Abstract
This paper is based on a large number of Soviet and western sources and describes the development of statistics in the Soviet Union. After ca. 1922, Russian statisticians were able to work successfully drawing on the contemporaneous national and foreign professional knowledge. From 1927 onward, however, many of them were labelled saboteurs or enemies of the people, arrested and even shot. Pre-Soviet statistics was denied, and its classics were called ideologists of the bourgeoisie (Siissmilch, Quetelet) or enemies of materialism (Pearson). The new crop of Soviet statisticians, largely composed of ignoramuses, restricted the aims of statistics to confirming Marxist political economy. In the post-war period, ideology continued to dominate over statistics, econometrics had to overcome great ideological resistance, and genetics, crushed in 1948, in particular because of its ties with statistics, did not return to life until the 1960’s. Zusammenfassung Im vorliegenden Beitrag wird die Entwicklung der Statistik in der Sowjetunion anhand einer großen Zahl von sowjetischen und westlichen Quellen geschildert. Nach 1922 konnten russische Statistiker zunächst unter Anwendung des zeitgenössischen, in- und ausländischen Fachwissens erfolgreich weiterarbeiten. Ab 1927 jedoch wurden diese Wissenschaftler als Saboteure oder Volksfeinde verfolgt, gefangengesetzt oder sogar erschossen. Die Statistik der vor-sowjetischen Zeit wurde verurteilt, ihre klassischen Vertreter als Ideologen der Bourgeoisie (Süssmilch, Quetelet) oder Feinde des Materialismus (Pearson) bezeichnet. Die neue Generation sowjetischer Statistiker, oft ohne professionelle Kenntnisse, beschränkte die Aufgabe der Statistik darauf, die Marxistische Politische Ökonomie zu bestätigen. In der Nachkriegszeit dominierte die Ideologie weiter über die Statistik, die Ökonometrie hatte große ideologische Widerstände zu überwinden und die Erbforschung, 1948 völlig unterdrückt, wurde erst in den 60er Jahren wieder aufgenommen.