Lebensaltern sind in der höfischen Literatur bestimmte Einstellungen und Verhaltensweisen zugeordnet, sie differieren nach literarischer Gattung und Kontext: Alter kann Erfahrung und Weisheit bedeuten, aber auch Kraftlosigkeit und Untauglichkeit, Jugend kann für Kraft und Schönheit stehen, aber auch für Unreife und Torheit. Welche dieser Dimensionen jeweils aktualisiert wird, ist im Detail zu untersuchen. Zunächst aber sollen die Bedeutungskomplexe kurz dargestellt werden, die für das Ziel der Überlegungen, das Verständnis von Walthers sog. ›Alterston‹, im Auge behalten werden müssen. Hinführend werde ich auf spezielle Ausformungen der Alterstopik bei Morungen und v. a. auf Walthers sumerlaten-Lied in seinem Bezug auf das formal (nahezu) identische Reinmarlied MF 185,27 eingehen.
© Max Niemeyer Verlag, Tübingen 2006