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Publicly Available Published by De Gruyter November 28, 2017

Standard-Arbeitsanleitung zur peripher venösen Blutentnahme für die labormedizinische Diagnostik

Standard operating procedure for peripheral venous blood sampling
  • Alexander von Meyer EMAIL logo , Janne Cadamuro , Thomas Streichert , Eberhard Gurr , G. Martin Fiedler , Alexander Leichtle , Astrid Petersmann , Karl-Heinz Pick , Matthias Orth , Lorenz Risch , Oswald Sonntag , York Schmitt , Bernhard Wiegel , Gottfried Töpfer , Walter G. Guder and Arbeitsgruppe „Extraanalytische Qualität“ der Deutschen Gesellschaft für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin (DGKL), der Schweizerischen Gesellschaft für Klinische Chemie (SGKC/SSCC) und der Österreichischen Gesellschaft für Laboratoriumsmedizin und Klinische Chemie (ÖGLMKC)
From the journal LaboratoriumsMedizin

Zusammenfassung:

Für die Gewinnung von Blut für die Diagnostik ist die periphere venöse Blutentnahme das häufigste Vorgehen. Eine fehlerhafte Blutentnahme ist eine relevante Quelle fehlerhafter Befunde. Aus diesem Grund werden als Anleitung für die Abnehmenden die wichtigen Schritte praxisnah detailliert beschrieben. Zu den dargestellten Schritten zählen Verantwortlichkeiten, klinische Fragestellung und Testauswahl, Vorbereitung und Identifikation des Patienten, Durchführung der Entnahme und Probentransport.

Abstract

This document provides a recommendation for peripheral venous blood sampling by the working group “Extraanalytical Quality” of the German, Austrian and Swiss Society for Clinical Chemistry and Laboratory Medicine (DGKL, ÖGLMKC and SGKC/SSCC). It provides guidance on the requirements for ensuring that blood collection is a safe and patient-centered procedure for healthcare staff members in German-speaking countries.

Einleitung

Die peripher venöse Blutentnahme ist die Standardprozedur zur Gewinnung von Probenmaterial für die Durchführung labordiagnostischer Maßnahmen. Chemische, immunologische, genetische, mikroskopische, mikrobiologische und andere Untersuchungen des Blutes setzen eine fehlerfreie Gewinnung des Untersuchungsmaterials voraus. Entsprechend einer Umfrage in 28 europäischen Ländern ist die Praxis der venösen Blutentnahme teilweise in Ermangelung entsprechender nationaler Leitlinien jedoch sehr heterogen [1]. Die Deutsch/Österreichisch/Schweizer/Liechtensteiner (D/A/CH/FL) Arbeitsgruppe „Extraanalytische Qualität“ hat es sich daher zum Ziel gesetzt, eine firmenunabhängige SOP (standard operating procedure) für die venöse Blutentnahme zum Zwecke labormedizinischer Untersuchungen in deutscher Sprache vorzulegen, die den aktuellen nationalen und internationalen Empfehlungen [2], [3], [4], [5] entspricht. Die kapilläre oder arterielle Blutentnahme soll nicht Gegenstand dieser Anleitung sein. Die Entnahme von Blutkulturen wird in dieser Anleitung aus praktischen Gründen soweit sinnvoll integriert. Für spezifischere Angaben zur Präanalytik der Blutkultur finden sich in internationalen und nationalen Richtlinien [5] weitere Informationen.

Die Qualität labormedizinischer Befunde wird von einer Reihe präanalytischer Variablen wie zum Beispiel zirkadianer Rhythmik, Orthostase, prä- oder postprandialer Blutentnahme beeinflusst. Durch die Verfahrensanleitung zur Präanalytik soll eine standardisierte Vorgehensweise definiert werden, die Voraussetzung für valide Laborbefunde ist. Derartige Vorgaben sind auch in der Norm ISO 15189:2014 gefordert [6]. Da diese Festlegungen Bereiche außerhalb des Laboratoriums betreffen können, richtet sich die SOP an sämtliche Mitarbeiter, die in den Prozess eingebunden sind, also auch die der internen und externen Einsender, der Transportdienste und des Laboratoriums.

Verantwortlichkeiten

Die Festlegung der präanalytischen Bedingungen erfolgt durch das Labor. Für die Kommunikation und Schulung innerhalb des Labors sind die Leitung oder von ihr benannte Mitarbeiter verantwortlich. Außerhalb des Labors sollen Schulungen in Absprache mit der Pflegedienstleitung, den Einsendern, dem Transportdienst und dem Qualitätsmanagement durchgeführt werden. Alle angebotenen Analysen eines Labors sowie deren präanalytische Vorgaben müssen den Labormitarbeitern sowie dem Einsender zur Kenntnis gebracht werden. Diese Informationen müssen zu jeder Zeit zugänglich sein [6].

Die Labordiagnostik umfasst die Bereiche Präanalytik, Analytik und Postanalytik (Abbildung 1). Die Präanalytik umfasst alle Prozeduren von Indikationsstellung bis zur Analytik.

Abbildung 1: Der Gesamt-Laborprozess im Überblick.Die einzelnen Phasen des Gesamt-Laborprozesses. Fehler in einer dieser Phasen führen potentiell zu falschen medizinischen Handlungen.
Abbildung 1:

Der Gesamt-Laborprozess im Überblick.

Die einzelnen Phasen des Gesamt-Laborprozesses. Fehler in einer dieser Phasen führen potentiell zu falschen medizinischen Handlungen.

Diese sind:

  1. Klinische Fragestellung/Indikation

  2. Testauswahl

  3. Testanforderung (Auftrag)

  4. Patienten- und Probenvorbereitungen für die Blutentnahme

  5. Blutentnahme

  6. Transport des Materials in das Labor

  7. Proben-/Auftragserfassung im Labor

  8. Prüfung auf Eignung für Analytik (Probeninspektion, Sortierung, Volumenkontrolle, Interferenztestung)

  9. Vorbereitung der Probe für die Analytik

Klinische Fragestellung/Indikation, Testauswahl

Die Indikation zur Bestimmung eines Analyten sollte im klinischen Kontext für Prädiktion, Diagnose, Prognose und/ oder Therapie wertvoll sein. Ist dies nicht der Fall, sollte von der Analytik Abstand genommen werden. Der angeforderte Analyt sollte, basierend auf aktueller Evidenz, zur Indikation passen. Diagnostische Pfade, d.h. schrittweise Untersuchungen in Abhängigkeit von den Ergebnissen der zunächst empfohlenen Messungen können wahlweise die Verwendung von Untersuchungsprofilen ersetzen [7].

Vorbereitung der Patienten-/Probenidentifikation

Die Identifikation des Patienten zur jeweiligen Probe erfolgt im Untersuchungsauftrag.

Im Auftrag obligat anzugeben sind:

  • Vor- und Nachname

  • Geburtsdatum

  • Geschlecht

  • Einsender (einsendende Station, Praxis oder Klinik)

  • bei immunhämatologischen Aufträgen: Indikation/ Diagnose und Arztunterschrift

  • Datum und Uhrzeit der Blutentnahme

  • Angabe der Blut entnehmenden Person

  • Sonstige Identifizierungsnummer (z.B. Auftragsnummer, Versicherungsnummer, etc)

Bei Bedarf (in Abhängigkeit von der angeforderten Analytik) sind anzugeben:

  • Patienten- bzw. Versicherungsnummer

  • Indikation, Diagnose oder weitere klinische Angaben. (z.B. Schwangerschaft, Zykluszeitpunkt, Medikation, etc.

  • Informationen über eine zusätzlich notwendige Einwilligung des Patienten zu einer Diagnostik (z.B. genetische Tests)

  • Wohnadresse des Patienten

Informationen bezüglich notwendiger Zusatzangaben sind dem Einsender vom jeweiligen Labor zur Kenntnis zu bringen.

Die zum Auftrag gehörigen Proben sind jeweils zumindest mit folgenden Identifikationsmerkmalen zu versehen:

  • Vor- und Nachname

  • Geburtsdatum

Vorzugsweise sind zusätzlich eine der folgenden Merkmale anzugeben:

  • Patienten- bzw. Versicherungsnummer

  • Sonstige Identifizierungsnummer (z.B. Auftragsnummer)

Vorbereitungen für die Blutentnahme

Die Probengefäße müssen entweder vor der Blutentnahme oder unmittelbar danach, in Anwesenheit des Patienten mit den dafür vorgesehenen Etiketten beklebt werden. Etiketten und Auftrag bilden durch eine entsprechende Kennzeichnung immer eine Einheit und verknüpfen so Patient, Auftrag und Probe. Alternativ können Auftragsdaten und Röhrchen elektronisch miteinander verknüpft werden.

  • Überprüfen Sie, ob für das Untersuchungsprofil besondere Erfordernisse an Transportzeit und – temperatur bestehen. Diese Information ist dem Einsender vom jeweiligen Labor zur Kenntnis zu bringen.

  • Bereiten Sie die für die Blutentnahme benötigten Materialien vor:

  1. Probengefäße (inkl. Reserveröhrchen)

  2. Kanüle oder Flügelkanüle ggf. mit Halter (Auswahl entsprechend klinischer Situation und Herstellerangabe)

  3. Staubinde

  4. Desinfektionsmittel

  5. Pflaster

  6. Handschuhe

  7. Tupfer oder Verbandsmaterial

  • Vergleichen Sie den Namen auf dem Etikett mit dem Namen auf dem Auftrag. Diese müssen übereinstimmen.

  • Stellen Sie sicher, dass sich ein Abwurfbehälter für die gebrauchten Kanülen in Reichweite befindet.

  • Führen Sie eine hygienische Händedesinfektion am besten in Anwesenheit des Patienten durch.

Patientenidentifikation

Stellen Sie sich dem Patienten vor und schildern Sie, dass Sie und wie Sie eine Blutentnahme beim Patienten vornehmen werden [8], [9]. Überprüfen Sie die Identität des Patienten, indem Sie

  • eine offene Frage nach dem Namen des Patienten stellen („Wie heißen Sie?“), oder

  • nach der Schreibweise des Nachnamens fragen, und

  • sich vom Patienten sein Geburtsdatum nennen lassen,

  • und die Angaben des Patienten mit denen des Patientenarmbandes im stationären Bereich und des Auftrages mit denen auf den etikettierten Röhrchen vergleichen.

Bei bewusstlosen Patienten und Patienten, die eine für die Blut entnehmende Person unverständliche Sprache sprechen oder nicht sprechen können (z.B. Neugeborene), ist besondere Sorgfalt erforderlich. Hier kann eine Identifikation zum Beispiel über eine Identifikationsnummer (Patientennummer), die auf einem Armband oder ähnlichem am Patienten angebracht ist, eindeutig erfolgen.

Die Verwendung von Patientenarmbändern im stationären Bereich wird empfohlen.

Alternativ können zur Identifikation auch Angaben von Dritten herangezogen werden:

  • Fragen Sie einen Angehörigen, Freund oder eine Pflegekraft nach dem vollen Namen des Patienten, der korrekten Schreibweise und dem Geburtsdatum. Dokumentieren Sie den Namen der Auskunft gebenden Person.

Zeitpunkt der Blutentnahme und Patientenvorbereitung

Um diagnostisch störende Einflüsse auf die Konzentration der gewählten Analyten in der Probe zu vermeiden, sollte eine Nüchtern-Blutentnahme zwischen 07:00 und 09:00 Uhr erfolgen. Der Patient soll davor zumindest 12 Stunden kein Essen oder Getränke (außer Wasser) zu sich genommen haben und 24 Stunden keinen Alkohol getrunken haben. Bei Analyten mit ausgeprägten zirkadianen Rhythmen sind diese bei der Terminierung der Blutentnahme zu berücksichtigen. Am Tag der Blutentnahme sollte bis zu deren Durchführung auf koffeinhaltige Getränke (Kaffee, Tee, etc.) sowie auf das Rauchen verzichtet werden [10]. Die Uhrzeit der Probengewinnung muss im Auftrag dokumentiert werden. Körperliche Belastung vor der Probennahme ist zu vermeiden [11]. Die Körperlage des Patienten sollte 15 Minuten vor der Blutentnahme nicht verändert werden. Dies ist bei stationären Patienten meist die liegende, bei ambulanten die sitzende Position. Ist dies nicht möglich, sollte dieser Umstand entsprechend im Auftrag dokumentiert werden. Bei der Wahl der Körperlage des Patienten ist eine sichere Position zu wählen. Die Möglichkeit einer Synkope während der Blutentnahme ist zu bedenken. Zusätzlich ist bei einer Reihe von Untersuchungen die Kenntnis von Einflussgrößen zur Interpretation erforderlich. Dazu gehören u.a. Alter, Geschlecht, Schwangerschaft, Zykluszeitpunkt, Medikation und zirkadiane Rhythmik [12], [13].

Die entsprechenden Angaben sollten zur Vermeidung von Fehlinterpretationen im Auftrag registriert und im späteren Befund angegeben werden (s.o.).

Es wird empfohlen Blut für Blutkulturen unmittelbar bei Auftreten einer auf Sepsis hinweisenden klinischen Symptomatik zu entnehmen. Weitere Zeitpunkte der Entnahme von Blut für Blutkulturen können sinnvoll sein [5].

Blutentnahme

Die Blutentnahme hat immer so zu erfolgen, dass eine Verfälschung des Materials durch Beimengung, Verdünnung, unzureichende oder zu hohe Antikoagulation, Verwechslung oder Ähnliches vermieden wird. Nach Einnahme der Körperposition des Patienten und entsprechender Wartezeit gehen Sie folgendermaßen vor:

  1. Stauung: Legen Sie (wenn notwendig) einen Stauschlauch ca. 7,5 cm oberhalb der Punktionsstelle an und ziehen Sie ihn fest an, um den venösen Blutfluss zu stoppen (ca. 20–30 mmHg unter dem jeweiligen systolischen Blutdruck – Puls muss tastbar bleiben). Die Punktion muss innerhalb 1 Minute nach Anlegen der Stauung erfolgen. Die Stauung soll sofort wieder gelöst werden, sobald Blut in das erste Röhrchen fließt. Auf Anspannung von Muskeln (z.B. „Pumpen“) ist zu verzichten [9]. Die Verwendung von Einmal-Stauschläuchen v.a. im stationären Bereich kann die Verschleppung von Keimen wie MRSA vermeiden [14], [15].

    Bei Patienten mit schwierigen Venenverhältnissen kann die Verwendung von optischen Venendarstellungsgeräten oder Kanülen mit optischer Punktionskontrolle hilfreich sein.

  2. Wahl der Punktionsstelle: Bevorzugt ist die Vena cephalica und die Vena mediana cubiti (Abbildung 2). Für die Diagnostik einer Kathetersepsis kann Blut für eine Blutkultur zusätzlich aus dem zentralen Katheter entnommen werden [5].

  3. Desinfektion: Die Punktionsstelle wird mit einem Antiseptikum-getränktem Tupfer durch einmaliges Abwischen der Haut oder durch Aufsprühen des Antiseptikums desinfiziert. Die vom Hersteller angegebenen Mindesteinwirkzeit des Antiseptikums ist zu beachten [16]. Trotz fehlender bzw. widersprüchlicher Evidenz [17], empfehlen wir bei Blutentnahmen zur Bestimmung von Ethanol die Verwendung von alkoholfreiem Antiseptikum. Nach Reinigung ist die Punktionsstelle nicht mehr zu berühren. Für die Entnahme von Blut für Blutkulturen wird eine zweifache Reinigung der Punktionsstelle und bei Verwendung von 70%igem Isopropanol werden 60 Sekunden Wartezeit bis zur vollständigen Trocknung des Alkohols empfohlen [5].

  4. Handschuhe: Ziehen Sie spätestens jetzt Handschuhe an. Für die Entnahme von Blut für Blutkulturen kann das Verwenden von sterilen Handschuhen eine Reduktion der Kontaminationsraten bewirken [18].

  5. Vorbereitung des Entnahmebestecks: Bei Verwendung von Vakuumröhrchen drehen Sie den Halter auf die Kanüle. Bei Verwendung von Aspirationssystemen verbinden Sie das Röhrchen direkt mit der in den Halter integrierten Kanüle. In jedem Fall sind sogenannte Sicherheitskanülen zu verwenden, die eine spätere Entsorgung ohne Gefahr der Nadelstichverletzung erlauben. Die Punktionskanüle darf nicht gebogen werden, da durch Biegen die Eigenschaften des Sicherheitsmechanismus beeinträchtigt werden können oder durch Veränderungen der Beschaffenheit der Kanüle es zu Hämolyse bei der Entnahme kommen kann. Die Vorgaben der Hersteller sind zu beachten.

  6. Punktion und Entnahme: Die Punktion der Vene erfolgt mit der Kanülen-Öffnung nach oben weisend. Bezüglich einer Fixierung der Kanüle während der Entnahme sind die Herstellerangaben zu beachten. Beim Aspirationssystem ist das Röhrchen durch kontinuierliches und langsames Zurückziehen der Kolbenstange mit Blut zu füllen. Nach Herstellerangaben ist mit dem Aspirationssystem auch eine Vakuumblutentnahme möglich. Vakuumröhrchen werden in den mit der Hand fixierten Halter eingeführt und füllen sich automatisch. Das gefüllte Röhrchen wird durch leichtes Drehen von der Kanüle gelöst (Aspirationssystem) oder aus dem Halter gezogen (Vakuumsystem), der mit dem Daumen der rechten Hand an der Nadel festgehalten wird. Weitere Röhrchen sind bei Bedarf in der empfohlenen Reihenfolge (Tabelle 1) zu füllen.

  7. Röhrchentyp und Farbcode: In D/A/CH/FL werden verschiedene Farbcodierungen für Kappen der Blutentnahmeröhrchen verwendet. Tabelle 1 zeigt die international empfohlene Röhrchenkappen-Farbcodierungen. Die D/A/CH/FL-Arbeitsgruppe empfiehlt die Verwendung dieser ISO 6710 Farbcodes [19] Für einen umfassenden Überblick zu dieser Thematik verweisen wir auf die Literatur [20]. Die Reihenfolge der in Tabelle 1 dargestellten Röhrchentypen entspricht der empfohlenen Reihenfolge der Entnahme. Diese Reihenfolge wurde in internationale Empfehlungen aufgenommen, um Kontaminationen durch Zusätze in den jeweils nachfolgenden Röhrchen zu vermeiden [21]. Trotz kontroverser Diskussion bezüglich der strikten Einhaltung der Reihenfolge [22], [23], [24] sollte in jedem Fall darauf geachtet werden, dass EDTA-Röhrchen immer nach Serum-, bzw. Heparin-Röhrchen abgenommen werden.

    Insbesondere bei der Entnahme von Gerinnungsröhrchen mit flüssigem Antikoagulanz ist auf eine vollständige Füllung des Röhrchens zu achten. Sollte ein Flügelset (sogenannte Butterfly-Nadel) zur Blutentnahme verwendet und das Gerinnungs-(Citrat-)Röhrchen als erstes oder einziges Röhrchen entnommen werden, so ist vor dem Citrat-Röhrchen ein neutrales Röhrchen (ohne Zusätze) zu entnehmen und zu verwerfen, um so eine korrekte Füllung zu ermöglichen [25]. Dasselbe gilt für isoliert entnommene Röhrchen mit flüssiger Citrat-Puffer-Präparierung zur Diabetes-Diagnostik [26].

    Handelsübliche Gerinnungsröhrchen dürfen nur für Patienten mit einem Hämatokrit bis 55% verwendet werden. Bei höherem Hämatokrit ist eine Korrektur der vorgelegten flüssigen Citrat-Lösung notwendig [4], [27].

    Bei der Beimpfung von Blutkulturflaschen ist das Einbringen von Luft in die anaerobe Flasche unbedingt zu vermeiden [5].

  8. Lösen der Stauung: Sobald Blut in das erste Röhrchen zu laufen beginnt, lösen Sie die Stauung.

  9. Schwenken der Röhrchen: In jedem Fall sind die Röhrchen mit Zusätzen direkt nach der Füllung über Kopf (180°) vorsichtig zu schwenken, um das Blut mit den jeweiligen Zusätzen ausreichend zu mischen. Schaumbildung ist zu vermeiden. Alle Röhrchen sollen so mindestens einmal direkt nach der Entnahme jedes einzelnen Röhrchens und zusätzlich viermal nach Entnahme aller Röhrchen über Kopf geschwenkt werden, außer die Herstellerangabe sieht etwas anderes vor.

  10. Beendigung der Entnahme: Nach dem letzten Röhrchen ist ein Tupfer auf die Punktionsstelle zu legen ohne dabei Druck auf die Einstichstelle auszuüben und die Kanüle aus der Vene zu ziehen. Nachdem die Kanüle aus der Vene entfernt wurde, drücken Sie den Tupfer sofort fest auf die Punktionsstelle.

  11. Entsorgung: Aktivieren Sie den Sicherheitsmechanismus an der Kanüle möglichst mit einer Hand und entsorgen Sie Nadel und kontaminierte Materialien sofort in einen dafür vorgesehenen stichfesten (Sicherheits-) Behälter.

  12. Versorgung der Entnahmestelle: Versorgen Sie die Entnahmestelle mit einem Pflaster oder einer Bandage und bitten Sie den Patienten noch weitere 3–5 Minuten (bis zu 10 Minuten bei antikoagulierten Patienten) auf die Punktionsstelle zu drücken. Falls eine Vene in der Armbeuge zur Punktion verwendet wurde, bitten Sie den Patienten den Arm für die Dauer der Kompression nicht abzubiegen.

  13. Weitere Blutentnahmen: Ist eine venöse Punktion erfolglos, sollte eine erneute Punktion am anderen Arm stattfinden. Ist diese erneute Punktion ebenfalls erfolglos, ist es empfehlenswert, eine weitere erfahrenere Fachperson um die Durchführung der Blutentnahme zu bitten oder mit der verordnenden Fachperson Alternativen zur Venenpunktion zu finden [3].

Abbildung 2: Darstellung der drei häufigsten oberflächlichen Venenmuster am Arm.Nach Putz R und Pabst R eds. Sobotta: Atlas der Anatomie des Menschen. 20. Aufl. München, DE: Urban & Schwarzenberg/Elsevier, 1993. Mit freundlicher Genehmigung des Elsevier Verlags.
Abbildung 2:

Darstellung der drei häufigsten oberflächlichen Venenmuster am Arm.

Nach Putz R und Pabst R eds. Sobotta: Atlas der Anatomie des Menschen. 20. Aufl. München, DE: Urban & Schwarzenberg/Elsevier, 1993. Mit freundlicher Genehmigung des Elsevier Verlags.

Tabelle 1:

Übersicht des empfohlenen Farbcodes der häufigsten Blutentnahmeröhrchen in der empfohlenen Reihenfolge der Entnahme.

Tabelle 1: Übersicht des empfohlenen Farbcodes der häufigsten Blutentnahmeröhrchen in der empfohlenen Reihenfolge der Entnahme.
  1. Empfehlung der Kappenfarben von Blutentnahmeröhrchen entsprechend der DIN EN ISO 6710 [18]. Kappenfarben in Ihrem Gesundheitsbetrieb können unter Umständen von diesen abweichen. enz.

Transport des Blutes in das Labor

Vor dem Transport müssen alle Proben bei Raumtemperatur (18–22 °C) stehend gelagert und vor Sonnenlicht geschützt werden. Vollblutproben dürfen nicht im Kühlschrank oder gefroren aufbewahrt werden.

Der Transport sollte für alle Proben so rasch wie möglich erfolgen (<30 Minuten) und sollte für Blutkulturen 2–4 Stunden nicht überschreiten [5]. Des Weiteren sollten mechanische oder physikalische Einflüsse (z.B. Schütteln, hohe oder sehr niedrige Temperaturen) minimiert werden.

Spezielle Untersuchungen können besondere Bedingungen, wie die Entnahme mit vorgewärmten Entnahmebestecken, den Transport auf Eis oder andere Voraussetzungen, erfordern. Diese besonderen Bedingungen sind dem Einsender vom Labor zur Kenntnis zu bringen. Die aktuellsten Angaben zur Stabilität sind auch den Packungsbeilagen der Testhersteller zu entnehmen. Angegebene Stabilitäts- und Lagerungsbedingungen sind unbedingt einzuhalten, da bei Nichteinhaltung deutliche Veränderungen der Laborwerte (z.B. Gerinnungsdiagnostik) verursacht werden, die zu falschen medizinischen Interpretationen führen können [28].

Wenn der Transport in das Labor verzögert erfolgt oder länger dauert, sind die Lagerungs- und Transportbedingungen zu dokumentieren und die Eignung des Probenmaterials für die Untersuchungen zu überprüfen. Für Blutkulturen sind Lagerungs-und Transportzeiten von länger als 12–16 Stunden nicht akzeptabel [5]. Bezüglich einer Zwischenlagerung von Blutkulturen sind entsprechende Vorgaben [5] und Herstellerangaben zu beachten. Routine-Gerinnungsanalytik sollte in der Regel innerhal von 4 Stunden nach Entnahme erfolgen. Für die aPTT (activated partial thromboplastin time) Bestimmung zum Monitoring von unfraktioniertem Heparin wird ein Transport von nicht länger als einer Stunde empfohlen [29], [30].

Fazit

Ein guter Laborbefund beruht zu einem Großteil auf Beachtung und Umsetzung der Hinweise zur Präanalytik, für welche unter anderem die Blut entnehmende Person und ein korrekter Probentransport verantwortlich sind. Wissentliches Abweichen von dieser Standard Arbeitsanweisung kann zu falschen Laborbefunden führen und dem Patienten schaden.


Note:

Für Deutschland (D) und Schweiz (CH).



Korrespondenz: Dr. Alexander von Meyer, Institut für Laboratoriumsmedizin, Kliniken Nordoberpfalz AG und Klinikum St.Marien, Söllnerstr. 16, Amberg, 92637 Weiden, Deutschland, Tel.: +49-0961-303-4500

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Received: 2017-11-2
Accepted: 2017-11-3
Published Online: 2017-11-28
Published in Print: 2017-12-20

©2017 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

Downloaded on 19.3.2024 from https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/labmed-2017-0127/html
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