Zusammenfassung
Der Ausdruck Ruinanz, die Grundbewegtheit faktischen Lebens, wird von Heidegger im Wintersemester 1921/22 im Rahmen der Vorlesung Phänomenologische Interpretationen zu Aristoteles. Einführung in die Phänomenologische Forschung verwendet. Danach gebraucht er den Ausdruck nie wieder. Er war sich vermutlich weder damals noch später bewusst, dass das, was er dabei war zu entwerfen, d.h. eine neue Begrifflichkeit für ein neues Verständnis des Zugangs zum Sein, vieles dieser frühen Intuition zu verdanken hatte. Das Gleiche scheint auch für die meisten Heidegger-Interpretatoren zu gelten. Im Ausdruck Ruinanz verbirgt sich ein Erklärungspotential, wie man es schwer anderswo bei Heidegger findet. Was in der Ruinanz geschieht, ist so selbstverständlich, dass es nicht zum Ausdruck kommen kann.
Als Möglichkeitsbedingung aller Verständlichkeit und Unverständlichkeit gilt hier das Faktische: das, was der Spaltung in Erkenntnisobjekt und Erkennendem ontologisch vorausgeht. Insofern ist hier auch zu erfahren, ob das Dasein wirklich den eigenen Schatten nicht überspringen kann, d.h., ob es genau in dieser Unmöglichkeit verstehensmäßig ein- und dasselbe ist wie das Sein.
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