Seit die Zeitgeschichte die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts als Forschungsfeld erschlossen hat, steht sie mehr denn je vor der Herausforderung, wie sie mit den Deutungsangeboten der Sozialwissenschaften umgehen soll. Bloße Adaption oder selbstbewusste Behauptung und damit Beharrung auf den spezifischen Regeln, die der Zeitgeschichte eigen sind? Rüdiger Graf und Kim Priemel, Protagonisten einer gegenwartsnahen Zeitgeschichte, stellen sich diesen Fragen. Sie kritisieren (und illustrieren) die unbekümmerte Entlehnung sozialwissenschaftlicher Theorien und Methoden, plädieren aber gleichzeitig dafür, das eigene Methodenarsenal zu erweitern – durch die reflektierte behutsame Nutzung der Nachbardisziplinen, deren Begriffe und Methoden historisiert, kontextualisiert und mit der genuinen Herangehensweise der Zeitgeschichte verbunden werden müssen.