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BY-NC-ND 4.0 license Open Access Published by De Gruyter

Nicolaus I.

Νικόλαος

  • Ralph-Johannes Lilie , Claudia Ludwig , Beate Zielke and Thomas Pratsch

Achtung: Dieses Lemma enthält gegenüber der gedruckten Fassung Veränderungen und Zusätze ohne Auswirkung auf die Angaben zur Person.

N: Griech. Quellen: Nikolaos — Νικόλαος.

T: Papst (24. April 858 – 13. November 867).

V: N. war ein energischer und konfliktfreudiger Verfechter des päpstlichen Primatsanspruches. Er wurde vermutlich ca. 820 in Rom geboren und erhielt eine gute Bildung (1). Unter dem Pontifikat Sergius' II. (844–847; # 6691) ist er als Subdiakon bezeugt (2), unter Leo IV. (847–855; # 4240) als Diakon (3). Nach dem Tode von Benedictus III. (# 997) (29.9.855 – 7.4.858), unter dem N. als enger Mitarbeiter in der Verwaltung gedient hatte (4), während er weiterhin Diakon blieb (5), wurde er als Wunschkandidat Kaiser Ludwigs II. (# 4626) zum neuen Papst gewählt und am 24. April 858 geweiht (6). N.s Überzeugung vom Vorrang päpstlicher Entscheidungen vor denen von Synoden oder Metropoliten führte zu einigen größeren Auseinandersetzungen während seines Pontifikats (u. a. mit dem Erzbischof von Ravenna, Ioannes: # 3311). Zwischen N. und Byzanz gab es vor allem folgende drei Konfliktpunkte: 1) die päpstliche Forderung nach Rückgabe der süditalienischen Patrimonien sowie nach Wiederherstellung der römischen Kirchenjurisdiktion im ehemaligen Illyricum, 2) die Angelegenheit der Absetzung des Ignatios (# 2666) und der Weihe des Photios (# 6253), in der Rom unter Berufung auf die Kanones der Synode von Serdica (342 oder 343) eine oberste Schiedsfunktion beanspruchte, 3) die Missionierung Bulgariens, um die Rom und Byzanz konkurrierten.

Die Auseinandersetzung zwischen N. und Byzanz begann einige Zeit, nachdem 858 in Konstantinopel Patriarch Ignatios abgesetzt worden war. Als der neue Patriarch Photios 860 seine Inthronistika (Photios, Ep. 288) nach Rom sandte (7), verweigerte N. ihm seine Anerkennung und schrieb (am 25. September 860) entsprechende Briefe an Kaiser Michael III. (Nicolaus I. papa, epp., Nr. 82) und Photios (Nr. 83) (8). In dem Brief an Michael III. formulierte N. auch erstmalig seine Forderung nach Rückgabe der römischen Patrimonien in Kalabrien und Sizilien sowie nach Wiederherstellung der ehemaligen römischen Kirchenprovinz Illyricum (bzw. des Vikariats von Thessalonike) (9). Mit den Briefen schickte er die beiden Bischöfe Rhadoaldus von Porto (# 6404) und Zacharias von Anagni (# 8636) als seine Legaten nach Konstantinopel, damit sie die Absetzung des Ignatios untersuchten (10). Diese Legaten nahmen Ostern 861 in Konstantinopel an dem Konzil teil, auf dem die Absetzung des Ignatios auf päpstlichen Wunsch hin noch einmal verhandelt wurde, und bestätigten dort die Absetzung des Ignatios (11). Im Spätsommer 861 schrieb Photios erneut an N. (Photios, Ep. 290) und antwortete dabei auf die von N. in dessen Brief (Nr. 83) vorgebrachten Punkte (12). Sein Schreiben begleitete ebenso wie ein (nicht erhaltener) Brief Kaiser Michaels III. die Sendung der Konzilsakten an den Papst (13). N.s Antwort erfolgte im März 862 (Nicolaus I. papa, epp., Nr. 86 [an Photios]; Nr. 85 [an Michael III.; JE 2692]; Nr. 84 [an alle Gläubigen; JE 2690]). Dabei beharrte N. auf seiner Nichtanerkennung des Photios; die Zustimmung seiner Legaten zu der Absetzung des Ignatios kritisierte er als unautorisiert und hob sie auf (14). Diese Briefe wurden von Photios bzw. dem Kaiser nicht mehr beantwortet. Dafür traf der Ignatianer Theognostos (# 8018) in Rom ein, wurde von N. empfangen und konnte ihm seine bzw. des Ignatios Version von den Ereignissen von 858–861, den “Libellus”, überreichen (15). Im Sommer 863 ließ N. den Patriarchen Photios auf einer Synode verurteilen und exkommunizieren (16). Zugleich distanzierte sich N. stärker als zuvor von seinen Legaten Rhadoaldus und Zacharias, die sich in Konstantinopel von der Rechtmäßigkeit der Absetzung des Ignatios hatten überzeugen lassen, indem er sie (zuerst nur Zacharias) absetzte und exkommunizierte (17). Die Exkommunikation des Photios durch N. provozierte eine harsche Reaktion Kaiser Michaels III., der im Sommer 865 den Protospatharios Michael (# 5119) als seinen Gesandten nach Rom sandte (18). N. antwortete Michael III. im September 865 nicht minder scharf durch einen Brief (Nicolaus I. papa, epp., Nr. 88), den er dem byzantinischen Gesandten auf dessen Rückreise nach Konstantinopel mitgab (19).

Im August 866 empfing N. eine Gesandtschaft des bulgarischen Khans Boris I. Michael (# 1035), der ihn offenbar um die Entsendung von Klerikern sowie um die Beantwortung von Fragen zur Glaubensausübung gebeten hatte (20). Bulgarien, dessen Missionierung von der griechischen Kirche unternommen wurde und dessen Herrscher gerade erst (wahrscheinlich von Photios persönlich in Konstantinopel) getauft worden war, versuchte auf diesem Wege vermutlich, eine größere Unabhängigkeit von Konstantinopel zu erlangen (21). N. antwortete mit einem längeren Lehrschreiben (Nicolaus I. papa, epp., Nr. 99) und der Entsendung der Bischöfe Paulus von Populonia (# 5892) und Formosus von Porto (# 1904; zu der Zeit nach 867, bes. seinem Pontifikat [891–896] s. Abt. II) (22). Roms Ziel war die Vertreibung der griechischen Missionare aus Bulgarien und die Unterstellung des Landes unter die kirchliche Jurisdiktion Roms (23). Im Sommer 867 sollte N. nochmals Kleriker nach Bulgarien entsenden, nämlich die Bischöfe Dominicus von Trivento und Grimoald von Polimartium (s. Abt. II) sowie einige Priester, aus deren Mitte die Bulgaren sich einen Bischof wählen sollten (24). Die römischen Bulgarienaktivitäten waren für Byzanz eine ungeheure Provokation. Es drohte der dauerhafte Verlust der gerade erst durch die Bekehrung gewonnenen Kirchenhoheit über Bulgarien und damit ein wichtiges Element politischen Einflusses in dem benachbarten und zur byzantischen Interessensphäre gehörenden Reich. Auch einzelne Verhaltensweisen der lateinischen Kleriker trugen zur Verärgerung bei, wie etwa ihre Nichtanerkennung des Salböls (Myron) des Photios, die sich in ihrer erneuten Firmung der bereits getauften und gefirmten Bulgaren ausdrückte (25). Die römische Bulgarienmission ist nicht der einzige Fall, in dem Rom versuchte, ein im Osten liegendes und der byzantinischen Einflußsphäre zuzurechnendes Gebiet der päpstlichen Kirchenjurisdiktion zu unterstellen. N. bemühte sich auch um eine “Rückkehr” der Armenier (26) – wiederum in Konkurrenz zu Photios' vergleichbaren Anstrengungen (cf. unter Photios). Zur gleichen Zeit wie die Entsendung von Paulus und Formosus nach Bulgarien erfolgte die Abreise der päpstlichen Gesandten Marinus (# 4819; zu der Zeit nach 867, bes. zu seiner Rolle beim Konzil von 869/70 und seinem Pontifikat [882–884] s. Abt. II), Donatus von Ostia (# 1390) und Leo (# 4241) nach Konstantinopel (27). Sie sollten etliche Briefe N.s (epp., Nr. 90–97 [JE 2813–2820], in: MGH Epp. VI, p. 488–553; alle vom 13. November 866) nach Konstantinopel bringen, wovon N. auch den östlichen Patriarchen, Metropoliten und Bischöfen Mitteilung machte (28). Marinus, Donatus und Leo reisten zuerst gemeinsam mit Paulus und Formosus nach Bulgarien, von wo sie dann weiter ins byzantinische Reich reisen wollten, jedoch an der Grenze zurückgewiesen wurden (29), so daß wir wohl annehmen dürfen, daß die Briefe Nr. 90–97 des Papstes niemals ihre Adressaten in Konstantinopel erreicht haben (30). Gleichzeitig erließ N. eine Enzyklika an die östlichen Patriarchate, in der er die ganze Geschichte seines Konfliktes mit Byzanz aus seinem Blickwinkel darstellte und der er vorangegangene Aktenstücke und Briefe beifügte (Ep. Nr. 98) (31). In der Zurückweisung der päpstlichen Gesandten an der Grenze zwischen Bulgarien und Byzanz fand die byzantinische Verärgerung über die römische Bulgarienmission deutlichen Ausdruck. Michael III. sandte einen (nicht erhaltenen) Beschwerdebrief an Boris I. Michael, den dieser durch die von Byzanz abgewiesenen päpstlichen Legaten an N. zur Kenntnisnahme weiterleitete (32). Neben den Anklagen gegen Rom, die der Brief nach dem Zeugnis N.s enthielt, dürfte sich Michael III. bei Boris I. Michael darüber beklagt haben, daß dieser die römischen Gesandten überhaupt durch sein Reich in Richtung Byzanz hatte reisen lassen (33).

Photios reagierte auf die römische Bulgarienmission, indem er (wohl im Frühjahr 867) eine Lokalsynode in Konstantinopel abhielt, auf der das Vorgehen der römischen Kleriker in Bulgarien bzw. ihre in Photios' Augen irrigen Lehrmeinungen verurteilt wurden (34), und gleich anschließend die östlichen Patriarchen zu einer großen Synode in Konstantinopel einlud, damit sie die Entscheidungen der Lokalsynode bestätigten und N. selbst verurteilten (35). Die Synode, die im August-September 867 stattfand, steht damit in einem direkten Zusammenhang mit der päpstlichen Politik auf dem Balkan (36). N. wurde abgesetzt und exkommuniziert (37). Im Anschluß an die Synode von 867 sandte Photios seine Gesandten Zacharias "Kophos" (# 8635), den Metropoliten von Chalkedon, und Theodoros (# 7726) von Karien bzw. Laodikeia nach Italien, um den Papst über dessen Absetzung zu informieren (Synodicon vetus; Grumel–Darrouzès, Regestes Nr. 501), bzw. zu Ludwig II. und dessen Gattin Angelberga (# 438), um sie um die Durchführung der Absetzung N.s zu bitten (38). Die Exkommunikation N.s durch Photios hatte jedoch keine weiteren Auswirkungen mehr, weil Photios am 25. September 867, nach der Usurpation des Thrones durch Basileios I., abgesetzt, die Gesandtschaft an Ludwig II. und Angelberga zurückgerufen und Ignatios (am 23. November 867) wieder als Patriarch eingesetzt wurde. N. starb am 13. November 867 (Liber Pont. II 107, p. 167,2-3). Die Gesandten, die Kaiser Basileios und Ignatios im Dezember 867 mit Briefen nach Rom entsandten, um N. von der Absetzung des Photios und der Wiedereinsetzung des Ignatios zu unterrichten (39), erreichten Rom somit erst einige Zeit nach dem Tode N.s und überreichten die Schreiben N.s Nachfolger Hadrian II. (seit 14.12.867; zu ihm siehe Abt. II, # 22537)(Vita Ignatii [BHG 817] 544B-C). Ebenso trafen Methodios (# 4975) und Konstantinos-Kyrillos (# 3927), die vermutlich von N. nach Rom eingeladen worden waren, N. nicht mehr lebend an, sondern wurden von Hadrian II. empfangen (40).

Zusätzliche hagiographische Informationen: In der Vita Ignatii (BHG 817) findet sich die kaum glaubwürdige, vermutlich nur der Verleumdung des Photios dienende Geschichte von zwei von einem gewissen Eustratios (# 1829) gefälschten und von Photios lancierten Briefen, von denen einer vorgegeben haben soll, von N. an Photios geschrieben worden zu sein, und Entschuldigungen N.s für frühere Mißverständnisse enthalten haben soll (Vita Ignatii [BHG 817] 529A); cf. auch Hergenröther I 523–525. — Die Vita Ignatii berichtet ferner, daß sich unter den Büchern, die Photios nach seiner Absetzung unbemerkt aus dem Patriarcheion habe schaffen lassen wollen, die ihm jedoch von den Leuten des kaiserlichen Praipositos Baanes (# 719) abgenommen worden seien (Vita Ignatii [BHG 817] 540C), auch die (laut der Vita Ignatii von Photios fingierten) Akten der Synode von 867, auf der N. exkommuniziert wurde, befunden hätten (541C; cf. Grumel–Darrouzès, Regestes Nr. 526) und zwar in zwei Kopien, deren eine Photios für sich habe anfertigen lassen, während die andere für Kaiser Ludwig II. bestimmt gewesen sei. Nachdem der Kaiser (Basileios I.) sie öffentlich gemacht und der Synode übergeben habe, seien sie im Beisein des Photios für falsch erklärt und schließlich verbrannt worden (541D). Cf. den Bericht des Metrophanes von Smyrna, in: Mansi XVI 417E–420A, von einem Brief des Photios an Angelberga (# 438), die Gattin Ludwigs II., der von einer Kopie der Akten und von Geschenken begleitet werden sollte, jedoch von Kaiser Basileios zurückgehalten wurde (Grumel–Darrouzès, Regestes Nr. 500). Laut Metrophanes hat Basileios die Akten dann an Hadrian II. nach Rom gesandt; cf. Anastasius Bibliothecarius, Ep. 5, in: MGH Epp. VII, p. 408,17-29 (= Praefatio in octavum concilium, in: Mansi XVI 7A-B); Liber Pont. II 108 (Vita Hadriani II), p. 178,12 – 179,31. — Laut der Vita Petri Athonitae weihte N. (nachdem ihm der hl. Nikolaos von Myra im Traum erschienen war) Petros Athonites (# 6080) in Rom zum Mönch. In den älteren Fassungen der Legende wird der Name des Papstes nicht erwähnt; cf. in diesem Zusammenhang auch # 11987 sowie unter Petros (# 6080).

Anmerkungen: — (1) Liber Pont. II 107, p. 151,1-6. — (2) Liber Pont. II 107, p. 151,13-14. — (3) Liber Pont. II 107, p. 151,16f. — (4) Liber Pont. II 107, p. 151,20-25. — (5) Liber Pont. II 107, p. 151,26. — (6) Annales Bertiniani (858), p. 50 (Waitz); p. 78 (Grat); zum Datum cf. JE p. 342. — (7) Im Frühjahr 860 durch die Metropoliten Theophilos von Amorion (# 8228) und Samuel von Chonai (# 6503) sowie Methodios von Gangra (# 4981), Zacharias von Taormina (# 8629) und den Protospatharios Arsaber (# 610), die als Gesandte Kaiser Michaels III. nach Rom kamen und dem Papst die Einladung zum Konzil von 861 überbrachten. Zu dieser Gesandtschaft siehe Liber Pont. II 107, p. 154,21 – 155,8; p. 158,23 – 159,1; Anastasius Bibliothecarius, Ep. 5, in: MGH Epp. VII, p. 405,16-24 (= Mansi XVI 4B); Mansi XVI 34C; cf. Hergenröther I 405–419; Dvornik, Photian Schism 71–74; Lounghis, Ambassades 189; Herbers, in: Begegnung des Westens mit dem Osten 53; Nerlich, Gesandtschaften 275. Das Konzil, zu dem Michael III. römische Legaten erbat, sollte sich offenbar noch einmal mit Fragen der Ikonenverehrung befassen (cf. Nicolaus I. papa, epp., Nr. 82, p. 436,37 – 438,20; Nr. 86, p. 451,8-11). Eine erneute Verhandlung der Absetzung des Ignatios war von byzantinischer Seite sicher nicht vorgesehen, da Ignatios für die byzantinische Kirche bereits als vollkommen rechtsgültig abgesetzt galt (cf. Kanones Deusdedit, cap. 428, p. 603,7-9. 10-14. 17-20; zu weiteren Quellen zur formellen Absetzung des Ignatios auf der Synode vom Frühjahr 859 s. Grumel–Darrouzès, Regestes Nr. 461). Photios redete N. in seiner Ep. 288 (wie auch später in Ep. 290) ehrerbietig als Papst an (Τῷ τὰ πάντα ἁγιωτάτῳ ἱερωτάτῳ ἀδελφῷ καὶ συλλειτουργῷ, Νικολάῳ πάπᾳ τῆς πρεσβυτέρας Ῥώμης), während er ihn später gegenüber Dritten als “Bischof der Einwohner Italiens” bezeichnete (Ep. 2,324 [I 51 Laourdas–Westerink]: τοῦ οἰκείου αὐτῶν ἐπισκόπου οἱ τὴν Ἰταλίαν οἰκοῦντες ...). — (8) Formulierung der Weigerung: Nicolaus I. papa, epp., Nr. 82 (an Michael III.) p. 436,22; Nr. 83 (an Photios), p. 440,17f. Als Gründe für seine Weigerung nennt N. zum einen den Umstand, daß Ignatios von einer konstantinopolitanischen Synode abgesetzt wurde, ohne daß zuvor Roms Zustimmung eingeholt worden war (Nr. 82, p. 434,5-9), und zum anderen die Tatsache, daß Photios aus dem Laienstand, d. h. in N.s Augen unkanonisch, zum Patriarchen erhoben worden war (Nr. 82, p. 434,14 – 436,21; Nr. 83, p. 440,7-11). Cf. Dvornik, Photian Schism 75f. — (9) Nicolaus I. papa, epp., Nr. 82, p. 438,25 – 439,11. Leon III. hatte in den zwanziger Jahren des 8. Jh.s die päpstlichen Besitztümer in Kalabrien und Sizilien eingezogen und dem kaiserlichen Fiskus zugeordnet, ebenso wie er die Bistümer dieser Regionen und das Illyricum von Rom abgetrennt und dem Patriarchat von Konstantinopel unterstellt hatte; siehe unter Leon III. — (10) Nicolaus I. papa, epp., Nr. 82, p. 436,22-25. 28. 32-35; p. 439,12-22; Nr. 83, p. 440,17-20. Der äußerst Photios-feindlichen Vita Ignatii (BHG 817) 516B zufolge hatte Photios die Entsendung von päpstlichen Legaten nach Konstantinopel (zum Konzil von 861) nur unter dem Vorwand erbeten, Hilfe bei der endgültigen Überwindung des Ikonoklasmus zu benötigen, in Wahrheit jedoch, um sich die Absetzung des Ignatios von Rom legitimieren zu lassen. N. habe dann in völliger Unkenntnis der wahren Hintergründe die Legaten Rhadoaldus und Zacharias geschickt. Ähnlich sind die Darstellungen des Liber Pont. II 107, p. 155,1-8; p. 158,23-27 und des Metrophanes von Smyrna (in: Mansi XVI 416E–417B); cf. auch Theoph. cont. IV 32, p. 195,16f. Tatsächlich aber beauftragte der Papst die Legaten dezidiert mit der Untersuchung der Absetzung des Ignatios; auch wäre die Absetzung gar nicht Gegenstand des Konzils gewesen, wenn man nicht dem Drängen des Papstes auf Prüfung des Falles entgegengekommen wäre, cf. Dvornik, Photian Schism 74–76; Beck, Orthodoxe Kirche 100. Der erste, der Byzanz eine Täuschung hinsichtlich des wahren Einladungsgrundes zum Konzil von 861 unterstellte, scheint jedoch im Jahr 865 N. selbst gewesen zu sein: Nicolaus I. papa, epp., Nr. 88, p. 472,27–31 (= Mansi XV 202E–203A). Später sollte immer wieder die Frage eine Rolle spielen, welche Vollmachten die Legaten vom Papst hinsichtlich der Angelegenheit des Ignatios erhalten hatten. Siehe dazu unter Rhadoaldus (# 6404). In jedem Falle intendierte der Papst schon vor dem Konzil eine Begrenzung der Befugnisse seiner Legaten: Sie sollten den Fall lediglich untersuchen und ihm dann Bericht erstatten, während die letzte Entscheidung beim Papst allein liegen sollte (z. B. Nicolaus I. papa, ep. Nr. 82, p. 436, 22-24. 34f.). Dies widersprach der Auffassung, daß die allerhöchste kirchliche Instanz ein allgemeines Konzil sei, und brachte überdeutlich den päpstlichen Primatsanspruch zum Ausdruck, der für die Byzantiner inakzeptabel sein mußte. — (11) S. besonders den Bericht von dem Konzil, der sich in der Kanonessammlung des Kardinals Deusdedit erhalten hat: Kanones Deusdedit, Nr. 428–431, p. 603–610, bes. p. 610,1f: Iudicantibus apocrisariis quoniam depositione dignus est Ignatius ...; cf. Photios, Ep. 290,377-379 (III, p. 135 Laourdas–Westerink) an N.: ... τῆς ὑμῶν πατρικῆς ὁσιότητος διὰ τῶν τιμιωτάτων αὐτῆς τοποτηρητῶν τὴν κατ᾿ αὐτῶν [sc. die Ignatianer] ἐπικυρούσης ἀπόφασιν. Cf. Theognostos, Libellus (BHG 818c) 857C–D (= Mansi 297A-B; Ignatios' Bericht); Anastasius Bibliothecarius, Ep. 5, in: MGH Epp. VII, p. 405,32–36 (= Mansi XVI 4C-D); Stylianos, Ep. 1, in: MGH Epp. VII, p. 377,1-5 (= Mansi XVI 429A-B); Mansi XVI 34C-D. Zur Bestätigung der Absetzung des Ignatios cf. auch Grumel–Darrouzès, Regestes Nr. 469. — (12) Photios macht N. u. a. darauf aufmerksam, daß ein Verbot der Erhebung vom Laien zum Patriarchen in Byzanz niemals gegolten habe (ep. 290,123-131 [III, p. 128 Laourdas–Westerink]), und führt die Präzedenzfälle der Patriarchen Tarasios (# 7235) und Nikephoros I. (# 5301) an (ep. 290,154-184 [III, p. 128f. Laourdas–Westerink]). Photios geht auch auf N.s Ansinnen hinsichtlich des Illyricums ein: Ihm sei es nur recht, dem Papst die Kirchenjurisdiktion über dieses und sogar noch andere Gebiete zu überlassen, doch stehe es nicht in seiner Macht, sondern sei allein Sache des Kaisers (ep. 290,401-418 [III, p. 136 Laourdas–Westerink]), cf. Hergenröther I 458f. Zu Photios' Brief insgesamt cf. Hergenröther I 438–460; Dvornik, Photian Schism 92f. — (13) Alle drei Dokumente wurden im August oder September 861 durch den Asekretis Leon (# 4509) nach Rom gebracht, Nicolaus I. papa, epp., Nr. 98, p. 555,8–12 [= Mansi XVI 161C-D]). Leon verließ Konstantinopel zusammen mit den päpstlichen Legaten Rhadoaldus und Zacharias, cf. Mansi XV 34D; Liber Pont. II 107, p. 158,31; Grumel–Darrouzés, Regestes Nr. 472; Lounghis, Ambassades 189; Herbers, in: Begegnung des Westens mit dem Osten 58f.; Nerlich, Gesandtschaften 277. — (14) Die drei Briefe sind auf den 18. März 862 datiert und wurden von dem Asekretis Leon (# 4509) auf seiner Rückreise nach Konstantinopel befördert, cf. Nicolaus I. papa, epp., Nr. 100, p. 602,17-19 (= Mansi XV 356A-B); cf. Hergenröther I 509f.; Nerlich, Gesandtschaften 278. Zu N.s Brief an Photios (Nicolaus I. papa, epp., Nr. 86; JE 2691) cf. Anastasius Bibliothecarius, Ep. 5, in: MGH Epp. VII, p. 405,37 – 406,5 (= Mansi XVI 4D-E); Aussage der päpstlichen Legaten auf dem Konzil von 869/70, in: Mansi XVI 34D-E. Der Papst erkennt darin die von Photios in dessen Ep. 290 vorgebrachten Argumente und Rechtfertigungen in keinem Punkte an, cf. Hergenröther I 511–516. Die prägnantesten Formulierungen der erneuten Weigerung des Papstes, Photios als Patriarchen von Konstantinopel anzuerkennen, finden sich in Ep. Nr. 84 (an alle Gläubigen), p. 442,3–11 (= Mansi XVI 169D-E); Ep. Nr. 85 (an Michael III.), p. 443,29f. (= Mansi XVI 171B); p. 444, 9-11 (= Mansi XVI 171D) sowie Ep. Nr. 86 (an Photios), p. 450, 26–29 (= Mansi XVI 177B): ... sancta Romana ... ecclesia ... vos ... in patriarchatus ordine non recipit et neque ante iustam damnationem Ignatii patriarchae in ordine sacerdotali vobis manendo consentit. Kritik an der Zustimmung seiner Legaten zu der Absetzung des Ignatios äußert N. besonders in Nr. 84, p. 441,22–30. Allerdings erklärt er zu diesem Zeitpunkt das Verhalten seiner Legaten in Konstantinopel noch nicht zu einer unverzeihlichen Verfehlung, sondern sieht seine Legaten als Opfer einer inkorrekten Behandlung durch die Byzantiner, Nr. 86, p. 451,11–23. Erstmalig beschuldigt der Papst in diesen Briefen die Byzantiner der Fälschung seiner Briefe, Nr. 85, p. 446,8–15; Nr. 86, p. 451,15f. Zu Ep. Nr. 85 cf. noch Hergenröther I 516–519. — (15) Bei dem “Libellus” handelt es sich um einen Bericht für den Papst, in dem die Ereignisse in der ersten Person aus der Sicht des Ignatios geschildert werden, der jedoch von Ignatios' Freund Theognostos verfaßt worden ist. Wenn Theognostos nicht eigenmächtig gehandelt hat, sondern im Auftrage des Ignatios, so müßte Ignatios seine (auf dem Konzil von 861 deutlich dokumentierte) Position, Rom keine richterliche Befugnis in seinem Falle einzuräumen, innerhalb weniger Monate vollkommen aufgegeben und sich für das Gegenteil entschieden haben. Der Zeitpunkt der Ankunft des Theognostos in Rom ist nicht ganz sicher, s. unter Theognostos (# 8018). — (16) Siehe u. a. Nicolaus I. papa, epp., Nr. 91, p. 519,5 – 521,2 (= Mansi XV 246B–247D) = Nr. 98, p. 557,20 – 558,40 (= Mansi XV 179C–180E); weitere Erwähnungen der Absetzung (bzw. endgültigen Nichtanerkennung) und Exkommunizierung des Photios finden sich in: Synodicon vetus, cap. 160,5-7, p. 136; Vita Ignatii (BHG 817) 525C; Stylianos, Ep. 1, in: MGH VII, p. 377,10-13 (= Mansi XVI 429B-C) sowie an weiteren Stellen in den Akten des Konzils von 869/70: Mansi XVI 34E (Aussage der päpstlichen Legaten auf dem Konzil von 869/70); Mansi XVI 401C-D (Kanon 6 der 10. Sitzung). Zu der Synode von 863 siehe auch Hergenröther I 519–525; Dvornik, Photian Schism 97–100. — (17) Zu der Chronologie der Absetzung von Rhadoaldus und Zacharias siehe dort. — (18) Zu dieser Gesandtschaft cf. Hergenröther I 552–554; Dvornik, Photian Schism 103; Lounghis, Ambassades 189; Nerlich, Gesandtschaften 279. Der Brief des Kaisers ist nicht erhalten, sein Inhalt läßt sich nur aus der Antwort des Papstes (Ep. Nr. 88) erschließen, s. Dölger, Regesten Nr. 464; Dvornik, Photian Schism 104; Hergenröther, loc. cit. — (19) Zu diesem Brief (Nr. 88) cf. JE 2796; Hergenröther I 555–580; Dvornik, Photian Schism 103–108; Herbers, in: Begegnung des Westens mit dem Osten 59–64; Nerlich, Gesandtschaften 279. Der Brief ist eine der ausführlichsten Darlegungen des päpstlichen Primatsanspruches. Als Lösung (und größtes Zugeständnis seinerseits) schlägt N. Kaiser Michael III. schließlich vor, die Angelegenheit noch einmal in Rom verhandeln und direkt vom Papst entscheiden zu lassen (p. 480–484). Ferner weigert er sich, Theognostos (# 8018) und die anderen Ignatianer nach Konstantinopel zurückzuschicken (p. 477,21ff.). — (20) Annales Bertiniani (ad annum 866) p. 86 (Waitz); p. 134 (Grat): Bulgarorum rex filium suum et plures ex proceribus regni sui Romam direxit et arma, quibus indutus fuerat, quando in Christo nomine de suis adversariis triumphavit, cum aliis donis sancto Petro transmisit et plures quaestiones de sacramentis fidei consulendo Nicolao papae direxit et episcopos atque prespiteros mitti ab eo sibi poposcit; quod et obtinuit. Zum Datum cf. Liber Pont. II 107, p. 164,14-20. Die bulgarischen Gesandten werden in der Quelle Petrus, (ein Verwandter von Boris I. Michael), Iohannes und Martinus genannt; MGH Epp. VII, Johannis VIII. papae epp., Nr. 192 (an Boris I. Michael, vom 8. Juni 879; JE 3261), p. 154,6f. (= Mansi XVII 128D). — (21) Aus N.s Lehrschreiben geht hervor, daß eine der Fragen der Bulgaren sich auf die Möglichkeit bezogen hatte, einen eigenen Patriarchen zu haben (Nr. 99, cap. 72, p. 592,27). Diese Frage beweist das bulgarische Interesse an größerer Unabhängigkeit von Byzanz und an der Autokephalie der sich bei ihnen neu entwickelnden Kirche. Aber auch N. wollte diese Autokephalie nicht ohne weiteres gewähren und antwortete daher sehr zurückhaltend (ibidem, p. 592,27 – 593,2). Cf. auch Hergenröther I 615f. — (22) Liber Pont. II 107, p. 164,14 – 165,1 (= Mansi XV 157A-B); 165,15-22. 25-27; Anastasius Bibliothecarius, Ep. 5 (Praefatio zu den Konzilsakten von 869/70), in: MGH Epp. VII, p. 412,26 (= Mansi XVI 11A); ferner: Annales Fuldenses (867) p. 65f. (ohne Namensnennung). Zu der Entsendung der römischen Bischöfe cf. Hergenröther I 607–616. — (23) Jedenfalls soll Boris I. Michael bald darauf nichtrömische Missionare aus seinem Reich vertrieben haben: Liber Pont. II 107, p. 165,14: ... omnes a suo regno pellens aliegenas ... Diese Ziele, die eine empfindliche Einmischung in die byzantinische Interessensphäre darstellten, waren aus römischer Perspektive gerechtfertigt durch die ehemalige römische Kirchenhoheit über das Illyricum, cf. z. B. Anastasius Bibliothecarius, Ep. 5 (Praefatio zu den Konzilsakten von 869/70), in: MGH Epp. VII, p. 411,33–35 (= Mansi XVI 10B): Nam tota Dardania Thessalia Dacia et utraque Hepirus atque ceterae regiones iuxta Histrum fluvium sitae apostolicae sedis vestrae [sc. Hadriani II.] moderamine antiquitus praecipue regebantur et disponebantur. ... (und folgende Seiten); cf. auch die Aussage der päpstlichen Legaten auf der sog. Bulgarensitzung der Synode von 869/70 (4. März 870) nach dem Zeugnis des Liber Pont. II 108, p. 183,18-24 (und weiter). Wie wichtig Rom die Ausdehnung seiner Kirchenhoheit bis weit in den östlichen Balkan war, zeigt sich auch darin, daß es sein Verhalten in der Auseinandersetzung von Photios und Ignatios eng mit der Bulgarienfrage verknüpfte. Ein Brief des Papstes Iohannes VIII. (s. Abt. II) an Boris I. Michael von 874/75 (Iohannis VIII. papae ep. Nr. 37, in: MGH Epp. VII, p. 294,33 – 295,1) offenbart, daß Rom die Anerkennung des Ignatios (nach 867) immer abhängig machte von dessen Duldung der römischen Politik in Bulgarien, cf. Dvornik, Photian Schism 101; Beck, Orthodoxe Kirche 103. Rom instrumentalisierte also den Photios-Ignatios-Konflikt, um seine Ziele auf dem Balkan zu erreichen. — (24) Liber Pont. II 107, p. 165,17-22; cf. Hergenröther I 616. — (25) Metrophanes von Smyrna, in: Mansi XVI 417B-C: καὶ τοποτηρηταὶ τοῦ πάπα Ῥώμης εἰς Βουλγαρίαν ἀφικόμενοι ἀπεδοκίμασαν τοῦ Φωτίου τὸ μῦρον, καὶ πάντας ἄρχοντάς τε καὶ ἀρχομένους τῆς Βουλγάρων χώρας ἐξανεμύρωσαν. Cf. Photios, Ep. 2,80-100 (I 42 Laourdas–Westerink). Cf. auch Hergenröther I 640. 644. — (26) Zu N.s Bemühungen um eine Rückführung der Armenier unter die kirchliche Oberhoheit Roms cf. Nicolaus I. papa, epp., Nr. 98a, p. 568,9f.: κοινὸς γὰρ ἀγὼν ἡ τῶν πλανομένων ἀδελφῶν ἐπιστροφὴ καὶ πρὸς τὸ κρεῖττον ἐπίγνωσις, τῶν Ἀρμενίων δηλονότι. Cf. Hergenröther I 496. — (27) Liber pont. II 107, p. 164,26–33 (= Mansi XV 157A-B); Nicolaus I. papa, epp., Nr. 100, p. 602,32 – 603,9 (= Mansi XV 356C-E); cf. auch Hergenröther I 617. — (28) Nicolaus I. papa, epp., Nr. 98, in: MGH Epp. VI, p. 565,9-23. — (29) Liber Pont. II 107, p. 165,1-9 (= Mansi XV 157,B-C); Nicolaus I. papa, epp., Nr. 100, p. 603,9-16 (= Mansi XV 356E). Sie sollten an der Grenze eine Erklärung (libellus fidei ) unterzeichnen, um ins Reich gelassen zu werden, weigerten sich jedoch, ibidem, p. 604,3-7; cf. Hergenröther I 641. 648. — (30) Zu diesen Briefen cf. Hergenröther I 618–637. — (31) Zu diesem Brief (Nr. 98, in: MGH Epp. VI, p. 553,3 – 565,23) cf. auch Hergenröther I 636–639. — (32) Nicolaus I. papa, epp., Nr. 100, p. 603,17-20 (= Mansi XV 357A); cf. Dölger, Regesten Nr. 469. — (33) Nicolaus I. papa, epp., Nr. 100, p. 603, 23-34 (= Mansi XV 357A-C) enthält N.s Zusammenfassung der Anklagen gegen die römische Kirche, die Michael III. und sein Mitkaiser Basileios an Boris I. Michael gesandt hatten. Besonders Michaels III. letzter Kritikpunkt, nämlich daß die römische Kirche auch Diakone (nicht nur Priester) zu Bischöfen weihe (ibidem, p. 603,34), zielte direkt auf N., der ja selbst nur Diakon war, als er zum Papst erhoben wurde. Natürlich ließ N. gerade diese Kritik angesichts der in Byzanz akzeptablen Sprungweihe des Photios nicht gelten (ibidem, p. 604,1-3). Daß Boris I. Michaels Verhalten gegenüber den päpstlichen Legaten in Byzanz Unmut erregt hatte, legt zumindest N. selbst nahe (ep. Nr. 100, p. 603,11-16 [= Mansi XV 356E–357A]). Verschiedentlich ist in dem Brief Michaels III. die photianische Enzyklika (Ep. 2) gesehen worden, vor allem wegen der weitgehenden Übereinstimmung in den Vorwürfen, die der römischen Kirche gemacht werden, cf. Hergenröther I 656 und Perels, in: MGH Epp. VI 603,47 (Anm. 5). Es ist jedoch nicht sicher, daß die Kaiser die photianische Enzyklika an Boris geschickt haben und nicht ein inhaltlich ähnliches, speziell auf den Adressaten zugeschnittenes Schreiben. — (34) Verurteilung: Photios, Ep. 2, 223f. (I 47 Laourdas–Westerink); Exkommunikation: Photios, Ep. 2,229f (I 48 Laourdas–Westerink). Zur Synode cf. Hergenröther I 648f.; Grumel–Darrouzès, Regestes Nr. 496. — (35) Das Einladungsschreiben liegt in Photios' Enzyklika Ep. 2 vor (cf. Grumel–Darrouzès, Regestes Nr. 497). Cf. dazu Hergenröther I 642–648. Photios legt den östlichen Patriarchen darin die römischen Missionstätigkeit in Bulgarien dar, zählt die irrigen Lehrmeinungen, die die Lateiner unter dem neubekehrten Volke verbreiteten, auf (Ep. 2,47–224 [I 41–47 Laourdas–Westerink]) und erläutert, inwieweit diese Lehrmeinungen bereits auf früheren Synoden verdammt worden seien (Ep. 2,231-276 [I 48f. Laourdas–Westerink]). Er bittet nun, Vertreter zu einer Synode nach Konstantinopel zu senden, um diese Irrlehren zu verurteilen und das Volk der Bulgaren wieder zum rechten Glauben zu führen, Ep. 2,278-292 (I 49f. Laourdas–Westerink). Ferner gibt Photios an, daß er aus Italien ein Synodalscheiben (συνοδική τις ἐπιστολή, Ep. 2,322 [I, p. 51 Laourdas–Westerink]) erhalten habe, in dem die Einwohner Italiens unsagbare Vorwürfe (ἀρρήτων ἐγκλημάτων, Ep. 2,323) gegen den Papst vorbrächten und ihn bäten, sie nicht länger unter dessen Tyrannei leiden zu lassen (ibidem, 325-328: μὴ παριδεῖν αὐτοὺς οὕτως οἰκτρῶς ὀλλυμένους καὶ ὑπὸ τηλικαύτης βαρείας πιεζομένους τυραννίδος, καὶ τοὺς ἱερατικοὺς νόμους ὑβριζομένους καὶ πάντας θεσμοὺς ἐκκλησίας ἀνατρεπομένους). Dieselben Klagen hätten auch schon früher Basileios (# 956), Zosimas (# 8667), Metrophanes (# 4987) und andere geführt. — (36) So geht es aus Photios' Einladungsschreiben zur Synode hervor, s. Anm. 35, und so ist es auch von dem Photios-feindlichen Metrophanes von Smyrna gesehen worden (Mansi XVI 417B-C). — (37) Cf. Grumel–Darrouzès, Regestes Nr. 498: Synodicon vetus, cap. 161, p. 138,1-9; Vita Ignatii (BHG 817) 537B. 541C; Metrophanes von Smyrna, in: Mansi XVI 417C-D; Anastasius Bibliothecarius, Ep. 5, p. 406,19-26 (= Mansi XVI 5B); cf. p. 406, 26-30 (= Mansi XVI 5B-C) (Fälschung der Akten durch Photios); cf. p. 408,17-29 (= Mansi XVI 7A-B) (weiteres Schicksal der Akten von 867); Liber Pont. II 104 (Vita Hadriani II.), p. 178,12 –179,31 (weiteres Schicksal der Akten von 867); Erwähnungen in den Akten des Konzils von 869/70: in: Mansi XVI 128C-D (Anathema über die Akten von 867); 136A-C; 155C–156D; 198A-B (Epistola encyclica des Konzils von 869/70: Erwähnung der Absetzung und Anathematisierung des N. durch Photios); 401D (Verurteilung des Photios wegen der Synode von 861 in Kanon 6 der 10. Sitzung); 412A (Epistola encyclica des Konzils von 869/70: Erwähnung der Absetzung und Anathematisierung des N. durch Photios). — (38) Cf. Grumel–Darrouzès, Regestes Nr. 499–501: Vita Ignatii (BHG 817) 541C; Metrophanes von Smyrna, in: Mansi XVI 417D-E; Synodicon vetus, cap. 161, p. 138,6-9. Cf. auch Nerlich, Gesandtschaften 280. Diese Gesandtschaft an Ludwig II. und Angelberga ist zu unterscheiden von einer im Frühjahr 867 von Photios entsandten, die in der Vita Ignatii (BHG 817) 537B-C erwähnt wird (Grumel–Darrouzès, Regestes Nr. 495). Cf. auch Nerlich, Gesandtschaften 280. — (39) Es handelte sich bei den Gesandten um die Bischöfe Ioannes von Sylaion bzw. Perge und Petros “Deilaios” von Sardeis (# 6088) sowie den Spatharios Basileios “Pinakas” und den Mönch Methodios. Zu ihnen s. Abt. II; cf. Vita Ignatii (BHG 817) 544B-C; Anastasius Bibliothecarius, Ep. 5, in: MGH Epp. VII, p. 408,9-22 (= Praefatio in octavum concilium, in: Mansi XVI 6E–7B); Liber Pont. II 108 (Vita Hadriani II.), p. 178,12 – 179,31. Ein griechisches Résumé von Ignatios' Brief an N. ist in den Akten des 8. Ökumenischen Konzils von 869/70 enthalten: Mansi XVI 325A–328A. Die lat. Übersetzung des Anastasius Bibliothecarius (# 341) ist vollständig: Mansi XVI 47C–49D. Cf. Grumel–Darrouzès, Regestes Nr. 529. Zu dem Basileios-Brief (vom 11. Dez. 867 [Dvornik, Photian Schism 139f.; ihm folgend auch Nerlich, Gesandtschaften 281: 11. Dez. 868]; lat. Übersetzung, in: Mansi XVI 46A–47C; griech. Résumé, ibidem 324C–325A) cf. Dölger, Regesten Nr. 474; zur Gesandtschaft cf. Lounghis, Ambassades 191; Nerlich, Gesandtschaften 281. Nerlich datiert diese Gesandtschaft um Dezember 868, hierin Dvornik, Photian Schism 139f., folgend. Zuvor war bereits als erster Gesandter Basileios’ I. der Spatharios Euthymios (zu ihm s. Abt. II) nach Rom aufgebrochen, der jedoch offenbar mit sehr großer Verspätung in Rom eintraf; cf. Hergenröther II 23f. 28; Dvornik, Photian Schism 138–142; Nerlich, Gesandtschaften 280. — (40) Die Nachricht der Vita Methodii Thess. (VM) VI 1-4, p. 156 (lat. 224), daß N. den Methodios in Rom zum Presbyter geweiht und die Gegner der slawischen Liturgie als Anhänger der “Häresie der drei Sprachen” verurteilt habe, widerspricht den anderen Quellen zu Methodios und Konstantinos-Kyrillos und beruht wohl auf einem Irrtum. Cf. Vita Constantini-Cyrilli, cap. XVII, p. 139 (lat. 208f.); Vita Clementis (BHG 355) cap. III 9, p. 82,1-28; cf. ferner Dvornik, Missions 131ff. (die Einladung erfolgte wahrscheinlich im Spätherbst oder zu Winterbeginn 867; Ankunft: Dezember 867 oder Januar 868). Eine ähnlich irrige Information ist auch in der bulgarischen Bischofsliste des Cod. Paris. gr. 880 (in: H. Gelzer, Der Patriarchat von Achrida. Geschichte und Urkunden, Leipzig 1902 [Ndr. Aalen 1980], 6, b) enthalten, wo die Chronologie der Päpste allerdings vollkommen verwirrt ist: Μεθόδιος ὁ αὐτάδελφος τοῦ ἁγίου Κυρίλλου τοῦ φιλοσόφου, χειροτονηθεὶς παρὰ Νικολάου πάπα τοῦ μετὰ Ἀδριανὸν ἐν τῇ Ῥώμῃ, Μοράβου τῆς Παννωνίας ἀρχιεπίσκοπος.

W: Im folgenden werden nur diejenigen Briefe des Papstes aufgeführt, die sich direkt oder indirekt mit Byzanz bzw. Bulgarien befassen: MGH Epp. VI, Nicolaus I. papa, epp., besonders: Nr. 82–102, p. 433–610, genauer: Nr. 82 (vom 25. Sept. 860, an Michael III.; JE 2682), p. 433,15 – 439,24 (= Mansi XV 162C–167E); Nr. 83 (vom 25. September 860, an Photios; JE 2683), p. 440,1-22 (= Mansi XV 168A-C); Nr. 84 (vom 18. März 862, an alle Gläubigen; JE 2690), p. 441,1 – 442,31 (= Mansi XV 168E–170B); Nr. 85 (vom 18. März 862, an Michael III.; JE 2692), p. 443,1 – 446,35 (= Mansi XV 170D–174A); Nr. 86 (vom 18. März 862, an Photios; JE 2691), p. 447,11 – 451,24 (= Mansi XV 174B–178B); Nr. 87 (aus dem Jahre 863, vermutlich an den Fürsten von Armenien, Fragment), p. 451,33 – 454,9, bes. p. 452,2-7; Nr. 88 (vom 28. September 865, an Michael III.; JE 2796), p. 454,25 – 487,24 (= Mansi XV 187A–216A); Nr. 89 (aus dem Jahre 865, an Michael Spatharios [# 5199]; JE 2797); Nr. 90 (vom 13. November 866, an Michael III.; JE 2813), p. 488,28 – 512,17 (= Mansi XV 216E–240B); Nr. 91 (vom 13. Nov. 866, an die Metropoliten u. Bischöfe der Kirche von Konstantinopel; JE 2819), p. 512,28 – 533,11 (= Mansi XV 240D–259A); Nr. 92 (vom 13. Nov. 866, an Photios; JE 2814), p. 533,19 – 540,17 (= Mansi XV 259B–265D); Nr. 93 (vom 13. Nov. 866, an Bardas [# 791]; JE 2815), p. 540,24 – 544,6 (= Mansi XV 265E–269B); Nr. 94 (vom 13. Nov. 866, an Ignatios; JE 2816), p. 544,15 – 547,11 (= Mansi XV 269C–272A); Nr. 95 (vom 13. Nov. 866, an Kaiserin Theodora; JE 2817), p. 547,18 – 548,38 (= Mansi XV 272B–273C); Nr. 96 (vom 13. Nov. 866, an Eudokia Dekapolitissa [# 1631]; JE 2818), p. 549,6 – 552,7 (= Mansi XV 273D–276D); Nr. 97 (vom 13. Nov. 866, an einzelne Senatoren in Konstantinopel; JE 2820), p. 552,13 – 553,15 (= Mansi XV 276E–277E); Nr. 98 (vom 13. Nov. 866, an die östlichen Patriarchen, Metropoliten und Bischöfe; JE 2821), p. 553,3 – 565,23 (p. 553,33 – 555,32 = Mansi XV 159C–162A; p. 556,15 – 565,2 = Mansi XV 178C–186E; p. 565,4-24 = Mansi XV 216A-C); Nr. 98a (an die östlichen Patriarchen, Metropoliten und Bischöfe; Zusammenfassungen von Schriftstücken N.s in griechischer Sprache, ca. 865–866), p. 566,1 – 568,10; Nr. 99 (vom 13. Nov. 866; 106 Kapitel an die Bulgaren in Beantwortung ihrer Fragen; JE 2812), p. 568,17 – p. 600,33 (= Mansi XV 401D–434A); Nr. 100 (vom 23. Okt. 867, an Hinkmar von Reims und weitere fränkische Bischöfe; JE 2879), p. 601,9 – 609,5 (= Mansi XV 355A–361E); Nr. 101 (vom 24. Okt. 867, an Karl den Kahlen; JE 2882), p. 609,15-26 (= Mansi XV 332D-E); Nr. 102 (vom 30. Okt. 867, an Ludwig II. [# 4626]; JE 2883), p. 610,7-19.

Q: — (Ep.): Photios, Ep. 2 (I 51 Laourdas–Westerink; an die östlichen Patriarchen, aus dem Frühjahr 867); Ep. 288 (III 115–120 Laourdas–Westerink; an Nicolaus, aus dem Jahre 860); Ep. 290 (III 124–138 Laourdas–Westerink; an Nicolaus, vom August/September 861); Stylianos, Ep. 1, in: MGH Epp. VII, p. 376,26 – 377, 23 (= Mansi XVI 429A-D); Ep. 2, in: MGH Epp. VII, p. 382,5 (= Mansi 437D). — (Conc.): Mansi XVI 34C-E. 35A. 58C-D. 136A-C. 155C–156D. 198A-B. 401C-D. 412A; 416E–417E (Ep. des Metrophanes von Smyrna); Brief des Ignatios an N. (vom Dez. 867 oder Dez. 868), in: Mansi XVI 325A–328A (griech. Résumé); Brief des Kaisers Basileios (vom Dez. 867 oder Dez. 868); in: Mansi XVI 324C–325A (griech. Résumé); Brief des Ignatios an Hadrian II. (vom März 870), in: Mansi XVI 413A (griech. Résumé). — (Hag.): Theognostos, Libellus (BHG 818c) 856A. 857C-D. 861D; Synodicon vetus, cap. 159,1-6, p. 134; cap. 160f., p. 136–138; cap. 162,6, p. 138; cap. 162,14f., p. 140; Vita Ignatii (BHG 817) 516B. 525C. 529A. 537B. 540C. 541C; Vita Petri Athonitae (BHG 1505) cap. II 2, p. 22f. (hier anonym); Vita Petri Athonitae (BHG 1506) cap. II, § 10, col. 1004D (PG 150); 166,22 – 167,5 (Chrestu); Vita Petri Athonitae brevior (BHG 1506e) cap. 3, p. 252; Methodius, Laudatio Nicolai Myrensis (BHG 1352z) cap. 58f., p. 180,21 – 181,21 (= Thauma de Petro scholario [BHG 1359] [anonym]). — (Fs.): Bulgarische Bischofsliste, in: H. Gelzer, Der Patriarchat von Achrida. Geschichte und Urkunden, Leipzig 1902 (Ndr. Aalen 1980), 6, b. — (lat.): Anastasius Bibliothecarius, Ep. 5, in: MGH Epp. VII, p. 405,16 – 406,5 (= Praefatio in octavum concilium, in: Mansi XVI 4B-E); p. 406,19-30 (= Mansi XVI 5B-C); Liber Pont. II 107, p. 151–167 (auctore Anastasio Bibliothecario); Annales Bertiniani (ad annum 858), p. 50 (Waitz); p. 78 (Grat); (ad annum 863) 63,3-6 (Waitz); 98,30 – 99,3 (Grat); (ad annum 864) 73,39 – 74,2 (Waitz); 115,12-18 (Grat); (ad annum 866) p. 86 (Waitz); p. 134 (Grat); (ad annum 867); 89,3-6. 9-25 (Waitz); 138,26-28; 138,32 – 139,18 (Grat); Kanones Deusdedit Nr. 428–431, p. 603–610 passim; Brief des Ignatios an N. (vom Dez. 867 oder Dez. 868), in: Mansi XVI 47D–49D (lat. Übers.) passim; Brief des Kaisers Basileios (vom 11. Dez. 867 oder 868); in: Mansi XVI 46A–47C (lat. Übers.); Brief des Ignatios an Hadrian II. (vom März 870), in: Mansi XVI 201C-D (lat. Übers.); MGH Epp. VII, Johannis VIII. papae epp., Nr. 192 (an Boris I. Michael, vom 8. Juni 879; JE 3261), p. 154,6f. (= Mansi XVII 128D). Zu den Briefen des N. siehe unter W. — (sl.): Vita Constantini-Cyrilli (VC), cap. XVII, p. 139 (lat. 208f.); Vita Methodii Thess. (VM) VI 1-4, p. 156 (lat. 224).

L : ODB II 1466; LdMA VI (1993) 1168; TRE 24 (1994) 535–540 (Lit.); Kelly, Päpste 123f. — Hergenröther I 407–419. 438–475. 505–523. 540–580. 594–684; E. Perels, Papst Nikolaus I. und Anastasius Bibliothecarius, Berlin 1920; Dölger, Regesten Nr. 449. 457. 460. 464. 469; Dvornik, Photian Schism 498f. (Reg.); K.-U. Betz, Hinkmar von Reims, Nikolaus I. Pseudo-Isidor. Fränkisches Landeskirchentum und römischer Machtsanspruch im 9. Jh., (Diss.) Bonn 1965; Wieczynski, in: Byzantine Studies 1 (1974) 180–189; Grumel–Darrouzès, Regestes Nr. 464. 467. 469. 472. 498; Treadgold, History 451f. 454; Nerlich, Gesandtschaften 199–202. 275–281. — Zu den Schreiben des Papstes nach Konstantinopel cf. K. Herbers, in: Begegnung des Westens mit dem Osten 51–74, zu N.s Brief an die Bulgaren: ibidem 67–70; ferner: Hergenröther I 607–616; I. Dujčev, Die Responsa Nicolai I. Papae ad Consulta Bulgarorum als Quelle für die bulgarische Geschichte, in: Festschrift Haus-, Hof- u. Staatsarchiv (Wien) I (1949) 349–362; idem, in: Aevum 42 (1968) 403–428; Dennis, in: OCP 24 (1958) 165–174; Sullivan, in: Studies in medieval and Renaissance history 3 (1966) 53–139; Leisching, in: Kanon. Jahrbuch der Gesellschaft für das Recht der Ostkirchen 3 (1977) 240–248; L. Heiser, Die Responsa ad consulta Bulgarorum des Papstes Nikolaus I. (858–867), Trier 1979 (Trierer Theologische Studien 36); Beck, Orthodoxe Kirche 105; Sansterre, in: Byz 52 (1982) 375–388; Döpmann, in: Die slawischen Sprachen 5 (1983) 21–40; Holmes, in: Ecclesia Orans 7 (1990) 131–143.

QuelleSource

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