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Publicly Available Published by De Gruyter Saur October 9, 2015

Soziale Netzwerke für Wissenschaftler: Anreize und Mehrwerte schaffen für die wissenschaftliche Kommunikation

  • Isabella Peters

    Dr. Isabella Peters

    EMAIL logo
From the journal Bibliotheksdienst

Zusammenfassung:

Soziale Netzwerke sind prototypische Plattformen des Social Webs und zeichnen sich durch den Social Graph, das sichtbare Beziehungsnetzwerk der Nutzenden, aus. Forschende nutzen immer häufiger Soziale Netzwerke für die wissenschaftliche Arbeit, da die auf den Plattformen bereitgestellten Funktionen die Routinen erleichtern und beschleunigen. Insbesondere solche Sozialen Netzwerke weisen eine hohe Nutzerzahl auf, die einen breiten Funktionsumfang bieten und das Interagieren und Austauschen, Publizieren und Verbreiten und Sich-Präsentieren ermöglichen. Aktivitäten auf Sozialen-Netzwerk-Plattformen tragen zudem zur Verbesserung der wissenschaftlichen Kommunikation bei und schlagen sich z. B. in erhöhten Zitationszahlen nieder.

Abstract:

Social networks are very typical platforms of the social web which stand out for the social graph, the visible inter-user relationship network. Researchers more and more often use social networks for their academic work as the functions provided by the platforms make routines easier and faster. Particularly those social networks have a large number of users which provide a broad range of functions and facilitate interaction and exchange, publishing and the circulation of scientific works and enable the users to present themselves. Using social network platforms contribute to the improvement of academic communication and are, for example, reflected in higher quotation numbers.

Soziale Netzwerke sind prototypische Plattformen im Social Web und stehen zusammen mit Wikis und Blogs für eine neue Ära der Informationsproduktion und -verbreitung, die auch als Web 2.0 bezeichnet wird. Während Wikis (z. B. Wikipedia) die gemeinschaftliche Erzeugung von Inhalten zum Ziel haben und die einzelnen Autoren hinter dem fertigen Produkt verschwinden, rücken bei Blogs die Autoren in den Vordergrund und zeichnen für die erstellten Inhalte verantwortlich. Soziale Netzwerke hingegen zielen darauf ab, die Beziehungen zwischen den Nutzenden einer Plattform sichtbar zu machen und den Austausch – sowohl kommunikativ als auch inhaltsbezogen – zu ermöglichen.

1 Soziale Netzwerke machen den Social Graph sichtbar

Die Art der Beziehung zwischen den Nutzenden ist dabei das erste Unterscheidungsmerkmal von Sozialen Netzwerken und sie kann ein- oder zweiseitig sein. Zweiseitige Beziehungen, wie z. B. bei Facebook, sehen die Nutzenden oftmals als „Freunde“ an, die beiden Nutzenden sind in der Beziehung gleichgestellt und eine gegenseitige Bestätigung der Freundschaft ist notwendig. Einseitige Beziehungen, wie z. B. bei Twitter, resultieren in einem Ungleichgewicht, die Gegenseitigkeit ist nicht gegeben. Es entstehen eher Follower- oder Abonnentenbeziehungen, in dem der eine Beziehungspartner die Rolle des Senders einnimmt und die Bestätigung der Beziehung nicht erforderlich ist. In beiden Fällen ergibt sich ein sogenannter „Social Graph“, der die Beziehungen zwischen den Nutzenden expliziert und von den Anbietern der Plattformen für weitere Anwendungen, z. B. Empfehlungssysteme, genutzt wird. Unabhängig davon, welche Art der Beziehung zwischen den Nutzenden besteht, erfordern Soziale Netzwerke immer eine aktive Initiierung der Beziehung durch die Nutzenden, Freundschaften werden nicht automatisch geschlossen.

Soziale Netzwerke können unterschiedliche thematische Ausrichtungen und Zielgruppen haben und von allgemein (z. B. Facebook) über ortsbezogen (z. B. Lokalisten) zu berufsbezogen (z. B. XING) reichen. Je nach Ausrichtung bieten die Sozialen Netzwerke dann auch unterschiedliche Funktionen an, wie z. B. das Veröffentlichen eines digitalen Lebenslaufs in den berufsbezogenen Netzwerken oder die Bereitstellung eigener wissenschaftlicher Veröffentlichungen in Netzwerken wie ResearchGate, die als Zielgruppe Forschende haben.

2 In der Wissenschaft sind Soziale Netzwerke gefragt

Forschende sind mittlerweile eifrige Nutzende sozialer Netzwerke geworden. Studien zeigen, dass fast 50 % der Forschenden z. B. ResearchGate kennen und die Plattform regelmäßig besuchen.[1] Zu ähnlichen Ergebnissen kommt Dzeyk[2] , wobei hier die Forschenden private Soziale Netzwerke wie Facebook etwas häufiger nutzen (53,7 %) als wissenschaftliche Soziale Netzwerke (51,5 %).[3] Es bestehen allerdings disziplin-spezifische Unterschiede bei der Nutzung:[4] Sehr viel weniger Forschende aus Medizin und Lebenswissenschaften sowie aus technischen Disziplinen nutzen private (49,7 % vs. 49,8 %) und berufliche (42 % vs. 42,5 %) Soziale Netzwerke als Forschende der VWL und BWL (60,2 %/66,3 %).

Interessanterweise lassen sich bei der Nutzung von Sozialen Netzwerken funktionenabhängige Schwerpunkte ausmachen.[5] Facebook wird fast ausschließlich privat genutzt und Profile bei ResearchGate, Academia.edu und LinkedIn werden eingerichtet, um präsent zu sein, falls jemand dort Kontakt aufnehmen möchte. Twitter wird täglich für eine große Bandbreite an Aktionen verwendet, wobei die Verfolgung von aktuellen Diskussionen, das Veröffentlichen von arbeitsbezogenen Inhalten, das Entdecken von relevanten Peers und lesenswerten Artikeln sowie das Kommentieren von Forschungsergebnissen die populärsten Aktivitäten sind. ResearchGate und Academia.edu, die sich in ihren grundlegenden Funktionen nicht stark unterscheiden,[6] werden auch ähnlich genutzt, nämlich um eigene Inhalte bereitzustellen, Links und Inhalte zu teilen und relevante Autoren zu finden. Die beiden Sozialen Netzwerke stellen zudem Informationen bereit, die den Einfluss der bereitgestellten Inhalte auf die Nutzerschaft wiedergeben (z. B. Downloadhäufigkeit) und ebenfalls von den Forschenden häufig eingesehen werden. Es hat sich auch gezeigt, dass Soziale Netzwerke eine große Rolle bei der Sicherstellung des Zugangs zu wissenschaftlicher Literatur spielen: So nutzen knapp 50 % der Forschenden ResearchGate, um Publikationen herunterzuladen. ResearchGate ist damit auf dem zweiten Platz nach den institutionellen Repositorien, die von 93 % der Nutzenden aufgesucht werden, um auf wissenschaftliche Artikel zugreifen zu können.[7]

3 Wissenschaftliche Soziale Netzwerke unterstützen Forschende bei ihren Arbeitsroutinen

Die von den Sozialen Netzwerken bereitgestellten Funktionen erzeugen den Mehrwert, der die Nutzungsintensität bestimmt. Mittlerweile gibt es eine Vielzahl an verschiedenen Sozialen Netzwerken, die sich an Forschende richten und unterschiedliche Aktionen erlauben (z. B. academia.edu, Epernicus, ResearchGate – um nur eine Auswahl zu nennen). Bei all der Unterschiedlichkeit lassen sich für die wissenschaftlichen Sozialen Netzwerke drei große Funktionsbündel feststellen:[8]

  1. Interagieren und Austauschen

  2. Diskutieren/kommentieren von Publikationen innerhalb der Plattform,

  3. Nutzern und Nutzerinnen folgen/Netzwerk aufbauen,

  4. Erstellen/Folgen von Gruppen oder Projekten,

  5. in Gruppen arbeiten (z. B. Publikationen austauschen, Notizen im hochgeladenen PDF speichern),

  6. Private Nachrichten senden (Briefkasten),

  7. Anfragen senden/erhalten (z. B. nach Autorenversionen von Publikationen),

  8. Statusmitteilungen veröffentlichen,

  9. die Community auf der Plattform befragen,

  10. Blog der Plattformbetreiber, Austausch mit anderen Nutzenden.

  11. Publizieren und Verbreiten

  12. Upload/Download von Volltexten oder anderen Inhalten,

  13. Web Importer,

  14. Export von bibliographischen Daten in andere Formate (z. B. bibTex),

  15. Publikationen teilen/weiterleiten (via zusätzliche Soziale Netzwerke, z. B. Facebook, Twitter),

  16. Weiterleitung von Publikationen zu Peers/Zeitschriften (d. h. Publikation zur Veröffentlichung vorschlagen),

  17. Publikation mit Link speichern (Social Bookmarking),

  18. Publikationen zitieren unter Berücksichtigung verschiedener Zitierstile,

  19. Open Review/Evaluation (z. B. Bewertungen für Publikationen abgeben).

  20. Sich Präsentieren

  21. Erstellung eines Nutzerprofils mit Lebenslauf (CV) und/oder weiteren Dokumenten,

  22. Export des Nutzerprofils als CV,

  23. Angabe von Fähigkeiten und Kenntnissen auf dem Nutzerprofil,

  24. Einbindung des Nutzerprofils auf anderen Webseiten,

  25. Statistiken für Nutzerprofile oder Projekte/Altmetrics/Rankings,

  26. Stellenanzeigen ansehen und sich darauf bewerben,

  27. eigene Stellenanzeige veröffentlichen.

Als zentrale Funktionen für die wissenschaftlichen Sozialen Netzwerke haben sich der Upload von Volltexten oder anderen Inhalten, die Angabe von Fähigkeiten und Kenntnissen auf dem Nutzerprofil, der Download von Texten oder anderen Inhalten und das Senden von privaten Nachrichten herausgestellt. Fast alle Netzwerke unterstützen diese Aktionen.

Es fällt auf, dass solche Netzwerke, die hohe Nutzerzahlen aufweisen, auch einen sehr großen Funktionsumfang haben. Das eher allgemein beruflich ausgerichtete LinkedIn hat ca. 300 Millionen Mitglieder und ermöglicht 60 % der oben genannten Funktionen. ResearchGate, das als Zielgruppe Forschende und momentan ca. 5 Millionen Nutzende hat, stellt drei Viertel der Funktionen zur Verfügung. Wenn es um das Interagieren und Austauschen geht, sind ResearchGate und Epernicus die Plattformen der Wahl, beim Sich-selbst-Präsentieren sind LinkedIn und ResearchGate die stärksten Anbieter.

Im Social Web für Forschende, das noch mehr Plattformen und Werkzeuge für das wissenschaftliche Arbeiten zur Verfügung stellt, z. B. Online-Literaturverwaltungssysteme wie Mendeley oder CiteULike, und über den Zweck Sozialer Netzwerke hinausgeht, lässt sich ein Trend zur Konvergenz der Funktionalitäten feststellen. Die meisten Plattformen beschränken sich nicht mehr nur auf einen Kernaspekt, sondern nehmen immer mehr Funktionen in ihr Portfolio auf. Ziel ist es, die Nutzenden auf den Plattformen zu halten und eine One-Stop-Shop-Lösung zu bieten. Dies macht es auf der einen Seite zunehmend schwerer, wissenschaftliche Social-Media-Plattformen eindeutig zu kategorisieren und definitorisch abzugrenzen. Auf der anderen Seite ist es für die Forschenden natürlich vorteilhaft, wenn sie nur ein Profil erstellen und pflegen müssen. Auch führt dies dazu, dass die Wechselkosten für die Forschenden höher werden und sich dadurch eher eine kritische Masse an Nutzenden bildet, die den Wert des gesamten Netzwerks erhöht: Wenn alle Kollegen und Kolleginnen die gleiche Plattform nutzen, ist das Kontakt-Halten und Austauschen natürlich leichter und der Mehrwert einer Mitgliedschaft steigt mit jedem neu hinzukommenden Nutzenden.

4 Empfundener Mehrwert der Sozialen Netzwerke motiviert die Nutzung

Die Nutzung sowie die Nutzungsintensität hängen stark von dem wahrgenommenen Mehrwert der Sozialen Netzwerke ab. Knapp ein Viertel der Forschenden nutzt private Soziale Netzwerke, weil sie praktisch sind, und 23,2 % nutzen wissenschaftliche Netzwerke, weil es ihre Arbeit bzw. Kommunikation erleichtert und/oder beschleunigt.[9] Für über die Hälfte der befragten Ökonomen ist die Kontaktpflege der Hauptgrund, um in Sozialen Netzwerken aktiv zu sein.[10] Über ein Drittel der Befragten verzichtet jedoch auf ein Profil in sowohl privaten als auch beruflichen Sozialen Netzwerken, weil sie keinen Mehrwert in der Nutzung dieser Anwendung sehen.[11] Die Nutzung wird auch von den Motivationen und Einstellungen gegenüber den Sozialen Netzwerken beeinflusst, wobei sich hier erneut disziplin-spezifische Unterschiede zeigen:[12] Forschende aus Kunst und Kunstwissenschaften haben vergleichsweise höhere Berührungsängste als andere Disziplinen, wobei sich Sportwissenschaftler den Umgang mit dem Social Web am wenigsten zutrauen. Den Social-Media-Plattformen sehr positiv gegenüber eingestellt zeigen sich Forschende aus Mathematik, Natur- und Ingenieurswissenschaften: Sie gehen neugierig auf neue Technologien zu und sind von den eigenen Fähigkeiten zur Beherrschung der Social-Media-Tools überzeugt.

Der Mehrwert der Nutzung Sozialer Netzwerke liegt zum einen in den bereitgestellten Funktionen begründet, die die wissenschaftlichen Arbeitsroutinen erleichtern; zum anderen sind es die Grundprinzipen des Social Webs, die die Sozialen Netzwerke so attraktiv machen. Im Social Web dreht sich alles um die Nutzenden und die Inhalte, die sie erzeugen. Dabei ist der Dreh- und Angelpunkt das eigene Profil auf der Plattform, da hier die Produktion und Interaktion mit den Inhalten stattfinden. An dieser zentralen Stelle werden alle Inhalte und Beziehungen der Nutzenden gesammelt. Die auf den Plattformen durchgeführten Aktionen sind immer mit den Nutzenden verbunden (z. B. likes) und können nachverfolgt werden. Es gibt hier keine Gatekeeper, Offenheit der Inhalte und Plattformen ist der Standard, jeder ist willkommen, Inhalte beizutragen und das Social Web zu bereichern. Das führt dazu, dass im Social Web und in Sozialen Netzwerken Forschende auf andere Forschende, aber auch weitere Interessensgruppen treffen, in Kontakt treten und sich austauschen können. Diese Diversität und die erleichterte Zugänglichkeit zu den Kommunikationspartnern ist für viele Forschende der zentrale Mehrwert der Netzwerk- und Social-Media-Nutzung, auch wenn manchmal beklagt wird, dass zu wenige Peers an der Diskussion in Sozialen Netzwerken teilnehmen.[13] Weitere Gründe für die Nutzung im wissenschaftlichen Kontext kann man wie folgt zusammenfassen:[14]

  1. Interne und externe wissenschaftliche Kommunikation,

  2. Wissenschaftsmarketing und PR,

  3. thematisches Monitoring, um auf dem Laufenden zu bleiben,

  4. Einholen von Feedback für die eigene wissenschaftliche Arbeit,

  5. konkrete Informations- bzw. Personensuche,

  6. direkte Vernetzung mit Fachkollegen/innen,

  7. universitäre Lehre als unterstützendes Kommunikationsmittel,

  8. kollaboratives Arbeiten,

  9. Unterstützung der Kommunikation auf Tagungen,

  10. als eigener wissenschaftlicher Untersuchungsgegenstand.

5 (Social) Web-Präsenz hat positive Auswirkungen auf die wissenschaftliche Kommunikation

Die Präsenz in akademischen Sozialen Netzwerken, die über das eigene Profil und selbst-erstellte Inhalte erzeugt wird, wirkt sich über die Plattformgrenzen hinweg auf die wissenschaftliche Kommunikation aus. Forschungsergebnisse werden, seit sich die Wissenschaft von einer oralen auf die schriftliche Vermittlung verlagert hat, in Texten unterschiedlicher Länge schriftlich zusammengefasst und veröffentlicht. Der Prozess des Informierens und des Informiert-Werdens wird als wissenschaftliche Kommunikation bezeichnet. Wissenschaftliche Kommunikation materialisiert sich am häufigsten in Aufsätzen, Artikeln, Monographien, Arbeitspapieren, wobei die Orte wissenschaftlicher Kommunikation oft das Format bestimmen, z. B. Konferenzpublikation oder Zeitschriftenartikel. Die Verbindung zwischen dem bekannten Wissen und der neuen Erkenntnis wird über das Zitat hergestellt und spiegelt den Informationsfluss zwischen zwei Werken wider.[15] Durch das Zitieren macht man auch die Auswirkung wissenschaftlicher Kommunikation sichtbar, nämlich das Informieren und die Beeinflussung eines anderen Forschenden. Weiter gefasste Definitionen[16] rechnen z. B. auch das Entwickeln von Forschungsideen, das Durchführen von Experimenten und das Leiten von Forschergruppen wissenschaftlicher Kommunikation zu und beschränken sich nicht nur auf das Erstellen und Verbreiten wissenschaftlicher Publikationen.

Im Social Web haben sich verschiedene Arten wissenschaftlicher Kommunikation etabliert: Forschende teilen Forschungsergebnisse über Blogbeiträge mit, ermöglichen den Download von Forschungsdaten oder verweisen auf lesenswerte Artikel in Sozialen Netzwerken. Nicht zuletzt stellen sie Autorenversionen der eigenen Publikationen im Netz oder in wissenschaftlichen Sozialen Netzwerken (siehe ResearchGate) bereit. Diese Tätigkeiten resultieren in einer erhöhten Sichtbarkeit der Forschenden und ihrer Werke nicht nur innerhalb der Plattformen des Social Web, sondern über Suchmaschinen auch im „normalen“ Web, abseits der Plattform-Silos. Zu beobachten sind hier Effekte positiver Rückkopplung, die sich in Online- und Offline-Welt selbst verstärken. Es hat sich z. B. gezeigt, dass die freie Zugänglichkeit zu wissenschaftlichen Publikationen, über Repositories oder Soziale Netzwerke, zu einer erhöhten Zitationsrate führt: Open-Access-Artikel werden 42 % häufiger zitiert als Artikel hinter einer Paywall[17] und im Web bereitgestellte Artikel erzielen 157 % mehr Zitationen als print-only-Varianten.[18] Werden die traditionellen Publikationen noch mit frei verfügbaren Forschungsdaten oder anderen Forschungsartefakten angereichert, kann eine Steigerung der Zitationsraten um 69 % erwartet werden.[19]

Wissenschaftliche Kommunikation im Social Web kann sich also auch im traditionellen Wissenschaftsbetrieb positiv niederschlagen, in dem die Zitation das höchste Gut ist. Die verschiedenen Aktivitäten auf den Plattformen im Social Web tragen in jedem Fall dazu bei, als Forschende sichtbarer zu werden und die Aufmerksamkeit auf wissenschaftliche Inhalte sowie eigene Publikationen zu lenken. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass Forschende selbst aktiv werden und das Teilen von Inhalten – eine weitere zentrale Funktion des Social Webs und Sozialer Netzwerke – so einfach wie möglich gestalten. Die Einbindung von Sharing-Buttons auf Homepages etc. bietet sich z. B. an, genauso wie das initiale Aussenden der Inhalte über eigene Posts. Nur eine Aktion kann eine Reaktion provozieren, daher sollten Profile regelmäßig gepflegt und aktualisiert werden. An Diskussionen auf den Plattformen sollte teilgenommen werden, um sich auf diese Weise als Experte für bestimmte Themenbereiche zu etablieren und als ein zugänglicher Ansprechpartner wahrgenommen zu werden.

Um von der positiven Rückkopplung in der Offline-Welt zu profitieren, sollten Forschende zudem darauf achten, eindeutige Identifikatoren für die eigenen Inhalte zu vergeben und diese bekannt zu machen (z. B. DOIs), sodass Reaktionen auf diese Inhalte auch standardisiert zusammengefasst werden können. So wird außerdem die Wiederauffindbarkeit der Inhalte garantiert. Es hilft Nutzenden auch, Forschende über konsistente Nutzernamen auf verschiedenen Plattformen identifizieren zu können; die Verwendung von eindeutigen Autorenidentifikatoren wie ORCID wäre optimal.

6 Herausforderungen für Bibliotheken

Für Bibliotheken ergeben sich vor allem dadurch Herausforderungen, dass ein substantieller Anteil wissenschaftlicher Kommunikation außerhalb tradierter Publikationswege im Social Web stattfindet und neue Produkte wissenschaftlichen Austauschs entstehen. Es ist nun nicht mehr davon auszugehen, dass relevante Forschungsergebnisse ausschließlich über Verlage verbreitet werden und darüber den Weg in die Bibliothekskataloge finden. Hier müssen Bibliotheken Strategien für den adäquaten Umgang mit den neuen Publikationsformen entwickeln und sich z. B. überlegen, ob Blogs oder Tweets gesammelt und indexiert werden müssen. Zudem wird auf Seiten der Nutzenden die Informationssuche und -beschaffung zunehmend auf die Sozialen Netzwerke ausgelagert, der Umweg über die Bibliothek wird oft kaum mehr gegangen. In vielen Fällen mag der freie, online-basierte Zugang zu wissenschaftlichen Publikationen die im Social Web fehlende Qualitätskontrolle kompensieren, doch wird oft auch eine Überforderung mit der Relevanzbewertung von Inhalten und dem Information Overload beklagt.[20] Hier sollten sich wissenschaftliche Bibliotheken auf ihre Kernkompetenzen besinnen und die Nutzenden durch den Informationsdschungel begleiten.

Danksagung

Teile des Beitrags wurden im Rahmen der CoScience Open Video Lectures als Webinar unter dem Titel „Soziale Netzwerke für Forschende und akademisches Identitätsmanagement (doi: 10.5446/15234)“ mit den Co-Präsentatorinnen und -präsentatoren Caroline Leiß, Tina Hohmann und Lambert Heller vorbesprochen.

About the author

Isabella Peters

Dr. Isabella Peters

Isabella Peters:

Published Online: 2015-10-09
Published in Print: 2015-10-31

© 2015 by De Gruyter

Downloaded on 19.3.2024 from https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/bd-2015-0120/html
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