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Publicly Available Published by De Gruyter Saur March 6, 2014

Die Zukunft des Lesens

From the journal Bibliotheksdienst

:

Die Zukunft des Lesens ist browserbasiert.“ Sascha Lobo

Social Reading ist ein Begriff, der seit einiger Zeit im Zusammenhang mit der Rezeption digitalen Contents genannt wird. Er beinhaltet einerseits einen Funktions- und Kommunikationstransfer herkömmlicher Literaturkreise bzw. individueller Leseerfahrungen in eine Online-Umgebung, andererseits aber auch die technische Unterstützung von Leseprozessen durch „soziale“ Anwendungen, wie z.B. das Teilen markierter Textpassagen und online abgegebener Kommentare zum Gelesenen. Verschiedene e-Reader ermöglichen dabei heute, je nach Hersteller und dahinter stehender Verlagsgruppe, unter Umständen bereits die direkte Verbindung vom ebook-Reader zu den sozialen Netzwerken und Social-Reading-Online-Communities. Zu nennen sind hier z.B. die Lesecommunities von Amazon (goodreads mit 20 Mio. Mitgliedern), Kobo und Readmill[1] für verschiedene mobile Endgeräte sowie die Plattform LovelyBooks mit rund 80.000 Nutzern.[2]

LovelyBooks http://www.lovelybooks.de/

Hinter LovelyBooks steht die Holtzbrink-Gruppe. Sie ist in erster Linie eine Plattform für Leserinnen und Leser, kann aber auch von Autorinnen und Autoren dazu genutzt werden, die Vermarktung ihrer Bücher anzuregen. Auf der seit 2006 existierenden Plattform kann man sich ein eigenes Bücherregal nachbauen. Möglich ist es auch anzugeben, welches Buch man gerade liest, oder Bücher, die einen interessieren, auf eine Wunschliste zu setzen. Um eben diese zu finden, gibt es ganz klassisch Themengebiete zum Stöbern. Ebenfalls nach altbewährtem Prinzip kann für ein Buch eine Sterne-Bewertung und/oder eine Rezension geschrieben werden. Daraus ergeben sich dann diverse Bestenlisten.

Abb. 1: Die Lesevorschläge begrüßen einen schon beim Aufruf der Seite.
Abb. 1:

Die Lesevorschläge begrüßen einen schon beim Aufruf der Seite.

Hat man sich gerade ein neu erschienenes Buch zugelegt, kann man dieses in der Datenbank heraussuchen und zu seinem Bücherregal hinzufügen. Oft eröffnen der Verlag oder gar die Autorin/der Autor selbst eine Leserunde zu dem Buch. In der Regel gibt es dazu dann auch eine Verlosung, um gleich Mitglieder für diese Leserunden zu generieren. In den Leserunden kann dann über bestimmte Abschnitte aus dem Buch diskutiert werden. Leser selbst können ebenfalls Leserunden anlegen, was häufig bei etwas älteren Büchern der Fall ist.

Um den Lesern mehr Möglichkeiten zur Interaktion rund um das Buch zu geben, steht es Autoren oder dem Verlag auch offen, eine Verbindung zu dem Netzwerkauftritt auf der eigenen Website einzubetten. Man kann sich auch in verschiedenen Gruppen zu einzelnen Autoren, Themen, Genres usw. bewegen. Und sollte man mal die Lust verspüren, sich mit einigen der Menschen hinter den Account-Namen von Angesicht zu Angesicht unterhalten zu wollen, kann man sich in die Ortsgruppen eintragen und einfach mal zum nächsten Stammtisch in der Nähe gehen.

Abb. 2: Buchverlosungen gehören mittlerweile zu Leserunden dazu.
Abb. 2:

Buchverlosungen gehören mittlerweile zu Leserunden dazu.

Das Thema Social Reading wurde bei der Frankfurter Buchmesse 2013 in Kooperation mit dem Berufsverband BIB in einem gemeinsamen anderthalbstündigen Symposium behandelt.[3] Während Goodreads und LovelyBooks das Lesen und Kommentieren separat unterstützen, gehen neuere Plattformen dazu über, beide Aktivitäten gleichzeitig zu erlauben. Ein Beispiel für dieses „Social Reading 2.0“ sei die von Sascha Lobo auf der Frankfurter Buchmesse vorgestellte Plattform Sobooks.[4]

Sobooks http://sobooks.de

Etwas weiter als die bisherigen Social-Reading-Plattformen will, wie gesagt, das noch junge Sobooks gehen. Am 9. Oktober 2013 gestartet, befindet sich das Netzwerk noch bis zur Leipziger Buchmesse 2014 in einer Closed-Beta-Phase. Auf dieser Plattform kann man nicht nur Bücher oder Abschnitte kommentieren und diskutieren. Man kann dadurch, dass das ganze Buch über die Plattform verfügbar ist, einzelne Textpassagen direkt auf der Seite ansteuern, in andere Netzwerke verlinken oder zitieren. Aus technischen Gründen ist eben diese attraktive und wegweisende Funktion allerdings vorerst nur über den Browser möglich. Zum Lesen können die E-Books auch als EPUB oder PDF erworben werden. Die Seite ist in diesem Sinne auch eine Verkaufsplattform – Verlage, Agenten, Kuratoren und natürlich die Autorinnen und Autoren sind gerne gesehen. Auch verlagssuchende Autoren können hier ihre Bücher selbst vermarkten. Auch wenn die Plattform noch jung und klein ist, so zeigt sie doch viel Potenzial, was bereits viele namhafte Verlage mit ihrer Partnerschaft unterstreichen. Man darf also auf die Präsentation in Leipzig gespannt sein!

Abb. 3: Viel Potenzial hat Sobooks – bleibt zu hoffen, dass zum Start alles klappt.
Abb. 3:

Viel Potenzial hat Sobooks – bleibt zu hoffen, dass zum Start alles klappt.

Spannend wird es sein zu sehen, was die weitere Entwicklung von Social-Reading-Plattformen für den Umgang mit Digital Rights Management- und Format-Beschränkungen bedeutet. Ob und welche Zukunftsaufgaben sich im Hinblick auf inhaltliche, beratende oder organisatorische Tätigkeiten für Bibliotheken ergeben könnten, blieb auf dem Symposium offen.[5] Fast schon klassisch scheint angesichts der Entwicklung auf dem Gebiet des Social Readings die Einbindung von ähnlichen, wenn auch abgespeckteren Rezensionstools in die Bibliothekskataloge, z.B. durch die Nutzung von Library Thing for Libraries.[6]

Bibliotheksveranstaltungen mit Bezug zur jeweiligen Nutzerschaft („community“) bleiben auch in Zukunft relevant. Social-Reading-Plattformen wären in der Lage, sowohl in öffentlichen wie auch wissenschaftlichen Bibliotheken innovative Formate zu etablieren, die bisherige Leseförderungsprogramme unterstützen, den gemeinschaftlichen Austausch – beispielsweise über „Das Buch für die Stadt“ – abwickeln oder auch den wissenschaftlichen Exkurs durch Annotation und Kommentierung von Lehrbüchern im universitären Umfeld fördern können. Aber auch für die Lektoratsarbeit und den Auskunftsdienst können Social-Reading-Dienste interessant werden.

Weiterführende Fragen beantworten gerne:

Melanie Kleist, Bibliothek des Instituts für Turkologie an der FU Berlin und Zukunftswerkstatt

Cordula Nötzelmann, Stadtbibliothek Köln und Zukunftswerkstatt

zukunftsentwickler@zukunftswerkstatt.org

Published Online: 2014-03-06
Published in Print: 2014-03-31

© 2014 by De Gruyter

Downloaded on 19.3.2024 from https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/bd-2014-0036/html
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