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Publicly Available Published by Oldenbourg Wissenschaftsverlag October 23, 2015

»1000 Jahre dänisch-deutsche Beziehungen? Forschung und Perspektiven«

Symposium im Internationalen Begegnungszentrum der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, zusammen mit der Syddansk Universitet, in Kiel, 16. bis 17. Januar 2015

  • Caroline Elisabeth Weber EMAIL logo

Die deutsch-dänische Nachbarschaft verlief nicht immer so harmonisch wie man aufgrund der jüngsten Erfahrungen glauben mag. Aus diesem Grund fand ein Symposium zu der mittlerweile gut 1000-jährigen Beziehung beider Länder statt, das sich unter den Schlagworten »Kontinuitäten«, »Paradigmenwechsel« und »Perspektiven« subsummieren lässt. Hierzu hatten im Sommer 2014 Oliver Auge (Kiel), Michael Bregnsbo (Odense), Steen Bo Frandsen (Sønderborg), Martin Krieger (Kiel), Jens E. Olesen (Greifswald), Mogens Rostgaard Nissen (Flensburg) und Thomas Wegener Friis (Odense) im Rahmen der jährlichen Sommerschule der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und der Syddansk Universitet in Apenrade beschlossen, gemeinsam eine Geschichte der dänisch-deutschen Beziehungen zu schreiben. Die Veranstaltung diente dazu, einen Arbeitsstand vorzulegen und erste Ansätze zur Debatte zu stellen. Ergänzt wurde die Autorenrunde durch Lone Jeppesen (Herlufsholm), die einen Beitrag zur deutschen Sicherheitspolitik nach 1990 lieferte. Martin Klatt (Sønderborg) und Dieter Kollmer (Potsdam) moderierten.

Den Auftakt machte Steen Bo Frandsen, der über die Herausforderungen bei der Aufarbeitung der »langen Linien der deutsch-dänischen Beziehungen« sprach. Die bisherige Forschung habe oft mit nationalem Blick auf die Vergangenheit geschaut und so Stereotypen und Erklärungsmuster reproduziert. Die Vorstellung einer dänisch-deutschen Nachbarschaft als Feindschaft sei eine dieser Erzählmuster. Davon ausgehend forderte Frandsen, die deutsch-dänische Beziehungsgeschichte bereits für das Mittelalter unter neuen Paradigmen zu untersuchen und begann mit einer Dekonstruktion der Begriffe »deutsch« und »dänisch«. Als mögliche Perspektiven nannte er den »Raum«, etwa bezogen auf den Protestantismus oder die Ostseeanrainerschaft sowie wechselseitige Asymmetrien. Der dänische Konglomeratstaat beispielsweise agierte in relativer europäischer Peripherie, kontrollierte große Gebiete und funktionierte durch die Zusammensetzung unterschiedlicher Territorien, die durch einen mächtigen König kontrolliert wurden. »Deutschland« hingegen müsse als »Land von Ländern« verstanden werden, dessen einzelne Gebiete unterschiedlich enge Verbindungen mit dänischen Regionen hatten, was folglich zu einem sehr komplexen Beziehungsgeflecht führte und regionale Blickwinkel notwendig mache. Weiter betonte Frandsen, dass das Jahr 1864 nicht weiterhin als Zäsur gewertet und vorherige Ereignisse teleologisch interpretiert werden dürften, da die dänisch-deutsche Geschichte keine Kriegsgeschichte sei. Vielmehr müsse in Zukunft die gemeinsame Kultur untersucht werden. Auch die Ökonomiegeschichte sei eine Möglichkeit, Verbindendes zu entdecken. Als Fazit schlug Frandsen vor, die Geschichte von Nachbarn als Geschichte des wechselseitigen Austausches zu analysieren. Dabei dürfe es keine Rolle spielen, ob man die Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts oder des Mittelalters schreibe. In der Diskussion wurde der Gedanke aufgegriffen, die Geschichte von Regionen statt einer Grenzgeschichte zu schreiben. Schleswig-Holstein solle dabei nicht den Ausgangspunkt, sondern ein mögliches Beispiel für Verbundenheit bei gleichzeitigen Problemen, etwa im Zuge der Nationalisierung bilden. Die regionale Perspektive könne wechselseitige Abhängigkeiten und Verbindungen aufzeigen, die durch nationale Erzählmuster nicht greifbar seien. Unter die von Frandsen angesprochenen Paradigmen ordneten die weiteren Referenten ihre Beiträge ein und lieferten eigene Interpretationsmöglichkeiten und Schwerpunkte.

Oliver Auge sprach über den Zeitraum 500–1200, den er mit der Frage »Von Wikingern und Sachsen zu Dänen und Deutschen?« problematisierte. Er konzentrierte sich auf Herrscher und Institutionen sowie jeweilige Wahrnehmungen und Identitäten und warnte davor, mittelalterliche Quellen mit einem nationalen Blick zu interpretieren, da so einseitige Beziehungs- und Kontinuitätskonstrukte gebildet würden. Gerade deshalb sei es notwendig, den Blick weit zurück zu werfen und nicht mögliche Siedlungsbewegungen von Völkern wie den Sachsen oder Expansionszüge von Jüten und Dänen zwischen 1202 und 1227 als den Beginn der deutschen oder dänischen Geschichte zu nehmen und so nationale Erzählmuster auf vornationale Zeiten zu übertragen. Auge nannte Haithabu als Beispiel, das im 9. Jahrhundert eine wichtige Drehscheibe des Handels und damit des Austauschs und der Begegnung von verschiedenen Volksgruppen war. Die von Frandsen geforderte Perspektive des Raumes verdeutlichte Auge anhand dynastischer Verbindungen, die komplexe Beziehungen sichtbar machen. Auch die Kirche schaffte bereits im Mittelalter Räume wechselseitiger Abhängigkeiten, Kontakte und Herrschaftsgeflechte. Als Charakteristikum des frühen Mittelalters problematisierte Auge die Quellenarmut und die oft vernachlässigte Autorenperspektive, etwa bei der Analyse von Chroniken. Dabei hätten Chronisten wie Arnold von Lübeck retrospektiv und aus der Sicht des Südens über den Norden geschrieben. Dass es bei neuen Quelleninterpretationen zu Überraschungen kommen wird, kündigte Auge als Vorgeschmack auf den geplanten Sammelband an. Schließlich machte er auf Unklarheiten, wie etwa rund um die Völkerwanderung oder die nun wesentlich frühere Datierung des Danewerkes auf das 5. Jahrhundert aufmerksam und verwies auf die notwendige Zusammenarbeit von Historikern und Archäologen zur Beantwortung offener Fragen.

Über »Räume« referierte auch Jens Olesen am Beispiel von Unionen, Konflikten und der Hanse (1200–1536). Er datierte zunächst ein »dänisches Ostseeimperium« von 1168–1227. In dieser Zeit vergrößerte sich der Machtbereich der dänischen Könige, auch hinsichtlich der Beziehungen zum Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation. So könne das nordische Ostseereich als Machtgegensatz zum Alten Reich interpretiert und wechselseitige Einflüsse sichtbar gemacht werden. Als neuen Forschungszugang benannte Olesen die Rolle der Fürsten von Rügen für die deutsch-dänischen Beziehungen und somit die regionale Perspektive der pommerschen- und brandenburgisch-dänischen Verbindung. Neue Ergebnisse könnte zudem die Geschichte der Kalmarer Union als Gegenpart zum Deutschen Orden liefern. Weiter verwies Olesen auf die Bedeutung der Hanse und der Hansestädte als Mittler und Wirtschaftspartner sowie ihrer Rolle im Ostseeraum als Konkurrenz zum dänischen König. Wie zuvor schon Auge, benannte er schließlich Dynastien, die etwa Norwegen und Schweden zeitweise mit dem dänischen Imperium verbunden haben. Zuletzt beleuchtete er die Bedeutung des Protestantismus als raumschaffender Kategorie. Mit Hilfe dieser Paradigmen könnte man von einem Wechsel des »Feudalstaates im Ostseeraum zum Oldenburgischen Staatssystem« sprechen. In der Diskussion wurde zum einen klar, dass derartige Neuorientierungen umfassende Archivstudien und grundlegend neue Quellenanalysen voraussetzen. Zum anderen wurde für alle Beiträge eine deutliche Standpunktkennzeichnung und höchste Sensibilität bei der Thematisierung protonationaler Entwicklungen gefordert.

Dies zeigte sich besonders im Beitrag von Michael Bregnsbo, der über kulturelle, religiöse und politische Verflechtungen von 1533/34 bis 1806 auf inner-, intra- und zwischenstaatlicher Ebene, bezogen auf das dänische Königreich, referierte. Dabei betonte er, wie zuvor Frandsen, die Problematik der Begriffe »Deutsch(land)« und »Dänisch/Dänemark«. Innerhalb des Königreichs gab es einflussreiche deutschsprachige Gruppen, etwa Zünfte, das Militär, den Adel und generell die Hofkultur, weshalb ebenfalls dynastische Verbindungen zu analysieren seien. Mit der Reformation von 1536 gewann die deutschsprachig-lutherische Theologie großen Einfluss. Die Strukturierung und Organisation des Kirchenwesens in Dänemark spielte wiederum für die deutschen Länder eine wichtige Rolle, was die wechselseitige Inspiration mit je eigenen Interpretationen veranschaulicht. In Bezug auf Schleswig und Holstein muss laut Bregnsbo danach gefragt werden, wer überhaupt deutsch- oder dänischsprachig war und was das in der Konsequenz bedeutete. War Sprache sozial oder geografisch bedingt? Gab es Binnenhandel? Welche Formen von Konkurrenz lassen sich ausmachen? Schließlich blickte Bregnsbo auf die Beziehung des dänischen Königs zum römisch-deutschen Kaiser. Dänemark wirkte dabei gegenüber den deutschen Territorien als regionale Großmacht, wobei einige norddeutsche Territorien zeitweise unter dänischer Kontrolle standen. Für die Untersuchung zwischenstaatlicher Beziehungen sei der Handel daher von großer Bedeutung. In der Diskussion wurden erneut die nationalen Perspektiven problematisiert. Frandsen ermutigte dazu, Nationalisierungstendenzen dort zu thematisieren, wo sie auftauchen, dabei jedoch stets die vornationalen Entwicklungen deutlich zu machen. In den anschließenden Fragen nach verwandtschaftlichen Beziehungen und institutionellen Verbindungen wurden weitere Forschungsdesiderate benannt, wobei sich gleichzeitig die Frage nach den Karrierewegen und persönlichen Verbindungen von Beamten innerhalb des Gesamtstaates stellt. Das Jahr 1806 müsse hinsichtlich der Rolle Holsteins im Verhältnis zum Gesamtstaat und dem späteren Norddeutschen Bund stärker in den Fokus rücken.

Martin Krieger skizzierte den Zeitraum 1773–1871 zwischen Aufklärung und Nationalitätenkonflikt und stellte die These auf, dass für das 18. und 19. Jahrhundert Kontinuitäten wirkmächtiger gewesen seien als die Brüche. Zudem entwickelte er das Bild vom Wechsel eines »Europa der Dynastien« zu einem »Europa der Nationalstaaten«. Dabei sei das Primat des Politischen hervorstechend, jedoch müssten Kategorien wie Kultur, Wissenschaft und Gesellschaft berücksichtigt werden. Eine räumliche Definition sei für den benannten Zeitraum problematisch, da vor allem »Deutschland« zwischen 1773 und 1871 auf institutioneller Ebene hochkomplex gewesen sei. Dagegen war Dänemark bis zu den napoleonischen Kriegen, die zu großen Gebietsverlusten führten, ein geeintes Reich und auf den ersten Blick wirkt die dänische Monarchie in dieser Zeit kohärent. Um einzelne Rollen, etwa die von Holstein klar aufzuzeigen, seien auch für dieses Kapitel Archivstudien notwendig. Die Ambivalenz in der Betrachtung des Zeitraums 18./19. Jahrhundert liege, so Krieger, in der Historiografie. Es muss danach gefragt werden, ab wann die politischen Beziehungen Dänemarks, das im 18. Jahrhundert eine Neutralitätspolitik verfolgte, für die Historiker zu betrachten seien. Besonders Holstein müsse, wie bereits von Frandsen und Bregnsbo angeführt, hinsichtlich seiner veränderten Rolle nach 1806 neu untersucht werden. In diesem Kontext fragte Krieger nach Kontinuitäten, die über das Jahr 1806 hinausgingen und schlug eine Untersuchung der napoleonischen Kriege aus mentalitätsgeschichtlicher Perspektive vor. Auch Fragen zu politischen Interaktionen und Interessen, etwa des dänischen Königs als Herzog von Holstein und Mitglied im Deutschen Bund, müssten erneut gestellt werden. Als weiteres Desiderat benannte Krieger die Erforschung von Wissenschaftskontakten und wissenschaftlichem Austausch. In der Diskussion kam die Frage auf, ob Kriege das Aufkommen nationaler Ideen in der Bevölkerung beförderten. Auf die Frage nach den Umbrüchen, welche die industrielle Revolution für Dänemark und die Herzogtümer gebracht habe, betonte Krieger, dass es einerseits eine enge Anlehnung Holsteins an den Süden, andererseits eine Austauschfunktion nach Norden gegeben habe. Technische Innovationen seien aber stets von deutscher Seite gekommen. Schleswig war im Gegensatz zu Holstein ländlich geprägt, was die strukturelle Nähe Holsteins zu Kopenhagen erkläre. Der Krieg von 1864 sowie die industrielle und militärische Vormachtstellung Deutschlands ab 1871 hätten weitere Perspektivwechsel nach sich gezogen. Es wurde auf die Zäsur verwiesen, welche die deutsche Kriegspolitik des 19. Jahrhunderts für die dänische Industrie bedeutet habe. Dennoch sei Deutschland in militärischer Hinsicht stets das Vorbild gewesen.

Mogens Rostgaard Nissen sprach über »Das Deutsche Reich und das kleine Dänemark 1864/71–1945« und wählte für den Wechsel vom 19. ins 20. Jahrhundert eine eindeutig dänische Perspektive. Spätestens nach 1871 sei Deutschland aus dänischer Sicht der einzige Feind weit und breit gewesen, zudem sei die angebliche Feindschaft auf die gemeinsame Geschichte projiziert worden. Neben dem Versuch, einen Bruch zu konstruieren, stellte Deutschland im 20. Jahrhundert in militärischer, wirtschaftlicher und kultureller Hinsicht ein Ideal für Dänemark dar. Rostgaard Nissen sprach von zwei Nationalstaaten mit jeweils hochgradig komplexen politischen Beziehungen. Einer chronologischen Gliederung müssen deshalb Kategorien wie »Thematik« und »Raum« zugeordnet werden, um trotz des nationalen Blickpunktes neue Fragen stellen zu können. Ungeachtet einiger Brüche könne nach Kontinuitäten, etwa der gemeinsamen Sicherheitspolitik gefragt werden. Es zeichnet sich ab, dass die starken Gegensätze zwischen Deutschlands zivilen und militärischen Interessen hinsichtlich Dänemark sich weiter verfestigten. Schließlich bot Dänemark aus deutscher Sicht auch nach 1864 einen Zugang zu Skandinavien, Island und letztlich zur Ostsee. Auch Rostgaard Nissen stellte Fragen zu vermeintlichen Zäsuren. Er regte dazu an, nicht die Okkupation als kritische Phase zu untersuchen, sondern vielmehr Dänemarks Rolle im Zweiten Weltkrieg und Kontinuitäten während der Besatzungszeit zu beleuchten. Daraus ließen sich Fragen zu Technologietransfer und Handel ableiten. Schließlich verwies Rostgaard Nissen auf die symbolische Politik und informelle dynastische Beziehungen zwischen Dänemark, Deutschland und Europa, die noch heute sichtbar seien. In der Diskussion wurde nach der Bedeutung des Ersten Weltkriegs für gemeinsame Ideen und Entwicklungen gefragt und somit ein Perspektivwechsel in Aussicht gestellt, der neue Fragestellungen möglich machen könnte. Die Ambivalenz der Blickrichtung konnte am Beispiel der Militärgeschichte verdeutlicht werden, da es einerseits aus deutscher bzw. preußischer Sicht keine dänische Militärgeschichte des 19. Jahrhunderts gegeben habe und andererseits vor dem 19. Jahrhundert deutsch-dänische Konflikte kaum eine Rolle spielten.

Als zeitgeschichtliches Beispiel skizzierte Thomas Wegener Friis die deutsch-deutsch-dänischen Beziehungen innerhalb eines hoch dynamischen Zeitabschnitts, in welchem die Akteure des Kalten Kriegs den Rahmen definierten. Wie zuvor Rostgaard Nissen nannte er Unterschiede in der zivilen wie militärischen Zusammenarbeit und Wahrnehmung. Die Bonn-Kopenhagener Erklärungen von 1955 nahm er als Beispiel für eine diplomatische Grenzsicherung, in der regionale Interessen unberücksichtigt blieben. Der politische Wille zur Versöhnung habe erst im Nachhinein als Vorbild für andere Grenzregionen gelten können. Diese Erkenntnis müsse, so Wegener Friis, zur Vorsicht bei der Übertragung auf Minderheitenfragen in Europa und der Welt führen. Einen weiteren Schritt zur »Versöhnung auf Funktionsebene« bot die Aufnahme Dänemarks in die NATO, die der dänischen Diplomatie neue Möglichkeiten des internationalen Aufstiegs ermöglichte. Auch die dänisch-westdeutsche Zusammenarbeit im NATO-Kommandobereich der Allied Command Baltic Approaches (»BALTAP«) muss dazu gezählt werden. Wegener Friis stellte in diesem Zusammenhang ebenfalls die Frage nach personalen Kontinuitäten der Funktionseliten. Die DDR wurde zwar offiziell nicht von Dänemark anerkannt, dennoch musste aus dänischer Sicht ein Ost-West-Krieg verhindert werden, da jeder deutsch-deutsche Konflikt letztlich auch den Nachbarn im Norden treffen würde. Aus dieser Perspektive erkläre sich die hohe dänische Motivation, den Dialog mit Ostregimen zu führen. Anders als das Verhältnis Dänemarks zur DDR sei das Verhältnis zur Bundesrepublik kaum thematisiert worden, wohl, so Wegener Friis, weil es sich im Laufe der 1950er Jahre normalisiert hatte. Themen wie wechselseitige Spionage oder Zusammenarbeit von Nachrichtendiensten konnten damals noch nicht historisch erforscht werden. Auf individueller Ebene erwachte das gegenseitige Interesse am Nachbarstaat jedoch neu; besonders der Tourismus verband Dänen und Deutsche der Nachkriegsjahrzehnte. Wie bei den vorherigen Beiträgen auch wurden in der Diskussion Hinweise auf Kontinuitäten gegeben. Insbesondere stünde in der Zeitgeschichte die Diplomatie- und Militärgeschichte verstärkt im Fokus.

Lone Jeppesen referierte über die neue deutsche Sicherheitspolitik im vereinten Deutschland (1990–2005) und verband die vorherigen Vortragthemen mit aktuellen deutschen, dänischen und europäischen Problemen. Zudem gab sie einen Ausblick auf die Bedeutung des Ostseeraumes angesichts aktueller Krisen. Sie verwies auf eine zeitweilige Auseinanderentwicklung Deutschlands und Dänemarks nach 1990, benannte aber auch die Bündnispolitik und das jeweilige Verhältnis zu den Vereinten Nationen. Durch die »Wiedervereinigung« habe Deutschland innerhalb der UN eine neue Rolle eingenommen. Konflikte und militärische Einsätze der NATO im Irak und im Kosovo brachten es mit sich, dass an Deutschland neue politische und militärische Ansprüche gestellt wurden. Die Terrorangriffe im Jahr 2001 markierte Jeppesen als Paradigmenwechsel der Sicherheitspolitik, da der Terror nationalstaatliche Probleme aufgehoben und neue Strategien gefordert habe. In der Diskussion wurden die unterschiedlichen Voraussetzungen des Militärs in Deutschland und Dänemark angesprochen. Signifikant unterschiedlich stelle sich die Rezeption von Militäreinsätzen durch Funktionseliten und Bevölkerung in der Bundesrepublik Deutschland dar. Zu berücksichtigen sei ebenso das spezielle Verhältnis von Bundesregierung und Bundeswehr, da letztlich der Deutsche Bundestag über militärische Einsätze entscheidet. Auch aus diesem Grund müsse die militärische Geschichte Deutschlands vor allem für die Zeit nach 1990 sensibel betrachtet werden.

Martin Krieger sprach im Schlusskommentar von einem »Kosmos« der deutsch-dänischen Beziehungen, der sich durch die skizzenhaft präsentierten Ergebnisse nur erahnen lasse. Ein Fazit des Symposiums ist in jedem Fall, dass die »langen Linien« nicht nur auf fachlicher Ebene benannt, sondern sich auch in der Struktur des entstehenden Sammelbandes wiederfinden sollten.

Online erschienen: 2015-10-23
Erschienen im Druck: 2015-10-1

© 2015 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

Downloaded on 29.3.2024 from https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/mgzs-2015-0011/html
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