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Licensed Unlicensed Requires Authentication Published by De Gruyter Oldenbourg April 19, 2010

Der Umgang mit Abweichungen in der römischen Republik The Way of Dealing with Deviations in the Roman Republic

  • Jani Kirov
From the journal Historische Zeitschrift

Zusammenfassung

Eine Konsequenz der Moderne ist die Erkenntnis von Kontingenz. Wo einst Notwendigkeit geglaubt wurde, wird heute eine Möglichkeit gesehen, die auch anders hätte ausfallen können. Der Aufsatz fragt nach den Bedingungen der Möglichkeit in einem konkreten Fall. Er befaßt sich mit der Art und Weise, in der Abweichungen in der römischen Gesellschaft während der Republik behandelt wurden. Den Ansatz bildet ein Erwartungsbegriff, der Normativität analytisch schärfer zu fassen erlaubt. Normen werden demnach als kontrafaktisch stilisierte Erwartungen verstanden, als Erwartungen also, die im Enttäuschungsfall durchgesetzt werden. Hierin unterscheidet sich Normativität von Kognition, die Lernbereitschaft präferiert. Das Verhältnis zwischen beiden kann historisch variieren und den Umgang mit Abweichungen bestimmen. Dies wird exemplarisch im Rechtsbereich aufgezeigt, der – anders als Kunst, Literatur oder Rhetorik – in Rom sehr stark auf Kontinuität abgestellt war. Das Neue wurde deshalb negativ als Abweichung wahrgenommen und gemieden. Doch es kam vor – bedingt vor allem durch die zunehmende technische Spezifizierung der Jurisprudenz dank der Verschriftlichung des Rechts und der griechischen Rhetorik. Das bedeutete wohl kaum eine höhere Toleranz gegenüber Abweichungen, sondern eher einen veränderten Umgang damit: Sie konnten nämlich nach neuen rechtsspezifischen Kriterien interpretiert und im alten Sinne, etwa als Fortsetzung einer "goldenen" Vergangenheit, legitimiert werden.

Abstract

Contingency is one of the consequences of modernity. Where necessity has been once believed, we now see only a possibility that might have became otherwise. The article asks about the conditions of possibility in one single case. It examines the way in which deviations have bean treated in the Roman society during the republic. It starts from certain notion of social expectation which should help better understand normativity. Accordingly, norms are thought of as counterfactual expectations which in case of disappointment are enforced. In this respect, normativity differs from cognition, which itself presupposes learning. The relation between them can historically change, and it also determines the way in which deviations are dealt with. This is demonstrated in the legal sphere, which – unlike arts, literature or rhetoric – has been orientated very strongly towards continuity. The new has been therefore deemed a deviation and had to be avoided. Yet, it emerged, due primarily to growing technical specification of roman jurisprudence in the process of textualization of law and also through the contact with Greek rhetoric. Rather than greater tolerance towards deviations, this meant a changing way of dealing with deviations. They could be now interpreted through different criteria and legitimized in the old spirit, as continuation of the "golden" past.

Published Online: 2010-04-19
Published in Print: 2010-04

© by Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München, Germany

Downloaded on 28.3.2024 from https://www.degruyter.com/document/doi/10.1524/hzhz.2010.0011/html
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