstoffreichtum Entwicklungserfolge häufig eher behindert als fördert ist keine neue Erkenntnis, sondern fand spätestens seit Ende der 1980er Jahre unter den Schlagwörtern der Resource Curse Eingang in die internationalen entwicklungspolitischen Debatten (Gelb et al. 1988; Auty 1993; Sachs/Warner 1995). War diese Sichtweise bis Anfang des 21. Jahrhunderts (fast) entwicklungspolitischer common sense, mehrten sich seit Beginn des neuen Jahrhunderts – auch im Kontext des neuerlichen Rohstoffbooms – Stimmen, die die These des Ressourcenfluchs kritisieren, relativieren und teilweise sogar gänzlich zurückweisen. Statt eines Ressourcenfluchs wurden nun spezifische entwicklungspolitische Herausforderungen der Erdölförderung ausgemacht (Heinrich/Pleines 2012). Der Determinismus des Rohstofffluchs wurde aufgebrochen und die Resource Curse zu einer behandelbaren Resource Disease umdefiniert (Überblick: Peters 2015: 151–161). Im Fahrtwasser des Preisanstiegs schien sich dieser neuerliche Rohstoffoptimismus durch hohe Wachstumszahlen in den Förderländern und teilweise beachtliche soziale Entwicklungserfolge auch empirisch zu bestätigen und hatte in vielen Gesellschaften die Entstehung oder Festigung eines „commodity consensus“ (Svampa 2015) zur Folge. Die aktuellen Krise verdeutlicht gleichwohl, dass der neue Rohstoffoptimismus verfrüht war und die Geister der Resource Curse keineswegs vertrieben sind.
Der vorliegende Beitrag analysiert die Bedeutung der Erdölrente für Politik und Gesellschaft im Globalen Süden und nimmt dafür zunächst eine kritische Diskussion des Rentier-Staat-Ansatzes vor. Hierbei werden zentrale Probleme und Leerstellen der dominierenden Forschungstraditionen zu Rente und Entwicklung aufgezeigt, die anschließend über einen transregionalen most-different-case-design Vergleich der Rentier-Staaten Kuwait, Venezuela und Angola illustriert werden. Die Fallbeispiele dienen zudem dazu, Konvergenzen und Divergenzen der politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Konfigurationen von Erdölstaaten herauszustellen. Dabei wird deutlich, dass verschiedenen Kontextbedingungen sowie unterschiedliche Entwicklungspfade stärkere Berücksichtigung für die Analyse von Rentier-Staaten finden müssen und zwischen verschiedenen Spielarten von Rentier-Staaten unterschieden werden sollte. Auf dieser Grundlage wird abschließend für ein Forschungsprogramm zur Überwindung zentraler Engführungen der Debatten um den Rentier-Staat und zur besseren Erfassung der gesellschaftlichen Komplexität von Rentengesellschaften sowie ihrer kontextspezifischer Besonderheiten plädiert.
2 Das Rentier-Staats-Paradigma
Die primären Finanzierungsquellen von Rentier-Staaten basieren nicht auf der Abschöpfung von Unternehmensgewinnen und Arbeitseinkommen durch Steuern, sondern auf der Aneignung internationaler Rohstoffrenten. Ökonomische Renten sind Einnahmen, denen keine Arbeits- oder Investitionsleistungen seitens des Empfängers gegenüberstehen. Der Unterschied zwischen den Investitions- und Arbeitskosten sowie einem unternehmerischen Durchschnittsprofit auf der einen Seite und den Einnahmen aus der Rohstoffförderung können als internationale Renten klassifiziert werden. Im Gegensatz zum kapitalistischen Profit entfällt bei Renteneinnahmen die Notwendigkeit zur beständigen Reinvestition und die Renteneinkommen stehen ihrem Bezieher prinzipiell zur freien Verfügung. Staaten, deren Finanzierung zu einem substantiellen Anteil auf der Abschöpfung internationaler Renten basiert, können als Rentier-Staaten klassifiziert werden. Als Schwellenwert für voll ausgeprägte Rentier-Staaten hat sich in der Forschung ein Anteil internationaler Renteneinahmen von mindestens 40 % am Staatsbudget herauskristallisiert (Luciani 1987: 70; Schmid 1997: 42).[1]
Der in den 1970er und 1980er Jahren entwickelte Rentier-Staat-Ansatz (Mahdavy 1970; Bablawi/Luciani 1987) schließt aus der unabhängigen Variable der finanziellen Abhängigkeit von internationalen Renteneinnahmen auf eine hohe Autonomie des Rentier-Staates gegenüber der Gesellschaft sowie eine erstaunliche Stabilität autoritärer Herrschaftsstrukturen. Die externen Renteneinnahmen erlauben dem Rentier-Staat auf die Errichtung eines Fiskalkontraktes zu verzichten bzw. der Bevölkerung eine nur geringe Steuerlast aufzubürden. Während der weitgehende Besteuerungsverzicht einerseits eine versteckte Form der (ungleichen) Verteilung der Renteneinnahmen innerhalb der Bevölkerung darstellt, begründet er andererseits die mangelnde Notwendigkeit zur Generierung politischer Legitimierung durch demokratische Partizipation (Herb 2005). Für den Rentier-Staat gilt somit: No Taxation, No Representation! Dadurch, dass seine Finanzierung durch die Abschöpfung der Renteneinnahmen gesichert ist, kann sich der Staat also, erstens, eine geringe Responsivität gegenüber gesellschaftlichen (Partizipations-) Forderungen und partikularen Interessen ‚leisten‘ (Ross 2001).
Die Stabilität autoritärer Strukturen wird zweitens über die Verteilung der Renteneinnahmen durch den Staat gewährleistet. Die Rentendistribution umfasst neben der Unterbesteuerung typischerweise auch den verbilligten Import von Konsumgütern durch eine überbewertete Währung sowie damit verbundenen Möglichkeiten zur Bereicherung durch Wechselkursgeschäfte; die Subventionierung von Grundnahrungsmitteln, Wohnraum, Energie und insbesondere Treibstoffen; die Errichtung und Alimentierung eines breiten öffentlichen Sektors; die Förderung nationaler Industrien und des Handels durch die Vergabe von öffentlichen Aufträgen, Importlizenzen und Subventionen; sowie assistentialistische Sozialpolitiken. Viele dieser Mechanismen der Rentenverteilung mögen aus Perspektive der (neo-)klassischen Ökonomie als irrationale und verzerrende Markteingriffe erscheinen und dringend die Implementierung tiefgreifender Reformen zur Förderung einer effizienten Ressourcenallokation erfordern. Eine solche Perspektive verkennt jedoch, dass die genannten Modi der Rentendistribution ein zentrales Charakteristikum von Rentier-Staaten darstellen. Die Spezifika der Renteneinnahmen ermöglichen dem Staat bzw. der Staatsklasse, diese eben nicht nach Kriterien ökonomischer Effizienz, sondern auf Grundlage politischer Gesichtspunkte zu verteilen (Coronil 2008). Mittels der (ungleichen) Distribution der Renteneinnahmen innerhalb der Bevölkerung können verschiedene gesellschaftliche Gruppen an das Regime gebunden sowie – zumindest in Zeiten hoher Renteneinnahmen – die Entstehung oder das Erstarken oppositioneller Gruppen mittels einer buy off Strategie als Instrument der gesellschaftlichen Befriedung und Entpolitisierung verhindert und dadurch die eigene Machtbasis erweitert werden (Ross 2001). Die Sicherung der Herrschaftslegitimation und die Aufrechterhaltung politischer Loyalität der Bevölkerung erfolgt also nicht auf Grundlage demokratischer Partizipation, sondern mittels des Versprechens auf Teilhabe am Wohlstand qua Verteilung der Renteneinnahmen. Die Staatsklasse besitzt bei der Entscheidung über die Distribution der Renteneinnahmen zwar beachtliche Spielräume, diese werden jedoch dadurch begrenzt, dass sie im Spannungsverhältnis zwischen Herrschaftslegitimation und Selbstbereicherung agiert sowie Rentier-Staaten durch heftige Rivalitäten über den Modus der Rentendistribution zwischen unterschiedlichen Segmenten der Staatsklasse die politischen Konflikte in Rentier-Staaten geprägt sind (Elsenhans 1981).
Artikuliert sich – zum Beispiel in Zeiten rückläufiger Renteneinnahmen – gesellschaftlicher Protest, kann sich der Rentier-Staat, drittens, auf offene und/oder latente Repression durch einen großen Repressionsapparat sowie teilweise auf die Hilfe externer Akteure stützen (Ross 2001; Basedau 2005: 16 f.). Dieses Zusammenspiel aus finanziellem Zuckerbrot und repressiver Peitsche ermöglicht die erstaunliche Stabilität autoritärer Strukturen und Resilienz gegenüber Demokratisierungsbestrebungen in Rentierstaaten und wurde vom US-Starkolumnisten Thomas L. Friedman (2006) als „First Law of Petropolitics“ popularisiert. Darin heißt es:
“The price of oil and the pace of freedom always move in opposite directions in oil-rich petrolist states. According to the First Law of Petropolitics, the higher the average global crude oil price rises, the more free speech, free press, free and fair elections, an independent judiciary, the rule of law, and independent political parties are eroded. And these negative trends are reinforced by the fact that the higher the price goes, the less petrolist leaders are sensitive to what the world thinks or says about them.”
Die kategorischen Aussagen von Friedman unterscheiden sich in ihrer pointierten Zuspitzung, nicht aber in der allgemeinen Tendenz von einer Reihe wissenschaftlicher Studien, die mittels aufwendiger Regressionsanalysen in large-N Vergleichsstudien zu dem Ergebnis kommen, dass Erdöl Demokratisierung be- oder gar verhindert (Ross 2001; Tsui 2010; Ross 2012; Andersen/Ross 2014). Folgt man dieser Perspektive und insbesondere Friedmans pointierter These, müsste der jüngste Sturz der Erdölpreise ein Möglichkeitsfenster für Demokratisierungsbestrebungen öffnen. Allerdings mahnt der – in gewisser Weise im Widerspruch zur These stabiler autoritärer Herrschaftsstrukturen der Rentier-Staats Theorie stehende – Ansatz der Ressourcenkriege zur Skepsis gegenüber Hoffnungen auf Demokratisierung durch sinkende Renteneinnahmen (Collier/Hoeffler 1998; Le Billon 2001). Im Gegenteil: Eine Vielzahl von quantitativen Vergleichs- und qualitativen Einzelfallstudien stellt heraus, dass Rohstoffstaaten oft durch politische Instabilität, gewaltsame Konflikte, Staatsstreiche und Bürgerkriege geprägt sind. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Rohstoffabhängigkeit (Anteil von Rohstoffrenten am BIP, Exporten oder dem Staatshaushalt) nicht von Rohstoffreichtum (pro-Kopf Renteneinnahmen) ergänzt wird. Während der Rohstoffreichtum den Rentier-Staaten die Absicherung autoritärer Herrschaft über die oben genannten Mechanismen ermöglicht, erhöht Rohstoffabhängigkeit ohne Rohstoffreichtum die Gefahr gewaltsamer innerstaatlicher Konflikte. Sinkende Weltmarktpreise setzen demnach weniger Impulse für Demokratisierungserfolge, sondern bedrohen die Stabilität der Herrschaftsmechanismen und können politische Gewalteruptionen befördern (Basedau/Lay 2009; Le Billon 2012).
Die Ansätze des Rentier-Staats und der Ressourcenkriege wurden in den letzten Jahren teils heftig kritisiert. Dabei haben Stimmen an Bedeutung gewonnen, die den Rohstoffdeterminismus der Rentier-Staats Debatte mit Skepsis begegnen und den Zusammenhang von Erdöl und autoritären Herrschaftsstrukturen relativieren oder gar negieren (Smith 2004; Dunning 2008; Haber/Menaldo 2011; Wacziarg 2012). Die teilweise heftig geführte Debatte kreist insbesondere um die Suche nach adäquaten Messinstrumenten und der Frage inwiefern aus Korrelationen auf Kausalität geschlossen werden kann. Haber und Menaldo vermuten etwa, dass die These, Öl behindere Demokratisierung, das Ergebnis einer Reihe von omitted variables ist:
“To put it concretely, the assumption behind the majority of the regressions in the literature is that, had Saudi-Arabia not become oil-reliant, it might have developed the same political institutions as Denmark, provided that it had achieved the same per capita income and had fewer Muslims” (Haber/Menaldo 2011: 2).
Über eine historische Ausweitung des Untersuchungszeitraums kommen Haber und Menaldo (2011: 25) zu dem Ergebnis, dass Erdöl zwar durchaus Diktaturen stützen kann, die vorhandene Empirie jedoch keineswegs auf einen Zusammenhang von Erdöl und ausbleibenden Demokratisierungserfolgen schließen lässt. Auf diese Weise stellten sie sicher geglaubte Annahmen über den Zusammenhang von staatlichen Renteneinnahmen und autoritären Herrschaftsstrukturen in Frage und haben damit breite Resonanz und teils heftige Reaktionen hervorgerufen. Andersen und Ross (2014) honorieren zwar die immense Arbeit der Sammlung historischer Daten, halten diese jedoch für den Zusammenhang von Erdöl und politischem Regime für irrelevant bzw. fehlleitend, da erst ab dem Erdölboom und der Welle der Nationalisierungen von Erdölkonzernen in den 1970er Jahren die Aneignung eines großen Teils der Renteneinnahmen durch den Staat in den Förderländern ermöglicht wurde und sich somit erst ab diesem Zeitpunkt die charakteristischen Merkmale von Rentier-Staaten herausbilden konnten.
Trotz solch berechtigter Einwände kommt den jüngeren Forschungsergebnissen der Verdienst zu, die Annahme eines starren Zusammenhangs von Rentenabhängigkeit und autoritärer Herrschaft erschüttert und eine lebhafte Debatte initiiert zu haben. Jenseits der statistischen Zusammenhänge zeigen verschiedene Beispiele rohstoffabhängiger Demokratien, dass keineswegs ein ‚ehernes Gesetz‘ die Rentier-Staaten zu autoritären Herrschaftsstrukturen verdammt: Insbesondere in Lateinamerika finden sich eine Reihe von Ausnahmen, die einige Beobachter gar dazu veranlassen von einem ‚demokratischen Rentismus‘ auf dem Subkontinent oder einem ‚Latin American exceptionalism‘ zu sprechen (Burchardt 2015; Peters 2015).
Zusammenfassend kann somit festgestellt werden, dass in den vergangenen Jahren liebgewonnene Gewissheiten der Rentenforschung zunehmend ins Wanken gerieten und Platz für breite und teils heftige Kontroversen machen mussten. Wenngleich die Debatte keineswegs beendet ist, kristallisiert sich zunehmend heraus, dass „context matters“ (Basedau 2005) und es keine allgemeingültigen Gesetze bezüglich des Zusammenhangs von Erdöl, Rente und politischem Regime gibt. Allerdings steht zu befürchten, dass der wissenschaftliche und politische Mehrwert der Debatten auf der Erforschung der Nähe bzw. Abweichung politischer Institutionen von Erdölstaaten zum – implizit oder explizit gesetzten – Ideal der OECD-Staaten auf Grund der zumindest tendenziellen Idealisierung und Universalisierung westliche Entwicklungs- und Demokratisierungsmodelle, die sämtliche Abweichungen von diesem Ideal als Defizite klassifiziert und der (entwicklungs-)politischen Behandlung übergibt, beschränkt bleiben muss. In der Konsequenz wird Kontextsensibilität zwar häufig eingefordert, aber nur selten auch forschungspraktisch konsequent umgesetzt. Problematisch ist dies nicht zuletzt deswegen, weil die Verallgemeinerung okzidentaler Interpretations- und Entwicklungsmodelle für das Verständnis der Partikularitäten und der Komplexität von Erdölstaaten und Rentengesellschaften wenig förderlich ist und diese sogar behindern kann (Peters 2015: 161 ff.).
Im Folgenden sollen zunächst die Annahmen des Rentier-Staats Ansatz mittels der Verdeutlichung der erheblichen Heterogenität der polit-ökonomischen Charakteristika von Rentier-Staaten herausgefordert werden. Zwar eint die Rentier-Staaten qua definitionem ihre Abhängigkeit vom Rohstoffexport, sie unterscheiden sich jedoch – nicht zuletzt – teilweise deutlich hinsichtlich der verfügbaren pro-Kopf Renteneinnahmen. Während die jährlichen Renteneinnahmen pro Staatsbürger in den Vereinigten Arabischen Emiraten oder Katar 50.000–60.000 US $ erreichen, belaufen sich die Vergleichswerte für Bahrein, Oman oder Saudi-Arabien auf knapp 10.000 US $ und jene für Algerien, die Republik Kongo oder den Iran auf ca. 1.000 US $ (Herb 2014: 10 ff.). Während all diese Staaten als Rentier-Staaten bezeichnet werden können, illustrieren die genannten Beispiele die breite Heterogenität rentierstaatlicher Arrangements. Vor diesem Hintergrund schlägt Herb (2014: 14) die Unterscheidung zwischen extremen, mittleren und armen Rentiers vor. Im Folgenden wird diese Differenzierung aufgenommen und in ein transregionales Vergleichsdesign eingebettet. Auf Basis eines most-different case design soll so eine vergleichende Analyse der Rentier-Staaten Kuwait (extremer Rentier), Venezuela (mittlerer Rentier) und Angola (armer Rentier) vorgenommen und die Divergenzen und Konvergenzen zwischen verschiedenen Typen von Rentier-Staaten im transregionalen Vergleich analysiert werden. Auf Grundlage dieser Fallbeispiele werden zentrale Annahmen der Rentier-Staatsforschung zunächst kritisch überprüft sowie anschließend erste Annäherungen an ein Forschungsprogramm zur Analyse von Rentengesellschaften vorgestellt.
3 Kuwait: ein (a)typischer Rentier-Staat
Kuwait ist auf den ersten Blick ein typischer Rentier-Staat. Der Staatshaushalt finanziert sich zu über 90 % aus Renteneinnahmen (Hvidt 2013: 13). Die Erdöleinnahmen geben dem Land bei einer geringen Bevölkerungszahl den Status eines extremen Rentiers und ermöglichen der al-Sabah Monarchie die Stabilisierung ihrer Herrschaft[2] mittels eines generösen Systems der staatlichen Distribution der Erdöleinnahmen, von dem insbesondere die ca. 1,15 Millionen Staatsbürger profitieren. Burton (2015) beschreibt das kuwaitische Arrangement der Rentendistribution als „Super-Inklusion“, das in vielerlei Hinsicht idealtypisch dem vom Rentier-Staat Ansatz beschriebenen Mechanismen der Stabilisierung autoritärer Herrschaft entspricht. Der Staat verzichtet praktisch auf die Besteuerung der Bevölkerung und verteilt die Renteneinnahmen äußerst großzügig unter den Staatsbürgern. Die Mechanismen der Rentendistribution umschließen hohe Ausgaben zur Finanzierung eines kostenlosen sowie vergleichsweise gut funktionierenden Bildungs- und Gesundheitssystems; Subventionen für Nahrungsmittel, Energie, Wasser, Transport und Wohnraum; Sonderzahlungen zur Finanzierung der Mitgift; einen faktischen Anspruch für Staatsbürger auf eine Beschäftigung im gut bezahlten sowie von umfangreichen Sonderrechten geprägten öffentlichen Dienst; hohe Sozialausgaben und insbesondere üppige Pensionsregelungen für ehemalige Staatsangestellte. Dazu kommt die Unterstützung des privaten Sektors über verschiedene Transfers und Maßnahmen zur Förderung lokaler Händler; staatliche Landkäufe zu Preisen deutlich über dem Marktwert sowie die großzügige Übernahme von privaten Verbindlichkeiten überschuldeter Staatsbürger durch den Staat (El-Katiri/Fattouh/Segal 2011; Herb 2014; Burton 2015).
Trotz berechtigter Zweifel an der Progressivität einer Reihe dieser Verteilungspraktiken, sind die sozialen Ungleichheiten mit einem Gini-Koeffizienten von knapp 0,22 auch im Vergleich zu den skandinavischen Staaten gering. Allerdings bestehen Zweifel an der Belastbarkeit der Daten (El-Katiri/Fattouh/Segal 2011: 24 f.; Palma 2014: 5) und auch die üppigen Vorteile, die das spezifische System aus Be- und Vergünstigungen den lokalen Unternehmern und Händlern bieten, stimmen skeptisch gegenüber der Vorstellung einer egalitären Einkommens- oder gar Vermögensverteilung in Kuwait.[3] Dessen ungeachtet besteht insgesamt kein Zweifel, dass der Großteil der Staatsbürger ökonomisch und sozial deutlich vom Erdölreichtum und der Verteilungspraxis eines „popular rentierism“ (Yom 2011) profitiert. Die zentrale Ungleichheitsachse verläuft nicht innerhalb der Staatsbürger, die zu großen Teilen unterschiedlichen Segmenten der Staatsklasse angehören, sondern zwischen diesen und dem Heer von Arbeitsmigranten. Letztere stellten laut offiziellen Angaben 2013/2014 in Kuwait gut 66 % der Gesamtbevölkerung, knapp 82 % der Arbeitskräfte und 94 % der Beschäftigten in der Privatwirtschaft (CSB 2015a). Während ein Großteil der Ökonomie und insbesondere der Privatwirtschaft auf migrantischen Arbeitskräften basiert, sind deren Einkünfte deutlich geringer als die der Staatsbürger. Letztere verdienen im Durchschnitt fast dreimal so viel wie Arbeitsmigranten und profitieren darüber hinaus auch von direkten Transfers durch die Regierung, so dass die Einkünfte eines durchschnittlichen kuwaitischen Haushalts, die eines migrantischen um das 3,5-fache übersteigen (CSB 2014: 297). Der Super-Inklusion der Staatsbürger steht folglich eine deutlichen Schlechterstellung bzw. Teilexklusion der Arbeitsmigranten gegenüber.
Obwohl die polit-ökonomischen Merkmale Kuwait als klassischen Rentier-Staat charakterisieren, präsentieren Nahostexperten das kleine Land am Persischen Golf oft als Sonderfall und Beispiel für die limitierte Erklärungskraft des Rentier-Staat Ansatzes. Zwar ist die Golfmonarchie weit von der Durchsetzung liberal-demokratischer Mindeststandards entfernt. Im Vergleich zu den Nachbarstaaten wie den Vereinigten Arabischen Emiraten, in denen die Parlamente auch von Abgeordneten als bedeutungslos eingeschätzt werden (Herb 2009: 379), bietet das politische System Kuwaits den Staatsbürgern jedoch vergleichsweise breite Partizipationsrechte und Konflikte zwischen Parlament und Königshaus sind keine Seltenheit (Ehteshami 2003: 62 f.; Yom 2011; Herb 2014: 45 ff.). Wenngleich Kuwait nicht als Demokratie bezeichnet werden kann, scheitert die Formel ‚No Taxation, No Representation’ dennoch an der empirischen Evidenz der Golfmonarchie.[4] Weiterhin relativiert das kuwaitische Beispiel auch die These der besonderen Autonomie von Rentier-Staaten gegenüber ihrer Bevölkerung. Lokale Händler und Unternehmer konnten bereits vor Beginn der Ölförderung eine vergleichbar starke Machtbasis aufbauen und diese auch unter den neuen ökonomischen Rahmenbedingungen eines Rentier-Staates und vor dem Hintergrund der zunehmenden ökonomischen Abhängigkeit von staatlichen Rententransfers verteidigen (Crystal 1989; Moore 2004). Die vergleichsweise starken politischen Partizipationsmöglichkeiten ermöglichten gleichzeitig, dass das Parlament quasi als Interessensvertretung der Staatsklasse agiert, den Entscheidungsspielraum des Königshauses beschränkt und Forderungen einiger Unternehmer nach einer stärkeren Diversifizierung der Ökonomie und einer Reduzierung der Privilegien des öffentlichen Dienstes entgegensteht (Herb 2014: 145).
Besonders deutlich wird die vergleichsweise starke Stellung des Parlaments am Beispiel der Debatten um die Förderung wirtschaftlicher Diversifizierung. Diese Ziel steht fast seit Beginn der Ölförderung auf der politischen Agenda der Regierung (El-Katiri/Fattouh/Segal 2011: 4; Hvidt 2013: 20–22). Sichtbare Erfolge blieben jedoch bisher aus und selbst im Vergleich zu anderen ölreichen arabischen Golfmonarchien sind die Diversifizierungsbestrebungen in Kuwait gering. Die Gründe dafür, dass Plänen zur Förderung der wirtschaftlichen Diversifizierung weder in der politischen Praxis noch in gesellschaftlichen Debatten größere Relevanz zukommt, liegen nicht zuletzt darin, dass die Erdölförderung und die Renteneinnahmen bestimmte gesellschaftliche Interessen und Machtstrukturen aufgebaut haben, die einer Reduzierung der Rentenabhängigkeit entgegenstehen. Die breite und mächtige Staatsklasse hat kein Interesse an einer Veränderung des status quo und kann über das Parlament entsprechende Bestrebungen be- oder verhindern (Herb 2014: Kapitel 5).
Trotz des Absturzes des Erdölpreises stellt die extreme Fokussierung und Abhängigkeit von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft vom Erdölexport für Kuwait gegenwärtig noch kein akutes wirtschaftliches oder politisches Problem dar. Zwar haben sich die Einnahmen aus dem Erdölexport im ersten Quartal 2015 gegenüber dem Vorjahreszeitraum fast halbiert, dennoch erzielt Kuwait weiterhin einen Exportüberschuss. Gleichzeitig wird mit einem starken Rückgang des Haushaltsüberschusses gerechnet. Ging die Deutsche Bank Research Group in der ersten Jahreshälfte 2015 noch von einem beachtlichen Überschuss von 7,8 % aus, zeigt sich zu Beginn des Jahres 2016 ein empfindliches Haushaltsdefizit als Folge der Talfahrt der Erdölpreise (CSB 2015b: 3; Deutsche Bank 2015; Al-Arabiya 2016). Dennoch wird der Staat die großzügige Verteilungspolitik vorerst nicht einstellen, da dies nicht zuletzt auch politische Sprengkraft besitzt. Im Gegensatz zu anderen erdölreichen Golfstaaten erlebte Kuwait im Zuge der Umbrüche in der arabischen Welt 2011/2012 vergleichsweise heftige politische Auseinandersetzungen. Die präventive Eindämmung mittels der zügigen Ausweitung sozialer Wohltaten war nicht ausreichend, um politische Unmutsartikulationen zu vermeiden. Zwar wurde weder der Herrschaftsanspruch des Königshauses noch das Wirtschafts- und Gesellschaftsmodell des Landes grundsätzlich in Frage gestellt, allerdings hat die Tatsache, dass der Ministerpräsident zurücktreten musste große Aufmerksamkeit hervorgerufen (Yom/Gause 2012; Lucas 2014).
Ungeachtet dieser politischen Auseinandersetzungen, besteht gleichwohl kein Zweifel daran, dass Kuwait auch in Zukunft auf ein rentenbasiertes Entwicklungsmodell setzen wird. Angesichts der Tatsache, dass Kuwait neben einen üppig gefüllten Sovereign Wealth Fund[5] über umfangreiche Ölreserven verfügt und eine Reduzierung der zentralen Rolle des Erdöls für die Weltwirtschaft momentan nicht absehbar ist, gestaltet sich der Druck auf eine Veränderung des öl- und rentenbasierten Entwicklungsmodells relativ gering. Die vergleichsweise großen Partizipationsmöglichkeiten der Bevölkerung reduzieren zudem im Zusammenspiel mit den Spezifika der kuwaitischen Sozialstruktur den politischen Druck bzw. den Gestaltungsspielraum der Monarchie für eine Veränderung des Wirtschafts- und Gesellschaftsmodells (Herb 2014). Kuwait wird also auch in Zukunft die Rolle des – gegenüber den Staatsbürgern – generös auftretenden und bezüglich des politischen Regimes (a)typischen Rentier-Staats beibehalten.
4 Venezuela: demokratischer Rentismus in einem magischen Staat
Seit den 1920er Jahren hängen Wirtschaft, Politik und Gesellschaft Venezuelas – mit einigen Intensitätsschwankungen – durchgehend am Tropf der Erdölförderung. Zwar forderte der venezolanische Intellektuelle Arturo Uslar Prieti bereits 1936 die Politik dazu auf, dass Erdöl zu säen (sembrar el petróleo) und setzte damit das bis heute in unterschiedlichen Ausprägungen beständig wiederholte Ziel der Diversifizierung der Wirtschaftsstruktur auf die politische Agenda (Boeckh 2011). Die Ergebnisse sind gleichwohl ernüchternd: Die Abhängigkeit Venezuelas vom Erdöl ist gegenwärtig so groß wie selten zuvor in der Geschichte des Landes. Vor Beginn des jüngsten Preisverfalls machten Primärgüter (vor allem Erdöl) über 97 % der Exporte, 45 % der Staatseinnahmen und über 23 % des BIP des Landes aus (CEPAL 2014: 102; CEPAL 2015: 71).[6] Venezuela erfüllt damit die Kriterien eines Rentier-Staates und kann unter Rückgriff auf die Differenzierung von Herb bezüglich der pro-Kopf-Renteneinnahmen als mittlerer Rentier klassifiziert werden.
Der Beginn der Erdölförderung induzierte in Venezuela einen beschleunigten Wandel von Wirtschaft, Politik, Gesellschaft und Kultur. Während die Bedeutung der Landwirtschaft zurückging, ermöglichten die Erdölförderung und die Politik der Rentendistribution dem Land bis zum Ende der 1970er Jahre ein kräftiges Wirtschaftswachstum, eine beschleunigte Urbanisierung, eine langsam einsetzende Industrialisierung, die Entstehung einer vergleichsweise breiten Mittelschicht, die Etablierung westlicher Konsum- und Distinktionsmuster sowie die sukzessive Verbreiterung der Staatsklasse. In der langen Phase relativer Prosperität zwischen den 1920er und 1970er Jahren profitierten (fast) alle gesellschaftlichen Gruppen in absoluten Zahlen vom Rentenzufluss. Allerdings taten sie dies in ungleicher Form: Während die wohlhabenden ihren privilegierten Zugang zur Erdölente verteidigen konnten, haben insbesondere ländliche Regionen und die urbanen Armutsbevölkerung nur indirekt und/oder in geringem Maße vom Erdölreichtum profitiert. Die Rentenverteilung trug so maßgeblich zur (Re-)Produktion von Ungleichheitsstrukturen und Machtverhältnissen bei, die sich im Nebeneinander von Opulenz und Armut manifestierten (Chossudovsky 1977; Tinker Salas 2015: 108 ff.). Dennoch schienen die typischen Charakteristika des Rohstofffluches bis zum Ende des Erdölbooms der 1970er Jahre weit entfernt. Stattdessen stieg der Staat zum entscheidenden Entwicklungsagenten auf, dem magische Fähigkeiten nachgesagt wurden und der das Land dank der Renteneinnahmen endgültig in die Moderne katapultieren wollte (Coronil 1997). Seit dem Elitenpakt von Punto Fijo (1958) fußten diese wirtschaftlichen und sozialen Entwicklungserfolge zudem auf einer stabilen (liberal-) demokratischen Ordnung. Das Beispiel Venezuelas zeigt also, dass Rentier-Staaten keinesfalls qua Naturgesetz zu politischem Autoritarismus verdammt sind (Dunning 2008). Zwar mangelte es nicht an kritischen Stimmen zur Funktionsweise der venezolanischen Demokratie (Azzellini 2010: 29 ff.; Buxton 2011: xv), angesichts der Skepsis der Rententheorie bezüglich der Möglichkeit der Entstehung demokratischer Strukturen sowie des von Militärdiktaturen geprägten Kontext Lateinamerikas in den 1960er bis 1980er stellt die Entstehung und Stabilität der Demokratie in Venezuela gleichwohl eine bemerkenswerte Ausnahme eines demokratischen Rentismus dar, der bis Ende der 1970er Jahre auch beeindruckende Entwicklungserfolge vorweisen konnte.
Als auf den Boom ab spätestens 1983 die Krise folgte, wurde jedoch die Fragilität des Entwicklungsmodells deutlich. Die Wirtschaft litt unter der ‚Holländischen Krankheit‘ und schlitterte in eine lange Rezession, während sich die soziale Krise im Anstieg von Armut, sozialen Ungleichheiten, Arbeitslosigkeit, prekärer Beschäftigung und (Gewalt-) Kriminalität manifestierte. Zunehmende soziale Auseinandersetzungen und zwei (gescheiterte) Militärputsche signalisierten zudem den Legitimitätsverlust des politischen Systems der Machtteilung zwischen verschiedenen Segmenten der Staatsklasse (Burchardt 2005; Baptista 2010; Isidoro Losada 2011: 281). Das Ergebnis dieser profunden Krise des erdölinduzierten Entwicklungsmodells Venezuelas war jedoch weder eine autoritäre Wende noch ein Versinken in politischer Gewalt.[7] Es kam vielmehr zu einer Veränderung des demokratischen Arrangements sowie eines (partiellen) Austausches der wirtschaftlichen Eliten und der Staatsklasse durch die ‚Bolivarische Revolution‘ unter Präsident Chávez (1999–2013) und seinem Nachfolge Nicolás Maduro (seit 2013).
Während die Regierungsübernahme durch Chávez in vielerlei Hinsicht eine Zäsur in der Geschichte Venezuelas darstellt, bleibt ein zentrales Element zum Verständnis von Wirtschaft, Politik und Gesellschaft des Landes vom Wandlungsprozess weitgehend ausgeschlossen: der Rentismus. Zwar ist auch die Regierung Chávez mit dem Ziel der Diversifizierung der Wirtschaft angetreten und verfolgt zumindest auf dem Papier eine Strategie der endogenen Entwicklung; de facto hängen Wirtschaft, Politik und Gesellschaft jedoch weiterhin (fast) vollständig am Tropf der Erdöleinnahmen. Nachdem die Regierung im Anschluss an heftige Konflikte mit Sektoren der Opposition (2002/2003) die Kontrolle über die nationale Erdölgesellschaft gewann (López Maya 2003: 146 ff.; Mommer 2003), nutze sie den Erdölboom allerdings zur (partiellen) Neuausrichtung der Rentendistribution und band insbesondere sozial benachteiligte Bevölkerungsgruppen an das politische Projekt: Kräftig erhöhte Sozialausgaben, innovative Sozialpolitiken für hiervon vormals weitgehend ausgeschlossene Bevölkerungsteile auf dem Land und in den städtischen Armutsvierteln sowie die Erhöhung der Importkapazität und des allgemeinen Konsumniveaus brachten großen Teilen der Bevölkerung spürbare Verbesserungen ihrer Lebensbedingungen (Aponte Blank 2010; Azzellini 2010: 248 ff.; López Maya 2014: 76). Gleichzeitig profitierten auch und gerade die Mittelschichten vom Zugang zu verbilligten Devisen z. B. für Auslandsreisen und bestimmte Importprodukte; der Ausweitung öffentlicher Investitionen und Beschäftigung; der Aufrechterhaltung der Subventionen für Treibstoffe; sowie des weitgehenden Besteuerungsverzichts.[8] Darüber hinaus boten und bieten sich auf Grund der extrem niedrigen Preise für Treibstoff und Grundnahrungsmitteln organisierten Schmugglern enorme Bereicherungsmöglichkeiten durch illegale Grenzgeschäfte (Lander 2014; Terán Mantovani 2015: 117 f.; Sutherland i. E.). Schließlich profitierten insbesondere der Banken- und Finanzsektor aber auch der Handel, der Telekommunikationssektor sowie die Baubranche vom Erdölboom. In diesem Kontext entstand eine neue Schicht aus regierungsnahen Unternehmern (die sogenannte boliburgesía), die ebenso wie die Staatsklasse und Teile der Armee enorme Reichtümer anhäufen konnten (Isidoro Losada 2011; Sutherland i. E.). Zwar gab es auch eine Reihe von ökonomischen Verlierern des neuen Rentierarrangements, insgesamt kann für die Periode von 2003–2008 jedoch konstatiert werden, dass der Boom eine neue Phase (relativer) Prosperität in Venezuela einläutete und ein kräftiges Wirtschaftswachstum mit deutlichen Verbesserungen zentraler Sozialindikatoren, einem generellen Anstieg des Konsumniveaus, enormen Bereicherungsmöglichkeiten für einen Großteil der traditionellen und neuen Eliten des Landes verband.
Dass Politik und Gesellschaft Venezuelas gegenwärtig dennoch durch eine extreme Konfliktivität und Polarisierung charakterisiert sind (Bitar Deeb/Isidoro Losada 2015), erklärt sich einerseits aus den zunehmenden Krisenerscheinungen des Entwicklungs-, Wirtschafts- und Verteilungsmodells der Regierung und andererseits aus dem Konflikt über die Kontrolle der Renteneinnahmen. Es gelang der Regierung Chávez während der Zuspitzung der politischen Konflikte 2002/2003 die Kontrolle über die staatliche Erdölgesellschaft PdVSA zu erlangen und damit den vormals herrschenden Segmenten der Staatsklasse den Zugriff auf die Erdölrente zu entziehen. Dies ermöglichte die Konsolidierung und Institutionalisierung des Regimes sowie eine Neukonfiguration und quantitative Erweiterung der Staatsklasse, die oftmals klientelistischen Mustern folgt (Paulus 2013). Der Kampf um die Kontrolle der Erdölrente spitzte sich im Zuge des rückläufigen Verteilungsspielraums durch den Verfall der Erdölpreise erneut zu. Die Konfliktlinien verlaufen dabei nicht nur zwischen der Regierung und der Opposition, sondern es lassen sich auch innerhalb des Regierungslagers zunehmend Konflikte zwischen unterschiedlichen Segmenten der Staatsklasse beobachten.
Die aktuelle Wirtschaftskrise kann gleichwohl nicht ausschließlich auf den Verfall der Erdölpreise zurückgeführt werden. Das bolivarische Entwicklungsmodell zeigte bereits ab 2008 deutliche Krisenerscheinungen: Die wirtschaftliche Lage weist bereits seit mehreren Jahren deutliche Probleme auf und seit dem Jahr 2014 befindet sich das Land in einer erneuten, äußerst heftigen Rezession.[9] Zudem stagniert die Armutsrate – nach offiziellen Angaben – seit 2007 bei ca. 27–28 % und nahm zuletzt sogar leicht zu. Oppositionsnahe Wissenschaftler konstatieren auf Grundlage alternativer Datenerhebungen hingegen einen dramatischen Anstieg der Armut (España 2015). Der sinkende Ölpreis hat die Probleme des Entwicklungsmodells in Venezuela nicht heraufbeschworen, sondern abermals verschärft und eine deutliche Erhöhung des Haushaltsdefizits sowie den drastischen Rückgang der Devisenreserven des Landes zur Konsequenz. Dadurch verengte sich der Verteilungsspielraum der Regierung, während gleichzeitig die zunehmende Knappheit von Gütern des täglichen Bedarfs und die ausufernde Inflation wachsende Unzufriedenheit in der Gesellschaft zur Folge hat, die im Jahr 2014 zur Zuspitzung der politischen Konflikte beitrug. Diese Konflikte kulminierten im Februar und März 2014 in gewaltsamen Auseinandersetzungen, die 42 Todesopfer und knapp 1.000 Verletzte forderten und mit zunehmend autoritären Maßnahmen der Regierung einhergingen (Bitar Deeb/Isidoro Losada 2015: 90). Die sukzessive Verschärfung der Krisentendenzen erklärt schließlich maßgeblich, warum die Opposition bei den Parlamentswahlen von Dezember 2015 eine Zweidrittelmehrheit der Abgeordneten erringen konnte.
Während die extreme Polarisierung fast sämtliche Bereiche der politischen und gesellschaftlichen Debatten in Venezuela dominiert (Bitar Deeb/Isidoro Losada 2015), besteht ein weitreichender Konsens darüber, die Zukunft des Landes weiterhin auf Erdölbasis zu konstruieren. Zwar entzünden sich heftige Konflikte über die konkrete Ausgestaltung der Erdölpolitik und der Verteilung der Renteneinnahmen, die Ausbeutung der äußerst umfangreichen Erdölreserven des Landes wird jedoch von keiner relevanten politischen Kraft in Frage gestellt (Lander 2014) und auch die erneuten Erfahrungen der Krisenanfälligkeit des Entwicklungsmodells ‚Rentismus‘, haben in Venezuela das allgemeine Vertrauen in die erdölbasierte Entwicklungsstrategie nicht nachhaltig erschüttert, sondern lediglich die Konflikte um die Verteilung der Erdölrente zugespitzt. Mangels alternativer Entwicklungsmodelle und angesichts umfangreicher Erdölreserven werden sich in Venezuela somit auch in Zukunft die zentralen politischen und gesellschaftlichen Konflikte an der Kontrolle und der Verteilung der Erdölrenten entzünden.
Trotz notwendiger Kritik am gegenwärtig zunehmend autoritären Regierungsstil der Regierung (Isidoro Losada 2015), verdeutlicht das Beispiel Venezuelas dennoch, dass Rentier-Staaten keineswegs inkompatibel mit demokratischen Herrschaftsmustern sind. Die Erfahrungen in Venezuela seit Mitte des 20. Jahrhunderts stehen beispielhaft für die Möglichkeit eines demokratischen Rentismus in Erdölstaaten und verdienen gerade deswegen eine stärkere Beachtung durch die Rentenforschung. So zielt die aktuelle Regierung mit verschiedenen Maßnahmen etwa auf die Schaffung basisdemokratischer Strukturen mittels der Förderung von Kommunalräten und Kommunen. Zwar bestehen berechtigte Zweifel hinsichtlich der Autonomie dieser partizipativen Mechanismen gegenüber dem Regierungsprojekt (Eaton 2014; Isidoro Losada 2015); sie zeigen dennoch, dass mechanistische Vorstellungen über den Zusammenhang von Renteneinnahmen, Autoritarismus und fehlenden Partizipationsmöglichkeiten bequeme Simplifizierungen gegenüber der Auseinandersetzung mit komplexen Realitäten vorziehen.
5 Angola: turbulente Stabilität[10] eines Rentier-Staates
Auch Angola erfüllt aus polit-ökonomischer Perspektive sämtliche Kriterien eines Rentier-Staates: Wirtschaft, Politik und Gesellschaft sind durch eine extreme Erdölabhängigkeit geprägt. Im Jahr 2014 machten Erdöl und Bergbau zusammen 97 % der Exporte des Landes aus,[11] während die Einnahmen aus dem Erdölexport im Jahr 2013 knapp 40 % zur Gesamtwirtschaftsleistung und ca. 80 % zu den Staatseinnahmen beitrugen (Muzima/Mendy 2015). Die Finanzierung des Staatsapparates basiert also nicht auf der Besteuerung der Bevölkerung, sondern vor allem auf der Abschöpfung der Erdölrente. Allerdings ist Angola trotz der extremen Abhängigkeit von der Extraktion und dem Export von Erdöl, gemessen an den pro-Kopf Renteneinnahmen keinesfalls ein rohstoffreiches Land. Es fällt vielmehr in die Kategorie der ‚armen Rentiers‘, deren ökonomische Abhängigkeit von den Renteneinnahmen sich vor allem aus dem Mangel an alternativen Wirtschaftsaktivitäten erklärt (Herb 2014: 11 ff.).
Die These der Stabilität autoritärer Herrschaftsmuster wird vom Beispiel Angolas zumindest teilweise herausgefordert. Zwar regiert der amtierende Präsident José Eduardo dos Santos das Land bereit seit 1979, das (post-)koloniale Angola befand sich jedoch bis 2002 in einem fast vier Jahrzehnte währenden Bürgerkrieg, der die Herrschaftsstabilität beständig herausforderte und eine ‚turbulente Stabilität‘ begründete.[12] Gleichzeitig verschärfte der Kriegszustand die extreme Abhängigkeit des Landes von Erdöl und die geringe Bedeutung alternativer Wirtschaftszweige. Die Kombination aus Bürgerkrieg, Autoritarismus, Korruption, extremer Rohstoffabhängigkeit und einer schwachen wirtschaftlichen und sozialen Entwicklungsperformance machten Angola lange Zeit zu einem Musterbeispiel für den Ressourcenfluch. Noch Mitte der 2000er Jahre wurde das Land von Soares de Oliveira (2007a: 49 ff.) als „successful failed state“ charakterisiert, in dem die Aufrechterhaltung nationaler Souveränität vor allem der Legitimierung der Regierung als Handelspartner internationaler Erdölkonzerne und Empfänger von Geldern der Entwicklungszusammenarbeit diente. Einer vergleichsweise kleinen Elite aus Staatsklasse und Unternehmern boten sich enorme Bereicherungsmöglichkeiten, während der Großteil der Bevölkerung in Armut und meist ohne Zugang zu sozialen Basisdienstleistungen lebte (Munslow 1999). Diese Abkopplung der Erdölförderung und der Rentenzuflüsse vom Großteil der Bevölkerung wurde noch dadurch begünstigt, dass ein Großteil der Extraktionstätigkeit offshore stattfindet und einen starken Enklavencharakter mit geringen Beschäftigungseffekten und – trotz beginnender Veränderungen in den vergangenen Jahren (Ovadia 2013) – Verbindungen zum Rest der Ökonomie und der Gesellschaft aufweist (Ferguson 2005; Power 2012: 996; García-Rodríguez et al. 2013: 168). Als Konsequenz ist ein Großteil der Bevölkerung im informellen Sektor bzw. der Subsistenzwirtschaft beschäftigt und lebt dort meist am Rande des Existenzminimums, während eine kleine wirtschaftliche und politische Elite sich den Großteil der Renteneinnahmen aneignet.
Der Staat übernimmt auch in Angola die Rolle des zentralen Verteilungsagenten und greift dabei auf für Rentier-Staaten typische Verteilungsmechanismen zur Herrschaftslegitimierung zurück: Hierzu gehören der faktische Verzicht der Besteuerung der Bevölkerung; die subventionierte Bereitstellung von Energie, Transport sowie teilweise Wohnraum; ein vergleichsweise großer öffentlicher Sektor; sowie vor allem verschiedene Mechanismen zur gezielten Ermöglichung von hohen Extraprofiten für die lokalen wirtschaftlichen und politischen Eliten. Insbesondere letzteres sicherte der Regierung nach dem Ende des Bürgerkriegs die Loyalität der lokalen Unternehmer und Händler und förderte damit – zusammen mit verschiedenen Mechanismen der Kooptation und Korrumpierung der Politik sowie einem allgegenwärtigen Repressionsapparat[13] (Reed 2009) – die Stabilität des Regimes. Obwohl viele der Mechanismen der Rentenverteilung in Angola auf den ersten Blick Ähnlichkeiten zu anderen Rentier-Staaten aufweisen, sind die Unterschiede in den Ergebnisse dennoch kaum zu übersehen. Zwar konnte der Anteil der in Armut lebenden Bevölkerung nach dem Ende des Bürgerkrieges und im Kontext der hohen Erdölpreise von ca. 66 % (2001) bis 2009 auf 36,6 % reduziert werden, der jüngste Human Development Report des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen zeigt jedoch erneut, dass die sozialen Entwicklungserfolge und insbesondere die Versorgung der Bevölkerung mit sozialen Basisdienstleistungen (Bildung, Gesundheit) weiterhin unzureichend sind (García-Rodríguez et al. 2015: 169; Muzima/Mendy 2015; UNDP 2015: 210).[14] Schließlich ist die Tatsache, dass Angola zu den Ländern mit den weltweit am stärksten ausgeprägten sozialen Ungleichheiten gehört, auch und insbesondere auf die Spezifika der Verteilung der Erdölrente zurückzuführen (Reed 2009; Basedau/Neumann 2011: 181; Soares de Oliveira 2015a: 88). Anders ausgedrückt: Die sozialen Ungleichheiten werden maßgeblich durch den ungleichen Zugang zur Erdölrente geprägt.
Das düstere Bild Angolas als Karikatur einer Ansammlung sämtlicher negativer Konsequenzen der Rohstoffförderung wandelte sich zwischen 2004 und 2008 im Zuge des spektakulären Wirtschaftsbooms mit zweistelligen Wachstumsraten drastisch: Das einstige entwicklungspolitische Sorgenkind wurde fast über Nacht zu Afrikas „foremost emerging market“ (zit. n. Power 2012: 997; Ovadia 2012: 43). Im Zuge des Booms wurden riesige Infrastruktur- sowie luxuriöse Prestigeprojekte angestoßen und häufig mit chinesischer Unterstützung durchgeführt. Der Staat wurde zum scheinbar allmächtigen Entwicklungsagenten, der das Land mittels der üppigen Erdöleinnahmen modernisieren und in ein afrikanisches Dubai verwandeln wollte. Nicht selten wurde der Gigantismus scheinbar zum Selbstzweck und eröffnete lokalen Unternehmern und Politikern attraktive Möglichkeiten der Selbstbereicherung und des Prestigegewinns (Power 2012: 1002 ff.; Soares de Olveira 2015a: 58 ff.). Im Ergebnis ermöglichte die Boomphase der vergleichsweise schmalen politischen und ökonomischen Elite den Löwenanteil der Renteneinnahmen – insbesondere durch die Ausnutzung von Wechselkursgewinnen, den privilegierten Zugang zu öffentlichen Aufträgen und Devisen der Zentralbank sowie der Bereicherung an der Privatisierung von Staatsvermögen (Reed 2009: 27 f.; Soares de Oliveira 2015a: 133 f.) – unter sich aufzuteilen.
Die Praktiken der (Re-)Produktion sozialer Ungleichheiten und der Absicherung von Privilegien scheinen sich im jüngsten Erdölboom zwar gewandelt und nicht zuletzt über die Ausweitung der Staatsklasse eine gewisse Verbreiterung der Mittel- und Oberschicht ermöglicht zu haben (Ovadia 2012; Soares de Oliveira 2015a: 131 ff.), die generelle Tendenz eines Systems der Rentendistribution, das wenigen die Anhäufung enormer Reichtümer ermöglicht, während der Großteil der Bevölkerung vor allem unter den negativen Konsequenzen der Erdölförderung leidet, blieb davon gleichwohl unangetastet. Das Beispiel Angolas steht vielmehr exemplarisch für einen Fall, in dem die Staatsklasse nur durch vergleichsweise geringe Legitimierungszwänge an ihrer Selbstbereicherung gehindert wird. Wirtschaft und Politik Angolas sind fast vollständig auf die Aneignung eines möglichst umfangreichen Teils der Erdölrenten durch politische Beziehungen ausgerichtet. Nicht zufällig konnte mit Isabel dos Santos die Tochter des seit 1979 regierenden Präsidenten Eduardo dos Santos mit einem geschätzten Vermögen von 2,9 Milliarden Dollar[15] zur „reichste[n] und mächtigste[n] Frau Afrikas“ (Haupt 2015) aufsteigen, während der Sohn des Präsidenten den Vorsitz des 2012 neu eingerichteten Erdölfonds (Fondo Soberano de Angola)inne hat. Diese Beispiele dienen der Illustration eines Systems, bei dem ein Großteil der Erdölrente mittels Korruption, Nepotismus und Patronage unter der vergleichsweise kleinen angolanischen Elite verteilt wird.
Wenngleich viele Autoren immer wieder und zu recht auf die ausufernde Korruption und die schwachen Institutionen in Angola hinweisen (García-Rodríguez et al. 2015: 167 ff.),[16] läuft ein zentraler Faktor für die turbulente Stabilität der autoritären Herrschaft in dem ‚armen Rentier-Staat‘ Angola dieser allgemeinen Einschätzung zum Charakter der politischen Institution in Angola entgegen: die erstaunliche Effizienz des staatlichen Erdölkonzerns Sonangol. Zur Sicherung der zuverlässigen Versorgung der Staatsklasse mit den für die Selbstbereicherung und Herrschaftssicherung qua Rentendistribution und Finanzierung des Repressionsapparats dringend benötigten Petro-Dollars, wird sorgsam darauf geachtet, dass sich Sonangol als ‚Insel der Effizienz‘ von den allgemeinen Praktiken des Großteils der staatlichen Institutionen abhebt (Soares de Oliveira 2007b; Amundsen 2014: 184; Pérez Niño/Le Billon 2014: 86). Diese Heterogenität der Funktionsweise unterschiedlicher staatlicher Institutionen (Amundsen 2014) wird jedoch von einem Großteil der rententheoretischen Forschung – nicht zuletzt auf Grund methodischer Probleme – nicht ausreichend reflektiert und verdeutlicht die Grenzen insbesondere quantitativer Forschungen für das Verständnis der komplexen Strukturen von Rentier-Staaten.
Trotz der erstaunlichen Effizienz von Sonangol ist Angola im Kontext des aktuellen Verfalls der Weltmarktpreise für Erdöl auf Grund der insgesamt schwachen sozialen Entwicklungsbilanz sowie der hohen Rohstoffabhängigkeit und fehlende Diversifizierung der Wirtschaftsstruktur des Landes besonders krisenanfällig. Schätzungen gehen davon aus, dass die angolanische Regierung für einen ausgeglichenen Haushalt einen Erdölpreis von knapp 100 US $ benötigt.[17] Angesichts des drastischen Preisrückgangs auf ca. 40–50 US $ im Jahr 2015 wurden Wachstumsraten nach unten und das voraussichtliche Haushaltsdefizit nach oben korrigiert. Gleichzeitig wurden Infrastrukturprojekte eingefroren, Kürzungen im Staatshaushalt vorgenommen, Gehälter der Staatsbediensteten sowie Treibstoffsubventionen gekürzt und der Dollarkurs schoss in die Höhe. Zur Krisenbearbeitung sucht die Regierung Angolas bei internationalen und privaten Gebern verzweifelt nach Krediten und verschärft gleichzeitig die Repressionsmaßnahmen (CNBC 2015; The Economist 2015; Soares de Oliveira 2015b).
Die extreme Abhängigkeit Angolas vom Erdöl erklärte im Fahrtwasser steigender Weltmarktpreise zum Teil die hohen Wachstumsraten; gegenwärtig zeigt sie jedoch ihre schmerzhafte Kehrseite: Es mangelt dem Land an alternativen Einnahmequellen, die die wirtschaftlichen und sozialen sowie ggf. auch politischen Krisenauswirkungen abdämpfen könnten. Im Unterschied zu den vorher diskutierten Fallbeispielen zeigt sich in Angola als Konsequenz von Rohstoffabhängigkeit ohne Rohstoffreichtum und der Fokussierung der Staatsklassen auf Selbstbereicherung, dass die Stabilität der Herrschaft äußerst krisenanfällig ist. Die liegt nicht zuletzt darin begründet, dass ein Großteil der Bevölkerung auch in wirtschaftlichen Boomphasen von den Segnungen des Erdölreichtums weitgehend ausgeschlossen bleibt und in Zeiten des Rückgangs der Erdölpreise besonders stark von den Krisenfolgen betroffen ist. Eine Abkehr vom erdölinduzierten Entwicklungsmodell ist auf Grund mangelnder Alternativen und Diversifizierungserfolge sowie den fortwährenden Möglichkeiten zur Selbstbereicherung der Staatsklasse trotz der Fragilität des Entwicklungsmodells auch in der aktuellen Krise nicht abzusehen. Die Krise droht in Angola jedoch eine Steigerung der politischen und gesellschaftlichen Konflikte hervorzubringen und damit erneut die turbulente Stabilität des Rentier-Arrangements zu bestätigen.
6 Mehr Komplexität wagen! Vom Rentier-Staat zur Rentengesellschaft
Die drei Fallbeispiele verdeutlichen, dass allgemeine Aussagen über den Zusammenhang von Renteneinkünften und politischem Regime bzw. der Konfliktanfälligkeit von Staaten der Komplexität der Entwicklungsperspektiven und der politischen und gesellschaftlichen Arrangements in Erdölstaaten nur unzureichend gerecht werden sowie zentrale Grundannahmen der rententheoretischen Forschung von der Empirie immer wieder herausgefordert werden. So kann durchaus bezweifelt werden, dass die arabischen Golfstaaten auch ohne Erdöl ähnliche wirtschaftliche und soziale Entwicklungserfolge zu verzeichnen hätten (Hertog 2012), während das venezolanische Beispiel die These der autoritärer Stabilität in Rentier-Staaten infrage stellt und die vergleichsweise positive Performanz der staatlichen Erdölgesellschaft Angolas die These der mangelnden Effizienz staatlicher Strukturen in Rentier-Staaten zumindest relativiert. Diese Beispiele illustrieren ein zentrales Problem der Resource Curse-These und des Rentier-Staat-Ansatzes: die Vernachlässigung fall- und kontextspezifischer Besonderheiten, historischer (und häufig kolonialer) Legate und Sedimentierungen sowie damit verbundenen politisch-institutionellen und gesellschaftlichen Gestaltungsmöglichkeiten.
Abschließend wird nun auf Basis der Fallbeispiele für eine Komplexitätssteigerung der Analyse sowie eine Verschiebung der Debatte in Richtung auf die empirische Erforschung der Partikularitäten und fallspezifischen Besonderheiten von Rentengesellschaften als zukünftiges Forschungsprogramm plädiert (Peters 2015; Peters i. E.). Ausgehend von der Annahme der Zentralität des politischen Konfliktes um die Kontrolle und Distribution der Renten, sollen hierfür erstens die jeweiligen Modi der ungleichen Verteilung der Renteneinnahmen untersucht werden. Ziel ist dabei über die Erforschung der komplexen Strukturen von Be- und Vergünstigungen sowie Benachteiligungen und Exklusionen durch die jeweiligen Muster der Rentenverteilung zu einer Analyse der Materialisierung von Herrschaftsverhältnissen zu gelangen. Die vorherrschende Dichotomie Resource Curse vs. Resource Blessing ist zum Teil fehlleitend, da sie auf die Ebene des Nationalstaates bzw. der Volkswirtschaft fokussiert und damit verdeckt, dass die ungleiche Verteilung von Renteneinnahmen Gewinner und Verlierer produziert und „progress and poverty“ (Obeng-Odoom 2014: 187) generiert. Anders ausgedrückt: Zentral ist nicht die Frage nach dem Fluch oder Segen der Ressourcen, sondern nach sozialen Ungleichheiten sowie damit verbundenen Macht- und Herrschaftsverhältnissen (Peters i. E.).
Diese Perspektive sollte zweitens durch die Erforschung der gesellschaftlichen Prägekraft der Rentenzuflüsse ergänzt werden. Verschiedene Mechanismen der Verteilung der Renteneinkünfte wie der quasi-Anspruch auf einen Arbeitsplatz im öffentlichen Sektor in Kuwait, die hohen Treibstoffsubventionen und der weitgehende Besteuerungsverzicht in Kuwait, Venezuela und Angola oder die Ermöglichung von hohen Profiten durch Wechselkursspekulationen und den bevorzugten Zugang zu öffentlichen Aufträgen in Angola und Venezuela mögen effizienzbasierten Logiken widersprechen, in vielen Rentengesellschaften stellen solche oder ähnliche Kanäle der Aneignung eines Teils der Renteneinnahmen durch die Bevölkerung oder einzelne soziale Gruppen jedoch quasi naturalisierte Ansprüche dar, die kaum einer gesonderten Legitimierung bedürfen und gegebenenfalls gegenüber der Politik vehement eingefordert oder verteidigt werden (Peters i. E.). Damit verbunden sind charakteristische Konsum- und Distinktionsmuster, wie die Bevorzugung hochpreisiger und importierter Luxus- und Konsumgüter, die sich oft vornehmlich in der Mittel- und Oberschicht manifestieren, deren gesellschaftliche Wertschätzung jedoch häufig die gesamte Gesellschaft durchdringt. So wird der ostentative Luxuskonsum in extrem ungleichen Gesellschaften wie Angola zwar kritisch beäugt, er wird jedoch von weiten Teilen der Bevölkerung nicht zurückgewiesen, sondern von den weniger begünstigten Bevölkerungsgruppen eher beneidet, bewundert und ersehnt bzw. nachgeahmt (Soares de Oliveira 2015: 154). Nicht selten sind diese Praktiken auch mit bestimmten Vorstellungen verbunden, die das Erdöl als Sprungbrett von Modernität und Entwicklung verstehen und diese Werte insbesondere in bestimmten Konsummustern manifestiert sehen (Coronil 1997). Diese Muster stützen etwa in Kuwait oder Venezuela einen breiten gesellschaftlichen Konsens bezüglich der Ausbeutung der Erdölvorkommen als Weg zu Modernität und Entwicklung. Allerdings unterstreichen verschiedene Beispiele von „Konflikten um Natur“ (Dietz/Engels 2014) sowie alternative gesellschaftspolitische Vorschläge wie die Verankerung des indigenen Konzepts des Buen Vivir (Gute Leben) sowie der ‚Rechte der Natur‘ in der Verfassung des Erdölstaates Ecuadors, dass die Erdölförderung nicht notwendigerweise gesellschaftlich unumstritten ist (Ávila Santamaría 2011; Diener 2014; Acosta 2015). Die Untersuchung der Gründe für die unterschiedlichen Ausprägungen gesellschaftlicher Naturverhältnisse sowie die verschiedenen Mechanismen der Herstellung breiter gesellschaftlicher Unterstützung für erdölbasierte Entwicklungsmodelle verdienen folglich ebenfalls eine verstärkte Beachtung durch die Forschung
Die verschiedenen Beispiele der komplexen Verhältnisse und Interdependenzen von Staat und Gesellschaft sind nicht als Beschreibung allgemeiner Charakteristika von Rentengesellschaften zu verstehen. Es handelt sich vielmehr, um erste Spuren auf dem Weg zum Verständnis ihrer Besonderheiten, die mit der jeweiligen Empirie abgeglichen und ggf. korrigiert werden müssen. Die kursorischen Ausführungen zu Rentengesellschaften zeigen bereits, dass die vorherrschenden methodisch-konzeptionellen Modelle der Rentenforschung darunter leiden, dass sie die Formulierung eindeutiger Aussagen gegenüber einer adäquaten Erfassung der Komplexität von Rentengesellschaften vorziehen. Als Konsequenz haben sie trotz umfangreicher Analysen eine breite Forschungslücke hinterlassen. Die Debatten zu Rente und Entwicklung sowie zum Rentier-Staat stehen somit vor der Herausforderung, eine Perspektivverschiebung vorzunehmen und die bisherigen Ansätze vor dem Hintergrund neuerer Erkenntnisse zu allgemeinen Charakteristika und kontextspezifischen Besonderheiten von Rentengesellschaften auf den Prüfstand zu stellen. Dies eröffnet gleichzeitig die Chance die Praxis von Politikempfehlungen auf Grundlage diskutabler Annahmen zugunsten eines vertieften Verständnisses von Rentengesellschaften aufzugeben.
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