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BY-NC-ND 4.0 license Open Access Published by De Gruyter July 17, 2018

Daniel Dejica, Gyde Hansen, Peter Sandrini & Iulia Para. 2016. Language in the Digital Era. Challenges and Perspectives. Berlin, Boston: De Gruyter Open. 270 S.

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Daniel Dejica, Gyde Hansen, Peter Sandrini & Iulia Para. 2016. Language in the Digital Era. Challenges and Perspectives. Berlin, Boston: De Gruyter Open. 270 S.


Mit Language in the Digital Era legen der rumänische Translatologe Daniel Dejica, die dänische Linguistin und Translatologin Gyde Hansen, der italienische Translatologe und Terminologe Peter Sandrini sowie die rumänische Anglistin Iulia Para einen international ausgerichteten Band vor, der 18 Artikel zu verschiedenen linguistischen Herausforderungen im Zuge der digitalen Wende enthält, die in drei Teilbereiche eingeordnet werden: I. Humanities Gone Digital (Linguistik vor dem Diskurs um „Digital Humanities“), II. Language and Translation: From Pen and Paper to the Electronic Environment (Digitalisierung in den Übersetzungswissenschaften), III. Language Teaching and Learning in the Age of Technology (Digitalisierung im DaF- und EFL-Unterricht).

Teil I

Im ersten Teil (Humanities Gone Digital, S. 1–48) werden die neuen Bedingungen und Möglichkeiten der Geisteswissenschaften im digitalen Raum auf allgemeiner Ebene diskutiert. Einleitend skizziert Mary P. Sheridan in dem Beitrag „Recent Trends in Digital Humanities Scholarship“ (S. 2–13) die zunehmende Bedeutsamkeit digitaler Medien in der universitären Ausbildung. Am Studienfach Digital Humanities in den Vereinigten Staaten mit Fokus auf ihrer Arbeit an der University of Louisville, Kentucky, exemplifiziert sie, wie digitale Ressourcen seit etwa einem Jahrzehnt auch für die Geistes- und Kulturwissenschaften fruchtbar gemacht werden, und plädiert abschließend emphatisch für eine prinzipielle Offenheit im Umgang mit den neuen Methoden der Digital Humanities, um deren volles Potenzial in Zukunft erkennen zu können (vgl. S. 12).

Im nächsten Kapitel, „Theme-Rheme-Analysis of English and Romanian Tourism Websites“ (S. 14–28), vergleichen die Anglistin Claudia Elena Stoian und Daniel Dejica Informationsstrukturen auf rumänischen und britischen Tourismuswebsites mit eher exemplarischem Charakter. Dabei kommt der synoptische Teil (S. 26) gegenüber den differenzierten Einzelanalysen leider etwas zu kurz.

Der Beitrag „Necessary and Luxury English Loanwords in Some Romanian Online Newspapers and Magazines“ (S. 29–36) von der rumänischen Kommunikationswissenschaftlerin Simona Șimon stellt einen thematischen Bruch zu den vorangegangenen Artikeln dar, denn er fokussiert den Fachdiskurs zu englischen Lehnwörtern im Rumänischen (vgl. S. 30f.) sowie Șimons eigene empirische Studie zu Anglizismen (N=205) in rumänischen Online-Zeitschriften (N=30). Sie kommt zu dem Ergebnis, dass nur 19 % der untersuchten Lehnwörter eine funktionale Notwendigkeit besitzen, wohingegen die übrigen 81 % angesichts existierender rumänischer Äquivalente resp. (partieller) Synonyme als luxury English loanwords eingestuft werden müssten (vgl. S. 33f.). Was diese Gruppe von Anglizismen aber im jeweiligen situativen Kontext metakommunikativ leistet (z. B. Konnotationen, Angemessenheit, Stil), wird nicht in der gebotenen Tiefe diskutiert (z. B. als „English-on-Top“-Phänomen, vgl. dazu Androutsopoulos 2013).

Im Artikel „Corpus Linguistics Outcomes and Applications in the Digital Era“ (S. 37–48) kommt Diana Oţăt auf Methoden und aktuelle Trends des Korpusdesigns und der Korpuserstellung zu sprechen. Neuartige, teils auch interdisziplinäre Ansätze werden ebenso berücksichtigt wie gängige computerbasierte Analyseinstrumente der Korpuslinguistik. Als Paradebeispiel dient die weit verbreitete Software MAXQDA (vgl. S. 43–46), die sich sowohl für quantitative als auch qualitative Textanalysen eignet.

Teil II

Unter dem Titel „Language and Translation: From Pen and Paper to the Electronic Environment“ (S. 49–160) wird im zweiten und mit 111 Seiten umfangreichsten Teil des Buches das Verhältnis von Sprache und Übersetzung im digitalen Zeitalter verhandelt. Zunächst plädiert Peter Sandrini im konzise einführenden Beitrag „Towards a Digital Translation Policy“ (S. 50–59) dafür, vor dem Hintergrund der Globalisierung Übersetzungspolitik als eine wesentliche Komponente effizienter Sprachpolitik zu begreifen (vgl. S. 52–54), und offeriert drei konkrete Lösungsansätze: Computer Aided Translation (CAT) Policy (S. 56f.), Machine Translation Policy (S. 57) und Translation Data Policy (S. 57f.).

Der Aufsatz „The Impact of New Technologies on Specialised Translation“ (S. 60–70) von der rumänischen Translatologin Mariana Pitar gibt einen Überblick über zeitsparende, profitable und qualitätssteigernde Übersetzungstools, die hinsichtlich der bei Sandrini genannten Dreiteilung vor allem der Computer Aided Translation zuzuordnen sind (vgl. S. 69).

Der Artikel „The Transfer of Signs between Heterogeneous Systems: Incongruent Equivalences“ (S. 71–95) von Felix Nicolau verhandelt die Praktikabilität bestimmter Übersetzungsmethoden bei der Translation scheinbar inkongruenter bzw. unvereinbarer Modi. Der Aufsatz thematisiert nicht allein die Ebene der sprachlichen Zeichen, sondern operiert mit vielen Visualisierungselementen, wie sie z. B. in Konkreter Poesie, Ballett oder Tätowierungen auffindbar sind.

Die Anglistin und Germanistin Titela Vîlceanu beschäftigt sich in „Evaluating Online Resources for Terminology Management in Legal Translation“ (S. 96–108) vor dem Hintergrund des EU-Beitritts Rumäniens 2007 mit Rechtsübersetzungen. Ihre abschließende Forderung ist ambitioniert: „[R]eliable online resources [...] should provide macro-level [...] information about the legal systems [...], meso-level information about the institutionalised practices [...], and micro-level information, such as language affinities (collocations), pragmatic contexts of use, [...] etc.“ (S. 106f.)

Die rumänische Lexikologin Loredana Pungă geht in ihrem Aufsatz „To Delete or to Add? Omissions and Additions in Two Romanian Translations of Jack and the Beanstalk“(S. 109–119) den Unterschieden zwischen Print- und Online-Übersetzungen nach. Ihr bilanzierender Ausblick fokussiert die steigende Relevanz von Online-Ressourcen gegenüber dem Print: „The situation I anticipate is that they [sic!] are much more [...] online than [...] printed book covers [...] [and] that the electronic medium favours the production of such deviations from the traditional tale genre pattern, and as a result, its degradation“ (S. 119).

Daniel Dejica schlägt in seinem Beitrag „A Standards-Based Contrastive Analysis of Online and Printed Technical Translations in Romanian“ (S. 120–136) ein standardisiertes Ordnungsraster vor, mittels dessen er die formale und inhaltsspezifische Güte 45 technischer Übersetzungen überzeugend kontrastiert. Für den Bereich der technischen Übersetzung formuliert er ein Desiderat für weitere Studien (S. 134).

Sodann führt Violeta Tănase im Kapitel „Extratextual Elements in Subtitling – The Battle of Linguistic and Cultural Codes” (S. 137–148) gute Gründe dafür an, bei der Erstellung von Untertiteln nicht bloß die rein textuelle (wörtliche) Ebene, sondern überdies bestimmte extratextuelle (nonverbale), d. h. audiovisuelle Elemente wie Gestik und Mimik, Bühnenbild, Kleidung, Hintergrundgeräusche, Filmmusik in den Blick zu nehmen.

Elena Laura Vulpoiu untersucht in ihrer kontrastiv angelegten Untersuchung „Subtitling in Romania and Spain: A Contrastive Analysis“ (S. 149–160) den Bereich der audiovisuellen Übersetzungen in Untertiteln für Spanien und Rumänien und betont die Diskrepanz zwischen der thematischen Relevanz von Untertiteln im osteuropäischen Fernsehen und der defizitären Forschungslage (vgl. S. 149, 158).

Teil III

Im dritten und letzten Teil des Bandes geht es um didaktische Chancen, Grenzen und Perspektiven im digitalen Zeitalter. László Imre Komlósi skizziert in seinem einführenden Beitrag „Digital Literacy and the Challenges in Digital Technologies for Learning“(S. 162–171) einen lernpsychologischen und ‑soziologischen Paradigmenwechsel. Dazu formuliert er folgendes Postulat: War die Verteilung von Wissen und Wissensweitergabe unter traditionellen Lernbedingungen hierarchisch, sorge ein digitales kulturelles Klima für ‚digisoziale‘ Kognition, digitales netzwerkbasiertes Informationsmanagement sowie steigende digitale Kompetenz einer Connected Cognitive Entity Generation (S. 163). Dabei kritisiert er zu Recht die „‘digital gap in education and socio-economic status’ which is a consequence of exclusion and marginalization of certain social groups in society.” (S. 171)

Der darauffolgende Aufsatz „On the Use of Hypermediality in Teaching Culture in German as a Foreign Language Context“(S. 172–188) von Karla Lupșan ist der einzige des vorliegenden Bandes, der die deutsche Sprache durch die exemplarisch vorgestellten Projekte Deutschland (bzw. Österreich) im Internet zum unmittelbaren Gegenstand hat. Sie stellt damit einen konkreten Unterrichtsvorschlag für den DaF-Unterricht vor und macht sich für das Konzept der sog. ‚Hypermedialität‘ (methodisch-systematische Kombination von Text, Bild, Sound etc.) stark, weil es bei den Schüler*innen transdisziplinär relevante Fähigkeiten fördere (vgl. S. 173f., 178).

Wenig neue Erkenntnisse bringt dagegen das überblicksartige und eher oberflächliche Kapitel „Online Communication – Netspeak: The Internet as a Facilitator for New Ways of Communication and the Impact on our Language“(S. 189–200), in dem Iulia Para altbekannte Merkmale von Onlinekommunikation im Sinne eines Netspeak nach Crystal (2011) anführt und deren Unterschiede zur Standardsprache benennt. Dieser pauschalisierende Umgang mit den äußerst heterogenen Stilen in Online-Umgebungen steht spätestens seit Andoutsopoulos (2007) in der Kritik und erscheint gerade in Zeiten von Social Media mit ihren grundverschiedenen „Communities of Practice“ (Lave & Wenger 1991, Seargeant & Tagg 2014) nicht mehr angemessen.

Die rumänische Anglistin Alexandra Jic diskutiert in ihrem überzeugenden Beitrag „Young English Learners in the Digital Age“ (S. 201–213) Vor- und Nachteile des Einsatzes neuer Medien im rumänischen EFL-Unterricht bei Erst- und Zweitklässler*innen. Im Rahmen einer quantitativ wie qualitativ ausgelegten empirischen Studie untersucht sie die Einstellungen und Wahrnehmungen von Englischlehrer*innen und Schüler*innen zu E-Books. Jics Fazit fällt insofern zwiespältig aus, als sie beim Einsatz von E-Books im Unterricht zwar großes Potenzial in puncto Motivation der Schüler*innen beobachtet, darauf jedoch bislang keinerlei bildungspolitische Maßnahmen gefolgt sind.

Unter der Überschrift „Training and Development in the Digital Era“ (S. 214–227) untersucht Simona Olaru-Poşiar Trainings- und Entwicklungssteuerung im digitalen Zeitalter und kommt zu dem Ergebnis, dass neue Kompetenzen in der Sofware-Entwicklung ein Desiderat für Rumänien darstellen und neue Sofware-Lösungen auch immer Trainings-Angebote nach sich ziehen müssen.

Der letzte Beitrag, „Developing Communication Skills in Romania in the Digital Era“ (S. 228–243), von Valentina Mureșan thematisiert verschiedene Aspekte der Unterrichtspraxis in Rumänien und die Frage, ob rumänischer Englischunterricht den Anforderungen der digitalen Ära gerecht wird. Dabei nimmt Mureșan in ihrem Schlussplädoyer primär die Lehrer*innen in die Pflicht und betont „the need for teachers to [...] adapt to the requirements [...], to adjust to the digital learner’s individual needs, to make use of elements corresponding to various approaches so as to design relevant, engaging learning lessons, [...] where technology is truly part of everyday learning and teaching, and where learning is continued outside the classroom” (S. 241). Den Herausgeber*innen ist es gelungen, einen guten Überblick über den Stand der linguistischen Forschung und Praxis in den fraglichen Ländern im Bereich der Digital Humanities zusammenzustellen. Vielleicht wichtiger als die Ergebnisse der Einzeluntersuchungen ist die Formulierung von Desiderata und Herausforderungen für Translationswissenschaften und DaF- sowie EFL-Unterricht (vor allem in Rumänien), die sich angesichts der digitalen Wende stellen. Die Stärke des Bandes liegt vor allem in seiner thematischen Breite und weniger in der Höhe des Reflexionsniveaus der einzelnen Artikel (vor dem Hintergrund eines internationalen Fachdiskurses). Überwiegend sind diese aber durchaus aktuell und theoretisch fundiert. Darüber hinaus werden interessante empirische Einzelstudien vorgestellt und methodische Vorgehensweisen gut transparent gemacht. Konzise Erläuterungen, anschauliche Exemplifizierungen, konkrete (Lösungs-)Vorschläge und wohlüberlegte Prognosen stützen diesen positiven Eindruck.

Problematisch dagegen ist die sprachliche Umsetzung des Bandes. Ein sorgfältigeres Lektorat hätte die zahlreichen Orthografie- und Grammatikfehler verhindern können. Insgesamt kann konstatiert werden, dass „Language in the Digital Era“ den (nicht allein rumänischen) Fachdiskurs bereichern wird. Vor allem für Übersetzungswissenschaftler*innen und DaF- oder EFL-Lehrkräfte ist der Band empfehlenswert. So werden die Herausgeber*innen ihrer eigenen Agenda gerecht:

„The book is recommended to scholars, professionals, students and anyone interested in the changes within the humanities in conjunction with technological innovation or in the ways language is adapting to the challenges of today’s digitized world“ (S. XVI).

Literatur

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Published Online: 2018-07-17
Published in Print: 2018-11-27

© 2018 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

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Downloaded on 28.3.2024 from https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/zrs-2018-0026/html
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