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BY-NC-ND 3.0 license Open Access Published by De Gruyter Saur March 18, 2015

Die Arbeitsgemeinschaft der Regionalbibliotheken in der Sektion 4 des dbv – Bericht für die Jahre 2013/2014

  • Julia Freifrau Hiller von Gaertringen

    Dr. Julia Freifrau Hiller von Gaertringen

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From the journal Bibliotheksdienst

Zusammenfassung:

Der Bericht informiert über die Tätigkeit der Arbeitsgemeinschaft der Regionalbibliotheken in der Sektion 4 des Deutschen Bibliotheksverbands (dbv) in den Jahren 2013 und 2014.

Abstract:

This report informs about the activities of the consortium of regional libraries (AG Regionalbibliotheken) within section 4 of the German Library Association (dbv) in the years 2013 and 2014.

Die 1972 gegründete Arbeitsgemeinschaft der Regionalbibliotheken (AGRB) ist seit 1985 Teil der Sektion 4 des Deutschen Bibliotheksverbandes. Ihr gehören derzeit 65 Bibliotheken an, die aus historischen Stadt- und Landesbibliotheken hervorgegangen sind und regionalbibliothekarische Aufgaben wahrnehmen. Sie fördert die Zusammenarbeit ihrer Mitglieder untereinander und vertritt die Interessen der Bibliotheken mit regionalen Funktionen innerhalb und außerhalb des deutschen Bibliothekswesens. Zweimal jährlich treffen sich die Mitglieder bei Frühjahrs- oder Herbsttagungen, sie bereichern den Deutschen Bibliothekartag mit eigenen Veranstaltungen und äußern sich verbandsintern sowie öffentlich zu Fragen, die die Interessen der Regionalbibliotheken berühren. Regelmäßig macht die AGRB mit Veröffentlichungen auf sich aufmerksam, insbesondere durch die Herausgabe themenbezogener ZfBB-Sonderbände. Jeweils nach Abschluss einer Vorstandsperiode legt sie Tätigkeitsberichte vor.[1]

Zu Anfang eine Würdigung

Erster Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft in den Jahren 1971–1974 war Prof. Dr. Paul Raabe, der am 5. Juli 2013 in Wolfenbüttel verstorben ist. Anfang der 1970er-Jahre, nach seinem Amtsantritt an der Herzog August Bibliothek, entwarf er für den Bibliothekstyp der historisch gewachsenen Sammlungen die neue Konzeption der Forschungsbibliothek. Er arbeitete sie aus zu seinem Programm „Alten Bibliotheken eine Zukunft“, das er 1978 zur Feier des 200. Geburtstages der Hessischen Landesbibliothek Fulda vortrug – mit dem Untertitel: „Gedanken zur Überwindung des Notstandes in den deutschen Landes- und Stadtbibliotheken“.[2] In ihren ersten Jahren folgte die AGRB Raabe auf dem Weg, sich zu einem Forum für alle mit den Altbeständen zusammenhängenden Fragen zu entwickeln. Er hätte es begrüßt, wenn sie sich zu einer Arbeitsgemeinschaft historischer Bibliotheken ganz allgemein erweitert hätte, zu einem repräsentativen Gremium mit großer, auch bibliotheks- und wissenschaftspolitisch durchschlagender Öffentlichkeitswirksamkeit. Sie ging aber zunächst andere Wege, fokussierte sich auf den Bereich regionaler Aufgaben. Die Entwicklungen der 1980er- und 1990er-Jahre im Bereich historischer Buchbestände, die großen Projekte zu deren Erschließung und Aktivierung, aber auch zu deren Arrondierung in der Sammlung deutscher Drucke, an denen die Regionalbibliotheken nicht adäquat partizipiert haben, haben Raabe späterhin Recht gegeben.[3] „Bibliotheca docet“ war sein Credo. Er hat es ganz persönlich verkörpert. Seine sagenhafte Arbeitskraft, sein unerhörtes Tempo, sein erstaunliches Überzeugungsvermögen und sein legendäres Talent der Mittelakquise sind nur die eine Seite seines Wirkens. Die andere ist sein unerschütterlicher Glaube an die Bibliothek als humane Anstalt. Über die Rückbesinnung auch anderer darauf in der allerletzten Zeit hat er sich sehr gefreut.

Der Vorstand 2013/2014

Im Berichtszeitraum amtierte die Verfasserin dieses Berichts als Vorsitzende. Die Funktion der stellvertretenden Vorsitzenden wurde von Dr. Irmgard Siebert, Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf, und Dr. Marianne Riethmüller, Hochschul- und Landesbibliothek Fulda, wahrgenommen. Das Amt des Schriftführers versah Ulrich Hagenah, Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg. Leiter der bereits 1982 gegründeten Unterarbeitsgruppe „Regionalbibliographie“ war Dr. Ludger Syré, Badische Landesbibliothek, Leiter der 2011 gegründeten Unterarbeitsgruppe „Pflicht“ war Lars Jendral, Landesbibliothekszentrum Rheinland-Pfalz. Im Berichtszeitraum hat sich der Vorstand viermal getroffen; am 24.4.2013 in Detmold, am 30.7.2013, 3.2.2014 und 28.7.2014 in Karlsruhe.

Die UAG Pflicht tagte im Januar 2013 in Berlin, im August 2013 in München und im März 2014 in Jena; die Herbstsitzung 2014 fiel wegen des Lokführerstreiks aus. Themen waren u. a. das E-Paper-Projekt der AGRB-Bibliotheken mit der DNB (s. u.), novellierte Gesetze und Verordnungen im Bereich des Pflichtexemplars sowie der Fortschritt von Projekten im Bereich der E-Pflicht und der Webseitenarchivierung. Im Juli 2013 legte die UAG Pflicht im Bibliotheksdienst das Schwerpunktheft „Die elektronische Pflicht in den Bundesländern“ (s. u.) vor. Die UAG Regionalbibliographie tagte im Mai 2013 in Münster und im Mai 2014 in Bautzen; dazu publizierte sie eigene Berichte.[4]

Tagungen

Die Arbeitsgemeinschaft hat im Berichtszeitraum viermal getagt.[5] Die Frühjahrstagung in der Lippischen Landesbibliothek Detmold am 24./25.4.2013 befasste sich mit dem Themenschwerpunkt „Strukturwandel der Landesbibliotheken: Fusionen, Kooperationen, Reorganisationen“. Dr. Stephan Fliedner, Stadtbibliothek Mainz, stellte dar, wie die Stadtbibliothek Mainz als eine der größten und ältesten kommunalen wissenschaftlichen Bibliotheken Deutschlands mit der aus den kommunalen Sparbeschlüssen vom Herbst 2011 resultierenden drastischen Etat- und Stellenkürzung um mehr als der Hälfte des Bisherigen umgeht und wie es durch radikale Umstrukturierung gelingen soll, die Integrität der historischen Sammlung zu erhalten und ihre Erschließung und Nutzung zu fördern.[6] Dr. Helmut Gier, Augsburg, und Klaus Kempf, Bayerische Staatsbibliothek, als Korreferent berichteten von der Staats- und Stadtbibliothek Augsburg, die als kommunale Einrichtung mit geringem staatlichem Zuschuss im Begriff war, ihren gravierenden Entwicklungsrückstand aufzuholen, als langjährige Bau- und Finanzierungsplanungen 2008/09 an der Lehman-Brothers-Pleite scheiterten; die Übernahme der Bibliothek durch den Freistaat Bayern zum 1.12.2012 mit großzügiger Investition in Erweiterungs- und Umbaumaßnahmen ist daher als „glückliche Fügung“ anzusehen. Detlev Hellfaier und Dr. Joachim Eberhardt, Lippische Landesbibliothek, informierten über die Entwicklung in Detmold: 2013 wurde die Theologische Bibliothek und Mediothek der Lippischen Landeskirche in die Landesbibliothek integriert, dem folgte die bauliche und organisatorische Verbindung mit den Bibliotheken der Hochschule für Musik Detmold, aus der ein neues Bibliothekszentrum in Lippe entsteht.[7] Ein Rundgang durch das im März 2013 eingeweihte neue Magazingebäude der Lippischen Landesbibliothek gehörte zum Tagungsprogramm. Mit besonderer Stringenz hat das Land Hessen die Fusionierung seiner Landesbibliotheken mit Hochschulbibliotheken betrieben. Darüber berichteten Dr. Marianne Riethmüller, Hochschul- und Landesbibliothek Fulda, und Dr. Marion Grabka, Hochschul- und Landesbibliothek RheinMain. Für Fulda fällt die Gesamtbewertung des schrittweisen Integrationsprozesses positiv aus: Die Landesbibliothek löste sich dadurch im Jahr 2000 aus einer baulich, personell und servicemäßig prekären Situation; bei den Neuverhandlungen des Kooperationsvertrages nach zehn Jahren wurde zudem eine räumliche wie funktionale Integration der Öffentlichen Bibliothek beschlossen und im Oktober 2011 die fusionierte wissenschaftliche und öffentliche Bibliothek eröffnet.[8] In der zum 1.1.2011 begründeten Hochschul- und Landesbibliothek RheinMain ist der Integrationsprozess noch in vollem Gange.

Ein zweiter und lebhaft diskutierter Schwerpunkt der Detmolder Tagung war das Thema „Digital Humanities in Landesbibliotheken“ am Beispiel zweier Projektpartnerschaften der Lippischen Landesbibliothek mit Wissenschaftsinstitutionen, die über eine rein funktionale Dienstleistung der Bibliothek weit hinausgehen. Dr. Bernd Füllner, Düsseldorf, und Dr. Thomas Burch, Kompetenzzentrum für elektronische Erschließungs- und Publikationsverfahren in den Geisteswissenschaften an der Universität Trier, stellten das Grabbe-Portal der Lippischen Landesbibliothek[9] vor und referierten an diesem Beispiel über Methoden und Verfahren digitaler Editionsprojekte in einer virtuellen Forschungsumgebung. Prof. Dr. Joachim Veit, Musikwissenschaftliches Seminar Detmold/Paderborn, sprach über digitale Musikedition im Kontext – Perspektiven für eine Zusammenarbeit von Musikwissenschaft, Landesbibliothek und Landesarchiv, aufgezeigt am Beispiel der Hybrid-Edition von Werken des Violinvirtuosen Carl Louis Bargheer im Rahmen des DFG-Projekts Edirom.[10]

Im Themenblock „Forschung an und mit Regionalbibliotheken“ der AGRB-Herbsttagung am 1./2.10.2013 in der Wienbibliothek berichtete Dr. Michael Knoche, Herzogin Anna Amalia Bibliothek, von dem am 1.9.2012 gegründeten Forschungsverbund Marbach Weimar Wolfenbüttel, in dem das Deutsche Literaturarchiv, die Klassik Stiftung Weimar und die Herzog August Bibliothek gemeinsame Forschungsprojekte entwickeln und eine institutionenübergreifende digitale Forschungsumgebung aufbauen.[11] Dr. Lutz Mahnke, Ratsschulbibliothek Zwickau, zeigte auf, wie sich die landläufig als Forschungsbibliothek zur Reformationsgeschichte bekannte Ratsschulbibliothek auf den Weg zur Forschungsbibliothek Barock begeben hat.

Im zweiten Themenblock „Landesbibliotheken in Österreich“ präsentierten die österreichischen Kollegen ihre Häuser. Dr. Sylvia Mattl-Wurm stellte die Wienbibliothek vor, die sich dezidiert als Forschungsbibliothek versteht und nicht nur einzigartige Viennensia und Austriaca vorweisen kann, sondern auch 950 Nachlässe mit etwa sechs Millionen Einzelautographen sowie knapp 100.000 Musikhandschriften und -drucke und die größte Plakatsammlung Österreichs; mit ihren knapp 40 Mitarbeitern erstellt sie aus diesem Bestand laufend wissenschaftliche Publikationen von beeindruckender Qualität und Quantität. Dr. Christoph Binder, Graz, machte mit dem Um- und Neubauvorhaben bekannt, durch das die Steiermärkische Landesbibliothek in den Jahren 2009–2011 nicht nur ihren ehemals dürftigen räumlichen Verhältnissen entwuchs, sondern durch Einbeziehung eines neuen, künstlerisch gestalteten Platzes auch eine überaus anregende neue räumliche Präsenz im Stadtraum gewann. Dr. Christian Enichlmayr, Linz, berichtete ebenfalls von Umbau, Anbau und umfassender Modernisierung seines Hauses, der Oberösterreichischen Landesbibliothek, die mit der Ernennung der Stadt Linz zur Kulturhauptstadt Europas 2009 neue Chancen erhielt. Dr. Harald Weigel, Bregenz, imponierte mit der konsequenten Umbildung der Vorarlberger Landesbibliothek zur hybriden Bibliothek, aber auch mit deren breitem Sammlungsprofil: Das Tonträgerarchiv und das Radio- und Fernseharchiv, in dem Beiträge zu landeskundlich relevanten Sachthemen bzw. Vorarlberger Personen digital, auch retrospektiv digitalisiert bereitgestellt werden, sind wohl einzigartig unter den Regionalbibliotheken.

Der dritte Themenblock „Kriegssammlungen 1914/18“ umfasste fünf Vorträge zu diesem forschungsrelevanten Spezialthema, dessen sich die AGRB Ende 2012 angenommen hatte (s. u.). Aibe Marlene Gerdes, Freiburg, führte in das Thema ein und beschrieb das Sammeln von Kriegszeugnissen als populäre, weit verbreitete kulturelle Praxis in der damals sogenannten „großen Zeit“ des Krieges. Michael Tobegen, Leipzig, stellte die Weltkriegssammlung der früheren Deutschen Bücherei, heute DNB Leipzig, vor und ging insbesondere ein auf die Fliegerabwürfe, die als Propagandamaterial auf verschiedensten Wegen hinter die Kampflinien des Kriegsgegners transportiert wurden. Dr. Armin Schlechter, Pfälzische Landesbibliothek Speyer, sprach über die in seinem Haus überlieferten Plakate und Maueranschläge als auskunftsfreudige Quelle für den Alltag an der sogenannten Heimatfront. Dr. Christine Sauer, Stadtbibliothek Nürnberg, rekonstruierte die verlorene Kriegssammlung ihrer Bibliothek mit Hilfe von Verwaltungsberichten, Zeitungsartikeln, Zugangsverzeichnissen und alten Katalogen. Eine „neue“ Kriegssammlung entstand unbeabsichtigt, wie Dr. Bernhard Lübbers berichtete, an der Staatlichen Bibliothek Regensburg, die sich 2011 am bundesweiten Aktionstag „100 Jahre Erster Weltkrieg – Bilder, Briefe, Erinnerungen“ beteiligte und in Folge davon immer weitere Kriegssammlungsgegenstände agglomeriert. Dr. Alfred Pfoser, Dr. Anita Eichinger und Gerald Murauer präsentierten zum Schluss die Kriegssammlung der Wienbibliothek in einem materialreichen Überblick über verschiedenste Objektbereiche und berichteten über das umfangreiche Publikations- und Veranstaltungsprogramm der Wienbibliothek zu diesem Thema.

In der Arbeitssitzung während des 103. Bibliothekartags am 3.6.2014 in Bremen referierte Klaus Kempf zum Thema „Der Sammlungsgedanke im digitalen Zeitalter“; die Thesen seines gleichnamigen Buches von 2013[12] hatte er in der Zwischenzeit weiterentwickelt. Des Weiteren wurden die aktuellen Projekte der AGRB – das laufende E-Paper-Projekt mit der DNB, die abgeschlossenen Kriegssammlungsprojekte, die ZfBB-Sonderbände und Bibliotheksdienst-Themenhefte (s. u.) – erörtert. Auch über die im Dezember 2013 erfolgte Ablehnung der DFG-Anträge der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf und der Badischen Landesbibliothek zur Theaterzettel-Digitalisierung, die ein Jahr zuvor mit dem Ziel einer kooperativen und standardisierten Erschließung der Theaterzettel in den Landesbibliotheken auf Grundlage des in Düsseldorf entwickelten Referenzprojekts gestellt worden waren, wurde gesprochen.

Die Herbsttagung am 29./30.9.2014 fand in der Universitäts- und Landesbibliothek Darmstadt statt. Besichtigungen der beiden Neubauten am Standort Stadtmitte in der Magdalenenstraße und am Standort Lichtwiese gehörten zum Programm der Tagung, das auch einen Bericht des Hausherrn Dr. Nolte-Fischer zum aktuellen EuGH-Urteil im Rechtsstreit der Universität Darmstadt mit dem Eugen Ulmer Verlag zu den digitalen Leseplätzen aufnahm. Unter anderem befasste sich die Tagung mit dem Thema „Landesbibliothekarische Informationskompetenz“. Corinna Roeder, Landesbibliothek Oldenburg, präsentierte das Netzwerk „Schu:Bi – Schule und Bibliothek“[13] in Oldenburg, das auf einer Kooperation von fünf Bibliotheken (Landesbibliothek, Universitätsbibliothek, Stadtbibliothek Oldenburg, Bibliotheken der Jade-Hochschule Wilhelmshaven und Hochschule Emden/Leer) mit mehreren Schulen unterschiedlichen Typs basiert und sich, seit 2007 stetig fortentwickelt, als sehr alltagstauglich erwiesen hat. Dr. Harald Weigel, Vorarlberger Landesbibliothek, stellte das Bregenzer Schulungskonzept vor, bei dem die Landesbibliothek mit dem Landesschulrat, der Fachhochschule und der Pädagogischen Hochschule Vorarlberg kooperiert und das flächendeckend für 42 Schulen verpflichtend ist. Im Themenschwerpunkt „Bestandserhaltung“ berichtete Dr. Ursula Hartwieg, Berlin, über Erfahrungen und Perspektiven der Koordinierungsstelle für die Erhaltung des schriftlichen Kulturguts (KEK) und ihrer Bund-Länder-finanzierten Modellprojektförderung; die Ergebnisse der 2013 bundesweit durchgeführten Erhebungen zur Bestandssituation sollen in ein nationales Konzept für Bestandserhaltung münden, nachdem die gesamtstaatliche Koordination der Bestandserhaltung und der Fortbestand der KEK 2013 im Koalitionsvertrag der Bundesregierung festgeschrieben worden sind.

Ein weiterer Tagungsschwerpunkt war das Thema Zeitungsdigitalisierung. Aus dem laufenden DFG-Projekt „Digitalisierung historischer Zeitungen“ stellte Maria Elisabeth Müller, Staats- und Universitätsbibliothek Bremen, das Bremer Teilprojekt zur Image-Digitalisierung der deutschen Zeitungen des 17. Jahrhunderts vor.[14] Dr. Dorothea Sommer, Universitäts- und Landesbibliothek Halle, sprach über das Hallesche Teilprojekt, das als Weiterentwicklung des Verfahrens ‚URN granular‘ für Periodika auf eine persistente Adressierung inhaltlich geschlossener Einheiten unterhalb der Image-Ebene hinarbeitet.[15] Über das „Europeana Newspapers Project“[16] und die SUB Hamburg als Projektpartner berichtete Ulrich Hagenah, Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg; er übernahm auch die Präsentation des an der Teilnahme verhinderten Dr. Johannes Andresen, Landesbibliothek Friedrich Teßmann Bozen, zu Ansätzen der vertieften Erschließung von Zeitungsdigitalisaten mittels „named entities word recognition“ (NER), mittels automatisierter Strukturerkennung und Volltextverbesserung aufgrund computerlinguistischer Methoden in den Projekten Europeana Newspapers und „Open Platform for Access to and Analysis of Textual Documents of Cultural Heritage“ (OPATCH). Roland Roth-Steiner, Universitäts- und Landesbibliothek Darmstadt, gab Einblick in das Projekt „Hessische Regionalzeitungen im Ersten Weltkrieg“, das 2013/14 unter Federführung der HEBIS-Verbundzentrale mit den hessischen Landesbibliotheken sowie den Universitätsbibliotheken Frankfurt, Marburg und Gießen durchgeführt wurde.

Mitgestaltung der Bibliothekartage

Die AGRB hat sich über Jahrzehnte hinweg für den Bibliothekartag engagiert und jeweils eine Themenveranstaltung offeriert. Für den Bibliothekskongress in Leipzig 2013 hatte sie der Programmkommission eine Vortragssektion zum Thema „Regionalbibliotheken als Forschungsbibliotheken“ vorgeschlagen. Die Vorträge wurden bis auf einen in das Tagungsprogramm aufgenommen, aber auf andere Panels verteilt,[17] sodass die AGRB erstmals seit vielen Jahren nicht sichtbar auf dem Bibliothekartag vertreten war. Für den Bibliothekartag in Bremen 2014 meldete die AGRB eine Vortragsreihe zum Thema Kriegssammlungen 1914–1918 an, um dem bibliothekarischen Fachpublikum Gelegenheit zu bieten, sich mit dem aktuellen Quellenwert dieser „hidden collections“ für die Forschung vertraut zu machen. Die Reihe wurde – um einen Vortrag vermehrt – unter dem Titel „Bibliotheksbestände zum 1. Weltkrieg: Impulse für die Forschung“ angenommen.[18]

Publikationen

Das Doppelheft 8/9 des Bibliotheksdienstes 2013 erschien als Themenheft über „Die elektronische Pflicht in den Bundesländern“.[19] Hier veröffentlichte Lars Jendral für die UAG Pflicht der AGRB einen Überblick zum aktuellen Stand der gesetzlichen Grundlagen zur Pflichtablieferung in den Bundesländern sowie zu den zur Archivierung genutzten Repositorien und ihren technischen Möglichkeiten. Die regionalen Pflichtexemplarbibliotheken stellten in 15 Länderportraits ihre Rechtsgrundlagen, ihr Sammlungsprofil bei Online-Publikationen sowie die dafür vorgesehenen Geschäftsgänge und Überlegungen zur Langzeitarchivierung vor.

Ein weiteres Themenheft des Bibliotheksdienstes erschien 2014 zum Thema „Strukturwandel der Landesbibliotheken. Fusionen, Kooperationen, Reorganisationen“.[20] Die Wissenschaftlichen Landes- und Stadtbibliotheken in Deutschland sind seit Jahrhunderten gewohnt, sich neuen Anforderungen entsprechend zu wandeln, mit wechselnden Partnern zu kooperieren oder Fusionen einzugehen. Rückschläge, Einschränkungen, auch Verluste beflügeln ihren Innovationsgeist. Oft geben dabei prekäre bauliche und/oder finanzielle Verhältnisse den Ausschlag. Heft 7/2014 des Bibliotheksdienstes gab Gelegenheit, einmal dorthin zu blicken, wo derzeit Neues ausprobiert wird: nach Augsburg, Coburg, Detmold, Fulda, Mainz, Oldenburg und Regensburg.

In der Drucklegung befindet sich ein ZfBB-Sonderband „Musiksammlungen in den Regionalbibliotheken Deutschlands, Österreichs und der Schweiz“. Er wird von Ludger Syré herausgegeben und umfasst 28 Beiträge. Der Band rückt ein weiteres Mal die regionalen Sammlungen von Nichtbuchmaterialien als interessanten wissenschaftlichen Quellenfundus in den Fokus.

Kriegssammlungen 1914–1918

Vor dem Hintergrund, dass sich die Landes- und Stadtbibliotheken in der Kriegssammelbewegung des Ersten Weltkriegs besonders engagiert hatten, nahm sich die AGRB seit 2012 des Themas Kriegssammlungen 1914/18 an. Zwischen 1914 und 1918 legten Bibliotheken, Archive, Museen und Privatpersonen überall im Deutschen Reich Sammlungen an, in denen der Erste Weltkrieg als „große Zeitenwende“ akribisch dokumentiert wurde. Der Sammeleifer bezog sich nicht nur auf die über den Buchhandel verfügbare Kriegsliteratur, sondern auch auf Feld-, Lazarett-, Lager- und Besatzungszeitungen, auf Maueranschläge und Fliegerabwürfe, Fotos, Briefe und Tagebücher, auf Notgeld und Lebensmittelkarten sowie Gegenstände mit Andenkencharakter wie Vivatbänder, Postkarten, Gedenkmünzen. Landes- und Stadtbibliotheken halten bis heute das damals gesammelte Quellenmaterial in großer Fülle bereit. Für Universitätsbibliotheken und Stadtbüchereien ist – mit Ausnahmen – kein entsprechender Sammeleifer festzustellen. Deshalb hat die AGRB das Thema aufgegriffen und spartenübergreifend auch für Archive und Museen mitgearbeitet.

Am 7.2.2014 wurde die Website www.kriegssammlungen.de freigeschaltet.[21] Sie beschreibt 236 Sammlungen, die auf eine im Ersten Weltkrieg gebildete Kriegssammlung zurückgehen. Indices ermöglichen die Recherche nach Kriegssammlungen bestimmter Personen, Orte und Regionen, aber auch nach bestimmten Sammlungsgegenständen. Auch eine Freie Suche im Volltext wird angeboten. Die zum Jahrhundertgedenken neu angelaufene Weltkriegsforschung erfährt, was aus den im Ersten Weltkrieg gebildeten Kriegssammlungen geworden ist, welche Bestände noch vorhanden, wie sie erschlossen oder bereits digital verfügbar sind. Die aktuellen Daten wurden durch eine detaillierte Umfrage bei den bestandshaltenden Institutionen ermittelt; diese wurde durch umfassende bibliografische Recherchen und Auswertungen ergänzt. Links zu vorhandenen Online-Katalogen und -Findbüchern sowie zu den Digitalen Sammlungen einzelner Institutionen sind überall eingefügt. Der Vorteil des Webportals, Datensätze von unbegrenztem Umfang zu ermöglichen, ließ für manche Sammlung geradezu kleine Monografien entstehen. Der Vorteil, dass eine ständige Aktualisierung möglich ist, wird sich durch laufende Korrektur- und Ergänzungsmeldungen erweisen, mit denen zumindest für die kommenden vier Jahre zu rechnen ist. Die Fachpresse hat über die Freischaltung berichtet, die einschlägigen Fachportale haben das neue Web-Angebot integriert. Die Website ergänzt weitere Projekte zum Ersten Weltkrieg wie das nationalbibliothekarische Projekt Europeana Collections 1914–1918 und das Clio-online Themenportal Erster Weltkrieg.

Am 8.5.2014 erschien der ZfBB-Sonderband „Kriegssammlungen 1914–1918“.[22] 30 Beiträge aus Archiven, Bibliotheken und Museen im In- und Ausland stellen exemplarisch und repräsentativ dar, wie das große Ereignis Weltkrieg gesammelt, dokumentiert und erinnert wurde. Sammlungen verschiedenster Art und Größe sind dabei, Protagonisten der Sammelbewegung und Nebenakteure. Mehrere Beiträge fokussieren auf einzelne Sammelgegenstände wie Bilderbogen, Vivatbänder, Postkarten, Notgeld, Fliegerabwürfe, Plakate und Fotografien. Andere informieren exemplarisch über die damals überall angestrebten musealen Projekte oder berichten am lokalen Beispiel von den weit verbreiteten kommunalen Ehrenalben- und Kriegschronik-Vorhaben. Auch den Fragen, wie die Sammlungen untereinander vernetzt waren, wie man die Sammelbewegung bei den Feindmächten wahrnahm oder wie man nach 1945 mit den Materialien umging, wird nachgegangen.

Auf dem Bibliothekartag 2014 fand auf Initiative der AGRB eine Vortragsreihe statt zum Thema „Bibliotheksbestände zum Ersten Weltkrieg: Impulse für die Forschung“ (s. o.).

Regionalfenster für E-Paper

Zusammen mit der Deutschen Nationalbibliothek hat die AGRB 2013/14 ein Projekt zur gemeinsamen E-Paper-Nutzung vorangetrieben. Dabei geht es um die kooperative Archivierung und Nutzung der layoutgetreuen digitalen Ausgaben von Tageszeitungen, der sogenannten E-Paper. Diese werden seit 2010 von der DNB umfassend gesammelt und müssen auch von den Bibliotheken der Länder mit Pflichtexemplarrecht für elektronische Publikationen gesammelt werden. Aufgrund des funktionierenden Archivierungsmodells der DNB ist der Aufbau einer parallelen Ablieferungsstruktur und Datenhaltung für diesen speziellen Medientyp nicht sinnvoll. Das Projekt soll in einem Teilbereich des elektronischen Pflichtexemplars modellhaft die bislang am Widerstand der Verleger gescheiterte kooperative Archivierung und Nutzung von Online-Ressourcen im Rahmen einer „Fensterlösung“ verwirklichen.

Am 24.1.2014 fand in Frankfurt ein Gespräch von Vertretern des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger e. V., des Verbandes Deutscher Zeitschriftenverleger, der AGRB und der DNB statt. Die Verbandsvertreter haben die potentielle Vereinfachung des Ablieferungsverfahrens für ablieferungspflichtige Verlage erkannt und ihre Bereitschaft erklärt, eine „Fensterlösung“ für E-Paper zu unterstützen.

Am 25.3.2014 gab es an der DNB in Frankfurt einen Workshop „Regionaler Zugriff für E-Paper“, zu dem alle Bibliotheken mit Pflichtexemplarrecht eingeladen waren. Vertreten waren Baden-Württemberg durch die Badische Landesbibliothek, Nordrhein-Westfalen durch die ULB Düsseldorf, Rheinland-Pfalz durch das LBZ Rheinland-Pfalz und Thüringen durch die ThULB Jena, außerdem für die mitwirkenden Verbünde das HBZ und das BSZ. Aus der Beratung über einen Workflow zur Ablieferung und Nutzung von E-Paper bei den regionalen Pflichtexemplarbibliotheken folgte die Empfehlung, im ersten Schritt ein Modell mit Anzeigekomponente und einer DNB-serverseitigen Sessionverwaltung zu entwickeln, ohne Notwendigkeit für die Regionalbibliotheken, die Metadaten zur Ausgabenebene in die Lokalsysteme übernehmen zu müssen. Der Zugriff auf die Objekte soll über einen Sprung in den DNB-Katalog realisiert werden, in dessen Präsentationsumgebung der Zugriff auf die Ausgaben erfolgt. Die dadurch entstehenden Nachteile für die Regionalbibliotheken (Wechsel der Systemumgebung, ggf. Anzeige von Objekten, die vom Nutzer de facto nicht angesehen werden können) werden – so die mehrheitliche Meinung – von den Vorteilen (Verzicht auf aufwändige, tägliche Importroutinen und die Definition neuer Workflows, keine Probleme beim Handling großer Treffermengen) deutlich aufgewogen.

Am 14.5.2014 hat die DNB ihre Bereitschaft erklärt, eine entsprechende Lösung anzubieten. Mit Ausnahme Hessens haben die Pflichtexemplarbibliotheken aller Bundesländer diesem Modell zugestimmt. Dabei soll die Übernahme der Metadaten in die Lokalsysteme optional mit angeboten werden, um künftige elaborierte Nutzungsszenarien für die Regionalbibliotheken auch in neuen Datenumgebungen zu ermöglichen. In einem weiteren Schritt soll ermöglicht werden, dass die Sessionverwaltung auch bei der Regionalbibliothek liegen kann, z. B. in Fällen, in denen diese mit den Verlegern günstigere als die DNB-Nutzungskonditionen aushandelt, oder bei Periodika, die frei im Netz angeboten werden und als Pflichtstücke keine minderen Zugriffskonditionen erhalten sollten. Die Machbarkeitsstudie der DNB wird Anfang 2015 erwartet. Dann werden konkrete Aussagen zu den voraussichtlichen Kosten und zum Realisierungszeitraum des Vorhabens möglich.

Stand: Januar 2015

About the author

Julia Freifrau Hiller von Gaertringen

Dr. Julia Freifrau Hiller von Gaertringen

Dr. Julia Freifrau Hiller von Gaertringen:

Published Online: 2015-03-18
Published in Print: 2015-03-31

© 2015 by De Gruyter

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Downloaded on 19.3.2024 from https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/bd-2015-0029/html
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