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Publicly Available Published by De Gruyter April 14, 2016

Wutreden – Konstruktion einer Gattung in den digitalen Medien

  • Simon Meier EMAIL logo

Abstract

This paper proposes a reception-oriented and discursive concept of genre by using the example of „Wutreden“, i. e. public and medially distributed rants and their coverage in (online) media and Web 2.0. On the basis of a corpus of video recordings and transcriptions of Wutreden as well as comments made by journalists and users, it is shown that neither their linguistic features nor their situational functions qualify Wutreden as a distinct genre. Rather, the medial and internet-based recontextualisations of Wutreden build an orienting framework for the reception of discourse. It is these recontextualisations that put disparate speech events in order, so that they can be received as instances of one single genre. The analysis of accompanying discourse like media reports, user comments, and tweets as well as the multimodal surroundings of the respective videos shows, that such documents of reception reflect a genre awareness of Wutreden which will shape their reception as well as the follow-up discourse. The increase of Wutreden in the recent past as appears to be as a result of altered conditions of reception in online environments – conditions, which the linguistic study of genre and genre change within digital media should not neglect.

1 Einleitung

Neuere Arbeiten zur Textsortenlinguistik oder – in einem erweiterten Sinne – zur linguistischen Kommunikationstypologie (vgl. Habscheid 2011b) nehmen zunehmend diachrone Aspekte in den Blick (vgl. etwa Hauser et al. 2014). Auch unabhängig von dezidiert sprachgeschichtlichen Fragestellungen wird dafür plädiert, Textsorten weniger als objektive und als sprachliche Merkmalskonfigurationen eindeutig beschreibbare Gebilde denn als „von einer Kommunikationsgemeinschaft diskursiv hervorgebrachte und tradierte Größen“ (Luginbühl/Perrin 2011: 577) aufzufassen, und zwar nicht nur hinsichtlich ihrer Emergenz, sondern auch hinsichtlich ihrer Kategorisierung und Terminologisierung (vgl. Holly 2002: 2452). Linguistische Textsortentypologien seien deshalb an die ihrerseits historisch und kulturell situierte Typisierungspraxis der Kommunizierenden selbst rückzubinden (vgl. Habscheid 2011a: 16f.). Die diachrone Perspektive ist hier bereits in den Textsortenbegriff selbst eingelassen. Die letzthin oft gestellte Frage nach der Kulturalität von Textsorten (vgl. Fix 2008: 28; Luginbühl 2014b: 40–43) als den sprachlichen Erscheinungsformen kollektiver Handlungs- und Situationstypen öffnet ebenfalls den Blick für diachrone Aspekte. Indem Textsorten als „sozial-historisch entstandene und tradierte, damit auch kulturspezifisch geprägte […] Formen sprachlich-kommunikativen Handelns“ (Krause 2000: 48) aufgefasst werden, die „kondensierte Reflexe kommunikativer Aufgaben“ (Heinemann 2000: 515) darstellen, ist die Frage nach den Gründen für die Entstehung und den Wandel bestimmter Textsorten wenigstens implizit mitgestellt.

Im Hinblick auf technologische Innovationen und veränderte mediale Kontexte sind nun in der Tat vielfältige Wandelprozesse zu konstatieren, die bei einer adäquaten Beschreibung gegenwärtiger textueller Phänomene wie multimodal angereicherten und hypertextuell verknüpften Texten oder auch Hybridisierungstendenzen von Gattungen berücksichtigt werden müssen (vgl. Heyd 2009; Fix 2014; Tienken 2015). Gerade zur Erfassung dieser Wandelprozesse aufgrund von veränderten technisch-medialen Kommunikationskonstellationen wird in vielen Ansätzen (vgl. etwa Dürscheid 2005; Imo 2011) die Theorie der kommunikativen Gattungen (vgl. etwa Günthner/Knoblauch 1994; Günthner 1995) herangezogen, die auch für das umrissene Verständnis von (mündlichen wie schriftlichen) Textsorten als routinisierten Lösungen wiederkehrender Aufgaben wichtige Impulse gegeben hat.

Im Folgenden soll mit der sogenannten Wutrede eine mündliche ‚Textsorte‘ bzw. ‚Gattung‘[1] in den Blick genommen werden, die sich einerseits in eben diese Untersuchungsrichtung einfügt, da sie, wie ich zeigen werde, ihre charakteristische Konjunktur im Kontext der digitalen Medien erfahren hat.[2] Andererseits ist die Sachlage hinsichtlich der Wutrede nochmals anders nuanciert, da diese mitnichten (wie etwa die Gattung Expertenchat, vgl. Dürscheid 2005) einen tatsächlich neuen Typ sprachlich-kommunikativen Handelns darstellt. Sie trifft aber auf veränderte Rezeptionsbedingungen und ist mithin in veränderte und an einer Vielzahl von Rezeptionszeugnissen ablesbare interpretative Verfahren eingebettet, die die Wutrede als Gattung erst konstituieren – und zwar weniger für die wissenschaftlich Analysierenden, die an der Gattungsidentität der Wutrede begründete Zweifel haben mögen, als vielmehr für die Diskursteilnehmer selbst. Diesen gattungskonstruktiven Praktiken gilt das Interesse der folgenden Ausführungen.

Der Aufsatz verfolgt somit drei aufeinander bezogene Ziele. Erstens soll das (noch zu beschreibende) Phänomen der erstaunlichen Konjunktur von Wutreden in jüngerer Zeit aus sprachwissenschaftlicher Sicht beschrieben und erklärt werden. Damit soll zweitens exemplarisch ein medialer Kommunikationstyp erörtert werden, der in bisherigen Forschungsarbeiten zu neuen bzw. veränderten Textsorten und Gattungen im Kontext digitaler Medien eher vernachlässigt wird (vgl. aber Androutsopoulos 2015): Lag der Fokus bisher eher auf genuin internetbasierten Textprodukten und kommunikativen Praktiken, die schon in formaler und funktionaler Hinsicht wenigstens verändert oder gar neu sind (Blogs, Chats, Internetforen, Newsgroups etc.; vgl. hierzu etwa Giltrow/Stein 2009a), handelt es sich hier um eine Gattung, die sich durch mediale, insbesondere internetbasierte Rekontextualisierungen konstituiert. Dies liefert drittens empirische wie theoretische Argumente für eine stärker rezeptions- und diskursorientierte Fassung des Gattungsbegriffs, wie sie (unter ganz anderen Vorzeichen) etwa von Vertretern der rezeptionsästhetischen Gattungstheorie (vgl. Jauß 1977), vor allem aber der Linguistic Anthropology (vgl. etwa Briggs/Bauman 1992) vorgeschlagen wurde. Für das in der kulturwissenschaftlich orientierten Textlinguistik seit längerem zu beobachtende Interesse an den Interpretationsleistungen der Rezipierenden bei der Emergenz von Textsorten (vgl. Luginbühl 2014a: 308) kann gerade ein so konturierter Gattungsbegriff fruchtbar gemacht werden.

Im Folgenden werde ich zunächst darlegen, was im aktuellen Sprachgebrauch unter „Wutreden“ verstanden wird. Anschließend werde ich diskutieren, inwiefern die Wutrede als (kommunikative) Gattung beschrieben werden kann. Auf der Grundlage von transkribierten Aufzeichnungen von Wutreden wie auch von Presseberichten über Wutreden werde ich ihre typischen Gattungsmerkmale aufzeigen. Aufgrund der sich hierbei ergebenden Probleme werde ich einen rezeptions- und diskursorientierten Gattungsbegriff entwickeln, der das gattungskonstruktive Potenzial von sog. Rekontextualisierungen betont, welche im Kontext v. a. der digitalen Medien besondere Ausformungen annehmen. Abschließend werde ich einige Konsequenzen eines so konturierten Gattungsbegriffs für das Vorhaben einer diachronen Textsortenlinguistik diskutieren.

2 Was sind „Wutreden“?

Im aktuellen öffentlichen Sprachgebrauch bezeichnet der Ausdruck Wutrede für gewöhnlich öffentliche, aber spontan und emotional-impulsiv gehaltene Reden von Funktionsträgern wie Fußballtrainern oder, insbesondere in jüngerer Zeit, auch Politikern, die in ihren Reden meist sehr deutliche Kritik formulieren. Der Ausdruck ist noch recht jung und geht auf die Berichterstattung zu Giovanni Trapattonis berühmter Pressekonferenz vom 10. März 1998 zurück.

  1. „Schwach wie eine Flasche leer!“ Wie ein Peitschenhieb geißelte diese Aussage bei der Wut-Rede von Giovanni Trapattoni die erschreckend schwachen Vorstellungen der Mannschaft. (BILD, 14.3.1998)[3]

Wie sich verschiedenen Pressedatenbanken und Korpora (Factiva, Lexis, DeReKo dwds.de) entnehmen lässt, wird der Ausdruck aber zunächst nur selten gebraucht, bis sich am 6. September 2003 der damalige Fußballbundestrainer Rudi Völler im spielanschließenden Interview gegen die Kritik der TV-Experten Netzer und Delling zur Wehr setzt und damit ein großes Medienecho verursacht. Nun wird der Ausdruck erstmals von einer Vielzahl von Zeitungen verwendet, und sein Gebrauch nimmt über die Jahre stetig zu. Ungefähr ab 2008 vergeht kaum eine Woche ohne Bericht über eine neue Wutrede. Seit 2009 wird das Wort Wutrede im Duden geführt.

Eine Aufschlüsselung nach Themen der über 3000 Presseartikel, welche die Datenbank Factiva für den Suchbegriff „Wutrede“ ausgibt, zeigt, dass mit ca. 1500 Treffern rund die Hälfte aller Wutreden – also Reden, die in der öffentlichen Rezeption als Wutreden bezeichnet werden – im fußballerischen Kontext gehalten wurden und heute noch werden. Nach Trapattoni lieferten u. a. die Trainer Thomas Doll und Bruno Labbadia vielzitierte Wutreden. Eine Prüfung der Einzelbelege zeigt aber, dass ungefähr ab 2005 immer wieder auch Politikerreden (Bsp. 2) oder auch der Auftritt des Literaturkritikers Marcel Reich-Ranicki beim Deutschen Fernsehpreis (Bsp. 3) als Wutreden bezeichnet werden:

  1. Zuletzt hatte sich der Ostdeutsche bei seiner Fraktion mit einer Wutrede zur Vertrauensfrage von Bundeskanzler Gerhard Schröder unbeliebt gemacht. (Frankfurter Rundschau, 11.7.2005)

  2. Mit seiner neunminütigen, wuchtigen Wutrede gegen den „Blödsinn“ im Unterhaltungsfernsehen bei der Gala zum Deutschen Fernsehpreis hat sich Marcel Reich-Ranicki zum Ombudsmann des leidenden Fernsehvolks gemacht. (Hannoversche Allgemeine, 14.10.2008)

Jüngere und vielbeachtete Beispiele für Wutreden von Politikern sind einmal die Reaktion von Außenminister Frank-Walter Steinmeier auf Zwischenrufe während einer Kundgebung im Mai 2014 und einmal die Reaktion des Politikers Christian Lindner auf einen Zwischenruf während seiner Rede vor dem Landtagsparlament im Februar 2015. Beide Reden bzw. Redeteile wurden in der Folge zunächst über die sozialen Netzwerke und später auch durch die etablierten (Online-)Medien ausdrücklich als „Wutreden“ verbreitet und ausführlich diskutiert. Überhaupt hat sich in jüngerer Zeit der öffentliche Diskurs über Wutreden ins Internet verlagert. Dies betrifft einerseits die professionelle Berichterstattung über Onlinemedien, wo die Videoaufzeichnungen der Wutreden häufig gleich mitpubliziert werden,[4] andererseits die Kommentierungs- und Weiterverbreitungsaktivitäten der Mediennutzenden über die interaktiven Funktionen des Web 2.0. „Das Netz liebt Wutreden“ (Tages-Anzeiger online, 3.2.2015), so wird dieser Trend von einer Online-Zeitung selbst auf den Punkt gebracht. Insgesamt lässt sich also seit etwa zehn Jahren im öffentlichen Diskurs eine zunehmende Subsumierung verschiedenster Redeereignisse unter diese Bezeichnung und mithin eine Extensionserweiterung sowie generell eine Zunahme der Verwendungshäufigkeit des Ausdrucks beobachten.[5]

3 Die Wutrede als Gattung?

3.1 Zum Gattungsbegriff

Inwiefern lässt sich nun dieser besondere Redetypus, für den sich in den letzten Jahren die Bezeichnung Wutrede etabliert hat, als Gattung beschreiben? Schließlich fallen hierunter Redeereignisse verschiedenster Redeanlässe und -situationen, angefangen von Pressekonferenzen über parlamentarische und andere politische Reden bis hin zu (Telefon-)Interviews. In traditionell orientierten rhetorischen Gattungstypologien findet die Wutrede schon aus diesem Grund keinen rechten Platz. Die hier etablierte polemische Redegattung der Invektive (Schmährede), die sich der rhetorischen Lehre entsprechend durch die Redeabsicht der Herabsetzung einer öffentlichen Person definiert und sich aus subjektiv empfundenen Affekten wie Hass und Wut speist (vgl. Neumann 1998: 549–551), deckt sich nicht mit der Wutrede im heutigen Sinne. Die Wutrede als spontan-impulsiver Ausbruch, der zudem nicht auf die klassische Situation der monologischen Rede vor einem bloß zuhörenden Publikum beschränkt ist, wird von der klassischen Redegattungslehre, die sich auf im Sinne der fünf Produktionsstadien wohlvorbereitete und -vorgetragene Reden konzentriert, gar nicht erst berücksichtigt. Auch der in der klassischen Rhetorik vielfach reflektierte Jähzorn (iracundia) hat nur insofern rhetorische Relevanz, als er im Sinne beabsichtigter Entrüstung zu persuasiven Zwecken gezielt eingesetzt wird (vgl. Pichl 1998: 597). Hier wäre die (vereinzelt mit Wutrede synonym gesetzte) Brandrede zu nennen, die als Rede anklägerischen Inhalts (Duden) aufrüttelnde Funktion hat. Nur ein Teil der Wutreden ist hierdurch adäquat charakterisiert.

Neuere Gattungstheorien sind demgegenüber wesentlich offener angelegt und bestimmen Gattungen ähnlich wie Textsorten als ‚familienähnliche‘ (vgl. Wittgenstein 1984: 278) Gruppen von Texten, denen formale, inhaltliche oder auch funktionale Texteigenschaften gemeinsam sind (vgl. zusammenfassend Reisigl 2014: 158). Vor allem die soziologisch orientierte Gattungsforschung hat – angeregt etwa durch Bakhtins (1986) Begriff der Redegattung (speech genre) oder durch die Arbeiten zur Ethnographie der Kommunikation – den Gattungsbegriff so erweitert, dass er nicht länger auf schriftliche, insbesondere literarische Formen oder auf (auch mündlich tradierte und vorgetragene) Kunst(rede)gattungen beschränkt ist. Gerade auch die alltäglichen Gattungen, die als Ethnokategorien im Wissen von Kommunikationsgemeinschaften verankert sind, ohne in kodifizierter Form (etwa in Gattungspoetiken) geregelt zu sein, wurden als „kommunikative Gattungen“ der Gattungsforschung zugänglich gemacht (vgl. Günthner/Knoblauch 1994: 696–699).

Ungeachtet der Besonderheiten, die kommunikativen Gattungen gegenüber Textsorten im konventionellen Sinn zugeschrieben werden (wie etwa die zentrale Rolle interaktiver Aspekte) und die die Gattungsforschung von herkömmlicher Textsortenlinguistik unterscheiden (vgl. hierzu Günthner 1995: 208–211), sind kommunikative Gattungen als verfestigte Muster natürlich auch in ihren formalen und inhaltlichen Eigenschaften zu beschreiben. Diese der sog. Binnenstruktur zuzuweisenden Eigenschaften unterschiedlicher Reichweite werden in der Analyse durch sozialstrukturelle Anbindungen (Außenstruktur) und durch typische situativ bestimmte Handlungsmuster (Zwischenebene) ergänzt. Dabei werden Gattungen als prototypisch strukturiert gedacht, und nicht alle Merkmale sind von gleichem Gewicht für die Zugehörigkeit eines Exemplars zu einer Gattung (vgl. auch Hanks 1987: 681).

So gefasst kann nun auch die Wutrede tentativ als Gattung bestimmt werden. Die sich in der längst etablierten Bezeichnung Wutrede manifestierende Ethnokategorie eines bestimmten Redetypus, aber auch das sich in diversen Rezeptionszeugnissen niederschlagende Wissen um typische Merkmale von Wutreden (s. u. Kap. 4) sind Anlass genug, die Wutrede einmal probeweise im Sinne der Theorie der kommunikativen Gattungen näher zu charakterisieren. Gerade für die Beschreibung mündlicher Kommunikationstypen hält die Theorie der kommunikativen Gattungen ein überaus differenziertes Instrumentarium bereit und hat nicht zuletzt wegen ihrer Unterscheidung der drei genannten Strukturebenen einen hohen heuristischen Wert. Wie jedoch zu zeigen sein wird, greift sie am besonderen Fall der Wutrede als einer vornehmlich rezeptiven Typisierung vorbei. Getreu dem Prinzip der hermeneutischen Billigkeit (vgl. Meier 1757: 20) gilt es aber, die Theorie zunächst so stark wie möglich zu machen, um anschließend umso besser ihre ‚blinden Flecken‘ zeigen zu können.

3.2 Gattungsmerkmale von Wutreden – empirisch betrachtet

Zur Erfassung der typischen Merkmale von Wutreden habe ich, zusätzlich zu den bisher zu Rate gezogenen Presseartikeln, ein Datenkorpus von insgesamt 30 Wutreden erstellt, die im Internet als Videoaufzeichnungen[6] verfügbar sind, und Transkriptionen angefertigt. Die Recherche erfolgte tentativ durch verschiedene Suchanfragen und -strategien, angefangen von der Suche nach dem Schlagwort „Wutrede“ auf der Videoplattform YouTube und der Videosuche mit Google bis hin zur gezielten Suche nach Aufzeichnungen von Redeereignissen, über die in den Medien ausdrücklich als Wutreden berichtet wurde. Bedingung für die Aufnahme eines Videos in das Korpus war also, dass in den Videoüber- oder -unterschriften oder auch anderen Begleittexten wie Tags einschließlich Medienberichten auf das Video bzw. das dort gezeigte Redeereignis[7] mit dem Ausdruck Wutrede Bezug genommen wird. Dass man auf diesem Wege auf Redeereignisse stößt, die man ohne diese ausdrückliche Bezeichnung womöglich nicht als Wutrede einschätzen würde, ist ein Faktum, das für mich aber weniger ein methodisches Hindernis als vielmehr ein zu erklärender Befund ist. Um aber die nicht zu übersehende Willkürlichkeit in den vorfindlichen Videobezeichnungen abzufangen, wurde einerseits auf diejenigen Wutreden besonderes Augenmerk gerichtet, die in der Rezeption – sprachlich markiert etwa durch das Attribut legendär – zu Idealtypen stilisiert werden (vgl. Voßkamp 1997: 655f.). Andererseits wurden Videofunde mit dem öffentlichen Diskurs in den redaktionellen wie auch den sozialen Medien abgeglichen und nur dann berücksichtigt, wenn über das Redeereignis auch andernorts als „Wutrede“ gesprochen wurde. Eine gewisse überindividuelle Über­einstimmung in der Beurteilung der Rede als Wutrede wurde also sichergestellt.

15 der 30 Wutreden wurden von Fußballtrainern, weitere 8 von anderen Akteuren des Profifußballs (Funktionäre, TV-Experten etc.) gehalten. Die verbleibenden Wutreden fallen auf Künstler (4) und Politiker (3). Die Aufzeichnungen im Datenkorpus sind zwischen 38 Sekunden und 25 Minuten, im Schnitt 4:17 min lang.[8] Insgesamt umfasst das Korpus rund 2:10 Stunden Material. Die Transkripte wurden nach den GAT2-Konventionen für Basistranskripte erstellt und umfassen rund 20 000 Wörter. Nonverbale Handlungen und Ereignisse wurden nicht eigens notiert, allerdings erfolgte die Analyse der Transkripte immer im Verbund mit den entsprechenden Videodateien.

Mit Blick auf das Korpus lässt sich die prototypische Wutrede nun den Analyseebenen der Theorie der kommunikativen Gattungen entsprechend wie folgt näher bestimmen:

Hinsichtlich der Außenstruktur der Wutrede ist zuallererst die (mediale) Öffentlichkeit der Redesituation zu nennen. Die Wutredner sind als Funktionsträger öffentliche Personen, die ihre Reden vor der Presseöffentlichkeit halten und mitunter, wie im Fall von Pressekonferenzen, auch primär an diese adressieren. Die Teilnehmerkonstellation entspricht ganz den Strukturen der massenmedialen Kommunikation: Auch wenn die Redner ihre in der Wutrede artikulierte Kritik häufig an die unmittelbar Anwesenden richten (z. B. an die teilnehmenden Journalisten bei einer Pressekonferenz), müssen sie sich des erweiterten Rezipientenkreises und der entsprechenden Mehrfachadressierung gewahr sein.[9] Darüber hinaus erweist sich die Wutrede empirisch betrachtet als geschlechtsspezifisch. In meinem Datenkorpus finden sich ausschließlich Videos von männlichen Rednern, aber auch in der medialen Berichterstattung kommen Wutrednerinnen nur äußerst selten vor.

Im Hinblick auf die Binnenstruktur der Wutrede lassen sich zunächst inhaltliche Verfestigungen feststellen. Wutreden sind häufig impulsive Reaktionen auf explizite wie implizite Kritik an der Arbeit des Redners oder auf andere als unangebracht erachtete Verhaltensweisen. Ganz im Sinne klassischer Theorien der Wut bzw. des Zorns aus der Rhetorik wie auch der neueren kognitivistischen Emotionsforschung, die Wut als eine Form der negativen Bewertung von Handlungen, Ereignissen und Sachverhalten definieren (vgl. Hodapp 2000: 201f.), thematisieren die Wutredner häufig die Anlässe für ihre Wut, die sie als unangemessen und herabsetzend kennzeichnen und mithin ihrerseits kritisieren (Bsp. 4 und 5).[10] Hinsichtlich des Redegegenstands sind Wutreden also gewissermaßen diskursive Explikationen einer emotionalen Szene (vgl. Wierzbicka 1999: 88; Fries 2003: 120).

  1. ich kann gewisse dinge nicht akzeptieren, wenn nen trainer wie der letzte DEPP dargestellt wird, (.) als hätt er GAR keine ahnung; (Bruno Labbadia, Fußballtrainer, Pressekonferenz, 8.10.2012)

  2. und DAS is wichtig für mich; dass wir DA mal die konzentration drauflegen; und nicht um um äh äh äh ob ICH noch in zwei wochen da bin; oder ob ob ob ob DER noch nächste saison hier fußball spiel=das is re!SPEKT!los (.) ohne ende. (Thomas Doll, Fußballtrainer, Pressekonferenz, 23.4.2008)

Mitunter nehmen die Wutredner auf die eigene Wut ausdrücklich mit emotionsbezeichnenden Lexemen (vgl. Schwarz-Friesel 2013: 144) Bezug, wobei vornehmlich das Verb ärgern vorkommt:

  1. und !DAS! is das was mich so ärgert. (Thomas Doll, Fußballtrainer, Pressekonferenz, 23.4.2008)

Es überwiegen jedoch bei weitem Phänomene des Emotionsausdrucks (vgl. Schwarz-Friesel 2013: 151), also verbale, para- und nonverbale Manifestationsformen emotionaler Einstellungen, die bereits in einer Reihe von gesprächsanalytischen Arbeiten beschrieben worden sind. So hat Spiegel (2011: 231f.) für Streitgespräche Manifestationen der emotionalen Beteiligung beschrieben, die in ähnlicher Form auch bei Wutreden zu beobachten sind. Wenngleich diese zumeist monologisch und mithin keine typischen Streitgespräche sind, findet sich auch hier der von Spiegel erwähnte Registerwechsel hin zu einer niedrigeren Stilebene mit derbem, negativ bewertungshaltigen Schimpfvokabular (Bsp. 7 und 8) und vermehrten dialektalen Anteilen (Bsp. 9):

  1. da lach ich mir doch n ARSCH ab (Thomas Doll, Fußballtrainer, Pressekonferenz, 23.4.2008)

  2. das is kein geschäftsmodell das is scheiße ja? (Sven Regener, Musiker, Telefoninterview, 25.3.2012)

  3. wat wolln se (Per Mertesacker, Fußballspieler, Interview, 30.7.2013)

Ebenfalls kennzeichnend für die niedrigere Stilebene, zu der die Sprecher häufig erst im Verlauf ihrer Rede – gewissermaßen im Zuge des Sich-in-Rage-Redens – übergehen, sind nähesprachliche Anredeformen wie du, ihr[11] oder auch Spitznamen wie Waldi:

  1. eure scheiß stimmung da seid IHR doch dafür verantwortlich und nicht wir (Uli Hoeneß, Fußballmanager, Vollversammlung des Vereins, 13.11.2007)

  2. ihr solltet euch überlegen wer hier die kriegstreiber sind (Frank-Walter Steinmeier, Politiker, Kundgebung, 20.5.2014)

  3. die ISländer sind taBELLenführer das weisst du waldi (Rudi Völler, Fußballtrainer, TV-Interview, 6.9.2013)

Weitere oberflächensprachliche Merkmale, in denen eine als Wut zu deutende emotionale Beteiligung des Sprechers zum Ausdruck kommt, sind Wiederholungen von einzelnen Lexemen oder auch Satzkonstruktionen – Fiehler (1993, 161) nennt dies „insistierende[s] Iterieren“ – zur Intensivierung der eigenen Aussage (vgl. auch Spiegel 2011, 244):

  1. das isch hh das isch (.) schlimm (-) schlimm (.) die berlingschichte isch schlimm (Christian Streich, Fußballtrainer, Pressekonferenz, 26.8.2013)

  2. das is doch alles bla bla bla is das doch; (-) ALLES bla bla bla is das. (Thomas Doll, Fußballtrainer, Pressekonferenz, 23.4.2008)

  3. WER hat dann für unruhe gesorgt; ICH hab dann für unruhe gesorgt? ich HABE nicht für unruhe gesorgt. (Claus-Dieter Wollitz, Fußballtrainer, Gespräch mit Fans auf dem Vereinsgelände, 13.5.2013)

Häufig finden sich auch Generalisierungen und hyperbolische Ausdrucksweisen, insbesondere bei kritischen Bezugnahmen auf die wutauslösenden Handlungen, Ereignisse und Sachverhalte:

  1. und dann wir dir JEDES MAL werden dir knüppel irgendwo reingeworfen. (Thomas Doll, Fußballtrainer, Pressekonferenz, 23.4.2008)

  2. IMmer dieses dieses diese geschichte alles in in den !DRECK! ziehn alles RUNterzuziehn; das is das allerLETZte; (Rudi Völler, Fußballtrainer, ­TV-Interview, 6.9.2003)

Ebenfalls bei kritischen Bezugnahmen auf die Wutanlässe findet sich oftmals eine spezifische Form der stilisierenden, prosodisch auffällig markierten Redewiedergabe, die es dem Sprecher erlaubt, die porträtierte Rede als unangemessen darzustellen und mithin auch die wiedergegebenen Sprecher negativ zu bewerten (vgl. hierzu Günthner 2002: 63):

  1. und bringen jetz als hilfstruppen die ganzen DEPPEN ins spiel die sagen ↑warum kann ich denn das video nich auf youtube gucken ja dann kucks halt woANDers (Sven Regener, Musiker, Telefoninterview, 25.3.2012)

Die den Gegnern in den Mund gelegte Frage „warum kann ich denn das video nich auf youtube gucken“ wird von Regener in deutlich höherer Frequenz gesprochen, stellt den zitierten Sprecher als dümmlich dar und lädt, insbesondere in der Interviewsituation als einem Gespräch vor Publikum, „die Rezipient/inn/en zur gemeinsamen Verurteilung des porträtierten Verhaltens ein“ (Günthner 2002: 66). Wut als „Streben nach einer vermeintlichen Vergeltung“ (Aristoteles Rhet 1378a) findet in solchen Strategien der Verurteilung ihren Ausdruck und ihr Ziel.

Schließlich finden sich auffallend häufig formelhafte konversationelle Strategiesignale („gambits“ (Keller 1981)), mit denen die Sprecher ihre eigene Rede auf spezifische Weise metakommunikativ rahmen (vgl. Hagemann 1997: 157):[12]

  1. am ARSCH geleckt (–) das muss ich hier mal GANZ klar deutlich SAgen; (Bruno Labbadia, Fußballtrainer, Pressekonferenz, 8.10.2012)

  2. ich kann diesen scheissdreck nich mehr HÖRN muss ich ganz ehrlich sagen; (Rudi Völler, Rudi Völler, Fußballtrainer, TV-Interview, 6.9.2003)

  3. das MUSSte ich jetzt einmal sagen. (Peter Kulka, Architekt, offizielle Eröffnung des Potsdamer Stadtschlosses, 19.2.2013)

Mit derartigen, insgesamt 38 mal vorkommenden Formeln verdeutlichen die Sprecher – ausdrücklich markiert durch das Modalverb müssen (vgl. hierzu Niehüser 1987: 188–191) – die Dringlichkeit des vorgebrachten Anliegens und rechtfertigen zugleich die Normverletzung, welche die unverblümt vorgetragene Kritik und die derbe Ausdrucksweise darstellen. Wut kann „Motor einer Strategie der schonungslosen Offenlegung“ (Fiehler 2009: 769) sein, die hier jedoch nicht als selbst gewählte Strategie, sondern als nunmehr erforderliche Reaktion dargestellt wird (vgl. Stein 1995: 239; Imo 2007: 119). In einigen Fällen werden diese Formeln kombiniert mit dem Verweis auf eine nunmehr überschrittene ‚Grenze‘ (vgl. hierzu Kövecses 1990: 67), was dem Redner keine andere Wahl lasse:

  1. da muss ich sage (1.0) aso DES isch natürlich WEIT über die grenze. (Christian Streich, Fußballtrainer, Pressekonferenz, 26.8.2013)

  2. es is ne toTALe grenze erreicht; (--) auch HIER in stuttgart des muss ich ihnen GANZ klar sagen; (Bruno Labbadia, Fußballtrainer, Pressekonferenz, 8.10.2012)[13]

Neben all diesen sprachlichen Phänomenen lassen sich auch typische paraverbale Merkmale aufzeigen, welche die Reden bzw. Redebeiträge als Ausdruck von Wut erkennen lassen. Neben der erhöhten Sprechlautstärke und der gepressten Stimme ist hier etwa die für den Ausdruck von Wut typische überdeutliche Artikulation (vgl. Sendlmeier 2012: 106) zu nennen:

  1. das is re!SPEKT!los (.) ohne ende (Thomas Doll, Fußballtrainer, Pressekonferenz, 23.4.2008)

Bei den typischen nonverbalen Merkmalen lässt sich das heftige, ausladende Gestikulieren nennen sowie ein Gesichtsausdruck, der in der psychologischen Literatur als „Ärgermimik“ (Hodapp 2000: 200) beschrieben ist.

Zuletzt lassen sich auch auf der situativen Realisierungsebene Musterhaftigkeiten nachweisen. Wutreden sind tendenziell monologisch, und zwar auch im Rahmen von eher dialogischen Kommunikationsformaten wie Interviews. Diese können insbesondere dann zu Wutreden werden, wenn die üblichen Mechanismen des Sprecherwechsels einseitig suspendiert werden und der Sprecher gleichsam in einem Redeschwall seine Meinung kundtut.[14] Besonders deutlich wird dies bei einer als Wutrede bekannten, nur 44 Sekunden dauernden Pressekonferenz des Fußballtrainers Klaus Augenthaler, in der er die Fragen selbst stellt und auch selbst beantwortet. Die ruhig vorgetragenen Fragen und Antworten selbst sind unauffällig und entsprechen dem erwartbaren Jargon, doch allein die Weigerung, Journalistenfragen anzunehmen, führte in der Rezeption zur Einordung als Wutrede.

Außerdem zeichnen sich Wutreden durch ein bestimmtes Beteiligungsformat (vgl. Günthner/Knoblauch 1994: 709f.) aus, das schon in der oben erwähnten Strategie der Offenlegung (vgl. Fiehler 2009: 769) angelegt ist. Wutredner verlassen oft ihre Rolle als Funktionsträger und sprechen mithin auch nicht mehr nur als Sprachrohr der durch sie vertretenen Institution. Diesen Rollenwechsel, der sich sprachlich auch in dem beschriebenen Registerwechsel zeigt, zeigen die Redner dabei oft auch selbst an. Der Trainer Bruno Labbadia eröffnet seine Wutrede mit der Ankündigung, „etwas in eigener Sache“ vorzubringen, und der Architekt Peter Kulka beschließt seine Wutrede mit dem Kommentar „es musste einfach mal raus“ sowie einer Entschuldigung beim Mäzen des Bauprojekts, dem er die Eröffnung des neu erbauten Stadtschlosses „vermiese“. Der Politiker Christian Lindner macht am Ende seiner als Wutrede bekannt gewordenen Reaktion auf einen Zwischenruf eine händereibende Geste mit dem Kommentar „so das hat Spaß gemacht“. Die Sprecher machen also oftmals deutlich, dass ihnen die aus den üblichen Routinen herausgehobene Stellung ihrer Reden durchaus bewusst ist.

Die prototypische Struktur der Gattung und die in sich abgestufte Relevanz der eben beschriebenen Gattungsmerkmale (vgl. Günthner/Knoblauch 1994: 705) für die Rezeption der Reden auch aus journalistischer Sicht lässt sich im Übrigen gut anhand der Berichterstattung über Wutreden ersehen. Von besonderer Bedeutung für die Gattungszugehörigkeit ist der Redegegenstand. Das Üben von Kritik an vermeintlichem Fehlverhalten scheint eine Bedingung dafür zu sein, dass die Rede als Wutrede bezeichnet wird. Neben dem Lexem Kritik bzw. kritisieren (Bsp. 25) selbst kommen in den Berichten häufig auch paraphrasierende Ausdrücke wie Rundumschlag (Bsp. 26), abrechnen oder kein gutes Haar an jmdm. lassen (Bsp. 27) vor:

  1. St. Paulis Trainer muss dem DFB-Kontrollausschuss seine Wutrede nach der Niederlage gegen Fürth erklären. In dieser hatte Lienen Schiedsrichter Petersen heftig kritisiert. (Hamburger Abendblatt Online, 18.2.2015)

  2. Labbadia-Wutrede nach 2:2 – Rundumschlag des VfB-Trainers (Bremer Nachrichten, 8.10.2012)

  3. In einer Wutrede rechnete der Gastgeber mit der Politik ab. Und ließ kein gutes Haar an der Klimaschutz-PR des Senats. (Hamburger Morgenpost, 12.8.2010)

Selbst wohlvorbereitete und ruhig vorgetragene Reden werden in der Berichterstattung mitunter als Wutreden bezeichnet, sofern in ihnen mehr oder minder deutliche Kritik geübt wird.[15]

Die in den Wutreden zum Ausdruck gebrachte emotionale Beteiligung wird freilich auch oft hervorgehoben. Ausraster oder auch der Phraseologismus jmdm. platzt der Kragen sind typische Paraphrasen, die jedoch meist pauschal bleiben und nicht näher angeben, worin sich die Wut sprachlich zeigt („redet sich in Rage“, Welt 3.2.2015). Allenfalls das derbe Vokabular wird in Zitatform oftmals erwähnt und die entsprechenden Passagen können dann symbolhaft für die ganze Rede stehen („‚Mistkäsescheißdreck‘-Rede“, Spiegel Online 20.4.2010). Ausführlich werden dagegen die para- und nonverbalen Anteile thematisiert („Mit hochrotem Kopf, hervorquellenden Augäpfeln, wild gestikulierend“, Berliner Zeitung, 7.10.2006).

3.3 Argumente für einen rezeptionsorientierten Gattungsbegriff

Man kann also, so lässt sich diese Zusammenschau musterhaft wiederkehrender Merkmale zusammenfassen, Wutreden als Bündelungen inhaltlicher, formaler und funktionaler Merkmale beschreiben, diese Merkmale den drei Strukturebenen kommunikativer Gattungen zuweisen und die Wutrede auf diese Weise kommunikationstypologisch erfassen. Zwar gibt es einzelne Exemplare, die nur wenige der beschriebenen Merkmale aufweisen und trotzdem als Wutreden bezeichnet werden, doch aus eben diesem Grund wird in der Theorie kommunikativer Gattungen – so wie übrigens in neueren textlinguistischen Arbeiten (Luginbühl 2014b: 29f.) und literaturwissenschaftlichen Gattungstheorien auch (vgl. Zymner 2010) – der Begriff des Prototyps bemüht. Auch der von Wittgenstein (1984: 278) geprägte und in neueren Gattungstheorien oft aufgegriffene (vgl. Hempfer 2010) Begriff der Familienähnlichkeit der in Typisierungsakten zusammengefassten Elemente kann dieses – sich generell bei Begriffsbildungen stellende – Problem abfangen. Die Art, wie und mit welchen lexikalischen Mitteln über Wutreden berichtet wird, macht zudem deutlich, welche Merkmale von Wutreden besonders wichtig sind und welche zwar rekurrent, aber gleichwohl weniger ausschlaggebend sind.[16]

Gleichwohl ergibt sich das grundlegende Problem, dass ein zentrales Bestimmungsmerkmal von Gattungen nach diesem Begriffsverständnis, nämlich „historisch und kulturell spezifische, gesellschaftlich verfestigte und formalisierte Lösungen kommunikativer Probleme“ (Günthner/Knoblauch 1994: 699) zu sein, auf Wutreden kaum angewendet werden kann. Diese funktionale Bestimmung, die, wie eingangs erwähnt, längst in die pragmatische Textsortenlinguistik Eingang gefunden hat (vgl. Fix 2008: 27f.; Hauser/Luginbühl 2015: 17), nimmt ihren Ausgang vom Zweck der jeweiligen Texte bzw. Redeereignisse, der wiederum an bestimmte Situationen gebunden ist: Gattungen werden „in besonderen Interaktionssituationen als Lösungen eines wiederkehrenden Problems hervorgebracht“ (Günthner/Knoblauch 1994: 696).[17] Entscheidend ist mithin ihre situative Funktionalität. Wie aber kann man bei den zumeist spontanen Ausbrüchen den Zweck der Redeereignisse in der Weise bestimmen, dass hierdurch die Identität der Gattung fixiert würde, wie das Problem umreißen, für das Wutreden routinehafte Lösungen darstellen, die „als ‚Fertigprodukte‘ zur Verfügung“ (Günthner/Knoblauch 1994: 696) stehen? Man bedenke auch die besonderen Rezeptionsbedingungen der medial verbreiteten Wutreden, die ja nicht nur die direkt adressierten Zuhörer vor Ort, sondern gerade auch die Sekundärrezipienten umfassen. Wie soll man vor diesem Hintergrund die Situation definieren, auf die Wutreden als zweckhafte Gebilde bezogen sind? Anders als kommunikative Gattungen im engeren Sinne, die als generalisierte Handlungsoptionen zum gesellschaftlichen Wissensvorrat gehören und als Orientierungsrahmen für die Produktion und Rezeption zur Verfügung stehen, ist die Wutrede eben primär eine rekonstruktive Kategorie.

In Erweiterung der klassischen Theorie kommunikativer Gattungen ist das Konzept der medialen Gattungen (vgl. Ayaß 2011) entwickelt worden, unter dessen Überschrift auch sog. Medienrekonstruktionen seitens der Rezipienten untersucht werden. Als „rekonstruktive Gattungen“ werden hier alle Muster bezeichnet, „mittels derer vergangene Erlebnisse und Erfahrungen in der Kommunikation mit anderen bearbeitet werden“ (Ulmer/Bergmann 1993: 82). Wenn aber dort das Reden über Medienereignisse fokussiert wird, so wird dieses Reden selbst als Gattung beschrieben, und dabei steht ebenfalls das Problem, „wofür diese Gattung eine Lösung ist“ (Ayaß 2011: 286), im Zentrum der Überlegungen. Für die hier interessierende Frage, wie sich die Wutrede selbst als Gattung konstituiert, stellt also auch das Konzept der medialen Gattungen nicht die geeigneten begrifflichen Mittel bereit.

Aus diesen Gründen soll hier für den besonderen Fall der Wutrede eine Schärfung des Gattungsbegriffs vorgeschlagen werden, die besonders das Moment der Rezeption betont.[18] Wutreden werden – und hierin sind sie mit anderen rekonstruktiven Typisierungen wie „Skandalrede“ oder auch „Panikmache“ vergleichbar – zumeist erst im Nachhinein und unter spezifischen medialen Bedingungen zu Wutreden ‚gemacht‘, mitunter zur Überraschung oder gar gegen den Willen der Redner selbst.[19] Zur Bestimmung der Wutrede als Gattung sind daher nicht allein die Wutreden als situativ verankerte und funktional bestimmbare Kommunikationsereignisse selbst in den Blick zu nehmen, die ohnehin überaus disparat sind. Vielmehr müssen auch und gerade die Interpretationsleistungen berücksichtigt werden, wie sie in einer Vielzahl von Rezeptionszeugnissen ablesbar sind – Rezeptionszeugnisse, die sehr wohl für ein gewisses ‚Gattungsbewusstsein‘ sprechen.

Grundzüge eines solchen rezeptionsorientierten Gattungsbegriffs sind bereits vor längerem in der rezeptionsästhetischen Literaturwissenschaft (Gattung als „vorkonstituierter Erwartungshorizont“ (Jauß 1977: 330), der das Verständnis des Publikums orientiert) sowie, thematisch einschlägiger, in der amerikanischen Linguistischen Anthropologie entwickelt worden. Gattungen sind Hanks (1987: 670) zufolge weniger als formal bestimmbare Gruppierungen thematischer und stilistischer Elemente anzusehen denn als „orienting frameworks, interpretive procedures, and sets of expectations that are not part of discourse structure, but of the ways actors relate to and use language.“ In Fortführung dieser Position nehmen Briggs und Bauman (1992) die intertextuellen Aspekte von Gattungen und Gattungszuschreibungen in den Blick: Wird ein Redeereignis einer bestimmten Gattung zugewiesen, wird dessen Rezeption durch seine (möglicherweise erst durch das aufnehmende Publikum konstruierten) intertextuellen Bezüge zu vorherigen Texten vermittelt und geprägt, so dass es in einen weit über sein unmittelbares situatives Setting hinausreichenden Rahmen gestellt wird (vgl. Briggs/Bauman 1992: 147). Auf diese Weise wird ein situativ eingebetteter und angeschlossener Diskursausschnitt herausgehoben und als abgrenzbarer Text erfahrbar (vgl. auch Bauman/Briggs 1990: 73).[20] Gattungszuschreibungen sind mithin als de- und rekontextualisierende Praktiken zu verstehen, durch die diskursive Ordnung in dem Sinne hergestellt wird, dass bestimmte Deutungsrahmen eingebracht werden (vgl. auch Spitzmüller 2013: 246). Im Ergebnis führt dies zu einem Gattungsbegriff „that places generic distinctions not within texts but in the practices used in creating intertextual relations with other bodies of discourse“ (Briggs/Bauman 1992: 163, Hervorh. S. M.).[21]

Gerade für den Fall von Wutreden als Redeereignissen, die erst durch die (von der ursprünglichen Redesituation abgelösten) Interpretationen als Exemplare von Wutreden erkennbar werden, bietet nun ein solcher Gattungsbegriff vielfaches Erklärungspotential. Denn insbesondere in den digitalen Medien als dem Ort, an dem Wutreden inzwischen vornehmlich rezipiert werden, sind die intertextualitätsstiftenden und gattungskonstituierenden Praktiken anhand einer Fülle von vielfältigen Rezeptionszeugnissen sichtbar und für die Analyse zugänglich. Zum rekonstruktiven Reden über die Medienereignisse, wie es auch in der Theorie der medialen Gattungen thematisiert wird, kommen hier noch die Rekontextualisierungen der entsprechenden Videos in neue, semiotisch komplexe Umgebungen hinzu. Die von Habscheid (2011a: 17) für eine rekonstruktive Kommunikationstypologie vorgeschlagene Untersuchung alltäglicher Reflexionspraktiken „im Rahmen von Performativität und Performanz“ findet hier einen vielversprechenden Gegenstand. Dies sei im Folgenden mit empirischen Belegen erläutert.

4 Rekontextualisierung und Gattungskonstruktion in den (digitalen) Medien

In vielen Kommentierungen von Wutreden, sowohl in der Berichterstattung über Wutreden als auch in Texten, welche die mediale Verbreitung der Videoaufzeichnungen flankieren, lassen sich verschiedene Arten von ‚Gattungsreferenzen‘ finden, also mehr oder minder explizite Bezugnahmen auf den Umstand, dass das betreffende Redeereignis ein Exemplar eines übergeordneten Typus darstellt. Schon die typisierende Benennung als Wutrede kann hier genannt werden, zeigt sich hierin doch eine beiordnende Kategorisierung einzelner Redeexemplare durch die Rezipienten.[22] Heckenausdruckähnliche Attribute wie regelrecht (Bsp. 28), wahr (Bsp. 29 und 30) oder echt (Bsp. 31) verweisen auf prototypisch strukturiertes Gattungswissen und bringen darüber hinaus implizit Gattungsnormen ins Spiel, die eine ‚echte‘ Wutrede bestimmen.

  1. Anfang Oktober ließ sich der für gewöhnlich smarte Deutsch-Italiener sogar zu einer regelrechten Wutrede wider seine Kritiker hinreißen („Am Arsch geleckt“). (Nürnberger Nachrichten, 1.12.2012)

  2. Hoeneß hatte auf die Bemerkung eines Fans, die Stimmung in der Allianz-Arena sei schlecht, mit einer wahren Wutrede geantwortet. In dieser verurteilte er den Angriff auf die Vereinsführung als „populistische Scheiße“. (Spiegel Online, 15.11.2007)

  3. Ein hämischer Zwischenruf hat den FDP-Politiker Christian Lindner zu einer wahren Wutrede provoziert. Mit erhobenem Zeigefinger stürzte er sich auf seinen Kollegen von der SPD. (Focus online, 3.2.2015)

  4. Im Europa-Wahlkampf zeigt sich Frank-Walter Steinmeier plötzlich von einer ganz anderen Seite. Den Protestrufen während einer Rede in Berlin begegnet der Bundesaußenminister mit einer so noch nie dagewesenen Emotionalität. Einer echten Wutrede. (Berliner Zeitung, 20.5.2014)

Belege dieser Art machen zudem erneut deutlich, dass die oben beschriebenen Merkmale wie derbes Vokabular oder das heftige Gestikulieren auch aus Rezipientensicht für die Frage der Gattungszugehörigkeit entscheidend sind.

Immer wieder werden aber auch die Wutreden ausdrücklich mit anderen Wutreden in Bezug gesetzt, wobei gerne Trapattonis Wutrede als Vergleichspunkt herangezogen wird. „Gattuso macht den Trapattoni“[23] – so betitelt ein Onlinefußballmagazin den Videomitschnitt einer Pressekonferenz des italienischen, inzwischen in Griechenland arbeitenden Trainers. Über einen anderen Trainer wird berichtet, „eine Wutrede in bester Trapattoni-Manier“ gehalten zu haben.[24] Aber auch über andere Funktionsträger wie etwa den Industriemanager Mehdorn wird berichtet, eine „Wutrede im Landtag“ gehalten zu haben. Dabei „erinnerte Hartmut Mehdorn an Giovanni Trapattoni, der mit seiner Wutrede in die Sportgeschichte einging“ (Märkische Allgemeine, 27.2.2014). In meinem Korpus findet sich sogar ein Fall, in dem der Wutredner selbst eine derartige Gattungsreferenz vornimmt. Noch während und inmitten seines Wutausbruchs während einer Pressekonferenz schiebt der österreichische Fußballtrainer Dietmar Kühbauer ein: „des war a trapattoni jetz jo“. Wohl in der Vorahnung der kommenden Berichterstattung reiht er sich ausdrücklich in die auf Trapattoni zurückgehende Tradition ein und deklariert seinen Ausbruch als ein Exemplar („a trapattoni“) einer hier metonymisch mit dem Namen des Begründers bezeichneten Gattung.

Eine andere Form des Vergleichs ist auch die Rede von der „Wutrede des Jahres“ (Hamburger Morgenpost, 19.10.2012). In jüngerer Zeit, da die Presseberichterstattung überhaupt zusehends in die digitalen Medien übergreift (vgl. Burger/Luginbühl 2014: 451f.) und gerade die Artikel über Wutreden oft nur mehr Begleittexte zu den mitpublizierten Videos sind, finden sich zudem auch ganze Kompilationen von Wutreden. Ein Beispiel hierfür ist die im Zuge der Berichterstattung über Christian Lindners Wutrede im NRW-Landtag zusammengestellte Liste „Die zwölf besten Wutreden“, die die entsprechenden YouTube-Links gleich mitliefert und dabei auch ältere Ereignisse wie etwa ein Interview mit Klaus Kinksi rückwirkend zu Wutreden erklärt.[25] Videoplattformen wie YouTube, auf die viele Onlinezeitungen zurückgreifen, die aber auch vielfach direkt zur Rezeption der entsprechenden Videos aufgerufen werden, liefern derartige Kompilationen durch die rechts vom Hauptfenster angezeigten ähnlichen Videos (s. Abb. 1) gleich mit. Auch ohne ausdrückliche Zusammenschnitte wie das hier angeführte Video „Die Größten AUSRASTER und Sprüche der Bundesliga“ drängt sich eine serielle Rezeption mehrerer Wutreden geradezu auf.

Abb. 1: Ausschnitt aus youtube.com, „Wutrede“ Rudi Völler 29.11.2013, https://www.youtube.com/watch?v=vePAtOS_Fj0 [9.3.2015, 12:48 Uhr]
Abb. 1:

Ausschnitt aus youtube.com, „Wutrede“ Rudi Völler 29.11.2013, https://www.youtube.com/watch?v=vePAtOS_Fj0 [9.3.2015, 12:48 Uhr]

Aufschlussreich sind hierbei auch die angezeigten Thumbnails (Vorschaubilder), die einen beliebigen Ausschnitt gleichsam zur visuellen Überschrift machen und, wie im folgenden Fall (s. Abb. 2), für die Gattungsrelevanz der oben beschriebenen Ärgermimik sprechen:

Abb. 2: Ausschnitt aus youtube.com, https://www.youtube.com/results?search_query=streich+wutrede [9.3.2015, 12:55 Uhr]
Abb. 2:

Ausschnitt aus youtube.com, https://www.youtube.com/results?search_query=streich+wutrede [9.3.2015, 12:55 Uhr]

Soziale Medien wie Twitter und Facebook laden durch hypertextuelle Vernetzungen mit Hashtags ebenfalls zu Reihenbildungen und entsprechend serieller Rezeption von Wutreden ein (s. Abb. 3 und 4):

Abb. 3: Ausschnitt aus twitter.com, https://twitter.com/hashtag/wutrede [9.3.2015]
Abb. 3:

Ausschnitt aus twitter.com, https://twitter.com/hashtag/wutrede [9.3.2015]

Abb. 4: Ausschnitt aus twitter.com, https://twitter.com/hashtag/wutrede [9.3.2015]
Abb. 4:

Ausschnitt aus twitter.com, https://twitter.com/hashtag/wutrede [9.3.2015]

Überhaupt zeigt sich, dass sich inzwischen Wutreden gerade über die sozialen Medien überaus rasch und ‚viral‘ verbreiten. Die herkömmliche Presseberichterstattung ist in vielen Fällen nur noch Reaktion auf den „Internet-Hit“,[26] und die Pressemeldungen über diese Hits werden ihrerseits vielfach über Facebook und andere Dienste geteilt.[27]

Auf all diese Weisen werden also intertextuelle Bezüge zwischen einzelnen Exemplaren von Wutreden hergestellt. Diese werden zwar durch bestimmte, mehreren Exemplaren zukommende und mithin musterhafte Eigenschaften der betreffenden Redeereignisse angestoßen, wie sich etwa an den typischen sprachlichen Mitteln in der Berichterstattung über Wutreden sehen lässt. Dennoch sind diese intertextuellen Bezüge in erster Linie publikumsseitige Konstruktionen, welche die Redeereignisse aus ihren ursprünglichen Settings und ihrer situativen Funktionalität herauslösen und sie dadurch de- und wieder rekontextualisieren (vgl. Briggs/Bauman 1992: 164). Die Intentionen des Redners, aber auch die Wirkungen in der ursprünglichen Redesituation werden für die Rezeption letztlich irrelevant. Stattdessen rückt die Unterhaltungsfunktion in den Vordergrund, und ganz in diesem Sinne wird das überaus erfolgreiche Video der Wutrede von Frank-Walter Steinmeier auf dem YouTube-Kanal von Welt Online in die Kategorie „Unterhaltung“ eingeordnet.[28]

Für die Gattungskonstruktion bedeutsam und zugleich für die Analyse aufschlussreich sind auch die vielfach angebotenen Kommentarfunktionen der Onlinezeitungen und Newsportale wie auch der Videoplattformen selbst, über die sich die Mediennutzenden aktiv an den intertextualitätsstiftenden und mithin gattungskonstruktiven Diskursen über Wutreden beteiligen können. Neben den vielgestaltigen affirmativen Kommentierungen der Wutreden bezüglich Inhalt („Labbadia hat mehr als recht!“) oder auch der darin zum Ausdruck kommenden Sprecherpersönlichkeit („Bruno Labbadia sollte für seine Ehrlichkeit belohnt werden!“)[29] kommen hier nämlich auch Äußerungen vor, mit denen Vorstellungen, Erwartungen oder Annahmen bezüglich Wutreden expliziert werden und die also die Gattungszugehörigkeit des jeweiligen Wutredenexemplars problematisieren (vgl. Gülich 1986: 22). So schreiben Leser auf Spiegel Online zum Artikel über Labbadias Wutrede:[30]

  1. Also eine Wutrede habe ich nicht gesehen. Wenn man das mit Trappatoni oder Völler nach dem Island-Länderspiel vergleicht, dann war das gar nichts! (schwanerich, SpOn, 8.10.2012)

  2. Das soll eine Wutrede gewesen sein? Ich dachte ich bekomme einen „Ausraster“ a la Thomas Doll, Rudi Völler oder Trappatoni zu sehen. Die Ansprache werte ich eher als eine energische Zusammenfassung von Geschehnissen gepaart mit Medienschelte. (onecomment, SpOn, 8.10.2012)

Es finden sich auch ironische Kommentare, die in eine ähnliche Richtung zielen. So postet ein Fernsehsender auf seiner Facebookseite einen als Wutrede bezeichneten Mitschnitt aus einer Pressekonferenz des Hamburger SV, worauf sich zahlreiche Nutzer mit Kommentaren wie diesem hier zu Wort melden:

  1. Oha was für ne „wutrede“ da zittert ja jeder Profi vor Angst :-D (Jan Zimmermann, Facebook, 12.12.2013)[31]

In solchen ironischen Kommentaren deutet sich hier die oben erwähnte Dominanz der Unterhaltungsfunktion von Wutreden an, die in vielen Kommentaren sogar explizit gemacht wird:

  1. Solche Emotionen, will man doch sehen! KLASSE!! (Achim Peter, YouTube, ca. 2013)[32]

  2. Priceless, die Halsschlagader!! (Topocalma, Youtube, ca. 2014)[33]

Schließlich sind hier auch die vielfachen spaßhaften Bearbeitungen der Wutredenvideos zu nennen. Viele Wutreden wurden mit Musik unterlegt und etwa zu Rapsongs umgestaltet. Ein als Wutrede bezeichnetes spielanschließendes Interview mit dem Fußballspieler Peer Mertesacker wurde gar parodistisch nachgestellt.[34] Ausdrücklich als Parodien gibt es seit jüngstem auch bewusst als solche gehaltene Wutreden wie etwa ein vielfach via YouTube und Twitter verbreiteter Auftritt des Kabarettisten Roland Düringer im Österreichischen Fernsehen.[35] Als wesenhaft intertextuelle Texte (vgl. Holthuis 1993: 118–123) sind solche Parodien in besonderer Weise gattungsindizierend. Aufschlussreich ist auch der Appell, den im November 2014 eine Onlinezeitung unter der Überschrift „Die längste Wutrede aller Zeiten“ an ihre Leser richtete: „Schicken Sie uns Ihre Wutrede als Audio-Datei und tragen Sie zur längsten Bahnstreik-Tirade der Geschichte bei.“[36] Im November 2015 erschien in der Zeit schließlich sogar eine kritisch-polemische Glosse über das sogenannte Sabattical, die sich selbst im Untertitel ausdrücklich als „[e]ine Wutrede“ (Die Zeit, 5.11.2015) auswies. Diese Entwicklungen zeigen, dass die Gattungskonstruktion nunmehr an einem Punkt angelangt ist, wo die als typisch wahrgenommenen Merkmale von Wutreden ihrerseits handlungsleitend werden können – wenn auch zunächst nur im spielerischen Rahmen.

Als Erwartungshorizont und Orientierungsrahmen für die Rezeption und vereinzelt auch Produktion (vgl. Hanks 1987: 670), der die einzelnen Exemplare mit bereits bestehenden verbindet und Aussagen über Gattungszugehörigkeiten vonseiten der Diskursteilnehmer selbst ermöglicht, ist die Wutrede als Gattung also durchaus etabliert. Dieser Orientierungsrahmen ist jedoch keine direkte Folge der formalen und funktionalen Eigenschaften der ohnehin recht disparaten Redeereignisse. Als dynamische Größe bleibt er an die diskursiven Praktiken der De- und Rekontextualisierung gebunden, die, insbesondere in den digitalen Medien, als performative Verfahren (vgl. Habscheid 2011a: 17) sichtbar und beschreibbar sind. Gattungen, so formuliert Spitzmüller (2013: 246) in anderem Zusammenhang, „sind genuin diskursive Phänomene, sie stellen diskursives Wissen dar und sind selbst diskursiv konstruiert (und mithin auch sozial und historisch veränderbar).“ Erst im anschließenden medialen Diskurs werden die als Wutreden bezeichneten und für sich genommen höchst unterschiedlichen Redeereignisse geordnet und vereinheitlicht, so dass auch Reihungen wie die angesprochenen Kompilierungen möglich werden.[37]

Wutreden, so lässt sich zusammenfassend festhalten, sind also stets und wesenhaft medial rekontextualisiert. Gerade die digitalen Medien mit ihren Verbreitungs- und auch Bearbeitungsmöglichkeiten von Videos und ihren Begleittexten sowie die dadurch mögliche zeitlich und örtlich entgrenzte Rezeption und Kommentierung liefern die Rahmenbedingungen („affordances“ oder „Ermöglichungen“, vgl. Marx/Weidacher 2014: 57) für die gattungskonstruktiven Rekontextualisierungen. Es dürften also in erster Linie die besonderen Kommunika­tionsmodalitäten der digitalen und später auch der sozialen Medien mit ihren Kommunkationsmitteln wie Multimodalität, Hypertextualität und Interaktivität (vgl. Meier 2008: 238–279) gewesen sein, welche zu der eingangs aufgezeigten Konjunktur von Wutreden geführt haben – und nicht eine Zunahme von Redeereignissen als solchen, die die in Kap. 3.2 beschriebenen Merkmale von Wutreden aufweisen. Nicht zufällig scheint mir daher der sprunghafte Anstieg in den Erwähnungen von „Wutreden“ im Pressediskurs mit der technischen Innovation von YouTube und anderen Möglichkeiten der Implementierung von Videos in Internetseiten, aber auch der Entwicklung sozialer Medien zusammenzufallen. Öffentliche Wutausbrüche treffen in Zeiten des Web 2.0 auf gänzlich andere Rezeptions- und Interpretationsbedingungen und können so zu einer Gattung gerinnen, die deutliche diskursive Effekte zeitigt.

5 Fazit

Fragt man nach der Wutrede als ‚Gattung‘, als die sie wenigstens aus Sicht der Rezipierenden etabliert ist, so ist zu unterscheiden zwischen den ursprünglichen Redeereignissen in ihren jeweiligen situativen Kontexten einerseits und den medial rekontextualisierten „Wutreden“ andererseits. Eine Rede (oder auch nur ein Ausschnitt derselben) wird zur Wutrede gemacht, wenn sie als solche rezipiert und gerahmt wird. Die ursprüngliche, zweckhaft bestimmte und situativ verankerte Funktion der Rede wird dadurch womöglich vollständig suspendiert. Die spe­zifischen Kommunikationsmittel der digitalen Medien wie Multimodalität und Hypertextualität bieten für diese Rekontextualisierungen den geeigneten Rahmen.

Gerade mit Blick auf die Genese dieser Gattung wird hier also besonders der Rezeptionsaspekt von Gattungen betont. Als inhaltlich, formal und funktional bestimmbares Ensemble sprachlicher Merkmale ist die Gattung Wutrede noch nicht hinreichend bestimmt, und die Entstehung und Etablierung dieser Gattung ist allein mit Blick auf die wiederkehrenden kommunikativen Aufgaben, für die sie eine Lösung darstellen, noch nicht zu erklären. Die Gattung ist vielmehr als diskursiv konstruierter und diskursiv wirksamer Erwartungshorizont zu beschreiben, der die Redeereignisse auf eine bestimmte Weise ordnet und verbindet, sie dadurch vorstrukturierten Interpretationen zuführt und, das zeigen die jüngsten Entwicklungen, dann auch die Produktion oder wenigstens die spielerische Inszenierung neuer Exemplare möglich macht.

Auch wenn die Theorie der kommunikativen Gattungen wie auch verwandte Ansätze, die den routinisierten Problemlösungscharakter gattungsgebundenen Sprachhandelns betonen, gerade für mündliche Kommunikationstypen attraktiv und mit ihren feinkörnigen Beschreibungsmöglichkeiten heuristisch wertvoll ist, erscheint sie doch nicht dafür geeignet, die spezifischen Bedingungen der Emergenz von Typisierungen im Internet wie den hier beschriebenen adäquat zu erfassen. Dies liegt nicht allein am Status der Wutrede als vornehmlich rezeptive Typisierung, der wie oben erwähnt auch Kommunikationstypen wie der Skandalrede oder der Panikmache zukommt. Auch die spezifischen und durch die medialen Bedingungen wesentlich mitgeprägten Modi der rekonstruktiven Gattungszuschreibung, die sich auf rekontextualisierte Kommunikationsereignisse jenseits ihrer situativen Funktionalität richten, verlangen einen durchaus eigenständigen theoretischen und empirischen Zugriff.

Der als Wutrede bezeichnete Redetypus selbst, dies sei hier nochmals deutlich betont, stellt mitnichten ein neues Phänomen dar, denn öffentliche Wutausbrüche hat es natürlich schon vor Trapattonis initialer Wutrede ebenso gegeben wie metadiskursive Reflexionen über sie. Durchaus neu und auf neue Weise sichtbar sind dagegen die Arten, wie in medialen Kontexten die rekontextualisierten Redeereignisse seriell rezipierbar werden und wie auf sie in Anschlussdiskursen Bezug genommen wird. Diese Faktoren kommen sowohl in der Theorie der kommunikativen Gattungen, die sich auf die situative Funktionalität von typisierten Redeereignissen konzentriert, als auch in einer Textsortenlinguistik, die vornehmlich formale und funktionale Merkmale und deren Wandel fokussiert, tendenziell zu kurz. Denn, so formuliert Luginbühl (2014a: 308), „it is important to see that the meaning of a genre can change due to changes in genre context, even if the form and the function of this genre do not seem to change.“ Gerade auch die Rezeptionsbedingungen und -praktiken machen diesen „genre context“ maßgeblich aus.

Eine diachrone Textsortenlinguistik bzw. Kommunikationstypologie, welche sich allein auf den Wandel sprachlicher Textmuster oder den Funktionswandel bestehender Textsorten beschränkt, bekäme darum ein Wandelphänomen wie die hier beschriebene Konjunktur von Wutreden, die sich durchaus in veränderter diskursiver Wirklichkeit niederschlägt und über einen bloßen Bedeutungswandel des Ausdrucks Wutrede hinausgeht, nicht in den Blick. In Zeiten des Web 2.0 ist aber ein solches Phänomen, das in medialer Rekontextualisierung gründet, kein randständiges mehr.[38] Das Internet bringt eben auch veränderte Bedingungen und Formen der Rezeption hervor. Bei der Frage nach medial bedingtem Textsortenwandel sind auch solche Veränderungen von großer Bedeutung.

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Online erschienen: 2016-4-14
Erschienen im Druck: 2016-4-1

© 2016 Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, Berlin/Boston

Downloaded on 28.9.2023 from https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/zgl-2016-0002/html
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