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Publicly Available Published by De Gruyter February 21, 2017

Institute for Economics & Peace: Global Terrorism Index 2015.

  • Jannis Jost

In der 2015er Ausgabe des zuvor zweimal erschienenen Global Terrorism Index, veröffentlicht im November 2015, untersucht das Institute for Economics and Peace Trends und Muster des globalen Terrorismus seit 2000, mit dem Schwerpunkt auf dem Jahr 2014. Primär liegt der Studie dabei die Global Terrorism Database des National Consortium for the Study of Terrorism and Responses to Terrorism (START) zugrunde.

Die 111 Seiten-starke Studie beginnt mit einem Überblick über die wichtigsten Ergebnisse und mit detaillierteren Profilen der zehn meistbetroffenen Länder und zeigt dann Trends bezüglich Zielauswahl, Methoden und einzelnen Gruppen auf. Dem folgen Analysen zu einzelnen Aspekten, konkret Foreign Fighters in Irak und Syrien, Terrorismus im Westen, Ökonomische Kosten und Triebkräfte und Korrelaten des Terrorismus, wobei eine Vielzahl weiterer Datensammlungen genutzt werden. Den Schluss bilden fünf qualitative Analysen.

Das Jahr 2014 weist mit 32.658 Todesopfern weltweit einen 80 %igen Anstieg gegenüber dem Vorjahr auf. Seit 2000 (3.329 Tote) hat sich die Zahl der Opfer damit nahezu verzehnfacht. Die globale Langzeitentwicklung zeigt nach einem einzelnen Ausschlag durch die Anschläge des 11.09.2001 einen Anstieg der Opferzahlen nach der U.S.-Invasion im Irak, der seinen Höhepunkt mit dem Troop Surge 2007 hat. Anschließend nehmen die Opferzahlen erkennbar ab, bis sie 2011 mit dem Beginn des syrischen Bürgerkriegs regelrecht explodieren. Die Opferzahlen korrespondieren dabei nur bedingt mit den Anschlagszahlen; insgesamt sind die Anschläge opferintensiver geworden.

Wie die Langzeitentwicklung bereits impliziert, hängt das Gros der Opfer- und Anschlagzahlen von den Entwicklungen in einigen wenigen Ländern ab. Auch 2014 sind 78 % der Todesfälle in fünf Ländern zu verorten (Irak, Nigeria, Afghanistan, Pakistan und Syrien). Neben dem Irak –weiterhin das am schwersten betroffene Land – gibt besonders Nigeria Anlass zur Sorge: Nicht nur war die von dort stammende Gruppe Boko Haram – noch vor dem sogenannten „Islamischen Staat“ (IS) – 2014 für die meisten Opfer verantwortlich, sie verursachte auch mit einer Verdreifachung der Opferzahlen innerhalb eines Jahres den bei Weitem stärksten Anstieg. Trotz der weiterhin deutlich erkennbaren Schwerpunkte breitet sich Terrorismus insgesamt aus. Die Zahl der Länder, in denen Terrorismus von einer Strategie der politischen Erpressung und Kommunikation zu einem Mittel der sub-staatlichen Kriegsführung geworden ist (signalisiert durch mindestens 500 Todesopfer in einem Jahr), ist 2014 von fünf auf elf gestiegen. Auch hatten 67 Länder generell unter Terrorismus zu leiden (signalisiert durch mindestens ein Todesopfer), acht mehr als im Vorjahr.

Es ist auffällig, dass zehn der elf Länder mit über 500 Todesopfern auch die zehn Länder mit der weltweit höchsten Anzahl an Geflohenen und Internally Displaced Persons sind. Weiterhin korrelieren (exzessive) politische Gewalt von Seiten des Staates und das Vorhandensein eines breiteren bewaffneten Konflikts aufs Engste mit dem massiven Auftreten von Terrorismus. Faktoren wie Armut und Bildung weisen dagegen keine Korrelation auf.

Westliche Staaten sind – zumindest auf ihrem eigenen Territorium – nur wenig von Terrorismus betroffen. 2,6 % der Todesopfer seit 2000 sind im Westen zu verorten. Für die Mehrheit der Anschläge im Westen sind Einzeltäter und Kleingruppen – sogenannte Lone Wolves – verantwortlich. Deren Motivation lag zu 80 % im Bereich einer rechtslastigen, meist regierungsfeindlichen Ideologie. In westlichen Staaten korreliert Terrorismus am engsten mit sozioökonomischen Faktoren wie Jugendarbeitslosigkeit sowie mit politischen Faktoren wie Misstrauen gegenüber Demokratie und Presse, religiös-diskriminierenden Verhalten von staatlichen Organen und der Prävalenz von extremistischen Ansichten.

Um den quantitativen Analysen Kontext zu geben, vertiefen zum Schluss der Studie fünf qualitative Essays einzelne Aspekte. Christian Schori Liang untersucht das Finanzierungsmodell des IS und attestiert der Gruppe einen staatsartigen Organisationsgrad bei der Erschließung und Ausbeutung diverser Einkommensquellen. Andrew Glazzard beschäftigt sich mit der Schwierigkeit, Terrorismus zu messen und dem Drang zu widerstehen, Taten in unterschiedlichen Kontexten gleichzusetzten, nur weil sie dieselben Methoden aufweisen oder im Namen derselben Ideologie begangen werden. Khalid Koser und Amy E. Cunningham widmen sich dem Thema Migration, Extremismus und Terrorismus. Sie warnen, dass die vereinfachenden, absoluten Behauptungen von allen Seiten des politischen Diskurses zu kurz gegriffen sind. Anne Aly gibt einen Überblick über historische und gegenwärtige Aspekte des Terrorismus, wie z. B. definitorische Probleme, die analytische Einbettung von Terrorismus in den Kontext des gewalttätigen Extremismus und die Rolle des Internets. Georgia Holmer thematisiert heimkehrende Foreign Fighters und plädiert gegen eine überzogene Kriminalisierung. Stattdessen müsse eine Reintegration im Mittelpunkt stehen. Bestehende Programme, die sich oft auf den Aspekt der Ideologie konzentrieren, würden diesbezüglich Schwächen aufweisen.

http://economicsandpeace.org/wp-content/uploads/2015/11/Global-Terrorism-Index-2015.pdf

Online erschienen: 2017-2-21

© 2017 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

Downloaded on 29.3.2024 from https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/sirius-2017-0008/html
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