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Publicly Available Published by De Gruyter Saur February 2, 2018

Informationsproduktion statt Informationsverwaltung – neue Selbstvergewisserung der Mediendokumentation

  • Marlies Ockenfeld ORCID logo EMAIL logo and Luzian Weisel

Das h_da-Symposium zur wissenschaftlichen und Mediendokumentation fand am 9. November 2017 als Veranstaltung im Rahmen des postgradualen und kooperativen Volontariats zur wissenschaftlichen Dokumentation zum zweiten Mal am Mediencampus der Darmstädter Hochschule statt. Im Unterschied zum Startjahr 2016 konnte es nicht nur von den Volontären, sondern auch der interessierten Fachöffentlichkeit frei besucht werden. Insgesamt nahmen knapp 70 Personen hauptsächlich aus dem Bereich der Presse-, Rundfunk- und TV-Dokumentation teil und sorgten für einen anregenden Austausch.

Das Symposium fokussierte unter der Moderation des wissenschaftlichen Leiters Professor Geribert Jakob auf dem aktuellen Stand der technischen, organisatorischen, wissenschaftlichen und beruflichen Entwicklung der Dokumentation in ihrer Rolle als Anwendung der Informationswissenschaft. Die vier geladenen Sprecher und Jakob selbst lieferten in jeweils ca. zweistündigen Sessions ein fachliches Update zur aktuellen Entwicklung verschiedener Dimensionen in diesem Berufsfeld. Einige Schlaglichter daraus werden im Folgenden gesetzt.

Archivschätze heben – gar nicht so einfach

Peter Wiechmann (SWR-Hausjurist Mainz) gab unter dem Thema „Neue juristische Herausforderungen in der Dokumentation, speziell Mediendokumentation“ einen Einblick in das komplizierte rechtliche Regelungsgestrüpp, denen sich Rundfunkanstalten gegenübersehen, wenn sie Inhalte aus ihren Archiven der allgemeinen Öffentlichkeit über das WWW bereitstellen möchten. Probleme ergeben sich aus den rechtlichen Hürden des Urheberrechts und des Rundfunkrechts, die in einzelnen Ländern, etwa Österreich und Deutschland, durchaus unterschiedlich sind, wie sich aus den Angeboten der Sendeanstalten ablesen lässt. In Deutschland dürfen nicht sendungsbegleitende Inhalte nur aufgrund eines Telemedienkonzepts ins Internet gestellt werden. Das Telemedienkonzept muss zuvor einen Dreistufentest bestehen.

Werden Inhalte aus Archiven über das Internet zugänglich gemacht, handelt es sich stets um digitale Daten. Digitalisierung bedeutet immer das Anfertigen einer Kopie. Dafür gilt das Vervielfältigungsrecht (§ 16 UrhG). Für die Veröffentlichung des Digitalisats ist hingegen das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung (§ 19 a UrhG) zu beachten. Dazu muss geklärt werden, welche Urheberrechte etwa an einer Fernsehproduktion bestehen. Welche Rechte erwirbt eine Rundfunkanstalt üblicherweise, wenn sie eine Produktion macht?

Der Abspann einer Kinoproduktion vermittelt einen Eindruck von der Zahl der beteiligten Personen, Filmurheber evt. auch Mischtonmeister, Chefbeleuchter, die ihre Kreativität einbringen, ohnehin Regisseur, auch Kameraleute, Cutter, Filmarchitekten, Szenenbildner, Kostümbildner usw. Jeder Einzelfall muss separat betrachtet werden. Rundfunkanstalten behandeln in der Regel alle als Urheber qua Arbeitsvertrag, in dem dann auch die Nutzungsrechte geregelt werden. Hinzu kommt das Leistungsschutzrecht für Interpretation oder künstlerische Darstellung. Urheber und Leistungsschutzberechtigte vorbestehender Werke (Dekorateure, Requisiteure, Bühnenbildner, Filmorchester, Drehbuchautor) sind ebenfalls zu berücksichtigen. Für übliche Sendungen sind alle Rechte bei den Sendern vorhanden, aber wie steht es mit der Verbreitung über das Internet?

Bei Eigenproduktionen und Auftragsarbeiten lässt man sich in der Regel ausschließliche zeitliche räumlich und inhaltlich unbeschränkte Nutzungsrechte übertragen. Zwischen 1966 und 2007 konnten Urheber jedoch keine Rechte für zum Zeitpunkt der Einräumung unbekannte

Abbildung 1 Peter Wichmann erläuterte die rechtlichen Fallstricke bei im Internet abrufbaren Archivbeständen (Foto: M. Ockenfeld).
Abbildung 1

Peter Wichmann erläuterte die rechtlichen Fallstricke bei im Internet abrufbaren Archivbeständen (Foto: M. Ockenfeld).

Nutzungsarten übertragen. Auch die unbeschränkte Rechtseinräumung zwischen 1966 und 1995 umfasst nicht das Recht zur Abrufnutzung im Internet. 2007 trat eine Änderung in Kraft, die die Einräumung von Rechte an unbekannten Nutzungsraten ermöglicht. Es handelt sich um eine gesetzliche Übertragungsfiktion. Nicht übertragen werden konnten Leistungsschutzrechte. Derzeit laufen jedoch etliche Gerichtsverfahren, so klagt etwa seit zehn Jahren der Kameramann Jost Vacano von „Das Boot“ wegen unerwartet häufiger Sendung gegen Produzenten und Verwerter auf eine Beteiligung an den Einnahmen des Films.[1]

Wer vor 1966 als Schauspieler mitgewirkt hat, hat keine Rechte; Schallplattenaufnahmen hingegen sind bis 70 Jahre nach Veröffentlichung geschützt. Für alle anderen Künstler gilt eine Schutzdauer von 50 Jahre. Filmhersteller sind privilegiert, sie erwerben automatisch die Rechte der Darsteller. Das Abrufrecht kam erst 2003 ins Gesetz. Seitdem kann man vermuten, dass der Künstler seine Rechte bei Filmproduktionen auf Filmhersteller (Rundfunkanstalt) übertragen hat. Anders bei Hörfunkproduktionen oder Fernsehproduktionen, die kein Filmwerk sind, dafür müssen alle Rechte noch erworben werden. Es besteht rechtlich die Chance, Fernsehproduktionen der Rundfunkanstalten aus 1966 bis 1995 über das Internet anzubieten. Der Rechtserwerb nach § 137 UrhG löst jedoch eine Vergütungspflicht aus. Bei Eigen- und Auftragsproduktionen nach 1995 bestehen i. d. R. Abrufrechte aufgrund tarifvertraglicher Rechteeinräumung (soweit kein Fremdmaterial enthalten ist). Bei Eigen- und Auftragsproduktionen zwischen 1966 und 1995 ist die Rechteklärung oft schwierig. Rechteauskünfte lassen sich nicht pauschal geben, denn Rechte sind dynamisch (Zeitablauf oder Rechteverbrauch). In Magazinbeiträgen und Dokumentationen sind zudem viele „Klammerteile“ enthalten (Zitatrecht, Fremdeinkauf, ARD-Programmaustausch).

Wie kommt man nun an die Rechte? Am Beispiel eines Fotos Konrad Adenauers, bei dem der Fotograf nicht ermittelt werden konnte, lässt sich erläutern, wie man nach § 61 UrhG zur Einstufung als „Verwaistes Werk“ kommt. Voraussetzung ist, dass eine sorgfältige Suche zu keinem Ergebnis geführt hat, die Suche dokumentiert und dem DPMA gemeldet wurde. Eine erneute Suche ist nicht erforderlich, soweit Bestandteile des Werkes bereits in EuiPO verzeichnet sind. Es gibt eine sehr lange Liste von Quellen, die mindestens zu konsultieren sind, um eine sorgfältige Suche nachweisen zu können. Der Rechercheaufwand steht deshalb außer Verhältnis zum Wert der ersparten Lizenzkosten. Die EU-Datenbank EuiPO enthält Stand November 2017 etwa 5500 verwaiste Werke, davon 93 Eintragungen aus Deutschland. Mehr als die Hälfte wurde von der Universität Warschau gemeldet. Das Fazit lautet; es lassen sich realistischerweise nur solche Archivschätze über das WWW anbieten, an denen man die Rechte erworben hat oder deren Rechte erloschen sind, für die sich Rechteinhaber ohne großen Aufwand ermitteln lassen und bei denen tragbare Vergütungen und Nutzungsrechte mit den Rechteinhabern vereinbart werden können.

Es geht auch open

Dem stellten die beiden folgenden Referate die Gewinnung, Bereitstellung und Verwertung von Informationen aus offen zugänglichen Quellen gegenüber.

Ulrich Lang (SWR) stellte „Neue journalistisch und dokumentationsrelevante Datenquellen und neue dokumentarische Verfahren zur Informationsgewinnung“ vor. Der Leiter des Rechercheteams referierte über Open Data als Quelle für journalistische Aktivitäten. Er zeigte anhand beeindruckender Prototypen des Datenjournalismus (z. B. Verkehrssimulationen, Big-Data-Analysen zum Zustand des Rettungswesens), wie Mining- und Linked-Open-Data-Anwendungen die Dokumentation verändern. Zugleich bleiben die Daten- und Algorithmenpflege sowie die Datenveredelung wichtig.

Abbildung 2 Ulrich Lang nutzt Open Data (Foto: M. Ockenfeld).
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Ulrich Lang nutzt Open Data (Foto: M. Ockenfeld).

Prof. Dr. Marc Rittberger (DIPF/h_da) erläuterte in seinem Beitrag anhand der Produkte und Dienste des DIPF „Neue Verfahren, Methoden und Instrumente in der Dokumentation – Digitalisierung der Wissenschaftswelt, alles Open?“. Als „Informationsinfrastruktureinrichtung in der Bildung“ fühle man sich den Themen „Open Science“ und dem „Forschungsdatenlebenszyklus“ verpflichtet. Die Themen würden in Deutschland in Hochschulen bisher nicht oder nicht hinreichend gelehrt.

Abbildung 3 Prof. Dr. Marc Rittberger setzt auf Open Science (Foto: M. Ockenfeld).
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Prof. Dr. Marc Rittberger setzt auf Open Science (Foto: M. Ockenfeld).

Die Zukunft sieht ganz rosig aus

Prof. Geribert Jakob gab in seinem Beitrag „Budgets, Personalentwicklung, administrative Innovationsspielräume und ihre Wirkung auf aktuelle Entwicklungspotenziale in der Dokumentation“ eine Einschätzung der aktuellen Situation und der erwartbaren Entwicklungen für die wissenschaftlichen Volontäre im Berufsumfeld. Ausgehend vom aktuellen Gartner Hype Cycle 2017 folgerte er, dass Maschinelles Lernen und Ontologien die tragenden Technologien der kommenden Jahre sein werden. Leider fänden diese „Emerging Technologies“ im Curriculum noch zu wenig Eingang. Hierfür fehle Lehrpersonal.

Auf Basis der Informationswissenschaft haben sich verschiedene Anwendungsbereiche etabliert wie z. B. Informationsmanagement, (Medien)Dokumentation oder Datenmanagement. Abnehmende Bedeutung hat das Information Broking in seiner reduzierten Form der bloßen Retrievalunterstützung. Die Betriebswirtschaftslehre könnte man als Informationswissenschaft für Wirtschaftsdaten ansehen, was zu einer Wettbewerbssituation zwischen Absolventen von Informationswissenschaft und BWL in der Wirtschaft führt. Im Bereich Social Media-Auswertung sind informationswissenschaftliche Verfahren jedoch weiter entwickelt als betriebswirtschaftliche. Weitere Konkurrenzen können zu Informatikern mit Schwerpunkt Semantik entstehen, deshalb muss die semantische Informatik stärker in die technische Ausbildung der Informationswissenschaft Eingang finden.

Abbildung 4 Professor Geribert Jakob, wissenschaftlicher Leiter der Weiterbildung zum Wissenschaftlichen Dokumentar sieht die Zukunft rosig (Foto: M. Ockenfeld).
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Professor Geribert Jakob, wissenschaftlicher Leiter der Weiterbildung zum Wissenschaftlichen Dokumentar sieht die Zukunft rosig (Foto: M. Ockenfeld).

Wesentliche Aufgabenbereiche in der Berufspraxis sind (Medien)Dokumentation, die Entwicklung und Pflege dokumentarischer Plattformen sowie das Wissenschaftsdatenmanagement. Als Arbeitgeber kommen einerseits Medienunternehmen sowie Unternehmen und Unternehmensberatung infrage, in denen Informationsfachleute die Kernprozesse mitverantworten, und andererseits Forschungseinrichtungen sowie Stiftungen und Institute, in denen sie vor allem Unterstützungsfunktionen und administrative Verantwortung übernehmen.

Stärke der Dokumentare sind die Etablierung wohl definierte Dienstleistungsprozesse zur Erwerbung/Sammlung/Rechteklärung, Import/Ingest/Segmentierung/Retrodigitalisierung, Formalerschließung/Metadatenveredlung (neuronale Netze, Gesichtserkennung, Textmining), Informationsbedarfsberatung, Retrieval/Recherche, Kuratierung, Konsolidierung/Visualisierung, Informationsvermittlung/Überlieferung, Export/Vermarktung, dokumentarisches Systemdesign und Systempflege.

Im Medienbereich, aber nicht nur dort, ist es für die Akzeptanz und dauerhafte Absicherung der Dokumentation und Informationsabteilung wesentlich, ob sie als Costcenter, also eher als Einheit im Verwaltungsbereich, oder im Produktionsprozess angesiedelt ist. Ist ihre Leistung als Beitrag in der Wertschöpfungskette sichtbar, stimmen die Rahmenbedingungen, unter denen Entwicklungen möglich sind. Gerade bei privaten Medienanstalten gibt es anstelle unbefristeter Arbeitsverträge immer mehr Projekt- und Zeitstellen. Eines der größten Probleme ist, dass aufgrund der demographischen Entwicklung die Zuschauer im wahrsten Sinne des Wortes aussterben. Der Markt ist im Umbruch. In zwanzig Jahren, so die Prognosen, wird es Fernsehen in der heutigen Form nicht mehr geben. Der Informationsaustausch über Social Media bedingt zudem, dass Dokumentare sich methodisch neu aufstellen müssen. Redakteurstellen werden abgebaut, Dokumentare müssen dieses Manko oft ausgleichen.

Im Rezipientenverhalten ist verankert, was in den Prozessen verändert werden muss, um das zu bieten, was der Markt tatsächlich braucht. Es wird immer einen Markt für Dokumentare und verwandte Berufe geben, aber in anderen Bereichen. Qualität, die man direkt beim Kunden abliefert, erzeugt Wertschätzung. Wichtig ist deshalb die direkte Tätigkeit mit Kunden, dem Kunden gegenüber nicht als Abteilung, sondern als Individuum aufzutreten. Patentabteilungen und Think Tanks sind Bereiche, in denen Dokumentare gegenüber Betriebswirten punkten können. Betriebswirtschaftliche Denkweisen anzuwenden, ist hilfreich. Wer sich an Qualität (ISO 9000) orientiert hat den Erfolg gepachtet.

In den Medien sind Dokumentare im Kernprozess des Unternehmens tätig, was ansich vorteilhaft sein müsste. Leider hat sich diese Einsicht aber bisher bei den Führungskräften in den Medien noch nicht durchgesetzt. Lediglich der SWR zahlt nach Tarifvertrag der Journalisten, sonst werden die Beschäftigten in der Dokumentation schlechter bezahlt. Im Fokus der Medienanstalten steht die Wiederverwendung von Dokumenten, die man nicht neu produzieren muss. Allein an der Wiederverwendungsquote lässt sich ablesen, welches Einsparungspotential durch eine gute Dokumentation erreicht werden kann. Erschließung wird Abfallprodukt der Produktion.

Rausziehen sollte man sich so schnell wie möglich aus allem, was automatisiert wird, und auch vom Anspruch der 100-Prozent-Qualität muss man sich verabschieden. Ansonsten gilt, was in den letzten dreißig Jahren immer wieder gepredigt wurde: Aus wohlwollenden Kunden Referenzkunden machen, die auch andere überzeugen, Augenhöheprinzip, Sichtbarkeit, Branding im Haus entwickeln, Quellenkompetenz ausspielen, systemische Verantwortung behalten. Wichtig sind ferner der Aufbau von technischem Know-how, damit man mit Werkzeugen wie der freien Programmiersprache R für statistische Berechnungen und Grafiken umgehen kann, und die Fähigkeit zur Visualisierung der wesentlichen Informationen.

Die Aussichten sind Jakobs Meinung nach sehr gut, auch weil das Bestandspersonal in den kommenden Jahren altersbedingt ausscheidet. Fachkräftemangel ist absehbar. Ein Problem ist der Abgleich zwischen Ausbildungs-Anbieter und Absolventen-Nachfrager, Mitarbeiterbildung und Mitarbeiterfindung als Herausforderung letztlich der Marktkommunikation (z. B. durch Fachgesellschaften wie die DGI).

Dokumentation von Anfang an

Den Abschluss gab in einem Parforceritt Olaf Moschner (infoNetwork/RTL), der Leiter der Abteilung Content Services, die „vom Ingest über die Dokumentation bis zur Archivierung und Recherche für das gesamte Materialhandling und Content-Management bei infoNetwork verantwortlich ist“. „Aktuelle Entwicklungen in multi-channel Dokumentationssystemen für redaktionelle Anwendung“ waren seine thematischen Schwerpunkte.

Abbildung 5 Zu Recht stolz auf das Mediaportal ist Olaf Moschner (Foto: M. Ockenfeld).
Abbildung 5

Zu Recht stolz auf das Mediaportal ist Olaf Moschner (Foto: M. Ockenfeld).

InfoNetwork, die Dokumentationstochter von RTL, wurde 2008 als Content Power House für News, Magazine, Factual Entertainment ausgegründet, um als Produktionsarchiv und Nachrichtenarchiv mit kurzzeitigem kleinteiligen Zugriff, neue Beiträge zu erstellen. ntv erwartet, dass Material innerhalb von fünf Minuten bereitsteht. Aktuell arbeiten rund 850 Personen bei infoNetwork. In der Vergangenheit haben die Träger der unterschiedlichen Medientypen die Organisationseinheiten und Systeme geprägt. In unterschiedlichen Zeiträumen wurden diese Systeme immer wieder angepasst. Die Masken der verschiedenen Silos zum Suchen und Filtern für unterschiedliche Datenbestände wurden jeweils von Profis konzipiert und definiert. Auch die Oberflächen waren spezifisch ausgelegt. Dies führte dazu, dass ein und dasselbe Dokument im Planungssystem, im Produktionssystem, im Videoeditor und im Archiv bearbeitet wurde. Es gab keine sinnvolle Verknüpfung über Systemgrenzen hinweg. Das führte zu funktionaler Exzellenz statt funktionaler Redundanz.

Neue Medien und die Diversifikation im Unternehmen erforderten einen völlig neuen Ansatz. Für jedes System gab es eine Expertengruppe, aber in der realen Welt keine Entsprechung der einzelnen Fachgebiete. Die Gatekeeperfunktion entfiel, jeder konnte auf alles zugreifen, denn in Haus mit 17 Redaktionen ließen sich Recherchelastspitzen nicht mehr handhaben. Aus Experten wurden Laien, die nicht auf professionellem Niveau die einzelnen Systeme bedienen konnten. Dokumentare aus dem Archiv arbeiteten im Newsroom mit, damit die von ihnen erzeugten Metadaten nutzbar waren. Das bedeutete, dass die Dokumentare mit dem Produktionsarchiv arbeiten mussten, weil das Archiv an den Beginn der Produktionskette rücken sollte. Die Systemarchitektur behinderte organisatorische Veränderungen. 2012 wurde ein Metadatenmanagement eingeführt. Bald erkannte man aber, dass die Datenstrukturen zu heterogen waren. Die IT-Tochter hatte inzwischen auch Probleme fünf verschiedene Datenbanksysteme zu pflegen.

2014 wurde schließlich die Entscheidung getroffen, ein Mediaportal zu entwickeln, das innerhalb von vier Wochen mit Scrum umgesetzt wurde. Das erforderliche Change Management wurde dadurch erleichtert, dass es Teil der Unternehmensstrategie war. Es fand eine Roadshow durchs gesamte Unternehmen statt, anschließend wurden noch 1200 Anwender einzeln geschult. Um die Nutzung des neuen Portals sicherzustellen, wurde das bisherige System TRIP für die Journalisten abgeschaltet. Die Dokumentare können es noch weiterhin nutzen und hängen inzwischen den Journalisten bei der Anwendung des Medienportals hinterher. Insgesamt hat sich die Position der Dokumentare jedoch verbessert, weil sie sichtbar in den Produktionsprozess eingebunden sind und die Erschließung (= Dokumentation) direkt im Produktionsprozess erfolgt.

Deskriptoren: Tagung, Mediendokumentation, Medienrecht, Berufsaussicht, Rundfunk, Fachhochschule, Integrierte Ausbildung, Lehrgang, Wissenschaftlicher Dokumentar, Hochschule Darmstadt

Online erschienen: 2018-02-02
Erschienen im Druck: 2018-02-23

© 2018 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

Downloaded on 29.3.2024 from https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/iwp-2018-0009/html
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