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Publicly Available Published by De Gruyter March 14, 2018

Die neue Nationale Sicherheitsstrategie der Trump Administration

  • Anthony H. Cordesman EMAIL logo

1 Einleitung

Die zunehmende parteipolitische Polarisierung in Washington schlägt sich in der Einseitigkeit von Analysen und Kommentaren auf beiden Seiten nieder. Das ist besonders dann der Fall, wenn Präsident Donald Trump Themen aufgreift, mit denen er seine Kernanhängerschaft anspricht oder mit denen er die wichtigsten Parolen seines Wahlkampfes wiederholt. Seine Gegner und Kritiker sehen sich dann veranlasst, sich auf jene Aussagen zu konzentrieren, die die größten Kontroversen hervorrufen, weniger aber auf das, was er tatsächlich tut. Seine Anhänger hingegen konzentrieren sich auf die Wiederholung der Parolen seiner Wahlkampagne. Dies hatte zur Folge, dass die meisten Beobachter bei der Vorstellung der Nationalen Sicherheitsstrategie am 18. Dezember 2017 lediglich Trumps kurze und hochpolitische Ansprache zur Kenntnis genommen haben, nicht aber das 55 Seiten umfassende Dokument.[1]

Präsident Donald T. Trumps neue Nationale Sicherheitsstrategie (NSS) verdient jedoch sorgfältig gelesen und analysiert zu werden. Das gilt insbesondere für Amerikas Verbündete und strategische Partner und für jene Beobachter, die auf alles, was aus dem Weißen Haus kommt, reflexartig mit beißender Kritik reagieren. Es ist ein Dokument, das Präsident Trump durchgesehen hat, das im Sinne seiner Anregungen abgeändert wurde und das seine Weltsicht repräsentiert. Es ist kein Dokument eines innerbürokratischen Kompromisses. Dieses Dokument ist wichtig, weil es im Duktus der klassischen Themen der US-amerikanischen Strategie verbleibt – und diese nicht zurückweist – und weil es die USA darauf verpflichtet, ihre traditionelle Führungsrolle für die freie Welt zu wahren.

2 „America First“ bedeutet keinen Isolationismus

Eines der wichtigsten Aspekte des Dokuments ist die Definition von „America First“. Die hier gewählte Definition weist deutlich jenen Isolationismus zurück, der von Beratern des Präsidenten intendiert war, die diesen Begriff geprägt hatten, bevor dieser sein Nationales Sicherheitsteam ernannte. Die in der Nationalen Sicherheitsstrategie verwendete Definition geht davon aus, dass die USA Stärke benötigen, um ihren internationalen Verpflichtungen zu genügen und die strategische Konkurrenzsituation sowohl mit Russland wie mit China durchzustehen.

„Ein Amerika, das Zuhause sicher, wohlhabend und frei ist, ist ein Amerika mit der Stärke, dem Selbstvertrauen und dem Willen, im Ausland zu führen. Es ist ein Amerika, das den Frieden bewahren, die Freiheit aufrechterhalten und dauerhafte Vorteile für das amerikanische Volk schaffen kann. Amerika an die erste Stelle zu setzen, ist die Pflicht unserer Regierung und die Grundlage für eine Führungsrolle der USA in der Welt.

Ein starkes Amerika ist nicht nur im Interesse der amerikanischen Bevölkerung, sondern auch all derer in der Welt, die mit den Vereinigten Staaten zusammenarbeiten wollen, um gemeinsame Interessen, Werte und Ziele zu verfolgen. Diese nationale Sicherheitsstrategie stellt Amerika an die erste Stelle.

[...] Unsere Gründungsprinzipien haben die Vereinigten Staaten zu der größten Kraft für das Gute in der Welt gemacht. Aber wir sind uns auch bewusst, dass wir unsere Errungenschaften schützen und auf diesen aufbauen müssen, immer im Bewusstsein, dass die Interessen des amerikanischen Volkes unseren wahren Leitstern darstellen. Amerikas Errungenschaften und Ansehen in der Welt waren weder vorprogrammiert noch zufällig. Vielfach mussten die Amerikaner sich gegen gegnerische Mächte behaupten, um unsere Sicherheit, unseren Wohlstand und die Prinzipien, die uns am Herzen liegen, zu bewahren und zu fördern. Die Vereinigten Staaten festigten diese militärischen Siege mit politischen und wirtschaftlichen Triumphen, die auf Marktwirtschaft und fairem Handel, demokratischen Prinzipien und gemeinsamen Sicherheitspartnerschaften basierten.

[...] Die Vereinigten Staaten werden auf die wachsenden politischen, wirtschaftlichen und militärischen Wettbewerbe reagieren, mit denen wir weltweit konfrontiert sind. China und Russland fordern die amerikanische Macht, ihren Einfluss und ihre Interessen heraus und versuchen, die amerikanische Sicherheit und den Wohlstand zu untergraben. Sie sind entschlossen, Volkswirtschaften weniger frei und weniger fair zu machen, ihre Streitkräfte zu vergrößern und Informationen und Daten zu kontrollieren, um ihre Gesellschaften zu unterdrücken und ihren Einfluss auszuweiten. [...] Diese Wettbewerbe erfordern, dass die Vereinigten Staaten ihre Politik der letzten zwei Jahrzehnte überdenken – eine Politik, die auf der Annahme basiert, dass der Dialog mit Rivalen und ihre Einbeziehung in internationale Institutionen und den globalen Handel sie zu gutartigen Akteuren und vertrauenswürdigen Partnern machen würde. Diese Prämisse erwies sich größtenteils als falsch.

Rivalisierende Akteure benutzen Propaganda und andere Mittel, um die Demokratie zu diskreditieren. Sie fördern antiwestliche Ansichten und verbreiten falsche Informationen, um unter uns, unseren Verbündeten und unseren Partnern Spaltungen hervorzurufen. Darüber hinaus verbreiten dschihadistische Terroristen wie ISIS und al-Qaida weiterhin eine barbarische Ideologie, die die gewaltsame Beseitigung von Regierungen und Unschuldigen fordert, die sie für religiös Abtrünnige halten. Diese dschihadistischen Terroristen versuchen, die unter ihrem Einfluss stehenden Personen dazu zu zwingen, sich der Scharia zu unterwerfen.

Amerikas Militär bleibt das stärkste der Welt. Die US-Überlegenheit ist jedoch rückläufig, da konkurrierende Staaten ihre konventionellen und nuklearen Streitkräfte modernisieren und ausbauen. Viele Akteure können mittlerweile ein breites Arsenal fortgeschrittener Raketen einsetzen, die Varianten einschließen, die das amerikanische Heimatland erreichen können. Der Zugang zu Technologie befähigt und ermutigt ansonsten schwache Staaten. Nordkorea – ein Land, das sein eigenes Volk hungern lässt – hat Hunderte von Millionen Dollar für nukleare, chemische und biologische Waffen ausgegeben, die unser Heimatland bedrohen könnten. Weiterhin sind mittlerweile viele Akteure in der Lage, unterhalb der Schwelle zu einem militärischen Konflikt zu operieren – indem sie die Vereinigten Staaten, unsere Verbündeten und unsere Partner mit feindseligen, aber abstreitbaren Handlungen herausfordern. Unsere Aufgabe besteht darin, sicherzustellen, dass die militärische Überlegenheit Amerikas nach wie vor Bestand hat, und dass diese in Kombination mit anderen Elementen nationaler Macht bereit und in der Lage ist, die Amerikaner vor komplexen Herausforderungen für die nationale Sicherheit zu schützen.

Der Informationswettbewerb beschleunigt diese politischen, wirtschaftlichen und militärischen Wettbewerbe. Die Verfügung über Daten und Energieträger wird den wirtschaftlichen Wohlstand der USA und unsere künftige strategische Position in der Welt prägen. Die Fähigkeit, die Macht der Daten nutzbar zu machen, ist grundlegend für das anhaltende Wachstum der amerikanischen Wirtschaft, die Oberhand gegen feindliche Ideologien und für den Aufbau und Einsatz des effektivsten Militärs der Welt. Wir haben die harte Lektion gelernt, dass bösartige Akteure die Lücke zum Nachteil der Vereinigten Staaten füllen, wenn Amerika nicht führt. Falls Amerika jedoch aus einer Position der Stärke und des Selbstvertrauens, in Übereinstimmung mit unseren Interessen und Werten führt, profitieren alle.

Auch wenn Wettbewerb nicht immer Feindseligkeit bedeutet, noch unvermeidlich zu Konflikten führt, sollte niemand unsere Bereitschaft zur Verteidigung unserer Interessen infrage stellen. Ein Amerika, das erfolgreich konkurriert, ist der beste Weg, um Konflikte zu verhindern. So wie die amerikanische Schwäche zur Herausforderung einlädt, verhindern amerikanische Stärke und Zuversicht Krieg und fördern den Frieden.“

Die Wortwahl ist anders als in vergleichbaren Dokumenten, die von früheren Administrationen veröffentlicht wurden. Aber es wird klar die Notwendigkeit ausgesprochen, dass die USA ihre Führungsrolle in der Welt weiter wahrnehmen sollen. Dies wird auch in den weiteren Abschnitten der NSS deutlich.

3 Die Neudefinition der Nationalen Sicherheitsstrategie der USA durch innenpolitische und internationale „Säulen“

Die neue Nationale Sicherheitsstrategie ist zugleich durchaus innovativ. Sie gründet auf vier Säulen. Die beiden ersten fügen neue innenpolitische Ziele zu den traditionellen internationalen und militärischen Zielen hinzu. Die zwei anderen Säulen greifen ebenfalls neue innenpolitische Prioritäten auf:

„Amerika besitzt unübertroffene politische, wirtschaftliche, militärische und technologische Überlegenheit. Um diese Überlegenheit zu erhalten, auf unseren Stärken aufzubauen und die Talente des amerikanischen Volkes freizusetzen, müssen wir vier wichtige nationale Interessen in dieser wettbewerbsintensiven Welt schützen.

Erstens besteht unsere grundlegende Verantwortung darin, das amerikanische Volk, die Heimat und den amerikanischen Lebensstil zu schützen. Wir werden die Kontrolle über unsere Grenzen verstärken und unser Einwanderungssystem reformieren. Wir werden unsere kritische Infrastruktur schützen und bösartige Cyber-Akteure verfolgen. Ein mehrstufiges Raketenabwehrsystem wird unsere Heimat vor einem Raketenangriff schützen. Und wir werden Bedrohungen bis zu ihren Quellen verfolgen, damit dschihadistische Terroristen gestoppt werden, bevor sie jemals unsere Grenzen erreichen.

Zweitens werden wir den amerikanischen Wohlstand fördern. Wir werden die amerikanische Wirtschaft für amerikanische Arbeiter und Unternehmen regenerieren. Wir werden auf fairen und auf Gegenseitigkeit angelegten wirtschaftlichen Beziehungen bestehen, um Handelsungleichgewichte anzugehen. Die Vereinigten Staaten müssen ihren Vorsprung in Forschung und Technologie bewahren und unsere Wirtschaft vor Konkurrenten schützen, die sich unser geistiges Eigentum unfair aneignen. Und wir werden die Energiedominanz Amerikas bereitwillig annehmen, denn die Freisetzung reichlich vorhandener Energieressourcen stimuliert unsere Wirtschaft.

Drittens werden wir den Frieden durch Stärke bewahren, indem wir den Wiederaufbau unseres Militärs so betreiben, dass es unübertroffen bleibt, unsere Gegner abschreckt und, falls nötig, kämpfen und gewinnen kann. Wir werden uns dafür einsetzen, dass die Regionen der Welt nicht von einer Macht beherrscht werden und Amerikas Fähigkeiten – auch im Weltraum und im Cyberspace – stärken und andere, die vernachlässigt wurden, neu beleben. Bündnispartner und Partner verstärken unsere Macht, und wir erwarten von ihnen, dass sie einen fairen Teil der Verantwortung tragen, um sich vor gemeinsamen Bedrohungen zu schützen.

Viertens werden wir den amerikanischen Einfluss fördern, weil eine Welt, die amerikanische Interessen unterstützt und unsere Werte widerspiegelt, Amerika sicherer und erfolgreicher macht. Wir werden in multilateralen Organisationen wettstreiten und führen, damit amerikanische Interessen und Prinzipien geschützt werden. Amerikas Bekenntnis zu Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit inspiriert Menschen, die unter Tyrannei leben. Wir können eine Katalysatorrolle bei der Förderung des von der Privatwirtschaft gesteuerten Wirtschaftswachstums spielen und dabei helfen, dass aufstrebende Partner künftige Handels- und Sicherheitspartner werden. Und wir werden eine großzügige Nation bleiben, auch wenn wir erwarten, dass andere die Verantwortung mit uns teilen.“

Die beiden ersten Säulen verbinden die innere Stärke der USA mit militärischer Sicherheit und machen klar, dass, wenn man „America First“ erreichen will, man in kritischer Weise auf die Unterstützung von Verbündeten und strategischen Partnern angewiesen ist. Die nächsten zwei Säulen lassen diesen Aspekt in aller Klarheit deutlich werden, wobei die vierte Säule eine klare Selbstverpflichtung beinhaltet: Die USA wollen eine aktive Rolle in multilateralen Institutionen spielen – und zwar sowohl in jenen, die direkte Bedeutung für die nationale Sicherheit haben, wie die NATO, als auch in jenen, die im Bereich ziviler Aufgaben tätig sind und denen einige der weit rechts stehenden Politiker und Beobachter mit großem Missfallen oder gar offener Feindschaft gegenüberstehen. Diese Worte – ebenso wie der gesamte folgende Wortlaut des Dokumentes – klingen anders als man es von früheren Administrationen gewohnt war. Aber sie drücken deutlich die Überzeugung aus, dass die USA darauf angewiesen sind, ihre internationale Schlüsselrolle weiterhin einzunehmen. Die neue Nationale Sicherheitsstrategie repräsentiert eine konservative Sichtweise von Amerikas Rolle in der Welt, aber diese Sichtweise ist im Kern internationalistisch und verbindet die innenpolitische Agenda des Präsidenten mit dem Ziel, internationale Führung wahrzunehmen und auch entsprechend zu handeln.

Die vom Umfang her begrenzten Teile des Dokuments, die direkt auf die frühere Rhetorik des Präsidenten eingehen, werden durch Stellungnahmen und Analysen ausbalanciert, die den Strategien und politischen Richtungsentscheidungen früherer Administrationen recht nahekommen. Wenn man sich den gesamten Text anschaut und sich nicht nur auf die kontroversen Teile konzentriert, dann wird klar, dass die Nationale Sicherheitsstrategie die Tatsache reflektiert, dass Präsident Trump, der in seinen Tweets zwischen unterschiedlichen Positionen schwankt, sich in diesem Dokument weiter der politischen Mitte angenähert hat, als die meisten seiner Kritiker vermutet haben und einzugestehen bereit sind.

3.1 Säule I: Schutz des amerikanischen Volkes, des Heimatlandes und der amerikanischen Lebensweise bedeutet, dass Bedrohungen an ihrer Quelle bekämpft werden müssen

Präsident Trumps Selbstverpflichtung, Amerikas internationale Führung und Handlungsfähigkeit zu bewahren, wird besonders klar in der Wortwahl zur Beschreibung der ersten Säule, das heißt bei der Erläuterung dessen, was es bedeutet, das amerikanische Volk, das Territorium und die amerikanische Lebensweise zu beschützen.

„Diese nationale Sicherheitsstrategie beginnt mit der Entschlossenheit, das amerikanische Volk, die amerikanische Lebensweise und amerikanische Interessen zu schützen. Die Amerikaner haben die Vorteile einer vernetzten Welt schon lange erkannt, [...] allerdings auch die Kosten, da Gegner unser freies und demokratisches System ausnutzen.

Nordkorea strebt die Fähigkeit an, Millionen von Amerikanern mit Atomwaffen zu töten. Der Iran unterstützt terroristische Gruppen und ruft offen zu unserer Zerstörung auf. Dschihadistische Terrororganisationen wie ISIS und al-Qaida sind entschlossen, die Vereinigten Staaten anzugreifen und Amerikaner mit ihrer hasserfüllten Ideologie zu radikalisieren. Staaten und nichtstaatliche Akteure unterminieren die soziale Ordnung mit Netzwerken für den Drogen- und Menschenhandel, die sie für die Begehung von Gewaltverbrechen und den jährlichen Tod von Tausenden von Amerikanern nutzen.

Gegner zielen auf Quellen amerikanischer Stärke ab, einschließlich unseres demokratischen Systems und unserer Wirtschaft. Sie stehlen und beuten unser geistiges Eigentum und unsere persönlichen Daten aus, greifen in unsere politischen Prozesse ein, zielen auf unsere Luftfahrt und maritime Sektoren ab und schaffen Risiken für unsere kritische Infrastruktur. All diese Handlungen bedrohen die Grundlagen der amerikanischen Lebensart [...].

Wir müssen atomare, chemische, radiologische und biologische Angriffe verhindern, Terroristen daran hindern, unser Heimatland zu erreichen, Drogen- und Menschenhandel reduzieren und unsere kritische Infrastruktur schützen. Wir müssen auch potenzielle Bedrohungen abschrecken, unterbinden und besiegen, bevor sie die Vereinigten Staaten erreichen [...].

Wir müssen auch Schritte unternehmen, um schnell auf die Bedürfnisse der amerikanischen Bevölkerung im Falle einer Naturkatastrophe oder eines Angriffs auf unser Heimatland zu reagieren. Wir müssen eine Kultur der Bereitschaft und Widerstandsfähigkeit in all unseren Regierungsfunktionen aufbauen“ [...].

Die Nationale Sicherheitsstrategie geht auch auf kontroverse Themen ein, wie etwa den Schutz der US-amerikanischen Grenzen, wobei die Mauer an der Grenze zu Mexiko offenbar keine große Rolle spielt. Aber der Schutz der Grenzen wird nicht mit der Abwehr von Einwanderern oder von Terroristen begründet, sondern im Dokument wird betont, wie wichtig es ist, bei der Abwehr transnationaler Bedrohungen deren Ursachen zu bekämpfen. Jedoch liegt der Akzent eher bei sehr viel ernsthafteren Bedrohungen, und zwar bei solchen, die wirklich international sind.

„Die Gefahr durch feindliche staatliche und nichtstaatliche Akteure, die versuchen, nukleare, chemische, radiologische und biologische Massenvernichtungswaffen zu erwerben, nimmt zu […].

Da Raketen in Zahlen, Typen und Effektivität wachsen, die auch solche mit größeren Reichweiten einschließen, sind sie das wahrscheinlichste Mittel für Staaten wie Nordkorea, eine Nuklearwaffe gegen die Vereinigten Staaten einzusetzen. Nordkorea strebt auch chemische und biologische Waffen an, die ebenfalls durch Raketen an ihr Ziel gebracht werden könnten.

[...] Vorfälle mit biologischen Erregern haben das Potenzial, einen katastrophalen Verlust an Menschenleben zu verursachen. Biologische Bedrohungen für das US-Heimatland – ob als Folge eines vorsätzlichen Angriffs, eines Unfalls oder eines natürlichen Ausbruchs – wachsen und erfordern Maßnahmen, die dieses Problem an der Quelle angehen [...]. Es gibt keine perfekte Verteidigung gegen alle Gefahren, mit denen unser Heimatland konfrontiert ist. Deshalb muss Amerika zusammen mit Verbündeten und Partnern in der Offensive gegen jene gewalttätigen nichtstaatlichen Gruppen bleiben, die die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten ins Fadenkreuz nehmen.

Die hauptsächlichen transnationalen Bedrohungen, denen sich die Amerikaner gegenübersehen, werden von dschihadistischen Terroristen und transnationalen kriminellen Organisationen geschaffen. Obwohl ihre Ziele unterschiedlich sind, bereiten diese Akteure einige gemeinsame Herausforderungen [...].

[...] Die Vereinigten Staaten müssen mehr Ressourcen aufwenden, um transnationale kriminelle Organisationen (TCOs) und ihre subsidiären Netzwerke auseinanderzunehmen [...].Heute bietet der Cyberspace staatlichen und nichtstaatlichen Akteuren die Möglichkeit, Kampagnen gegen politische, wirtschaftliche und sicherheitspolitische Interessen Amerikas durchzuführen, ohne jemals unsere Grenzen zu überschreiten“ [...].

An dieser Stelle ist es wichtig festzuhalten, dass der Text zur ersten Säule – ebenso wie die nachfolgenden Abschnitte – in eine Reihe von Unterkapiteln aufgeteilt ist, die jeweils mit einer Liste mit prioritären Handlungsempfehlungen abschließen. Erst nach der Lektüre eines jeden Unterkapitels – das gilt insbesondere für die Liste mit den Handlungsempfehlungen – lässt sich die Stoßrichtung der Nationalen Sicherheitsstrategie richtig verstehen. Dies betrifft auch den Grad an Kontinuität und an Veränderung.

Das Unterkapitel zu „Sichere US-Grenzen und Territorium“ hat zum Beispiel einen Unterabschnitt zur „Verteidigung gegen Massenvernichtungswaffen“, in dem vordringliche Handlungsfelder definiert werden, die Raketenabwehr und Maßnahmen gegen Proliferation betreffen. Darin wird zum Thema „Abwehr biologischer Bedrohungen und Pandemien“ sehr deutlich die Notwendigkeit internationaler Kooperation hervorgehoben.

Das Kapitel zur „Stärkung von Grenzkontrollen und der Kontrolle der Einwanderung“ greift viele von Präsident Trumps Wahlkampfthemen auf, aber auch an dieser Stelle enthalten die Handlungsempfehlungen die Forderung nach internationaler Kooperation. Die „Mauer“ wird nur einmal kurz erwähnt, als es heißt, dass „wir unsere Grenzen durch den Bau einer Grenzmauer sichern werden.“ Aber auch in diesem Absatz wird die internationale Kooperation mit Partnern gefordert und er beinhaltet auch andere Handlungsempfehlungen.

Das Kapitel zur ersten Säule enthält ein Unterkapitel mit dem Titel „Bedrohungen bis zu ihrer Quelle verfolgen“. Auch in ihm wird klar ein Bekenntnis dazu abgelegt, dass die USA weiterhin mit Partnern zusammenarbeiten und Verantwortung übernehmen werden. In dem Kapitel wird in diesem Zusammenhang eine aggressivere Politik zur Zerstörung transnationaler krimineller Organisationen und zur Erhöhung der Cyber-Sicherheit gefordert. Jeder, der mit den bestehenden Programmen der USA in diesem Bereich vertraut ist, wird feststellen, dass die Forderungen der neuen Nationalen Sicherheitsstrategie in vielen Bereichen weit mehr Übereinstimmungen mit der bisherigen Politik erkennen lassen, als die Kritiker der Trump-Administration bereit sind, einzugestehen.

3.2 Säule II: Die Förderung des amerikanischen Wohlstands: Wahlkampfrhetorik wird durch pragmatischere Sprache abgelöst

Der Abschnitt über die Förderung des US-amerikanischen Wohlstands enthält die Prioritäten aus dem Wahlkampf von Präsident Trump und verbindet sie mit Themen der nationalen Sicherheit. Die Worte sind allerdings sehr viel moderater und pragmatischer gewählt als während des Wahlkampfes und klingen auch moderater als das, was der Präsident gelegentlich von sich gibt. In dem Papier wird einerseits jenen Staaten mit Maßnahmen gedroht, die sich einer Freihandelsrhetorik bedienen und vom freien Handel profitieren, aber nur einige Regeln für sich gelten lassen wollen. Andererseits heißt es auch, dass die USA alle Handelsbeziehungen begrüßen, die auf der Basis von Fairness, Reziprozität und konsequenter Anwendung aller Regeln basieren. „Jene, die uns darin folgen“, so der Text der Nationalen Sicherheitsstrategie, „werden unsere engsten wirtschaftlichen Partner sein.“ Weiter heißt es: „Die Wahrung eines fairen und wechselseitigen Systems des Freihandels wird unsere Sicherheit und den Frieden und den Wohlstand in der Welt fördern.

Die Nationale Sicherheitsstrategie räumt einem Thema hohe Priorität ein, das nur bei wenigen US-Bürgern auf Kritik stoßen dürfte: die Beibehaltung der führenden Position in den Bereichen Forschung, Technologie, Erfindungen und Innovation. Dies ist tatsächlich eine kritische nationale Priorität. Allerdings ist jede Führungsposition immer relativ zu anderen und hängt auch davon ab, was andere Länder auf diesem Sektor leisten können. Dieser Teil der NSS lässt – wie anderenorts auch – die Frage offen, wie die Umsetzung dieses ambitionierten Zieles erfolgen soll, insbesondere wie die entsprechenden Anstrengungen angesichts der massiven Steuerkürzungen aus dem Bundesetat zu finanzieren sind.

Ähnliche Kritik lässt sich an dem Aufruf zur Förderung und zum Schutz der US-amerikanischen nationalen Sicherheits-Innovationsbasis äußern. Diesem Ziel hatte sich bereits die erste Bush-Administration verschrieben. Das Problem bestand jedoch darin, immer Handlungsfelder zu finden, in denen sich tatsächlich etwas bewegen ließ und – wenn das der Fall war – die nötigen finanziellen Ressourcen zu mobilisieren. An dieser Stelle wird ein generelles Problem deutlich: Während die prioritären Handlungsempfehlungen der Nationalen Sicherheitsstrategie im Hinblick auf die Rhetorik und die Versicherung guter Absichten länger ausfallen, bleibt der Inhalt deutlich zurück. In diesem Abschnitt wird diese Diskrepanz besonders deutlich.

Es gibt auch noch ein seltsames Unterkapitel, in dem gefordert wird, dass sich die USA mit dem Gedanken der Energiedominanz anfreunden sollen (embrace energy dominance). Die Wortwahl ist furchtbar und dumm. Nach Schätzungen der U.S. Energy Information Administration verbrauchten die USA im Jahr 2014 etwa 18 Prozent des weltweiten Energiekonsums und dieser Anteil wird absehbar sinken. Die USA werden auf keinen Fall die Weltenergieversorgung dominieren, und ein Volk mit demnächst etwa 400 Millionen Einwohnern sollte nicht versuchen, die Energie in einer Welt mit 8,6 Milliarden Menschen zu dominieren, die ihre eigenen Rechte und Bedürfnisse haben. Es gibt natürlich einen Diskussionsbedarf im Hinblick auf die Frage, wie die USA ihre Energieressourcen entwickeln und wie sie im Bereich der sauberen Energietechnologien und -einsparung auch technologisch führend werden können. Aber dieses Unterkapitel nimmt das Thema nicht auf und sollte schnellstens umgeschrieben werden

3.3 Säule III: Friedenswahrung durch eine Politik der Stärke

Das Kapitel zur Friedenswahrung durch Stärke lässt erkennen, dass Präsident Trump Amerikas zentrale Prioritäten im Bereich der Sicherheit klar begriffen hat. Er versteht die internationale Lage als durch strategische Konkurrenzbeziehungen gekennzeichnet, nicht durch Krieg. Die Nationale Sicherheitsstrategie baut auf Aussagen von Präsident Trump auf, um mit ihnen letztlich jene zentralen Themen und Lektionen zu bekräftigen, die die US-amerikanische Sicherheitspolitik seit dem Zweiten Weltkrieg und während des Kalten Krieges geleitet haben.

„Eine zentrale Kontinuität in der Geschichte ist der Kampf um Macht. Die gegenwärtige Epoche bildet davon keine Ausnahme. Drei Hauptgruppen von Herausforderern – die revisionistischen Mächte China und Russland; die Schurkenstaaten Iran und Nordkorea; und bedrohliche transnationale Organisationen, insbesondere dschihadistische terroristische Gruppen – befinden sich im aktiven Wettstreit gegen die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten und Partner.

Obwohl sich diese Rivalen in Art und Stärke unterscheiden, konkurrieren sie über politische, wirtschaftliche und militärische Arenen hinweg und nutzen Technologie und Information, um den Wettstreit zu beschleunigen, um regionale Machtverhältnisse zu ihren Gunsten zu verschieben [...]. Dies sind im Grunde politische Auseinandersetzungen zwischen jenen, die repressive Systeme bevorzugen, und denjenigen, die freie Gesellschaften befürworten.

[...] Der Schutz der amerikanischen Interessen erfordert, dass wir uns kontinuierlich innerhalb und außerhalb dieser Wettbewerbe, die global ausgetragen werden, bewähren müssen. Das Ergebnis dieser Wettbewerbe wird die politische, wirtschaftliche und militärische Stärke der Vereinigten Staaten und unserer Verbündeten und Partner beeinflussen [...]. Die Vereinigten Staaten werden Bereiche der Zusammenarbeit mit Konkurrenten aus einer Position der Stärke suchen, vor allem durch die Sicherstellung unserer unübertroffenen militärischen Macht, die voll integriert mit unseren Verbündeten und all unseren Machtinstrumenten ist.“

Die neue Nationale Sicherheitsstrategie geht hier erneut einen innovativen Pfad, indem sie innenpolitischen Fortschritt mit militärischer Sicherheit verknüpft, insbesondere in der Forderung nach der Wiederherstellung kompetitiver Vorteile der USA. Sie macht allerdings auch einige Aussagen zur internationalen Politik in der Phase nach dem Ende des Ost-West-Konflikts, die eigentlich nicht in ein Dokument zur nationalen Sicherheitsstrategie hinein gehören:

[…]Einige Bedingungen sind neu und haben die Entwicklung dieser Wettbewerbe verändert. Wir sehen uns gleichzeitig Bedrohungen durch unterschiedliche Akteure in verschiedenen Bereichen ausgesetzt – alles beschleunigt durch Technologie. Die Vereinigten Staaten müssen neue Konzepte und Fähigkeiten entwickeln, um unsere Heimat zu schützen, unseren Wohlstand zu fördern und den Frieden zu bewahren [...]. Außerdem ist erfolgreiche Abschreckung heute deutlich komplexer als während des Kalten Krieges[...].

Die Verbreitung genauer und kostengünstiger Waffen und der Einsatz von Cyber Tools haben es staatlichen und nichtstaatlichen Konkurrenten ermöglicht, den Vereinigten Staaten in verschiedenen Bereichen Schaden zuzufügen. Solche Fähigkeiten untergraben die bis vor Kurzem vorherrschende amerikanische Dominanz in den Bereichen Land, Luft, See, Weltraum und Cyberspace.

Darüber hinaus sind Gegner und Konkurrenten mittlerweile darin versiert, unterhalb der Schwelle zu einem offenen militärischen Konflikt und an den Grenzen des internationalen Rechts zu operieren […]. Sie sind geduldig und geben sich damit zufrieden, strategische Gewinne im Laufe der Zeit zu erzielen – was für die USA und unsere Verbündeten eine Reaktion erschwert“ [...].

Die neue Nationale Sicherheitsstrategie weicht in einem Punkt von früheren Nationalen Sicherheitsstrategien und den nichtssagenden Vierjahresüberprüfungen der Verteidigungsstrategie des Pentagons ab. Im Abschnitt zum Thema „Erneuerung von Amerikas kompetitiven Vorteilen“ wird die Politik früherer US-Administrationen zu Recht kritisiert und es wird ein wichtiges Problem aufgegriffen, wenn gefordert wird, dass die USA besser auf unkonventionelle Kriegführung und neue strategische Bedrohungen im Cyber-Bereich vorbereitet sein müssen. Im Dokument wird die Forderung nach einer stärkeren Beschäftigung mit diesen Herausforderungen erhoben:

„Gegner und Konkurrenten sind mittlerweile geschickt darin, unterhalb der Schwelle zu einem offenen militärischen Konflikt und an den Grenzen des internationalen Rechts zu operieren. Repressive, geschlossene Staaten und Organisationen sind, obwohl sie in vielerlei Hinsicht zerbrechlich sind, oft agiler und schneller bei der Integration von wirtschaftlichen, militärischen und vor allem informationellen Mitteln, um ihre Ziele zu erreichen. Sie belasten sich nicht mit der Wahrheit, den Regeln und dem Schutz der Privatsphäre, die Demokratien innewohnen, und dem Kriegsvölkerrecht. Sie führen hochentwickelte politische, wirtschaftliche und militärische Kampagnen, die diskrete Aktionen kombinieren. Sie sind geduldig und geben sich damit zufrieden, strategische Gewinne im Laufe der Zeit zu erzielen – was für die USA und unsere Verbündeten eine Reaktion erschwert. Solche Aktionen werden so berechnend eingesetzt, dass sie eine maximale Wirkung erzielen, ohne eine direkte militärische Reaktion der Vereinigten Staaten zu provozieren. Und dadurch, dass diese inkrementellen Gewinne realisiert werden, entsteht Schritt für Schritt ein neuer Status quo.

Die Vereinigten Staaten müssen sich auf diese Art von Wettbewerb vorbereiten [...]. Unsere Gegner werden uns nicht zu unseren Bedingungen bekämpfen. Wir werden unsere Wettbewerbsfähigkeit erhöhen, um diese Herausforderung anzunehmen, amerikanische Interessen zu schützen und unsere Werte zu fördern.“

Der Unterabschnitt zu den „neuen militärischen Fähigkeiten“ besteht nur aus der Formulierung von Zielen und aus Allgemeinplätzen. Der dort zu findende Satz von prioritären Handlungsempfehlungen enthält keine der recht klaren Zielvorgaben von Präsident Trump aus dem Wahlkampf. Es werden weder Schlüsselaufgaben noch regionale Prioritäten definiert und auch keine Bemühungen unternommen, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, wie die allgemeinen Ziele umgesetzt werden sollen und wie die Finanzierung aussehen könnte. Das gleiche Problem stellt sich bei den Unterkapiteln und den Forderungskatalogen zur verteidigungswirtschaftlichen Basis, den nuklearstrategischen Fähigkeiten, dem Weltraum und dem Cyberspace.

Im Abschnitt zu Nachrichtendiensten werden Verbesserungen beim „Verständnis der ökonomischen Prioritäten unserer Gegner“, dem verstärkten Gebrauch offener Quellen sowie der Zusammenführung unterschiedlicher Analysen gefordert – allesamt Forderungen, die aus den 1960er-Jahren stammen.

Der längere Abschnitt zu Diplomatie und Staatskunst enthält einige Teile, die wie ein Grundkurs in Diplomatie klingen, die aber nichts über die derzeit laufenden Bemühungen aussagen, das State Department und USAID zu reorganisieren. Der Abschnitt enthält nichts zum Thema Sanktionen oder wirtschaftliche Kooperation, allerdings wird die Bedeutung von Partnerschaften in den Bereichen Wirtschaft und Handel hervorgehoben. Der eher innovative Teil mit prioritären Handlungsempfehlungen kommt mit der Überschrift „Information Staatskunst“ einher. Auch hier ist der Text zu ausführlich, was die Beschreibung der Ziele angeht, während die Umsetzung und vor allem die Finanzierung kaum behandelt werden. Im Einzelnen heißt es dort:

„Den Wettbewerb priorisieren: Wir werden unser Verständnis dafür verbessern, wie Gegner in allen Politikfeldern informationelle und psychologische Vorteile gewinnen. Die Vereinigten Staaten müssen eine echte Public-Diplomacy-Fähigkeit schaffen und zulassen, um auf diesem Gebiet effektiv zu konkurrieren.

Effektive Kommunikation befördern: Wir werden kohärente Kommunikationskampagnen konzipieren und durchführen, um den amerikanischen Einfluss zu fördern und Herausforderungen durch die ideologischen Gefahren anzunehmen, die von radikalen islamistischen Gruppen und konkurrierenden Nationen ausgehen. Diese Kampagnen werden sich an amerikanischen Werten orientieren und feindliche Propaganda und Desinformation aufdecken.

Lokale Netzwerke aktivieren: Lokale Stimmen sind am überzeugendsten und wirksamsten in ideologischen Wettbewerben. Wir müssen glaubwürdige Stimmen verstärken und mit ihnen zusammenarbeiten, um Alternativen zu gewalttätigen und hasserfüllten Botschaften zu fördern. Da Medien- und Internetfirmen die Plattformen sind, über die Nachrichten transportiert werden, sollte der Privatsektor seine Kreativität und Ressourcen zur Förderung der Werte einsetzen, die eine Gemeinschaft zivilisierter Gruppen und Einzelpersonen inspirieren und wachsen lassen.

Verantwortung teilen: Die Vereinigten Staaten werden die Staaten drängen, in denen der Radikalismus gedeiht, mehr Verantwortung bei der Bekämpfung von gewalttätigen Botschaften zu übernehmen und tolerante und pluralistische Weltanschauungen zu fördern.

Verbesserte und maßgeschneiderte Änderungen vornehmen: Wir werden alte Kommunikationsplattformen, die US-Nachrichten ins Ausland liefern, überprüfen. Wir müssen kostengünstigere und effizientere Wege zur Bereitstellung und Bewertung von Inhalten im Einklang mit den nationalen Sicherheitsinteressen der USA in Erwägung ziehen“.

Im Teil „Information Staatskunst“ wird davon ausgegangen, dass Amerikas Konkurrenten Information als Waffe benutzen, um die „Werte und Institutionen anzugreifen, die das Fundament freier Gesellschaften darstellen“, während sie sich selbst von ausländischen Information abschotten. Sie nutzen Marketing-Techniken, um Individuen auf der Basis von Informationen über ihre Aktivitäten, Interessen, Meinungen und Werten direkt anzusprechen. „Sie verbreiten Falschinformationen und Propaganda“. Das ist zwar zutreffend beobachtet, aber an keiner Stelle des Papiers wird erwähnt, wie die USA mit diesen Problemen fertig werden sollen.

Wenn man sich den gesamten Abschnitt zu „Friedensbewahrung durch Stärke“ anschaut, so gewinnt man den Eindruck, dass die Nationale Sicherheitsstrategie über elf Seiten gut gemeinte Ziele formuliert, aber keinen Hinweis auf irgendein strategisches Konzept vermittelt, das dahinterstecken könnte. Es bleibt alles unspezifisch, es gibt keine Pläne, keine Schätzungen der Kosten sowie der benötigten Ressourcen und keinerlei Zeitvorstellungen. Die einzige spezifische Aussage, die einen greifbaren Handlungsvorschlag enthält, findet sich ironischerweise ganz zu Anfang der Nationalen Sicherheitsstrategie (auf Seite 4). Sie besteht aus der Feststellung, dass ein „mehrschichtiges Raketenverteidigungssystem unser Heimatland vor Raketenangriffen schützen wird.“

Es ist der hier offenkundig werdende Mangel an tatsächlicher Strategie, der Anlass für kritische Kommentare geben sollte – weniger die Wortwahl des US-amerikanischen Präsidenten. Die Nationale Sicherheitsstrategie stellt eine gute Zusammenfassung der Herausforderungen dar, denen sich die USA ausgesetzt sehen, und sie formuliert allgemeine Ziele. Aber ansonsten ist einfach nichts da an Substanz („there is no there there“), um Gertrude Stein zu zitieren, eine US-amerikanische Schriftstellerin, die sich im frühen 20. Jahrhundert als Kritikerin militärischen Denkens hervorgetan hatte.

Ähnlich wie bei den Wahlkampfversprechen des Präsidenten, der die Verstärkung der US-amerikanischen Streitkräfte und die Erhöhung der Verteidigungsausgaben in Aussicht gestellt hatte: Es reicht nicht aus, breite Zielvorgaben zu machen, wenn diese nicht mit spezifischen Missionen und Plänen einhergehen. Dies trifft ganz besonders dann zu, wenn die US-Administration weiterhin an den Budget Control Act gebunden ist, wenn die Steuerreform erhebliche Einnahmenverluste des Bundes erwarten lässt und wenn der Präsident eine verbleibende Amtszeit von gerade drei Jahren hat.

Offen gesagt, die Präsidenten Bush und Obama waren in dieser Hinsicht auch nicht besser. Die meisten früheren Nationalen Sicherheitsstrategien fielen auch durch einen Mangel an Detailfragen und die weitgehende Abkoppelung von den Planungen des Verteidigungsministeriums und des Außenministeriums auf. Und allen war gemein, dass sie keine greifbaren Umsetzungsstrategien erkennen ließen. Eine vernünftige Nationale Sicherheitsstrategie muss viel spezifischer sein, sie muss der Exekutive, dem Militär, dem Kongress, dem US-amerikanischen Volk und auch den Alliierten klare und umsetzbare Vorgaben machen. Es genügt nicht, allein die richtigen Ziele und gute Absichten zu benennen.

3.4 Säule IV: Förderung des US-amerikanischen Einflusses weltweit

Das Kapitel zur vierten Säulen „Förderung des amerikanischen Einflusses weltweit“ enthält zwei sehr klare Aussagen zur neuen Nationalen Sicherheitsstrategie, die unberechtigterweise eine Menge unfairer Kritik haben erfahren müssen. Die USA bleiben ihren Allianzen und strategischen Partnern verpflichtet, und die Feststellung, wonach die USA nicht beabsichtigen, ihre Werte anderen aufzuzwingen, bedeutet nicht, dass sie diese Werte nicht verfolgen und fördern werden. Der Eingangsabsatz macht das sehr klar:

„Auf der ganzen Welt bewundern Nationen und Einzelpersonen, wofür Amerika steht. Wir behandeln Menschen gleich und schätzen und wahren die Rechtsstaatlichkeit. Wir haben ein demokratisches System, in dem die besten Ideen gedeihen können. Wir wissen, wie wir Volkswirtschaften wachsen lassen können, damit Individuen Wohlstand erreichen können. Diese Eigenschaften haben Amerika zum reichsten Land der Erde gemacht – reich an Kultur, Talent, Chancen und materiellem Reichtum.

Die Vereinigten Staaten bieten denjenigen eine Partnerschaft an, die unser Streben nach Freiheit und Wohlstand teilen […]. Wir werden unsere Werte anderen nicht aufzwingen. Unsere Bündnisse, Partnerschaften und Koalitionen beruhen auf freiem Willen und gemeinsamen Interessen. Wenn die Vereinigten Staaten mit anderen Staaten zusammenarbeiten, entwickeln wir Strategien, die es uns ermöglichen, unsere Ziele zu erreichen, während unsere Partner auch ihre Ziele erreichen.

Verbündete und Partner sind eine große Stärke der Vereinigten Staaten. Sie ergänzen die politischen, wirtschaftlichen, militärischen, nachrichtendienstlichen und anderen Fähigkeiten der USA auf direktem Wege. Zusammen repräsentieren die Vereinigten Staaten und unsere Verbündeten und Partner weit über die Hälfte des globalen BIP. Keiner unserer Gegner hat vergleichbare Koalitionen.

Wir ermutigen diejenigen, die sich unserer Gemeinschaft gleichgesinnter demokratischer Staaten anschließen und die Lebensbedingungen ihrer Bürger verbessern wollen. Indem wir die Instrumente amerikanischer Diplomatie und Entwicklungspolitik modernisieren, werden wir die Bedingungen katalysieren, die ihnen helfen, dieses Ziel zu erreichen. Zu diesen aufstrebenden Partnern gehören instabile Staaten, die sich von Konflikten erholen und einen Weg zu nachhaltiger Sicherheit und wirtschaftlichem Wachstum suchen. Stabile, wohlhabende und freundliche Staaten stärken die amerikanische Sicherheit und fördern die wirtschaftlichen Möglichkeiten der USA.

Wir werden uns weiterhin für amerikanische Werte einsetzen und diejenigen ermutigen, die sich in ihren Gesellschaften für Menschenwürde einsetzen. Es kann keine moralische Gleichwertigkeit zwischen den Nationen geben, die Rechtsstaatlichkeit bieten, Frauen stärken und individuelle Rechte respektieren und den Nationen, die ihr Volk brutal behandeln und unterdrücken. Durch unsere Worte und Taten demonstriert Amerika eine positive Alternative zur politischen und religiösen Despotie.“

Einzig das Unterkapitel zur „Ermunterung von gutwilligen Partnern“ lässt eine Veränderung im Vergleich zu früheren Administrationen erkennen. Dort heißt es:

„Heute müssen die Vereinigten Staaten für positive Beziehungen auf der ganzen Welt konkurrieren [...]. Die Vereinigten Staaten werden ein Entwicklungsmodell fördern, das mit Ländern kooperiert, die Fortschritt im Einklang mit ihrer Kultur wollen, basierend auf Prinzipien des freien Marktes, fairem und gegenseitigem Handel, privatwirtschaftlichen Aktivitäten und Rechtsstaatlichkeit. Die Vereinigten Staaten werden sich nicht mehr alleine auf subventionsbasierte Förderung verlassen und wenden sich Ansätzen zu, die privates Kapital anlocken und Aktivitäten des Privatsektors katalysieren. Wir werden auf Reformen setzen, die das wirtschaftliche Potenzial von Bürgern freisetzen, wie die Förderung formaler Eigentumsrechte, unternehmerische Reformen und Infrastrukturverbesserungen – Projekte, die Menschen helfen, ihren Lebensunterhalt zu verdienen, und den zusätzlichen Vorteil haben, US-Unternehmen zu helfen. Durch die Mobilisierung sowohl öffentlicher als auch privater Ressourcen können die Vereinigten Staaten dazu beitragen, die Erträge und Ergebnisse zu maximieren und die Belastung von US-Regierungsressourcen zu verringern.“

Damit ist das Thema Nationenbildung aufgegriffen, ohne dass dieser Begriff fällt. Aber der Text reflektiert die Realität, dass großzügige Hilfsanstrengungen in Afghanistan und im Irak dort wenig bewirkt haben und äußere Hilfe einer Nation nicht helfen kann, wenn diese sich nicht selber helfen kann.

Das Unterkapitel „Erreichen besserer Ergebnisse in multilateralen Foren“ betont, dass die USA ihre Interessen in diesen Foren besser gewahrt sehen wollen. Aber das war zu Zeiten der Bush- und der Obama-Administrationen auch nicht anders. Es sollte auch darauf hingewiesen werden, dass es ein weiteres Unterkapitel gibt zum Thema „Verbreitung amerikanischer Werte“. Dieses enthält Handlungsvorschläge, wie fundamentale individuelle Freiheitswerte unterstützt werden können, darunter die Unterstützung, um die „Würde von Menschen“ zu wahren, um Frauen und Jugendlichen mehr Chancen zu geben, um religiöse Freiheit und religiöse Minderheiten zu schützen und menschliches Leiden zu lindern.

Ein begrenztes Maß an konservativer Phraseologie kann dabei nicht verschleiern, dass dieses Strategiepapier traditionelle und zentristische Ziele und Werte verfolgt. Wenn es daran eine legitime Kritik gibt, dann auch wiederum die, dass eine Strategie zur Umsetzung dieser Ziele nicht erkennbar ist. Es gibt keine Spezifizierungen, keine breit angelegten Pläne, keine Angaben der Größenordnung von Kosten und Ressourcen und keinen Zeitplan.

4 Überlegungen zu regionalen Kontexten

Das Kapitel zu der vierten Säule verdeutlicht, dass der Ruf nach „America First“ auch eine Aufforderung zu gemeinsamem Handeln mit den Alliierten und strategischen Partnern in der ganzen Welt bedeutet. Hier wird nicht der Rückzug in die Isolation gefordert. Erneut werden China und Russland als strategische Konkurrenten herausgestellt sowie Iran und Nordkorea als Bedrohungen qualifiziert. Es wird gefordert, dass die USA eine stärkere internationale Rolle spielen sollen:

„Die Vereinigten Staaten müssen den Willen und die Fähigkeiten aufbringen, um im Indopazifik, in Europa und im Nahen Osten handlungsfähig zu bleiben und ungünstige Veränderungen zu verhindern. Die Erhaltung günstiger Machtverhältnisse wird einen starken Einsatz und eine enge Zusammenarbeit mit Verbündeten und Partnern erfordern, da Verbündete und Partner die Macht der USA verstärken und den Einfluss der USA ausweiten. Sie teilen unsere Interessen und Verantwortung, sich autoritären Trends zu widersetzen, radikale Ideologien zu bekämpfen und Aggression abzuwehren.

In anderen Regionen der Welt bedrohen Instabilität und schwache Regierungsführung die Interessen der USA. Einige Regierungen sind nicht in der Lage, die Sicherheit aufrechtzuerhalten und die Grundbedürfnisse ihrer Bevölkerung zu erfüllen, wodurch ihr Land und ihre Bürger anfällig für räuberische Akteure werden. Terroristen und Kriminelle gedeihen dort, wo Regierungen schwach sind, Korruption grassiert und das Vertrauen in Regierungsinstitutionen gering ist. Strategische Konkurrenten nutzen Korruption und Staatlichkeitsdefizite oft aus, anstatt diese zu bekämpfen, um dadurch Ressourcen zu gewinnen und Bevölkerungen auszubeuten [...]. Regionen, die von Instabilität und schwachen Regierungen heimgesucht werden, bieten allerdings auch Möglichkeiten, Sicherheit zu verbessern, Wohlstand zu fördern und Hoffnung wiederherzustellen.“

Das Unterkapitel zum indopazifischen Raum hätte von der Obama-Administration verfasst sein können, obwohl die Einschätzungen Chinas und der nordkoreanischen Bedrohung angepasst worden sind. Wie bei der vorherigen Administration werden die Beziehungen zu Japan, Südkorea, Australien, Neuseeland und Indien hervorgehoben. Auch heißt es, dass in Südostasien die Philippinen und Thailand wichtige Verbündete der USA und Märkte für US-amerikanische Produkte seien.

Vietnam, Indonesien, Malaysia und Singapur werden als zunehmend wichtigere Partner der USA in den Bereichen Handel und Sicherheitspolitik dargestellt. Die Association of Southeast Asian Nations (ASEAN) und die Asia-Pacific Economic Cooperation (APEC) werden als Eckpfeiler der regionalen Architektur bezeichnet sowie als Plattformen, die für die Förderung einer internationalen Ordnung wichtig sind, die auf Freiheit beruht.

Die prioritären Handlungsempfehlungen dieses Unterkapitels fordern, dass die USA ihre Anstrengungen im Rahmen existierender Allianzen und Partnerschaften verdoppeln sollen. Auch wird verlangt, dass sie eine militärische Präsenz in der Region vorhalten, die geeignet wäre, jeden Gegner abzuschrecken, oder wenn das nicht gelingt, diesen auch zu schlagen. „Wir werden unsere langjährigen Militärbeziehungen stärken und ein starkes Verteidigungsnetzwerk mit unseren Alliierten und Partnern aufbauen.“ In einem seltenen Absatz der Spezifizierung heißt es dann auch, dass die USA starke Beziehungen zu Taiwan aufrechterhalten wollen und die Verteidigungskooperation besonders mit Indien ausgeweitet werden soll, das Land sei „ein wichtiger Partner der USA“ geworden.

Das Unterkapitel zu Europa anerkennt mit großer Deutlichkeit die Herausforderung durch Russland:

„Russland nutzt subversive Methoden, um die Glaubwürdigkeit des amerikanischen Engagements für Europa zu schwächen, die transatlantische Einheit zu untergraben und die europäischen Institutionen und Regierungen zu schwächen. Mit seinen Invasionen in Georgien und der Ukraine demonstrierte Russland seine Bereitschaft, die Souveränität von Staaten in der Region zu verletzen. Russland schüchtert seine Nachbarn weiterhin mit Drohgebärden wie atomarem Gehabe und grenznaher Verlegung offensiver Fähigkeiten ein.“

In dem Unterkapitel wird auch ein klares Bekenntnis zur NATO abgelegt, wobei hier ein ungewöhnlicher Aufwand an Spezifizierungen erfolgt, einschließlich der Betonung auf die Verteilung der Verteidigungslasten:

„Die Vereinigten Staaten bleiben ihren europäischen Verbündeten und Partnern fest verpflichtet. Die NATO-Allianz freier und souveräner Staaten ist einer unserer großen Vorteile gegenüber unseren Konkurrenten, und die Vereinigten Staaten bleiben Artikel V des Washingtoner Vertrags verpflichtet [...]. Europäische Verbündete und Partner erhöhen unsere strategische Reichweite und bieten Zugang zu vorne dislozierten Basen und Überflugrechte für globale Operationen. Gemeinsam begegnen wir gemeinsamen Bedrohungen. Die europäischen Nationen tragen Tausende von Soldaten bei, um den Kampf gegen dschihadistische Terroristen in Afghanistan zu unterstützen, den Irak zu stabilisieren und terroristische Organisationen in Afrika und dem Nahen Osten zu bekämpfen.

Die Vereinigten Staaten werden die Zusammenarbeit mit unseren europäischen Verbündeten und Partnern vertiefen, um Kräften entgegentreten zu können, die unsere gemeinsamen Werte, Sicherheitsinteressen und gemeinsame Vision zu untergraben drohen. Die Vereinigten Staaten und Europa werden zusammenarbeiten, um die russische Subversion und Aggression sowie die Bedrohungen durch Nordkorea und den Iran zu kontern.

[...] Die Vereinigten Staaten werden mit der Europäischen Union und bilateral mit dem Vereinigten Königreich und anderen Staaten zusammenarbeiten, um faire und gegenseitige Handelspraktiken zu gewährleisten und Wachstumshemmnisse zu beseitigen. Wir werden zu europäischen Direktinvestitionen in den Vereinigten Staaten anregen, um damit Arbeitsplätze zu schaffen.

Die Vereinigten Staaten erfüllen ihre Verteidigungsaufgaben und erwarten von anderen, dass sie dasselbe tun. Wir erwarten, dass unsere europäischen Verbündeten die Verteidigungsausgaben bis 2024 auf zwei Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts erhöhen werden, wobei zwanzig Prozent dieser Ausgaben für die Beschaffung und Investition im Bereich militärischer Fähigkeiten verwendet werden.

An der Ostflanke der NATO werden wir weiterhin die Abschreckung und Verteidigung verstärken und die Bemühungen der Frontalliierten und Partner, sich besser zu verteidigen, unterstützen. Wir werden mit der NATO zusammenarbeiten, um ihre integrierten Luft- und Raketenabwehrfähigkeiten zu verbessern, um bestehenden und erwarteten Gefahren durch ballistische Raketen und Marschflugkörper, insbesondere aus dem Iran, entgegenzuwirken. Wir werden die Terrorismusbekämpfung und die Cybersicherheitszusammenarbeit verstärken.“

Das Unterkapitel zum Mittleren Osten legt besonderes Gewicht auf den Einfluss des Irans und die dschihadistischen Bedrohungen. Es wird eine harte Linie gegenüber dem Iran vertreten, aber das Nuklearabkommen vom Januar 2015 (der Joint and Comprehensive Plan of Action – JCPOA) nicht kritisiert. Einige der politischen Ziele bleiben vage oder werden nicht weiter erklärt. Das Unterkapitel erwähnt den israelisch-palästinensischen Friedensprozess, aber es heißt dort auch: „Israel ist nicht die Ursache der Probleme in der Region. Die dortigen Staaten haben in zunehmendem Maße gemeinsame Interessen mit Israel bei der Auseinandersetzung mit gemeinsamen Bedrohungen gefunden.“ Das Unterkapitel erwähnt dann in einer etwas merkwürdigen Wendung das Engagement der USA für einen starken und integrierten Golf-Kooperationsrat – zu einem Zeitpunkt, an dem das wirklich keine Zustandsbeschreibung darstellt. Es wird auch erwähnt, dass die USA die strategische Partnerschaft mit dem Irak fortführen werden und sie an einer Friedensregelung in Syrien interessiert bleiben.

Gleichzeitig ruft das Papier zu Reformen auf, mit denen die zentralen sozialen und politischen Ungleichheiten beseitigt werden müssen, die von den Dschihadisten ausgenutzt werden. Insbesondere sollen Reformen in Ägypten und Saudi-Arabien unterstützt werden. In diesem Zusammenhang wird in Aussicht gestellt, dass die USA

[...] „die notwendige amerikanische Militärpräsenz in der Region bewahren werden, um die Vereinigten Staaten und unsere Verbündeten vor Terroranschlägen zu schützen und ein günstiges regionales Kräfteverhältnis zu bewahren. Wir werden die regionalen Partner bei der Stärkung ihrer Institutionen und Fähigkeiten unterstützen, auch bei der Strafverfolgung, um Antiterror- und Aufstandsbekämpfungseinsätze durchzuführen. Wir werden Partnern helfen, eine interoperable Raketenabwehr und andere Fähigkeiten zu beschaffen, um sich gegen aktive Raketengefahren besser zu schützen. Wir werden mit Partnern zusammenarbeiten, um die bösartigen Aktivitäten des Iran in der Region zu neutralisieren.“

Das Unterkapitel zu Süd- und Zentralasien macht deutlich, dass die USA weiterhin mit der afghanischen Regierung und deren Sicherheitskräften zusammenarbeiten will, um die Taliban, ISIS und andere Terroristen zu bekämpfen. „Wir werden die Kampfkraft der afghanischen Sicherheitskräfte erhöhen, die Taliban davon überzeugen, dass sie auf dem Schlachtfeld nicht gewinnen können, um damit die Voraussetzungen für diplomatische Bemühungen in Richtung einer Friedenslösung zu schaffen. Wir werden darauf bestehen, dass Pakistan entschiedene Aktionen gegen militante und terroristische Gruppen unternimmt, die von seinem Boden aus operieren. Wir werden mit den zentralasiatischen Ländern zusammenarbeiten, um jenen Zugang zu der Region zu erhalten, der für die Bemühungen um die Bekämpfung des Terrorismus notwendig sind.“ Das Unterkapitel betont auch die Bedeutung von zivilen Reformen in Afghanistan und macht weitere Hilfe für Pakistan von dessen Erfolgen in der Terrorismusbekämpfung abhängig.

Das Unterkapitel zur westlichen Hemisphäre lässt nur geringfügige Veränderungen im Vergleich zu früheren Nationalen Sicherheitsstrategien erkennen. Es hebt die Bekämpfung von Drogenkriminalität und transnationaler Kriminalität generell hervor, es befasst sich mit dem Umgang mit Regimen wie dem in Venezuela, mit dem Zurückdrängen russischen und chinesischen Einflusses und mit der Verbesserung von Handelsabkommen.

Das Unterkapitel zu Afrika ähnelt in vielfacher Weise den sich entwickelnden politischen Strategien der Obama-Administration, aber es ist deutlich expliziter in der Benennung der zunehmenden Instabilität und Gewalt in Afrika:

„Viele afrikanische Staaten sind Schlachtfelder für gewalttätigen Extremismus und dschihadistische Terroristen. ISIS, al-Qaida und ihre Mitgliedsorganisationen operieren auf dem Kontinent und haben die Letalität ihrer Angriffe erhöht und sich in neue Gebiete ausgebreitet,

[...] Wir werden Reformen anregen und mit vielversprechenden Nationen zusammenarbeiten, um eine effektive Regierungsführung zu fördern, die Rechtsstaatlichkeit zu verbessern und Institutionen zu entwickeln, die gegenüber ihren Bürgern rechenschaftspflichtig und reaktionsfähig sind. Wir werden weiterhin auf humanitäre Bedürfnisse eingehen und gleichzeitig mit engagierten Regierungen und regionalen Organisationen zusammenarbeiten, um Ursachen menschlichen Leids zu bekämpfen. Wenn nötig sind wir bereit, Regierungsbeamte und -institutionen zu bestrafen, die ihre Bürger ausbeuten und gegen diese Gewalttaten begehen. Wenn es keine Alternative gibt, werden wir die Hilfe einstellen, anstatt sie korrupten Eliten zu überlassen.

[...] Wir werden weiterhin mit Partnern zusammenarbeiten, um die Fähigkeiten ihrer Sicherheitsdienste bei der Bekämpfung von Terrorismus, Menschenhandel und dem illegalen Handel mit Waffen und Ressourcen zu verbessern. Wir werden mit Partnern zusammenarbeiten, um Terrororganisationen und andere, die US-Bürger und das Heimatland bedrohen, zu besiegen.“

Das Papier sichert in aller Deutlichkeit zu, dass die USA in einem breiten Rahmen internationaler Foren, wie den Vereinten Nationen, aktiv mitwirken wollen:

„Die Vereinigten Staaten müssen Führung und Beteiligung in den multinationalen Arrangements beweisen, die viele der Regeln, die die Interessen und Werte der Vereinigten Staaten betreffen, prägen. In diesen Institutionen besteht ein Wettbewerb um Einfluss. Während wir daran teilnehmen, müssen wir die amerikanische Souveränität schützen und amerikanische Interessen und Werte vorantreiben.

Autoritäre Akteure haben längst die Macht multilateraler Gremien erkannt und sie genutzt, um ihre Interessen zu fördern und die Freiheit ihrer eigenen Bürger einzuschränken [...]. Wenn die Vereinigten Staaten die Führung dieser Gremien an ihre Gegner abtreten sollten, werden Möglichkeiten für Entwicklungen im Sinne der Vereinigten Staaten, verloren gehen [...]. Wo die bestehenden Institutionen und Regeln modernisiert werden müssen, werden die Vereinigten Staaten in führender Rolle dazu beitragen, sie zu aktualisieren.“

Und es stellt die richtigen breiten Vorgaben für die Entwicklung regionaler Strategien der USA auf:

„Die Vereinigten Staaten müssen ihre Ansätze gegenüber verschiedenen Regionen der Welt so abstimmen, dass unsere nationalen Interessen geschützt sind. Wir benötigen integrierte regionale Strategien, die die Natur und das Ausmaß von Bedrohungen, die Intensität von Wettbewerben und das Versprechen verfügbarer Möglichkeiten allumfassend im Kontext lokaler politischer, wirtschaftlicher, sozialer und historischer Realitäten berücksichtigen. Veränderungen in einem regionalen Machtgleichgewicht können globale Konsequenzen haben und die Interessen der USA bedrohen. Märkte, Rohstoffe, Versorgungswege und Humankapital befinden oder verschieben sich in wichtige Regionen der Welt.“

Aber wiederum muss man auch hier feststellen: Es gibt praktisch keine spezifischen Gedanken in Richtung konkreter Handlungsanweisungen.

5 Nationale Sicherheit, aber wo ist die Strategie?

In vielerlei Hinsicht ist die neue Nationale Sicherheitsstrategie ein beruhigender und innovativer Schritt und es ist bemerkenswert, dass Präsident Trump ein derartiges Dokument bereits während seines ersten Amtsjahres herausgibt. Präsident Obama tat das nicht, in seinen gesamten acht Amtsjahren wurden gerade zwei solche Dokumente veröffentlicht. Präsident George W. Bush tat es auch nicht, von ihm gibt es nur eine Nationale Sicherheitsstrategie. Die neue Nationale Sicherheitsstrategie fällt auch nicht vager und unspezifischer aus als all die, die seit dem Jahr 1968 erschienen sind, nachdem im Rahmen des Goldwater-Nichols-Act gesetzlich bestimmt wurde, dass die Administration jedes Jahr eine derartige Strategie vorlegen soll.

Um fair zu bleiben, muss man auch sehen, dass Präsident Trump die Entwicklung einer Reihe von eher spezifischen Strategien in Auftrag gegeben hat. Das könnten die Pläne, Zeitvorstellungen und Haushaltserfordernisse sein, die derzeit fehlen. Aber die US-Administration hätte sehr viel mehr tun können, um Alliierte und strategische Partner zu beruhigen, um die eigenen Intentionen zu erklären und um fortgesetzte Sicherheits- und Militärengagements zu erläutern und zu bekräftigen. Auch hätten jene Bereiche spezifiziert werden müssen, in denen die US-Administration Bedarf für Abschreckung und Eindämmung sieht. Die Nationale Sicherheitsstrategie könnte auch mehr über künftige Streitkräftestärke und -strukturen, die entsprechenden Planungen und die damit verbundenen Entwicklungen des Haushalts enthalten. Damit hätte sie dem Kongress etwas an die Hand gegeben, das sehr viel mehr nach einem klaren Plan für weiteres Handeln aussehen würde.

Eine Nationale Sicherheitsstrategie ist wirklich nur dann sinnvoll, wenn sie einen überschaubaren zeitlichen und sachlichen Rahmen für weiteres Handeln der Administration und des Kongresses aufzeigt. Sie sollte die Richtung vorgeben für das kommende Jahresbudget und gleichzeitig eine mittelfristige Strategie entwickeln, die die gegenwärtigen Realitäten und Entwicklungstrends der Welt abbildet, in der sich die USA befinden. Sie sollte keine Ziele von solcher Allgemeinheit und Breite aufweisen, dass daraus keine konkreten Handlungsanweisungen erfolgen können. Die US-Regierung kann nur dann funktionieren, wenn sie sich mehr oder weniger auf das laufende Jahr und auf Handlungen konzentriert, die die nahe Zukunft betreffen. Präsidenten haben nur vier oder acht Jahre zur Verfügung und der Senat und das Repräsentantenhaus haben ihre eigenen zeitlichen Begrenzungen.

Es ist daher nicht ausreichend, nur die richtigen Zielvorgaben für die nationale Sicherheit zu machen. Es ist deren Umsetzung, die wichtig ist und vor allem hier beginnt das harte Geschäft. Tatsächlich ist hauptsächlich die Umsetzung dieser Ziele von praktisch-politischer Relevanz. In einer instabilen und bedrohlich werdenden Welt brauchen wir eine Nationale Sicherheitsstrategie, insbesondere da wir uns in einer Zeit befinden, in der wir es nicht schaffen, unsere nationalen Budgets in den Griff zu bekommen und in der wir einer zunehmenden Defizitkrise entgegensehen.

Published Online: 2018-3-14

© 2018 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

Downloaded on 19.3.2024 from https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/sirius-2018-0007/html
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